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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

„Allgemeinen Deutschen Schulverein für Deutschland“ werfen, dessen Hauptsitz Berlin ist. Am 15. August 1881 traten die Männer zusammen, welche man die Gründung dieses zweiten großen Schulvereins verdankt. Es war ein schweres Werk, begann sehr bescheiden, erfreute sich aber einer so gesunden Organisation, daß sein Gedeihen nicht ausbleiben konnte. Früher begründet war ein Schulverein zu Frankfurt am Main, der sich, um selbstständig zu bleiben, dem Berliner Verein nicht anschloß.

Mit 1365 Mitgliedern wurde der Anfang gemacht, während der Wiener Schulverein schon zu 69,000 aufgestiegen war.

Die Statuten des Vereins, kurz und bündig, 16 Paragraphen in 8. Abtheilungen, umfassend, stellen in § 1 als Zweck desselben auf: „Die Deutschen außerhalb des Reichs dem Deutschthum zu erhalten und sie nach Kräften in ihren Bestrebungen, Deutsche zu bleiben oder wieder zu werden, zu unterstützen. Allen Parteibestrebungen bleibt der Verein fern.“

Wie in Oesterreich „Die Mittheilungen etc.“ ist in Deutschland das „Correspondenzblatt“ des Vereins das Organ desselben. Beide Veröffentlichungen, die bei ihrer Billigkeit der größten Verbreitung fähig sind, sollte man in jedem deutschen Hause finden – der Aufwand weniger Pfennige[1] für diese Schriften würde hinreichen, um in kürzester Zeit Millionen Deutscher über einen nationalen Kampf zu belehren und für ihn zu erwärmen, von welchem die ungeheure Mehrzahl derselben bis jetzt kaum mehr Notiz genommen, als bei der alltäglichen Befriedigung des Zeitungslesebedürfnisses für sie abgefallen. Welche Energie hatten die Ehrenmänner des Vorstandes und die Mitarbeiter desselben aufzuwenden, um nur den bescheidenen Erfolg zu erreichen, dessen wir uns trotzalledem aus Dankbarkeit freuen! Nennen wir aber vor aber die Namen des Vorstandes. Sie sind: Dr. Falkenstein, Vorsitzender, Prof. Dr. R. Böckh, stellvertretender Vorsitzender, Dr. Vormeng, Schriftführer, G. Kolb, /-Stellvertreter, Dr. Bernard, Schatzmeister, Leo, Banquier, Stellvertreter, Prof. Dr. Aegidi, Geh. Legationsrath, Prof. Dr. Bertram, Stadtschulrath, Prof. Dr. Bleibtreu, Prof. Dr. Brunner, Dr. Hepke, Legationsrath, Dr. Jannasch, Dr. Fr. Kapp, Reichstags-Abgeordneter, Prof. Pfleiderer, Buchh. Reimarus, Prof. Dr. Wattenbach und Prof. Dr. Zupitza.

Was unter der Oberleitung dieser Männer bis Ende des vorigen Jahres für den Verein errungen worden ist, stellt im „Correspondenzblatt“ Nr. 1 dieses Jahres eine tabellarische „Uebersicht des Verbandes des ‚Allgemeinen Deutschen Schulvereins‘ zur Erhaltung deutscher Sprache und Sitte im Auslande“ auf. Diese „Uebersicht“ zeigt uns in den Provinzialverbänden Brandenburg, Schleswig-Holstein und Nassau, ferner in den Landesverbänden Baden und Sachsen[2], sowie in einer Reihe einzelner deutscher Städte 79 Ortsgruppen mit 9228 Mitgliedern. Dazu kommen „Verwandte Vereine“ in Frankfurt am Main und Bayern mit 426 Mitgliedern, endlich 17 Vereine, welche dem Allgemeinen deutschen Schuldverein in corpore beigetreten sind, mit 1049 Mitgliedern. Da wir hierzu aber noch die unbekannte Zähl der Mitglieder der dem Verein beigetretenen 8 Studentenverbindungen in Tübingen und schweizerischer Ortsgruppen mit dem Vorort Zürich rechnen müssen, so wird die hier verzeichnete Anzahl von 10,603 Mitgliedern sich um ein Bedeutendes um so mehr erhöhen, als seit dem Delegirtentag am 19. April der Verein einen Erfreulichen Aufschwung zu nehmen scheint. Wir müssen, darüber und über die bisherigen Leistungen des Vereins unsere Leser auf die Correspondenzblätter dieses Jahres verweisen, deren jüngstes (Nr. 3) zu diesem Artikel Noch nicht, benutzt werden konnte.

Trotz aller bisherigen Mühen und Erfolge, stehen weder die Vertheidigungsmittel des österreichischen, noch die des deutschen Schulvereins im richtigen Verhältniß zu den täglich wachsenden Machtmitteln der von der herrschenden Ministerialpolitik gedeckten Feinde des Deutschthums. Auch die geplante Theilung der Arbeit der beiden Vereine ist nicht durchzuführen. In den Czechen ist uns ein Feind erstanden, welcher dem Deutschen Reiche selbst als gefährlicher Nachbar dasteht, und welch ein Feind ist der Czech!

Professor Dr. Knoll hat ihn uns vorgemalt, als er jüngst (am 22. September) im Landtage zu Prag, auf nationale Theilung Böhmens dringend, ein Sündenregister ausrollte, wie es häßlicher und beschämender schwerlich gefunden wird. Wir wollen mit der Wiederholung desselben dieses Blatt nicht beflecken, aber beistimmen wird man uns, daß aus jenem Bilde in jedem Zuge nichts Anderes hervorblickt als die unbeschreibliche Rohheit einer verwahrlosten Masse, die sich freut, ihre ehemaligen Lehrer ungestraft mit Koth und Steinen werfen zu können. Und in dieser Weise tritt der Czeche auch auf der Rednerbühne und in der Presse vor uns hin. Sollen wir sie etwa abdrucken, die Rede des Herrn „Dr. Eduard Gregr“ (der Deutsche Gröger hat es in richtiger Erkenntniß seiner Heldenthaten vorgezogen, seinen deutschen Namen in’s Czechische zu übertragen), die derselbe am 8. August auf dem Berge Lipau gegen die Deutschen vor 8000 Seinesgleichen gehalten? Es ist uns schon unmöglich, den Eingang dieser Rede des Herrn ‚Doctor‘, in welcher die Gemeinheit sich in der Gosse wälzt, wiederzugeben. Es wird ja wohl genügen, zu sagen, daß er die deutschen Vereinsschulen, in welchen nicht selten auch czechische Kinder sich eine bessere Bildung holen, dem Staat „als Brutnester von Vagabunden, Petroleuren und Anarchisten“ denuncirt und darauf dringt, sie durch ein besonderes Gesetz, welches czechischen Kindern den Besuch deutscher Schulen geradezu verbietet (die „Lex Kvičala“, nach dem Erfinder, einem k. k. Universitätsprofessor so genannt), für immer unschädlich zu machen.

Und einem solchen Volke sollen die Deutschen, welche mit dem vollsten Rechte Böhmen ihr Heimathland nennen, sich unterwerfen, sie sollen die deutsche Sprache, die deutsche Cultur, die deutsche Nationalität aufgeben, um im Czechenthum unterzugehen?! Und das ist es ja gerade, was den Deutschen in Oesterreich jetzt überall zugemuthet und angedroht wird. Sie sollen der Verbindung mit einer Nation entrissen werden, deren Sprache von weit über 60 Millionen in allen Erdtheilen gesprochen wird, um Zwangsgenosse von Völkerschaften zu werden, deren Sprache nicht über ihre Landesgrenze hinaus Geltung hat! Sie sollen dem angeborenen Verständniß und Mitgenuß deutscher Cultur und ihrer unerschöpflichen Schätze entsagen, um von Völkern und Nationensplittern unterjocht zu werden, die zum Theil noch auf den unteren Stufen der Cultur stehen! Sie sollen den deutschen Namen verlieren zu derselben Zeit, wo die deutsche Nation ihn mit den höchsten Ehren geschmückt hat! Hunderttausende deutscher Kinder sollen diesem Schicksal preisgegeben werden, und Millionen deutsche Männer und Frauen, deutsche Väter und Mütter sehen das ruhig mit an?

Nein! Das wird nicht geschehen! Das muß in dem Deutschen Reich von heute eine Unmöglichkeit sein! Jeder Ehrenmann und jede deutsche Frau, welche nun wissen, wie den Verfolgten und Unterdrückten unserer Stammesgenossen geholfen werden kann, werden keinen Augenblick mit ihrer Hülfe zögern, sie – werden helfen!

Friedrich Hofmann.
  1. Dieselbe Empfehlung verdient noch eine andere billige Volksschrift: „Deutsche Warte, Kalender für das deutsche Volk auf das Schaltjahr 1884. Herausgegeben von Dr. phil. Ottomar Schuchardt, Rötha, Sachsen“ – eine Schrift, deren Titel richtiger heißen müßte: „Deutsche Warte, ein Hausbuch für das deutsche Volk auf so lange, als der Kampf gegen das Deutschthum dauert“. Der Schulverein hat selbst 500 Exemplare desselben erworben, um durch sie für sich und die deutsche Sache wirken zu lassen.
  2. Nach neuesten Nachrichten zählt dieser Verband jetzt bereits 26 Ortsgruppen und wird demnächst 30 haben.

Pierre Corneille.
Von Rudolf von Gottschall.

Zwei Jahrhunderte sind dahingegangen, seitdem der „große“ Corneille am 1. Oktober 1684 sein Auge schloß. Die französische Nation feiert in ihm den Schöpfer ihrer Bühnendichtung; noch immer sind seine Stücke heimisch auf dem Repertoire des Théatre Français: wie aus einer fremden Welt tönt die feurige und heldenhafte Rhetorik des großen Tragikers hernieder in den geistvoll raffinirten Ton der modernen Gesellschäftsdramen, welche die Pariser Bühne beherrschen; die. Darstellung ungezwungener Lebenswahrheit, in welcher die neuern Schauspieler Frankreichs Meister sind, reicht nicht aus für das hochtönende Pathos des ersten dramatischen Classikers; sie müssen einen andern Ton anschlagen in seinen Dramen,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 691. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_691.jpg&oldid=- (Version vom 23.6.2019)