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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

in Frankfurt am Main erschienene „Neue Folge der Blätter aus A. Hendschel’s Skizzenbuch“, enthaltend 50 Photographien nach bis jetzt noch nicht veröffentlichten Originalzeichnungen des verstorbenen Künstlers. Der köstliche Humor und die packende Lebenswahrheit, welche die bisher bekannten Zeichnungen des so früh dahin geschiedenen Meisters beleben, prägen sich auch in diesen Skizzen aus, von denen wir einige unseren Lesern darzubieten in der Lage sind.

Spiegelt sich hier die Gegenwart getreu wieder, so giebt eine andere Sammlung eine wohlgelungene Sitten- und Trachtenmalerei des 18. Jahrhunderts, wie sie nur der beste Schilderer jener Zeit, der bekannte und berühmte Maler und Kupferstecher Daniel Nicolaus Chodowiecki (geboren 1725 zu Danzig, gestorben 1801), in seinen feinen, anmuthigen und lebenswahren figürlichen Darstellungen zu bieten vermochte. Der Verlag von Mitscher und Röstell in Berlin veranstaltete eine „Auswahl aus des Künstlers schönsten Kupferstichen. 136 Stiche auf 30 Carton-Blättern, nach den zum Theil sehr seltenen Originalen in Lichtdruck ausgeführt von A. Frisch in Berlin“. Dem Kunstverständigen, dem Kenner und Liebhaber werden diese charakteristischen geistvollen Blätter, die von den Originalen des unübertroffenen Danziger Sitten- und Seelen-Malers in ihrer sorgfältigen und genauen Wiedergabe kaum zu unterscheiden sind, einen hohen und köstlichen Genuß gewähren.

Wenden wir uns aber nun den zeitgenössischen Künstlern und ihren Werken zu, so finden wir dieselben in einem mit erlesenem feinen Geschmacke ausgestatteten und auf hoher Stufe künstlerischer Vollendung stehenden Prachtbande vertreten, der aus dem Verlage von E. A. Seemann in Leipzig hervorgegangen ist und den Titel führt: „Moderne Kunst. Studien zur Kunstgeschichte der Gegenwart unter besonderer Berücksichtigung der Münchener, Berliner und Pariser Ausstellungen im Jahre 1883. Von Friz Bley. Mit Illustrationen in Holzschnitt, Radirung und Heliogravüre.“ In geistreichen Essays lenkt der Verfasser den Blick nicht nur auf die einzelnen Künstler und die Stellung, welche dieselben in der gesammten Culturbewegung ihrer Zeit und Nation einnehmen, sondern vermittelt auch das Erkennen tiefer liegender Erscheinungen und Fragen, die man zum Verständniß des modernen Kunstlebens erfassen muß. Die Schöpfungen der ersten Meister sind in vorzüglichen Wiedergaben vertreten.

Aus Rudolf von Gottschall’s „Deutschem Frauen-Album in Wort und Bild“.

In einem engeren Rahmen spiegelt sich das zeitgenössische Kunstleben in der „Münchener bunten Mappe“ wieder, „Originalbeiträgen Münchener Künstler und Schriftsteller, herausgegeben von Max Bernstein (Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft, vormals Fr. Bruckmann in München)“. Ein glänzendes Zeugniß für den regen und frischen Kunstsinn der bayerischen Residenz! Dichter wie Ganghofer, Greif, Heigel, Heyse, Lingg, Stieler und manche andere besten Namens haben hier einem Defregger, Diez, Grützner, Kaulbach, Lenbach, Mathias Schmid, Alexander Wagner und Anderen die Hand gereicht zu einem Bunde, dem ein eigenartiges und prächtiges Kunstwerk entsprungen ist, welchem es an Beifall nicht fehlen wird.

Unter den Prachtwerken historischen und culturhistorischen, länder- und völkerkundlichen Inhaltes müssen wir in erste Linie stellen das in J. G. Bach’s Verlag in Leipzig erschienene großartige Werk: „Die Kreuzzüge und die Cultur ihrer Zeit. Von Dr. Otto Henne am Rhyn. Prachtausgabe in Folio mit 100 ganzseitigen Illustrationen von Gustav Doré, verschiedenen ganzseitigen Illustrationen deutscher Künstler, und über 100 Text-Illustrationen.“ Eine wahrhaft imponirende Leistung, die hier Verleger, Künstler und Schriftsteller geben, von einer Gediegenheit in allen Darbietungen, die das höchste Lob und die weiteste Anerkennung verdient.

Warmer patriotischer Hauch durchzieht das von der Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft in München herausgegebene, reich illustrirte und würdig ausgestattete Werk: Die Hohenzollern und das deutsche Vaterland von Dr. R. Graf Stillfried Alcantara und Professor Dr. Bernhard Kugler. Illustrirt von den ersten deutschen Künstlern,“ von welchem nunmehr eine billigere Volksausgabe vorliegt. – Camphausen, Menzel, Thumann, Werner und andere unserer besten Meister haben bekanntlich den fesselnden und geistvoll behandelten Text illustrirt.

Von neuen geographischen Prachtwerken, einer Species, die sich heutzutage ganz besonderer Beliebtheit und Bevorzugung erfreut, sind in dem bekannten Verlage von Heinrich Schmidt und Carl Günther in Leipzig erschienen: „Neapel und seine Umgebung. Geschildert von Rudolph Kleinpaul. Mit 142 Illustrationen,“ und „Die deutsche Kaiserstadt Berlin und ihre Umgebung. Geschildert von Max Ring. Zwei Bände mit über 300 Illustrationen.“ Das erstere Werk zeichnet sich, wie alle Arbeiten Kleinpaul’s, des feinen, geistreichen Kenners und Beurtheilers italienischen Lebens, durch eine fesselnde, höchst interessante Darstellung aus, während Max Ring ein ebenso treues als gelungenes Bild der Hauptstadt des Deutschen Reiches und ihres Lebens und Treibens entwirft.

Hermann Kaulbach’s Opern-Cyclus. Nach Original-Oelgemälden photographirt. Begleitender Text von Karl Stieler. Federzeichnungen von F. Kruse (Verlag von Karl Brack und Keller in Berlin)“, „Das Heimchen auf dem Herde. Eine Elfengeschichte von Charles Dickens, illustrirt von Conrad Beckmann (Verlag von Adolf Titze)“ und „Friz Reuter-Gallerie mit Bildern von Conrad Beckmann und Text von Karl Theodor Gaedertz (Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft, vormals Friedrich Bruckmann in München)“ mögen die Reihe der hier erwähnten Prachtwerke in Prosa beschließen. Hermann Kaulbach’s Schöpfungen sind bekannt und beliebt, sie bilden mit dem anmuthigen Text von Karl Stieler ein ansprechendes Buch, ebenso die prächtige Elfengeschichte Boz Dickens, während die Friz Reuter-Gallerie uns die lebenswarmen anheimelnden Figuren der Dichtungen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 812. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_812.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2022)