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verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

mitgetheilt. Als unsern Beitrag zur Feier seines Andenkens fügen wir zu dem Portrait von 1867, welches den mittleren Vierziger darstellte, heute das Bildniß des Dreiundsechzigers, als welcher er heimgegangen.

Alfred Meißner hat eine erfahrungsreiche Jugend verlebt und eine wohlgefüllte Mappe voll von Erinnerungen und Erlebnissen mit zu der Stätte gebracht, an welcher er endlich Herd und Werkstatt gründete. Er war einer der österreichischen Flüchtlinge unter Metternich’s Censur- und Polizeigewalt, die damals, wie Karl Beck, Moritz Hartmann, Ignaz Kuranda, Johannes Nordmann, Eduard Mautner, Hermann Rollet etc. in Sachsen, namentlich in Leipzig schwärmten und hier unter milderer Censur in ihren poetischen Erstlingen den Seelensturmseufzern nach Freiheit den Lauf ließen; denn nur ein Graf Auersperg konnte es damals wagen, im Lande selbst die österreichische Volksfrage laut auszusprechen: „Darf ich so frei sein, frei zu sein?“ – Die Freiheit, die sich die Flüchtlinge hier nahmen, trug den meisten später in Oesterreich saure und bittere Früchte. Nachdem Meißner das erste Bändchen seiner Gedichte und sein berühmtestes Werk, das Epos „Ziska“, in Leipzig herausgegeben, drohte auch ihm das Metternich’sche Freiheitshonorar, dem er klug nach Paris entging.

Das Jahr 1848 führte Meißner nach Frankfurt am Main, die Reaktion trieb ihn wieder nach Paris und auch nach London, wo er viele der hervorragendsten Flüchtlinge verschiedener Nationen und ihre Schicksale kennen lernte. Reich an Schätzen des Geistes und Herzens kehrte er in die ihm so liebe böhmische Heimath zurück. Ehe er aber die schaffende Feder von Neuem ergreifen konnte, hatte er ein schweres Opfer zu bringen. Wie sein „Ziska“ ein Hochgesang der Freiheit im Kampf gegen die Tyrannei war, so hatte er zu gleicher Verherrlichung zwei neue Heldengedichte: „Georg von Podiebrad“ und „Die Weißenberger Schlacht“ nahezu vollendet. Als er aber erkannte, daß das während seiner Abwesenheit erstandene Czechenthum seine Dichtungen in dem nationalen Kampfe als deutsch-feindliche Waffen benutzen könne, übergab er seine Werke den Flammen. Diese That verdiente die Ehre, die sie dem Dichter auf seinem letzten Wege eintrug.

Nach seinen epischen Arbeiten hatte Alfred Meißner sich der dramatischen Poesie zugewandt, und zwar ebenfalls mit Erfolg. Er schrieb drei Stücke: „Das Weib des Urias“ (1851), „Reginald Armstrong, oder die Welt des Geldes“ (1852) und „Der Prätendent von York“ (1857); weil aber das letztere bei seiner Aufführung auf dem Burgtheater nicht die erwartete Auszeichnung gefunden, warf Meißner die dramatische Feder für immer weg und begann die lange Reihe seiner Romanschöpfungen, deren vollständige Aufzählung wir unterlassen müssen. Als besonders beachtenswerth ist zu nennen: „Der Sohn des Atta Troll“ (1850), „Novellen“ (1864 und 1876), „Seltsame Geschichten“ (1859), „Charaktermasken“ (1862), „Dichtungen“ (1862), „Zeitklänge“ (1870), ferner verschiedene Reise-Erinnerungen und Memoiren. Seine gesammelten Werke füllen 18 Bände, und aller größter Werth ist ihr deutscher Geist.

Diesem galt auch die öffentliche Theilnahme bei der Bestattung des Dichters am 31. Mai. Nicht blos die städtischen Behörden, Anstalten, Vereine und Gesellschaften aller Art von Bregenz folgten dem von zahlreichen Kränzen geschmückten Sarg, auch die Wiener „Concordia“, das Prager „Deutsche Kasino“, die deutsch-böhmischen Reichstagsabgeordneten und der Deutsche Schulverein waren vertreten und die ganze Bürgerschaft schloß dem Zuge sich an, denn Niemand mochte bei der letzten Ehre eines Mannes fehlen, dessen Freundschaft ein Glück und dessen Bekanntschaft schon eine Auszeichnung war. Fr. Hfm.     


Beim Wirth „Zur goldnen Sonne“. (Mit Illustration S. 420 und 421.) Hier ist gut sein, hier laßt uns den Reisestab an die Wand lehnen und rasten! Ein lauschiger Waldwinkel und ein sonniger Tag, dazu ein Leben unter den alten Bäumen, wie es nur vor einem Wirthshaus möglich ist, das an der Heerstraße liegt und weit und breit im lockenden Rufe steht. Wir haben große Lust, uns unter die lustige Gesellschaft zu mischen, finden aber leider, sie näher betrachtend, daß von all den fröhlichen Menschen, die wir hier versammelt sehen, schon lange keinem ein Zahn mehr weh thut, daß wir so ein anderthalb hundert Jährchen zu spät gekommen sind, um uns noch mit diesen Herrschaften des Lebens zu freuen. Der Künstler des Bildes, Herr J. F. Hennings, verräth uns, daß es Liechtenstein-Kürassiere, natürlich Kaiserliche, gewesen, welche, ein halbes Dutzend, sich allda eingefunden und Rast gehalten.

Wir erkennen auf dem Bilde, daß schon damals zweierlei Tuch den Frauenzimmern ganz besonders wohlgefallen, ferner, daß dem Grünrock, der zur Pürsch ging, vom Erker aus ein Weidmannsheil zugewinkt wurde, und endlich, daß, wenn zwei vornehme Gäste am Kaffeetisch politisiren, der behäbige Wirth ein neutrales Publikum dazu vorstellt. Und über dies Alles sind schon hundert Jahre dahin gegangen! Freilich munkelt man, das Ganze wäre eitel Dichtung, die herrlichen Bäume und die stattlichen Gebäude hätten nirgends anders existirt, als im Kopfe unseres Malers. Wir glauben das nicht: eine solche Gelegenheit ist viel zu schön, zu reizend, um nicht irgendwo in Oesterreichs Wälderpracht vorhanden zu sein. Das Eine freilich wird auch dann zutreffen: unter den rauschenden Aesten und unter dem gastlichen Dache haben sich Tausende erfreut, von denen keine Spur mehr zeugt, und Wald und Haus stehen noch, und dazu ist’s ein wahres Sprüchlein:

„Wie viel hier Zecher mancherlei
Gejubelirt beim Schmause,
Das ist den Bäumen einerlei
Und auch dem alten Hause.“

Fr. Hfm.     

Rathgeber für Kosmetik. Kein Schwindel blüht so üppig, wie der mit werthlosen Haartinkturen und Barterzeugern getriebene. In dem Kampfe gegen den Geheimmittelschwindel, den die „Gartenlaube“ seit Jahrzehnten führt, haben wir unsere Leser unzählige Male vor Ausbeutung und Schaden warnen müssen. Dem ewigen Warnen möchten wir diesmal eine kleine Empfehlung entgegensetzen und die Leser auf eine Quelle hinweisen, von der aus sie mit reeller Waare bedient werden. Der Apotheker Georg Kühne in Dresden-Neustadt und Hofrath Dr. Krug, praktischer Arzt in Chemnitz, haben sich seit einigen Jahren zu dem Zwecke vereinigt, auf dem Gebiete der Kosmetik einem wahren Bedürfnisse abzuhelfen. Der Arzt half bei der Abfassung einer kleinen Broschüre „Georg Kühne’s Rathgeber für Kosmetik“, in der gute Rathschläge für die Pflege der Zähne, der Haut und der Haare gegeben werden; der Apotheker dagegen nahm den Vertrieb guter von ärztlichen Autoritäten empfohlener Mittel in die Hand. Wir haben eine ganze Reihe günstiger ärztlicher Urtheile über dieses Unternehmen vor uns und schließen uns denselben an, indem wir auf jene klar und sachlich geschriebene Broschüre empfehlend hinweisen. – i.     


Sommer.
Mit Illustration S. 429.

Wie so schnell im Südwindhauch
Sprang der Knospen zarte Hülle!
Blüthenpracht und Duftesfülle
Weht und webt um Baum und Strauch.
Gestern, zitternd und verstohlen,
Träumten Rosen und Violen
Schlummernd noch im Kelchesgrün.
Heut, auf leisbewegten Zweigen,
Welch ein Prangen, welch ein Neigen,
Welch ein Glühn und Farbensprühn!

Scheu verstummt vor all der Pracht
Ist der Ruf der Nachtigallen
In des Haines Säulenhallen. –
Aber Falter über Nacht
Lernten ihre goldbeschneiten,
Feingewebten Schwingen breiten. –
Auf der Lilie schlankem Schaft
Brennt die reine, wundersame,
Silberweiße Blüthenflamme,
Dustgetränkt und märchenhaft.

Still ward in der Juniruh
Auch dein Herz, du Mädchenblüthe,
Das der Sehnsucht Weh durchglühte!
Selig-still bist nun auch du!
Mit der Nachtigallen Werben
Mußte all dein Klagen sterben:
Denn berauschend, süß und rein,
Wie der Lilie keusches Prangen,
Ist die Lieb dir aufgegangen
In des Sommers Sonnenschein.
 Frida Schanz.


Sternschnuppen und ihr Einfluß auf das Gewicht der Erde. Dr. Kleiber und Dr. Keller in Petersburg haben vor Kurzem Beobachtungen über die Zunahme der Erdmasse durch Meteoriten angestellt und sind zu folgenden Resultaten gelangt:

Ein aufmerksamer und geübter Beobachter vermag durchschnittlich zehn Sternschnuppen in der Stunde zu erblicken. Da nun eine Person bei derartigen Beobachtungen nur 23/100 des Himmelsgewölbes auf einmal überschauen kann, so berechnete man, daß durchschnittlich 450000 Sternschnuppen in der Stunde auf die ganze Erde niederfallen. Nimmt man als Durchschnittsgewicht einer Sternschnuppe fünf Gramm an, so ergiebt sich, daß die Erde stündlich gegen 2000 Kilogramm fremder Stoffe aus dem Welträume erhält. – i.     


Allerlei Kurzweil.

Buchstaben-Räthsel.


Auflösung des Bilder-Räthsels in Nr. 25: Siebenschläfer.


Kleiner Briefkasten.

(Anonyme Anfragen werden nicht beantwortet.)

Ein Konkurrent in Berlin. Ihr Wunsch, die Kompositionen, welche auf unser in Nr. 15 dieses Jahrganges enthaltenes Preisausschreiben eingelaufen sind, „nach Mottos in einer der nächsten Nummern zu registriren“, verlangt Unmögliches. Wohlgezählt 738 Tondichtungen haben wir den Herren Preisrichtern vorgelegt! Wollten wir für jedes Motto durchschnittlich nur vier Zeilen rechnen, so würden die von Ihnen gewünschte Veröffentlichung etwa 40 Spalten, also eine und eine halbe Nummer der „Gartenlaube“ füllen.

F. H. in Wien, K. K., Schmerzensruf einer Oesterreicherin, Frühlingsgruß: Nicht geeignet.

E. S. in K. und H. Pf. in Wiesbaden. Solche Rathschläge kann nur der Arzt geben, der den Kranken persönlich untersucht hat.

Reckann. Die Unterschrift Ihres Briefes ist nicht zu entziffern.


Inhalt: Trudchens Heirath. Von W. Heimburg (Fortsetzung). S. 417. – Natürlichkeit und Affektation. Von C. Michael. S. 424. – Deutschlands große Industrie-Werkstätten. Die Fabrikation der Buchdruckerschwärze. S. 425. Mit Illustrationen S. 425 und 426. – Romeo und Julia in der Garnison. Aus den Memoiren eines Lieutenants. Von Karl Hecker (Schluß). S. 427. – Ein Ausflug nach Budapest. Von Wilhelm Goldbaum. S. 430. – Reitochsen in Südwest-Afrika. Von Max Buchner. S. 432. Mit Illustrationen S. 433 und 434. – Jagfische und Seehasen. Mit Illustrationen S. 435. – Blätter und Blüthen: Alfred Meißner †. S. 435. Mit Portrait S. 417. – Beim Wirth „Zur goldnen Sonne“. S. 436. Mit Illustration S. 420 und 421. – Rathgeber für Kosmetik. – Sommer. S. 436. Mit Illustration S. 429. – Sternschnuppen und ihr Einfluß auf das Gewicht der Erde. – Allerlei Kurzweil: Buchstaben-Räthsel. – Auflösung des Bilder-Räthsels in Nr. 25. – Kleiner Briefkasten. S. 436.


Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart. Redacteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1885, Seite 436. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_436.jpg&oldid=- (Version vom 27.3.2024)