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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

Reuter’s in einer Auffassung vor Augen führt, welche den dichterischen Gebilden eine durchaus entsprechende, sympathische Gestaltung zu verleihen scheint. So und nicht anders müssen Onkel Bräsig und Lining und Mining, die beiden herzigen Blondköpfe, dem Dichter vorgeschwebt haben; so und nicht anders kann man sich die von uns reproducirte Scene vorstellen, wie Hanne Nüte dem Bäckermeister, der dem lütten Pudel an den Kragen wollte, die rechten Wege – allerdings etwas handgreiflich weist; so und nicht anders müssen Dörchläuchting und die Schultsch sich gegenübergestanden haben: es ist wunderbar, wie hier überall der Humor des bildenden Künstlers den Empfindungen des Dichters sich anzuschmiegen und für sie den Dolmetsch zu machen verstanden hat.

Dasselbe vermögen wir auch von den weiter folgenden Prachtwerken zu sagen, deren Bilderschmuck sich mit poetischem Texte verbunden hat, wie bei dem „Deutschen Frauen-Album in Wort und Bild. Herausgegeben von Dr. Rudolf von Gottschall. Mit sieben Vollbildern von C. Karger, H. Kaulbach und sechs Vignetten von C. Karger und F. Stuck (Verlag von Gustav Hoefler in Leipzig).“ Das Kaulbach’sche Bild einer wunderbar lieblichen Mädchenknospe, von dem wir vorseitig eine Holzschnittnachbildung geben, ist von Ernst Scherenberg mit einem stimmungsvollen Gedichte von hoher poetischer Schönheit begleitet, und denselben Werth beanspruchen die übrigen für diese Anthologie von dem Herausgeber mit feinem Geschmack ausgewählten Dichtungen.

Aennchen von Tharau. Ein Lied aus alter Zeit, von Franz Hirsch. Pracht-Ausgabe, illustrirt von Georg Knorr (Verlag von Carl Reißner in Leipzig)“ zeichnet sich durch die in vorzüglichem Lichtdrucke wiedergegebenen trefflichen Compositionen Knorr’s, des bekannten Königsberger Malers, sowie durch die elegante und würdige Ausstattung aus, welche der Verleger dieser ansprechenden Dichtung gegeben.

Hanne Nüte und der Bäckermeister.
Aus der „Fritz Reuter-Gallerie“, mit Bildern von C. Beckmann und Text von K. H. Gaedertz.

Die „Abenteuer und Schwänke. Alten Meistern nacherzählt von Rudolph Baumbach. Mit Holzschnitten nach Zeichnungen von Professor Mohn (Verlag von A. G. Liebeskind in Leipzig)“ werden in der meisterhaften Form, welche Baumbach denselben verliehen hat, und mit den vorzüglichen Illustrationen Mohn’s Jedem, der am altdeutschen derben, aber lustigen Leben Gefallen und Geschmack findet, sicher recht behagen, und die „Lustige Jagd. Fünfundzwanzig Zeichnungen von Hugo Engl mit Gedichten in oberbayerischer Mundart von Conrad Dreher (Verlag von Adolf Bonz und Comp. in Stuttgart)“ wird in den weitesten Kreisen sich Freunde werben bei ihrem ausgelassenen, echten Humor in Vers und Bild.

Dem Naturfreund bietet sich ein Genuß dar in dem reich ausgestatteten Verlagswerk der Arnoldischen Buchhandlung: „In der Blüthenzeit. Ein Liederstrauß mit neun Illustrationen in Farbendruck nach Aquarellen von Julius Hoeppner“, einem Buche, in dem heller Sonnenschein und köstlicher Blumenduft weben und wallen und das ein zartes Geschenk für junge Mädchen bildet. Denselben Cultus der Natur pflegt das in fast zu reichem Bilderschmuck prangende, im Verlage von Ferdinand Hirt u. Sohn in Leipzig erschienene Prachtwerk „Im Wechsel der Tage. Unsere Jahreszeiten im Schmuck von Kunst und Dichtung. Eine Auswahl aus den Werken unserer besten vaterländischen Dichter, herausgegeben von Adolf Brennecke. Mit zahlreichen Holzschnitten nach Zeichnungen hervorragender Künstler.“ Eine Anthologie, welche dem geschmackvollen und feinsinnigen Herausgeber Erfolg und Beifall sichert.

Ein besonderes Interesse unter den Prachtwerken des diesjährigen Weihnachts-Büchertisches wird bei Vielen das Werk einer gekrönten Dichterin, der Königin von Rumänien erregen: „Mein Rhein. Dichtungen von Carmen Sylva, illustrirt von E. Doepler dem Jüngeren nebst 20 landschaftlichen Radirungen unter Leitung von Hans Meyer ausgeführt von F. Krostewitz und R. Heinrich (Verlag von Adolf Titze in Leipzig)“. Ein an poetischen Schönheiten reiches Buch, dem die genannten Zeichnungen und Radirungen einen besonderen Werth verleihen und das in sangesfroher Begeisterung für den „Vater Rhein“ sich manchen Verehrer erwerben wird.

Wie wir diese Besprechung von Prachtwerken mit einer der classischen Kunst gewidmeten Erscheinung begannen, so wollen wir sie auch mit einer solchen schließen, mit der im Verlage von Braun u. Comp. in Dornach (Vertreter: Hugo Grosser in Leipzig) erschienenen „Dresdener Gallerie“, von welcher bis jetzt 3 Lieferungen von zusammen 120 Blatt (Photographien) vorliegen, ausschließlich Meisterwerke in meisterhafter Weise reproducirt. Eine Extra-Ausgabe aus dieser Sammlung, Raffael’s sixtinische Madonna, welche in verschiedenen Größen, neuerdings sogar in der Größe des Originals, zu haben ist, wird man wohl mit Recht als eines der schönsten und kostbarsten Festgeschenke bezeichnen können. – r.     


II.

Wir gehen nun über zu dem Weihnachtsbüchertisch für die Jugend. So ein Weihnachtsbüchertisch für die liebe Jugend ist eine rechte Lust. Besonders im gegenwärtigen Jahre ist die Zahl der neu erschienenen Jugendbücher eine sehr große, und eines derselben tritt immer in verlockenderem Kleide auf, als das andere. Aber daß nicht Alles Gold ist, was da glänzt, lehrt schon ein altes Sprüchwort; und daß nicht Alles für die Jugend geeignet ist, was für sie dargeboten wird, kann nicht genug betont werden. Unter den älteren Büchern ist im Laufe der Zeit eine Scheidung schon vorgenommen; rathlos aber stehen zahlreiche Eltern den Novitäten gegenüber: diese zu sichten und den Rathsuchenden einen Wegweiser zu bieten, soll deshalb unsere Aufgabe sein. Möge neben dem guten Neuen freilich auch des bewährten Alten nicht vergessen werden! Für unsere ganz Kleinen bringt der Weihnachtsmann zwei Bücher, die nicht nur hübsche Bilder und sinnige Sprüchlein enthalten, sondern die auch besonders dauerhaft ausgestattet sind: „ABC“ und „Bilderbuch“ (Eßlingen, Schreiber), beide auf Leinwand und mit Lackanstrich. (Da derselbe Verleger eine ganze Reihe von Bilderbüchern herausgegeben hat, ist es nöthig, bei dem ersten die Nr. 6, bei dem letzteren die Nr. 25 anzugeben.) Auch das „Unzerreißbare Märchenbuch für die ganz Kleinen“ (Stuttgart, F. Loewe’s Verlag) mit 12 Farbendruck-Bildern von C. Offterdinger und das „Goldene Schatzkästlein für kleine Kinder“ (Eßlingen, Schreiber) sind in Rücksicht auf die oft etwas unzarte Behandlung seitens der kleinen Eigenthümer sehr dauerhaft (auf starkem Carton) hergestellt und dürften sich so, gleich den beiden ersten, ziemlich widerstandsfähig erweisen.

Ganz besonders reich ist der diesjährige Weihnachtsmarkt an Märchenbüchern und Büchern mit verwandtem Inhalt für das Jugendalter von 6 bis 9 Jahren. Hierher gehören die mit prächtigen Farbendruckbildern von Offterdinger, Flinzer und Anderen geschmückten und von Luise Pichler textlich bearbeiteten Märchenbücher „Feen in den Lüften“, „Silberflocken“, „Lustiger Klingklang“, „Märchenpracht und Fabelscherz“ und „Gnomen und Riesen“ (Stuttgart, W. Nitschke), sowie ferner „In’s Zauberland“ von Franz Kamberg und „Deutsche Kindermärchen“, Verlag von W. Effenberger (F. Löwe) in Stuttgart. Alle diese Bücher werden bei den leselustigen Kleinen, Knaben wie Mädchen, freudigen Anklang finden. Gute neue Märchen in Andersen’scher Manier bieten die „Erträumten Märchen“, erzählt und illustrirt von Marie Beeg, verlegt von E. Twietmeyer in Leipzig.

Eine bunte Reihe von kinderfreundlichen Schriftstellern und Künstlern ist es, die ihre Stoffe direct dem Leben des Kindes entnommen hat und nun ihre reizenden Gaben den Lieblingen darbietet. Vor Allem gehört hierher das liebliche „Aus der Kinderwelt“ (Stuttgart, Gebrüder Kröner) mit seinen classischen Kindergeschichten von der trefflichen Ottilie Wildermuth, vorzüglich illustrirt von E. Kepler, E. Klimsch und Oscar Pletsch. Aber auch „Hans und Käthchen, ein neues Buch für Knaben und Mädchen“ von M. Hilscher (Dresden, C. Schwager), „Im Sonnenschein“ von W. Claudius und Joh. Trojan, „Wie’s am Tage geht“ von W. Claudius und Julius Lohmeyer (Dresden, Meinhold und Söhne), „Was in der Sonne lebt“ von C. Goddard (Stuttgart, G. Weise), „Lust und Leid der Kinderzeit“ und „Die Kinderstube zur Dämmerstunde“ von M. Beeg (Stuttgart, W. Nitschke) sind mit ebenso hübschen Bildern ausgestattet, als mit lebendigen, kindlich-schlichten Versen versehen, die der kleine Leser gern auswendig lernen wird. Unter dem Titel „Willkommen!“ bringt Theo. Stroefer’s bekannter Kunstverlag in München ein „neues Malbuch für das kleine Volk“, will sagen: ein Buch mit schwarzen Bildern, die das Kind – wenn es die nöthige Ruhe besitzt – selbst zu coloriren vermag. Ein eleganter Carton mit der Aufschrift „Bibliothek für die Kleinen“ (aus demselben Verlag) birgt in seinem Innern vier reizende Bändchen auf einmal, deren Texte

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 813. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_813.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2022)