Seite:Die Gartenlaube (1884) 755.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

verbrannt, um das Mineral zu schmelzen. Jetzt überlassen sie es englischem Unternehmungsgeiste, entweder Steinkohlen herzuführen oder die Erze als Ballast in die Schiffe zu stauen, die dem waldarmen Lande Holz zum Bauen und zu Weinfässern bringen, um das Mineral daheim billiger schmelzen zu lassen.

An dem Fuße jener Hochgebirge Murcias, in Senkungen, auf geschützten Hochflächen wachsen Getreide, Obstbäume, da gedeiht der Weinstock. Der Landmann nennt diese mittleren Zonen Seccanos, trockenes Land, im Gegensatze zu dem künstlich überrieselten Thalkessel der Segura. Diese Fluren müssen sich mit der Feuchtigkeit begnügen, die ihnen der Himmel gelegentlich sendet. Da schmücken volllaubige Bäume die Abhänge, da liefert der warme Fruchtboden mehrfache Ernten in langem Sommer, der im Februar beginnt, im November kaum endet.

Elche.
nach einer photographischen Aufnahme.

Die Ackersleute der Seccanos sehen stattlicher aus, wenn sie zu Markte nach Murcia kommen mit Karren voll Grünfutter, mit den dicken Bohnen, die nächst der Kichererbse am beliebtesten sind. Die Jacke mit Reihen kleiner blanker Knöpfe, die kurze Hose ebenfalls mit Knöpfen besetzt, der pralle Strumpf, die rothe Leibbinde, der ringsum aufgeschlagene Hut, der das um den Kopf geschlungene rothbunte Tuch halb bedeckt, geben den schönen braunen Gestalten ein malerisches Ansehen. Tief unten am Strome breitet die „Huerta“, der Garten von Murcia, sich aus. Hier giebt es weite Reisfelder, hier trägt der Boden noch im Schatten des Orangelaubes, des Oelbaums, der Palmen köstliche Feldfrucht, feine Gemüse, hier fächelt der laue Wind das Blatt schlanker Eukalypten, die Flur von Murcia gehört zu den üppigsten Spaniens. Die Segura und die Bäche, die von den nahen Bergen herabrinnen, tränken mittelst eines kunstvoll verzweigten Geäders von Rinnen das weite Gartenland, besiedelt von zahllosen Dörfern, die im Schatten des immergrünen Laubes sich verstecken. Dieser Thalkessel ist vor wenigen Jahren, wie bekannt, von einer furchtbaren Ueberschwemmung heimgesucht worden. Die Segura braust aus dem Gebirge hervor, durchfließt den meilenbreiten Thalgrund und wird dann wieder in ihrem unteren Laufe enger zwischen Felsmassen gezwängt. Als Regengüsse und gleichzeitige Schneeschmelze nun dem Strome ungeheure Wassermengen zuführten, als auch aus den Bächen der Gebirge gelbe Fluthen herabbrausten, vermochte das Bett des Stromes den Andrang der Wasser nicht zu fassen und abzuführen. Plötzlich verwandelte sich der Thalkessel in einen einzigen stürmisch bewegten See, aus dem kaum die Häupter der Bäume, die höher gelegenen Hütten hervorguckten. Der Anblick muß fürchterlich gewesen sein. Längst haben die Fluthen sich verlaufen, heute prangt die Flur wieder in überschwenglicher Pflanzenfülle. Nur die elenden, von Lehm zusammengebackenen Häuser sind aufgelöst in kleine Häufchen Unrath, die jetzt an Stelle der Dörfer unter Oelbäumen, Orangen, Eukalypten liegen.

Der äußerste Süden, die herrlichste Pflanzenfülle grüßt uns aus dem Golflande von Malaga. Da stehen wir auf andalusischem Boden. Dazwischen wechselt die Landschaft kaum ihren Charakter. Nun treten die Spuren maurischer Cultur immer entschiedener hervor. Auf schroffen Felshöhen liegen die Trümmer arabischer Castelle, verlassene Alcazars; zinnengekrönte Mauern, Umwallungen zusammengeschmolzener Städte, ziehen über Berg und Thal. Die Rebengärten von Almeria, Haine von Orangen, Feigen, Mandeln liegen tief eingebettet zwischen den wirren Verästelungen der Alpujares, der von Bleiminen durchzogenen Sierra de Hador. Wo nichts mehr wachsen will, da erntet der Bergsteiger wenigstens das wilde Spartogras, aus dem spanische Weiber hoch im Gebirge Decken flechten zu Vorhängen, zur Ausstattung der steinernen Fußböden, das in riesigen Ballen nach England verschifft wird, um in der Papierfabrikation verwendet zu werden. Wechsel, Gegensätze überall in diesem wunderbaren Lande, überall ernste Romantik neben paradiesischer Anmuth, überall Denkzeichen der fremden Völker, die diesen Boden nach einander beherrscht haben, der Römer, der Mauren, der katholischen Eroberer. Milder, anmuthiger, weicher fast wird der Charakter der spanischen Landschaft im Golf von Malaga. Das hohe Gebirge, das ihn einschließt, tritt weit zurück, läßt ein breites hügeliges Vorland frei, dessen Gehänge hoch hinauf mit grüner Pflanzendecke überzogen sind. Ein Fluß, der aus dem andalusischen Gebirge hervorbricht, erquickt die herrliche Landbucht, aus der die

Stadt stolz hervorragt. Um die entzückende Landschaft von Malaga

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 755. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_755.jpg&oldid=- (Version vom 5.7.2023)