Seite:Die Gartenlaube (1885) 204.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

Modell oder seine Zeichnung gesehen hätten. Uebrigens war dieses Kunststück, wie Büchmann in seinen „Geflügelten Worten“ erzählt, in Spanien unter dem Stichwort „Hänschens Ei“ volksthümlich, und der Dichter Calderon berichtet darüber in seinem „La dama duende“ (Die Dame Kobold):

„Das andere (Geheimniß)
Kennst du doch mit Hänschens Ei?
Womit viele hoch erhabene
Geister sich umsonst bemühten,
Um auf einen Tisch von Jaspis
Solches aufrecht hinzustellen:
Aber Hänschen kam und gab ihm
Einen Knicks nur, und es stand.“

Doch mögen die Forscher um die Berechtigung der Fabel streiten, der Künstler nimmt seine Stoffe, ohne nach ihrer strengen Wahrheit zu fragen, aus dem voll pulsirenden Leben, und um Columbus darzustellen, wie er gegen Neid und Mißgunst kämpfen mußte, konnte er keinen besseren Vorwurf finden. Da steht vor uns der kühne Seefahrer, noch einmal über die Schaar der Höflinge triumphirend. Er wird noch mehrmals die Anker lichten, um die Neue Welt zu schauen, aber im Triumph, wie nach Barcelona, wird er nie wieder heimkehren. Als Angeklagter erscheint er nach seiner zweiten Reise vor dem königlichen Hofe. In Ketten gefesselt muß er die dritte Rückfahrt nach Spanien antreten, Noth und Enttäuschung erntet er auf seiner vierten Reise, bis seinen zuletzt umnachteten Geist der barmherzige Todesengel im stillen Valladolid von allen Mühen und Kämpfen erlöste. – i.     


Blätter und Blüthen.

Der Quacksalber. (Mit Illustration S. 201.) Es ist ein alter Herr und auch Einer von der alten Schule, der Kurpfuscher, den wir vor uns haben. Die Verordnung, die er dem Patienten soeben giebt, besteht wohl in einem Loblied auf seine Universalsalbe, die alles heilt, aber in diesem Falle namentlich dem „Reißen“, das in den Gliedern des Kranken spukt, ein jähes Ende bereiten wird. Es ist auch eine gar seltene Salbe, wie sie heute nur schwer zu erlangen ist, eine Mischung der wirksamsten thierischen Fette, denn der Heilkünstler hat wohlweislich dem Hirschtalg Bärenfett und Dachsfett in gleichen Mengen zugefügt und die wohlthätige Wirkung dieser Bestandtheile durch Kröten- und Schlangenfett erhöht. Stolz ist er aber darauf, daß es ihm gelungen war, sich auch Mückenfett zu beschaffen, und dieses, wenn auch in kleinsten Mengen, wird sicher Wunder wirken! Woher es der Mann wohl erhalten haben mag? Das wollen wir nicht untersuchen. Die Zeit liegt ja noch gar nicht ganz hinter uns, da von den Laboranten außer den genannten Fetten noch seltenere Sachen bis zum „Engelsfett“ hinauf verlangt und verkauft wurden. Aber zur Ehre des Mannes von der alten Schule sei’s gesagt, daß er selbst an die Wirksamkeit seiner Heilmittel glaubt und in seiner Biederkeit den Namen eines Schwindlers nicht verdient. Er ist ein etwas beschränkter Kopf, aber eine ehrliche Haut.


Landeinkäufe am Congo. Das Land am Congo ist spottbillig, und manchmal kann man dort ein „Königreich“ für einen Preis erstehen, der tief unter dem eines Pferdes steht, für dessen Besitz Richard III. in dem Shakespeare’schen Drama sein Königreich geben wollte. S. Israel, ehemaliger Officier der Association Internationale du Congo läßt uns in seiner „Forschungsreise nördlich des Congo am Kwilu Niadi“ einen Einblick in diese jetzt so vielbesprochenen Kaufverhältnisse thun. Seine Expedition kaufte in Jidimbe die Quadratmeile Land für Waaren im Werth von 12 Mark, machte aber das beste Geschäft in einem kleinen Dorfe, M’Bota genannt. In jenem kleinen, und reinlichen Orte herrschen zwei Brüder, sie haben eine Schwester, Namens Magiallo, die auch ein Stück Land besitzt und immer mit den Brüdern in den Krieg zieht. Auch diese beiden Könige verkauften ihr Land und zwar für einige wenige Flaschen Rum. In Abwesenheit der Schwester unterzeichneten die beiden Brüder den Vertrag für sie und verkauften deren Land mit, ohne daß sie eine Ahnung davon hatte, noch irgend etwas dafür erhielt. Daß diese Könige kein Verständniß von der Bedeutung des Unterzeichnens haben, braucht nicht besonders gesagt zu werden, und darum pflegt auch die Association, wenn sie von dem gekauften Lande wirklich Besitz ergreifen will, eine genügende Anzahl von Soldaten mitzuschicken, die dem Schein Geltung verschaffen können.


Zur Geschichte der „Pferdekraft“. In der Dampftechnik nennt man bekanntlich diejenige Summe Kraft, die nöthig ist, ein Gewicht von 75 Kilogramm in einer Sekunde einen Meter hoch zu heben, eine Pferdekraft, die jedoch mit der gewöhnlichen Leistung unserer besten Pferde keineswegs übereinstimmt.

Wie man dazu gekommen war, diesen Werth aufzustellen, darüber berichtet folgende Anekdote.

J. Watt hatte seine Dampfmaschine zum ersten Male in der Londoner Brauerei Witbread arbeiten lassen, wo sie Wasser pumpte. Der Brauer schlug hier Watt vor, die Arbeitsleistung der Maschine mit derjenigen seiner Pferde zu vergleichen. Als der berühmte Techniker auf diesen Vorschlag eingegangen war, nahm der Brauer sein bestes Pferd und ließ es unter Anspannung aller Kräfte und unter reichlichen Peitschenhieben acht Stunden lang arbeiten. Das übermäßig angestrengte Thier hat nun an diesem einen Arbeitstage 2 120 000 Kilogramm Wasser einen Meter hoch heben können, was für die Sekunde eine Leistung von 73,6 Kilogramm ergab. Man rundete die Summe auf 75 Kilogramm ab, und so entstand die technische Pferdekraft. Später vorgenommene sorgfältige Versuche ergaben, daß die wirkliche Arbeitskraft eines Pferdes unter normalen Bedingungen nur 27,8 Kilogrammmeter betrage.


Sauerstoffhaltiges Wasser. Neben dem kohlensauren, mineralischen und bacillenfreien Wasser wird jetzt und zwar in Frankreich auch sauerstoffhaltiges hergestellt, das bei gewissen Krankheiten als Heilmittel gebraucht wird. Die Versuche über die Wirksamkeit desselben sind noch nicht abgeschlossen, aber wir konstatiren, daß unsere Industrie wieder um eine Wasserart reicher geworden ist.


Ein japanesisches Dorf in Europa. In London wurde eine interessante Ausstellung eröffnet, die ein kleines japanesisches Dorf darstellt, in welchem unter den Augen des Publikums echte Japanesen die ihrem Lande eigenthümlichen Handwerkerarbeiten verrichten. Der Unternehmer will seine originelle Truppe auch in anderen europäischen Städten auftreten lassen, und so wird vielleicht bald auf kurze Zeit hier und dort auch in Deutschland ein japanesisches Dorf zu sehen sein.



Allerlei Kurzweil.

Die Firmatafel.


Auflösung des magischen Tableaus „Wollknäuel“ in Nr. 11: Faule Mädchen, lange Fädchen.


Kleiner Briefkasten.

Das in Nr. 3 dieses Jahrganges enthaltene Schreyer’sche Bild „Von Wölfen verfolgt“ ist nach einer Photographie aus dem Verlage der Herren Boussod, Valadon und Comp. in Paris und Berlin mit Genehmigung der Verlagshandlung von uns reproducirt, ebenso der Holzschnitt „Chloris“ in Nr. 5 und „Desdemona“ in Nr. 1.

Abonnent in Gl. Sie hielten bei flüchtigem Durchblättern die reich mit Probe-Illustrationen versehene Prospektbeilage der Krabbe’schen Verlagshandlung, Hackländer’s „Europäisches Sklavenleben“ betreffend, für einen Theil der Gartenlaube und werden inzwischen Ihren Irrthum selbst entdeckt haben.

L. T. F. H. 1) Nicht zu empfehlen. 2) Ja!

A. S. in Koburg. Nein!


Inhalt: Die Frau mit den Karfunkelsteinen. Roman von E. Marlitt (Fortsetzung). S. 189. – Johann Sebastian Bach. Von H. Kretzschmar. S. 192. Mit Portrait S. 189. – Frühlingstage. Gedicht von J. G. Fischer. Mit Illustration S. 197. – Unter der Ehrenpforte. Von Sophie Junghans (Fortsetzung). S. 198. Mit Illustration S. 200. – Eine deutsche Diamantschleiferei. Von Emil Peschkau. Mit Abbildungen S. 202. – Das Ei des Columbus. S. 203. Mit Illustration S. 193. – Blätter und Blüthen: Der Quacksalber. S. 204. Mit Illustration S. 201. – Landeinkäufe am Congo. – Zur Geschichte der Pferdekraft. – Sauerstoffhaltiges Wasser. – Ein japanesisches Dorf in Europa. – Allerlei Kurzweil: Die Firmentafel. – Auflösung des magischen Tableaus: „Wollknäuel“- – Kleiner Briefkasten. S. 204.


Nicht zu übersehen!

Mit nächster Nummer schließt das erste Quartal dieses Jahrgangs unserer Zeitschrift, wir ersuchen daher die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das zweite Quartal schleunigst aufgeben zu wollen.


Die Postabonnenten machen wir noch besonders auf eine Verordnung des kaiserlichen General-Postamts aufmerksam, laut welcher der Preis bei Bestellungen, welche nach Beginn des Vierteljahrs aufgegeben werden, sich pro Quartal um 10 Pfennig erhöht (das Exemplar kostet also in diesem Falle 1 Mark 70 Pfennig statt 1 Mark 60 Pfennig). Auch wird bei derartigen verspäteten Bestellungen die Nachlieferung der bereits erschienenen Nummern eine unsichere.

manicula Einzeln gewünschte Nummern liefern wir pro Nummer incl. Porto für 35 Pfennig (2 Nummern 60 Pf., 3 Nummern 85 Pf.). Den Betrag bitten wir bei der Bestellung in Briefmarken einzusenden.

Die Verlagshandlung.     

Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart. Redacteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1885, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_204.jpg&oldid=- (Version vom 15.3.2024)