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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

wohlbehalten zu Euch und in Frieden, laßt ihn ebenfalls wohlbehalten und in Frieden zurückkehren. Das ist der Gruß (d. h. die Botschaft, die Meldung).“

Der Stempel auf diesem Briefe ist leider, wie auch die Abbildung erkennen läßt, so undeutlich, daß man die auf demselben gezeichneten Gestalten und Buchstaben nicht erkennen kann, ebenso ist die Schrift auf der Rückseite des Briefes nicht zu entziffern. Mit Hülfe dieses Briefes und eines zweiten, des Geleitbriefes des Ganduherrn, entging ich den Plünderungsgelüsten einiger vornehmen Herren auf der ersten Rückreise; durch ihn fand ich überall freundliche Aufnahme und gute Behandlung, ja offene Thore für das Nachbargebiet. Denn wenn afrikanische Könige auch schon zuweilen willig den reichen Reisenden aufnehmen, so lassen sie ihn doch nur verhältnißmäßig selten willig mit diesen Reichthümern in das Nachbarland ziehen. Zum ersten Male in Tibati im Zeitraume von vier Jahren ist mir das Betreten eines Gebietes verboten worden und hier auch nur aus abergläubischer Furcht, die jetzt wohl schon geschwunden ist. Ohne den Sokotobrief hätte ich auch meinen alten Freund und treuen Reisebegleiter Magudu maigasin baki schwerlich veranlassen können, mich zu begleiten, denn von Sokoto kann für einen Gläubigen des westlichen Sudan nur Gutes kommen. Der Verlauf meiner zweiten Adamauareise, durch welchen der Ursprung des Benuë aufgefunden wurde, ist noch nicht veröffentlicht, die Routenkarte noch nicht abgeschlossen, da die Details zu verarbeiten viel Zeit in Anspruch nimmt.[1] Ich wandte mich zunächst von Loko nach der Hauptstadt Kororofa’s, Wukari (dem Okale E. Vogel’s), wo ich durch die Vermittlung meines alten Freundes ernsten Schwierigkeiten glücklich entschlüpfte.

Uebersichtskarte der Reisen von Ed. Robert Flegel in Haussa und Adamaua.

Ich war, um die Stadt in ihrem Umfange kennen zu lernen, mit meinem Diener Ibraima hinausgeritten vor das Thor in der Absicht, die Stadt zu umreiten, und wir galoppirten auf unseren damals noch sehr schönen Thieren fröhlich daher, als uns plötzlich bewaffnete Haufen mit großem Lärmen folgten, was mich sofort die Gangart verlangsamen ließ, um mich nach der Ursache der Verfolgung zu erkundigen. Aus den durch einander schreienden Stimmen wurde mir soviel klar, daß man mich in Verdacht hatte, ich streue böse Medicin, um der Stadt Schaden zuzufügen. Ich antwortete den Leuten, daß das Thorheit sei und ich zum Beweise den Ritt auf ihren Wunsch nicht fortsetzen würde. Man wollte mich aber nicht wieder in die Stadt lassen, was schließlich nach einigem Palaver (Unterhandlungen) doch gestattet wurde; dann ließ man mich nicht in’s Haus, was aber doch gelang, obwohl es dabei fast zu ernstem Zwiste kam. Schließlich sollte ich vor den König gebracht werden, der gegen die Muntschis im Felde lag, und die Sache hätte mir viel Unkosten machen können. Aber sobald mein alter Freund – der die Djukus fehr gut kennt und ihre Sprache spricht – die Sache in die Hand nahm, war dieselbe bald beigelegt. Er antwortete dem aufgeregten Haufen auf die vorhin erwähnte Beschuldigung einfach, daß, falls ich wirklich das Land und die Stadt behext hätte, was er persönlich nicht glauben könne und wofür er viele gute, den Landeskindern verständliche Gründe beibrachte, man es enthexen müsse, und daß er bereit sei, die Kosten zu bezahlen. Das war der beste Vorschlag zur Güte. Die Habsüchtigen stellten bedeutende Forderungen, er handelte und handelte und ermüdete die Herren mit seiner Geduld und Klugheit so, daß sie mit einigen Metern Zeug abzogen. Auch brachte ich die Lacher auf meine Seite durch den Vergleich der Anstifter dieses Zwischenfalles mit den Mäusen, die auf Tisch und Bänken tanzen, wenn die Katze nicht daheim ist, was man in Haussa durch das Sprüchwort ausdrückt: „Man hört die Hyänen nach Fleisch rufen, weil der Löwe (der König des Orts) nicht daheim ist,“ was zugleich andeutet, sich auf unrechtmäßige Weise bereichern zu wollen.

Der Herr von Wukari, der mein besonderer Freund von 1879 her war, hat dann sehr anerkennenswerth und für einen Djukufürsten erstaunlich klug und politisch gehandelt. Er kennt die Bedeutung der Haussa und der Weißen und ist jetzt auch auf eigenen Wunsch der Oberhoheit Sokotos unterstellt worden. Er bestrafte daher die Urheber jenes Aufruhrs und rügte öffentlich das Betragen seiner Unterthanen als ein der Stadt verderbliches; denn die Haussahändler und vor Allem die Weißen seien es, die ein Land groß und seine Bewohner glücklich machten, da ihnen Gott alles gegeben, was begehrungswürdig sei. Er steht aber allein mit dieser Anschauung da, und seine Macht besteht mehr durch die zahlreichen eingewanderten und die Stadt bewohnenden Haussas, als in seinen eigenen Unterthanen, denen er nach gutem alten Landesbrauche schon zu lange lebt.

Von Wukari wanderten wir in östlicher Richtung die südlichen Zuflüsse des Benuë kreuzend, nach Gas’ka (zu sprechen Gasch’ka), dem Sitz des Zambo dan Haman Gabdo, eines der feindlichen Brüder Adamauas und zwar des jüngeren, intelligenteren und hochherzigeren der beiden, der in dieser Stadt sich sieben Jahre gegen seinen Bruder Usuman (Osman) von Bagnio und eine große Zahl Krieger aus aller Herren Ländern tapfer gehalten hat und letzteren schließlich zwang, obwohl er ihn hätte vernichten können, abzuziehen mit Anerkennung seiner Oberhoheit der Erstgeburt wegen.

Bei Gas’ka passirt man den westlichen Zwillingsarm des Tarabba, den Mao Kom; der Weg führt dann vielgewunden in nordöstlicher Richtung nach der bedeutenden Stadt Kontscha, dem ehemaligen Hauptsitz des Vaters der feindlichen Brüder Haman Gabdo’s, gegenwärtig von einem jüngeren Bruder dieser Djauro Bakari beherrscht. Von Kontscha ging ich in Nordrichtung nach Jola, wo ich vierzig Tage weilte, bevor ich im Beginne der Regenzeit


  1. Wir sind in der Lage, nach Angaben des Verfassers schon heute eine Skizze seiner sämmtlichen Reiserouten zu geben, auf der aber nur die wichtigsten von ihm berührten Orte verzeichnet werden konnten und die darum auf Vollständigkeit keinen Anspruch erheben darf.      D. Red.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 714. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_714.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)