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verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

die selbst eine Blume, unverwelklichen Reiz und ewige Jugendfrische. Sie gebar ihm den Karpos, die personificirte Frucht, den Zeus zum Patron des Obstes machte.

Chloris ist die griechische Flora – ihr Name, in den neueren Schäferspielen neben Phyllis und Amaryllis oft genannt, bezieht sich, wie der Name Chloe, anf die blaßgrüne, gelbliche Farbe der jungen Saat oder der ersten Keime, er bedeutet die Grüne, daher auch der Grünfink im Griechischen Chloris heißt.

Die Blumen, welche die Chloris unseres Bildes in der Hand hält, sind Nelken, und der Künstler möge mir verzeihen, wenn ich ihn bezüglich dieses Attributs eines kleinen Anachronismus beschuldige. Die herrliche Nelke, welche, angeblich aus Südfrankreich stammend, um ihrer Schönheit, ihrer lebhaften Farbe und ihres würzigen Duftes willen in den Gärten von ganz Europa den ersten Rang nach der Rose einnimmt und von den heutigen Römern mit Vorliebe gepflegt wird, war den Alten unbekannt, wenigstens findet sie sich in ihren Schriften nirgends erwähnt; das Wort Dianthus, welches soviel wie Zeusblume bedeutet, ist eine Erfindung Linné’s. Erst im 15. Jahrhundert wird der Nelke unter dem Namen Flos Tunicus gedacht, welcher von dem langen, röhrigen, einer Tunica gleichen Kelche hergenommen ist – die Flores de Tunica standen damals als Heilmittel in hohen Ehren, man machte Essenzen, Essige, Sirope, Thees aus Nelken und gab sie gegen Herzklopfen, Epilepsie und Wechselfieber.

Daher glaube ich, daß Chloris ihrem Zephyr keine Nelken entgegengebracht hat; daß aber nnter dem Peplon ein heißes Herz voll Liebe und Sehnsucht klopfte, gegen dessen ungestüme Schläge keinerlei Nelkenessenz ein Arcanum geboten hätte, das glaubt wohl jeder, der dieser Chloris nur einen Blick geschenkt. N. K.     


Das „ätherische“ Geschütz. Vor etwa zwei Jahren spukte in amerikanischen Blättern die Kunde, ein gewisser Keely in New-York habe eine funkelnagelneue Naturkraft entdeckt und einen Motor zur Ausnutzung derselben gebaut, der sich zu den bisher bekannten Kraftmaschinen verhalte, wie etwa die Dampfmaschine zur Pferdekraft. Der Schwindel war so gut in Scene gesetzt, daß Keely die Gründung einer Aktiengesellschaft zur Ausbeutung seiner Erfindung zu Wege brachte und auf diese Weise seinen allzu vertrauensseligen Landsleuten einige hunderttausend Dollars aus der Tasche lockte.

Hierauf ward es ganz still, so still, daß die 100-Dollaraktien auf 9 Cents fielen. Da machte Keely vor einigen Wochen die unliebsame Entdeckuug, daß der nervus rerum ihm auszugehen beginne, und er beschloß, einen neuen Coup in Scene zu setzen. Urbi et orbi verkündete er durch die Blätter seiner Heimath, denen die meisten europäischen bald pflichtschuldig folgten, es sei der sogenannte „ätherische“ Motor endlich zu Stande gebracht und es stehe dem dadurch herbeigeführten industriellen Aufschwung nichts mehr im Wege. In Folge der nicht ungeschickten Reklame stiegen nun die wohl von Keely zum Spottpreise aufgekauften Aktien auf Dollar 1,15, doch die Käufer hatten wiederum das Nachsehen.

Bei den von Keely aus Anlaß der Philadelphiaer Ausstellung veranstalteten Versuchen stellte es sich nämlich für jeden Kundigen sofort heraus, der Keely-Motor sei weiter nichts wie eine Luftkompressionsmaschine und die „ätherische Substanz“, welche den Kolben trieb, habe mit der gemeinen atmosphärischen Luft eine so verzweifelte Aehnlichkeit, daß Niemand sie von dieser zu unterscheiden vermöge. Das gleiche Schicksal theilte desselben Erfinders „ätherisches“ Geschütz, dessen Kampfeigenthümlichkeit darin liegt, daß es zur Abwechselung nach hinten schießt. Sonst ist das Geschütz eigentlich weiter nichts als eine Windbüchse. Zwei Cylinder sind mit verdichteter Luft angefüllt. Will man nun einen Schuß abfeuern, so öffnet man einen Hahn, und die Luft gelangt in die Geschützkammer. Nun gilt es, den bereits verdichteten „inter-atomischen Aether“, zu deutsch Luft, durch einen Schlag plötzlich noch mehr zu komprimiren, damit er das Geschoß aus dem Rohr zu treiben vermag. Dies besorgt der „ätherische“ Artillerist, indem er besagten Aether in der Kammer durch einen wohlgezielten Schlag mit einem Holzhammer auf den „Resonator“ „vitalidirt“, das heißt zum Leben bringt. Die kleine Kugel fliegt alsdann in der That mit großer Geschwindigkeit aus dem Rohr; das Kunststück haben indessen Viele vor Keely zu Wege gebracht und sich darum keineswegs als Weltverbesserer ausgegeben. Doch „nur die Lumpen sind bescheiden“, und Herr Keely ist keiner. G. v. Muyden.     


Die Treppe der Walhalla bei Regensburg. Wer kennt wohl nicht – wenn auch mancher nur aus Beschreibungen und Abbildungen – jenes großartige und erhabene Denkmal deutschen Ruhmes und deutscher Große, welches der kunstsinnige König Ludwig I. von Bayern auf dem Brauberge bei Regensburg in edler patriotischer Begeisterung errichten ließ. Leo von Klenze, dem berühmten Erbauer der Glyptothek in München, der Pinakothek, des königlichen Schlosses, wurden die Entwürfe zu der Walhalla übertragen, und höchst interessant ist es, was Friedrich Pecht hierüber in seinem Buche „Deutsche Künstler des 19. Jahrhunderts“, das wir bereits in Nr. 51 v. J. besprochen haben, berichtet: Zunächst malte Klenze in einem großen Oelbilde die Walhalla mit der Aussicht auf das untere Donauthal und komponirte dann die Treppe auf ein besonderes Stück Papier, sodaß man sie mit Leichtigkeit draufkleben und wieder hinwegnehmen konnte. Hierauf lud er bei der ersten Gelegenheit, die sich bot, den ihn ohnehin sehr oft besuchenden König ein, sich das Gemälde anzusehen. Schon am andern Morgen war der Monarch da und freute sich an dem Bild – ohne Treppe.

Nun bat Klenze den König, doch eine kleine Ergänzung zu betrachten, die er dazu komponirt, und klebte die Treppe unten hin. Dadurch gewann die Wirkung des Gebäudes freilich ganz außerordentlich. Der König, der nun wohl merkte, auf was es abgesehen war, betrachtete das Bild zwar lange und aufmerksam, sagte aber gleich: „Damit ist nichts, Klenze, das kostet mir viel zu viel Geld.“

„Aber Majestät würden dadurch Ihrer Schöpfung erst einen neuen Ruhmestitel hinzufügen.“

„Was kostet denn die Treppe?“

„Achtzigtausend Gulden.“

„Sind Sie toll, Klenze? fällt mir gar nicht ein, kommen Sie mir nie wieder damit!“

„Aber Majestät könnten das ja auf vier Ratenzahlungen vertheilen.“

„Klenze, Sie sind aber wieder einmal schon so eigensinnig wie ein .......“ Sprachs und rannte im höchsten Grade gereizt mit großen Schritten davon. Indeß nicht ohne im Hinausgehen noch einen Blick auf die Tafel zu werfen. Klenze aber blieb ebenso gereizt zurück, so hatte ihn der König noch nie angefahren, und er wollte sofort seinen Abschied nehmen, nach London oder Petersburg gehen etc. Darüber vergingen ein paar Stunden, dann schellte es heftig. Es war ein königlicher Diener, der den Herrn Geheimrath zum König rief. „Aha, jetzt habe ich meine Treppe,“ rief triumphirend der Architekt und traf es auch; der König hatte inzwischen seinen Etat noch einmal nachgerechnet und die ersten 20000 Gulden noch herausgetrieben. – r.     


Die Erdbeben in Spanien. Ein Komité, an dessen Spitze der Präsident des Reichstages Herr von Wedell-Piesdorf steht, erläßt einen Aufruf zum Besten der Opfer der Erdbeben in Spanien. Ein so großes und über weite Gebiete verbreitetes Unglück fordert überall Theilnahme und werkthätige Hilfe heraus, und unter den Nationen, welche sich beeifern, jenen Gegenden beizustehen, wird auch die deutsche nicht zurückbleiben wollen, die niemals fremdem Unglück sich verschloß. Beiträge wolle man nicht an uns, sondern an die königl. Haupt-Seehandlungskasse in Berlin senden.


Allerlei Kurzweil.

Kryptogramm: Die Vignette.

Gebrüder Rügen, – solchen Wein
Bezöget wirklich Ihr vom – Rhein?!



Auflösung der Schachaufgabe in Nr. 2:
 Weiß:  Schwarz:
1. S c 3 – e 4: S g 3 – h 1:
2. S e 4 – c 5 d 6 – c 5: (A.)
3. S g 7 – f 5 ! K d 4 – e 4
4. d 2 – d 3 matt.

(A.) 2. ..., K : S c 5; 3. S e 6 !, K c 6; 4. b 7 – b 8 S matt. Oder: 2. ..., L : S g 7; 3. L : d 6, beliebig; 4. e 2 – e 3 matt. Oder: 2. ..., beliebig anders; 3. S g e 6 !, K e 5; 4. d 2 – d 4 matt.

Von den zahlreichen Varianten dieses vorzüglich construirten Problems führen wir wegen Mangel an Raum nur folgende an: a) 1. ..., S : S e 4; 2. D g 1 †, K e 5; 3. d 4 †, K f 4; 4. S e 6 matt. b) 1. ..., S e 2:; 2. D f 3, S c 3 †; 3. S : S etc oder 2. ..., beliebig; 3. D e 3 etc. c) 1. ..., L : S g 7; (K e 5) 2. S c 5, S f 6; 3. e 3 †; 4. d 4 matt.


Kleiner Briefkasten.

A. G. in Dresden. Die E. Marlitt gewidmete Gavotte für Pianoforte „Goldelse“ ist nicht im Verlag von Ernst Keil’s Nachf., sondern in C. A. Koch’s Verlag (J. Sengbusch) in Leipzig kürzlich erschienen.

Herrn Justizrath K. B. in L. Sie haben Recht: der Vicepräsident des Reichstages ist Abgeordneter für Schwarzburg-Rudolstadt und nicht für Gera, wie in Nr. 2 irrthümlich angegeben ist.

S. R. in Hamburg. Die Tiedge-Stiftung hat ihren Sitz in Dresden; stellvertretender Vorsitzender ist der Geheime Hofrath Dr. W. Roßmann ebenda.

Frau Emilie E–n 500 in Braunschweig. Der auf Ihren Wunsch postlagernd an Sie abgesandte Brief ist als „nicht abgeholt“ an uns zurückgelangt.

E. G. in Berlin. Manuskripte sollen nur auf einer Seite beschrieben sein.

V. St. Abonnent seit 1857. Soviel uns bekannt ist, herrschen augenblicklich in dem betreffenden Lande geordnete Zustände.

Unglücklicher in Magdeburg. Wenden Sie sich an einen Arzt. Das betreffende Buch beruht auf Schwindel.

J. A. in Dresden. Wenden Sie sich an den Dekan der medicinischen Fakultät der Universität Berlin.

Abonnent in Laibach. Ein alter Abonnent in Halle. Abonnent X. M. E. in Nürnberg. Omega 100. Ein Abonnent in Köln a. Rh. G. G. in Preßburg (Ungarn). L. G. in Leipzig. J. G. in Danzig. W. v. H. „Maler G. C. wohnt –“. Lina W. Derartige anonyme Anfragen können wir nicht berücksichtigen.


Inhalt: [ Verzeichnis zu diesem Heft, hier noch nicht transkribiert. ]



Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart. Redacteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1885, Seite 088. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_088.jpg&oldid=- (Version vom 12.3.2024)