Seite:Die Gartenlaube (1884) 620.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

Blätter und Blüthen.

Auf dem Anstand. Was ein Häkchen werden will, krümmt sich früh, behauptet der Volksmund, und „Fingal“, der sein „erstes Feld“, wie der geehrte Leser in voriger Nummer erfahren, mit einer Bravour sondergleichen bestand, war auch einmal ein so närrischer, unbeholfener, plumper kleiner Geselle, wie die beiden schnurrigen Käuze auf Lebling’s heiterem Bildchen. Doch „Blut steckt in der Rasse“, kaum vermögen die beiden Dickköpfe aus den Augen zu sehen, kaum können sie ihre schlotternden dicken Glieder regelrecht gebrauchen,

Auf dem Anstand.
Nach dem Oelgemälde von M. Lebling.

da „stellt“ der eine bereits die Spatzen, welche, um einen saftigen Brocken zu erlangen, sich dem Lager genähert. Breitbeinig wackelt er auf dem noch ungehorsamen Untergestelle, aber die ganze Haltung erinnert schon an die Zukunft, wann er, „abgeführt“, sein „erstes Feld“ nehmen wird; doch jetzt befindet er sich, noch ohne Dressur, auf dem „Anstande“, und in der nächsten Secunde wird er mit seinen tölpelhaften Tatzen zwischen die Spatzen fahren, freilich ohne weiteren Erfolg, als daß diese pfeifend und zwitschernd davonfliegen, um vom nächsten gesicherten Plätzchen aus ihrem Hohne über den ganz unangebrachten „Anstand“ Luft zu machen. *      


Die kleinste politische Gemeinde des Reiches. Unter dieser Ueberschrift brachten wir in Nr. 20 laufenden Jahres eine Notiz über die kleine Ortschaft Poris, welche als die wahrscheinlich kleinste politische Gemeinde des Reiches bezeichnet wurde. Noch kleiner ist indeß das Dörfchen Nieder-Hohendorf im Regierungsbezirke Liegnitz. Diese Gemeinde umfaßt gegenwärtig 11 Ar 22 Quadratmeter Land und 12 Seelen. „Einkommensteuer kennt man dort nur vom Hörensagen, ja selbst die Classen- und Gewerbesteuer ist bereits zum geschichtlichen Begriffe zusammengeschrumpft,“ so berichtet uns ein Leser unseres Blattes. „Trotzdem aber steht die Gemeinde vorläufig noch auf eigenen Füßen mit einem Verwaltungsapparat wie große Gemeinden: sie hat einen Schulzen oder Gemeindevorsteher, einen Gerichts- oder Gemeindeschreiber, einen – und wenn’s erforderlich – zwei Schöffen etc., und dies Alles für drei oder vier Familien.“


Die ersten Colonisationsversuche an der Westküste von Afrika sind von dem karthagischen Flottenführer Hanno (um’s Jahr 500 v. Chr.) unternommen worden. Derselbe fuhr mit einem Geschwader von 60 Schiffen und 30,000 Colonisten an der atlantischen Küste Afrikas entlang und gelangte bis über die Mündung des Senegal und Gambia hinaus.

Verbreitung der Pflanzen durch Eisenbahnen. Seit dem Jahre 1878 fand man in der Umgebung von Arbra in Nordschweden sieben Pflanzenarten, welche bis dahin dort unbekannt waren. Genauere Untersuchungen ergaben, daß dieselben durch die Züge der neu eröffneten Eisenbahnlinie eingeschleppt worden. Vier Arten stammen aus den benachbarten südlichen Provinzen, zwei aus der Gegend von Gastrikland, und eine ist sogar amerikanischen Ursprungs. Handelsschiffe brachten ihren Samen zunächst in die Häfen, und Eisenbahnen verbreiteten sie durch das schwedische Land. Die Ausbreitung dieser Pflanzen kann man genau längs der Eisenbahnlinien verfolgen.


Machdi, der falsche Prophet, und – die Bonbons. Es klingt kaum glaublich, aber es dürfte wahr sein, da ausländische Zeitungen davon berichten: Machdi soll in letzter Zeit die Bonbons auf dem europäischen und amerikanischen Markte theurer gemacht haben. Bekanntlich braucht man zur Fabrikation dieses Zuckerwerks Gummi, einen Artikel, dessen Hauptmarkt in Khartum zu suchen ist. Machdi hat nun als kluger Mann den Ausfuhrzoll für Gummi erhöht, und die Kaufleute von London, Paris und New-York mußten in Folge dessen auch den Preis für Gummi höher schrauben. Selbstverständlich sind darum auch die Preise der Bonbons gestiegen. So die ausländischen Berichte. In Deutschland haben wir von dieser Bonbon-Hausse bis jetzt nichts gemerkt.


Kleiner Briefkasten.

S. in N. bei B. Ihr Wunsch, wir möchten die Antwort auf Ihre Anfrage in der am nächsten Sonntag in Ihren Besitz gelangenden Nummer unseres Blattes mittheilen, richtet sich auf Unmögliches. Wir haben schon oft erklärt, daß auf eine Beantwortung in unserm Briefkasten erst innerhalb drei Wochen nach erfolgter Einsendung zu rechnen ist, da der Druck einer einzigen Nummer der hohen Auflage wegen circa 14 Tage Zeit erfordert. – Ihre Anfrage selbst betreffend: Nein!

Abonnent P. in O. R. Genée: „Shakespeare, sein Leben und seine Werke“ dürfte Ihren Wünschen am besten entsprechen.

A. B., Seminarist in Lübeck. „Das deutsche Theater“ (Berlin, Herausgeber J. R. Kruse) und „Dr. W. Lauser’s Allgemeine Kunstchronik“ mit der Beilage „Allgemeine Theater-Chronik“ sind die einzigen uns bekannten Blätter, welche die von Ihnen betonten Ziele annähernd verfolgen.

J. W., Stolp. Von der „berühmten Sängerin“ ist uns nichts bekannt.

A. S. in Gr.-P. bei Fr. Mündliche Abmachung ist in Ermangelung eines schriftlich geschlossenen Vertrages für beide Theile bindend. In Streitfällen wird der Ortsgebrauch als ausschlaggebend betrachtet.

L. in D., J. v. A., J. F. in Dresden. Nicht geeignet.

J. L. P. Vergl. Sie gefl. den betr. Artikel in Nr. 32 unseres Blattes.


Allerlei Kurzweil.

Scherz-Räthsel.


0 Zweisilbiges Räthsel.

Zum Ersten gelangst Du, werth befunden,
Im Dienste des Königs und Staates,
Mein Zweites bewährt sich in Stunden
Der Noth und des ernstlichen Rathes.

5
Als Herrscher und kleiner Tyrann

Zeigt oft sich mein Ganzes Dir an.
 D. Th.


Auflösung der Schach-Aufgabe Nr. 7 in Nr. 36:
Weiß: Schwarz:
1. f 4 – f 5 L b 8 : S e 5
2. T f 3 – f 4 † L e 5 : T f 4
3. S d 5 – c 3 matt

Varianten: a) 1 ...., S : S e 5; 2. S c 3 † etc. – b) 1 ...., L : D; 2. S c 3 † etc. – c) 1 ...., T : f 5 (T g 5); 2. T f 4 † etc. – d) 1 ...., K : S; 2. T d 3 † etc. – e) 1 ...., a 5 : b 4; 2. D g 4 † etc. – f) 1 ...., L : T; 2. D : L † etc.


Auflösung des Scherz-Arithmogryphs in Nr. 36: Setzt man statt der Buchstaben, aus welchen die Namen Stahlfeder, Gänsekiel und Tintenflasche bestehen – bei jedem Namen von Neuem anfangend – die Ziffern 1, 2, 3, etc., so resultirt: die Stahlfeder schrieb „Therese!“, der Gänsekiel „Elise!“, die Tintenflasche sagte „Nichts!“ dazu.


Inhalt: „Fanfaro“. Novelle von Stefanie Keyser. S. 601. – Mathias Schmid. Von Ludwig Ganghofer. S. 606. Mit Illustration und Portrait S. 604–605 und 608. – Deutschlands Colonialbestrebungen: Deutsche an der Westküste von Afrika. Kamerun. Angra Pequena. S. 609. Mit Illustrationen S. 609–617. – Brausejahre. Bilder aus Weimars Blüthezeit. Von A. v. d. Elbe (Fortsetzung). S. 618. – Blätter und Blüthen: Auf dem Anstand. Mit Illustration. – Die kleinste politische Gemeinde des Reiches. – Die ersten Colonisationsversuche an der Westküste von Afrika. – Verbreitung der Pflanzen durch Eisenbahnen. – Machdi, der falsche Prophet, und – die Bonbons. – Kleiner Briefkasten. – Allerlei Kurzweil: Scherz-Räthsel. – Zweisilbiges Räthsel. – Auflösung der Schach-Aufgabe Nr. 7 in Nr. 36. – Auflösung des Scherz-Arithmogryphs in Nr. 36. S. 620.


Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart. Redacteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil's Nachfolger, Druck von A. Wiedee, sämmtlich in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 620. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_620.jpg&oldid=- (Version vom 4.2.2024)