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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

kennen zu lernen, hat deutsche Gastlichkeit mich liebenswürdig unterstützt. Fast der gesammte Weinhandel und die Weinindustrie befindet sich hier in deutschen Händen. Malaga führt nicht nur aus, was es selbst hervorbringt, es sammelt auch die Erzeugnisse des Hinterlandes, um sie zuerst zu verarbeiten, dann zu verschiffen. Hoch hinauf im Gebirge gedeiht in diesem warmen Klima der Oelbaum; selbst die Rebe liefert droben in den Bergen noch gute Ernten. Der edelste, feinste, kostbarste Wein wächst aber unmittelbar um die Stadt, all den Hügeln, die amphitheatralisch die Landschaft umschließen. Der will gesondert, verschieden bearbeitet sein. Die Spanier sind dazu zu lässig; deutsche Betriebsamkeit ist hier seit einer langen Reihe von Jahren für die beste Ausbeutung der Bodenproducte eingetreten. Der deutsche Consul, Herr Adolf Pries, ein geborener Rostocker, zeigte mir seine Lager, die am Strande, in einem Eukalyptus-Walde sich befinden. Da liegen die Kelterräume , in die während der Lese aus der nahen Landschaft, etwa 30 bis 35 Tage hindurch, täglich 1000 Centner Trauben geliefert werden. Die edelsten kommen aus den Bergen der großen Grundbesitzer, die den Weinbau auf ihren Gebieten in neuester Zeit sehr gehoben haben und sich eine genaue Sortirung der Trauben angelegen sein lassen. Da wächst der echte Malaga, jener köstlich süße, aromatische Feuersaft, der kaum einen ebenbürtigen Genossen findet unter allen Weinen der Welt.

Eisenbahn durch die Sierra Nevada.
nach einer photographischen Aufnahme.

Junge Andalusierinnen treten die Beeren mit den Füßen aus; im Nebenraume fertigen Böttcher die Fässer aus amerikanischem Holze. Das eigene Laud ist zu waldarm, tief im Inneren füllt man den Wein wie im Orient in Häute von Ziegen, Schafen, Kälbern, weil es an Fässern vollständig mangelt. Die Berge um Malaga liefern nicht nur den Wein, der diesen Namen trägt, dort wächst auch der gezehrte, trockene Xeres , ein zuckersüßer Muscat, und der Pedro Ximenes, den man aus halbgetrockneten, rosinenartigen Beeren keltert und an jene Industrien verkauft, die daraus süßen Ungarwein machen. Das Land ist bis hoch hinauf mit Oelwäldern bedeckt, und da jeder Baum in guten Jahren bis fünfundsechszig Liter Oel liefert, so mag man daraus die Fülle der andalusischen Oelernten ungefähr ermessen. Das Oel voll ganz Andalusien strömt hinab nach Malaga, um von hier verschifft zu werden. Orangen und Feigen, frische Trauben und Rosinen werden aus diesen Lagerräumen auf die Frachtschiffe verladen.

Ein Ausflug in die Umgegend von Malaga verändert wieder das Bild. Im niederen Grunde, der reichlich mit Wasser getränkt werden kann, hat das Zuckerrohr alle anderen Früchte verdrängt. Durch unübersehbare Rohrfelder führt uns der leichte Wagen des deutschen Gastfreundes. Die dicken Halme, gefüllt mit süßem Safte, bilden ganze Wälder. Einzelne standen noch aufrecht, anderswo hatte man sie bereits geschnitten, tiefer im Grunde trieben schon neue Schößlinge aus der alten Wurzel hervor. Jedoch nicht nur die landwirtschaftliche Ausnutzung des Bodens bewundern wir in der Gartenflur der Golflandschaft von Malaga. Hier zuerst sehen wir auch Landhäuser rings an den Abhängen der Berge, schmucke weiße Häuser mit Balconen, offenen Hallen, Lusthainen, Springbrunnen, Gärten.

Fast jeder Kaufmann der Handelsstadt besitzt so eine Sommerfrische. Dorthin zieht er im April, erfreut sich an dem üppigen Grünen und Blühen von Pflanzengebilden, die wir in Europa sollst kaum mehr in freier Erde finden, am Kaffeestrauch und Indigobaum, an Kampher, Bananen, Bambusgebüsch, an Cacao, Cederstämmen, chinesischen Nelken, Sensitiven aus Brasilien. Das haben Seefahrer einst mitgebracht, das gedeiht hier wie in der Heimath. Die Meerluft sendet erfrischenden Hauch in diese Ansiedelungen, helles kühles Gebirgswasser quillt überall reichlich

hervor. Im Juli aber beginnt die Hitze unerträglich zu werden.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 756. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_756.jpg&oldid=- (Version vom 4.10.2022)