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verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

Blätter und Blüthen.

Ophelia. (Mit Illustration auf S. 633.) Fast zahllos sind die Kunstschöpfungen, welche diese Gestalt, eine der schönsten, die Shakespeare’s Genius geschaffen, hervorgerufen hat. Die meisten dieser Kunstwerke zeigen uns Ophelia, wie sie umnachteten Geistes von ihrer unglücklichen Liebe zu Hamlet singt, den Tod ihres Vaters beweint oder auf dem Weidenbaume über’m Bach „phantastisch Kränze windet, bis ein falscher Zweig zerbricht und die rankenden Trophäen mit ihr selbst ins weinende Gewässer niederfallen“, auf welchem ihre Kleider sie „sirenengleich noch ein Weilchen emporheben, indeß sie Stellen alter Weisen singt, als ob sie nicht die eigne Noth begriffe“. J. Bertrand, der Künstler unserer Illustration, wählte den nicht minder ergreifenden Moment zu seiner Darstellung, in welchem die Leiche des unglücklichen Mädchens aus dem Wasser gezogen wird, auch im Tode noch ein Bild lieblichster Schönheit und rührendster Anmuth.


Die Selbsthilfe im deutschen Eisenbahndienste. Wie segensreich gut geleitete fachliche Genossenschaften auf allen Gebieten des Erwerbslebens zu wirken vermögen, darüber dürfte heute nur eine Meinung herrschen. Bis herab zu den einfachsten Berufsklassen ist die Erkenntniß davon gedrungen, und wir sehen alle sich rühren und regen. Nur der ausgedehnte Stand der deutschen Eisenbahnbeamten steht noch ziemlich abseits. Abgesehen von den Lokomotivführern, scheinen die übrigen Eisenbahnbeamten noch nicht hinreichend Mittel und Wege gefunden zu haben, sich in größerem Umfange der Segnungen gemeinsamen Strebens nach wirthschaftlicher Hebung und fachlicher Fortbildung theilhaftig zu mach. Daß gerade die Lokomotivführer hierin weiter vor sind, lag in den zwingenden Verhältnissen. Ihr gefahrvoller Dienst und die damit zusammenhängende hohe Verantwortlichkeit, sowie ihre frühere dürftige Besoldung und nicht zum mindesten ihre gleichartigere Dienstleistung führten sie bald zu größeren Vereinigungen, von denen der „Verein deutscher Lokomotivführer“ gegenwärtig über 7000 Mitglieder zählt. Die Einnahmen des Vereins dienten zur Bestreitung der Kosten für Rechtsschutz, für Unterhaltung der Vereinsbibliothek, für den Besuch von Versammlungen und für den Versand der „Zeitschrift für Lokomotivführer“. Namentlich dieser vor zwanzig Jahren von C. D. Maaß begründeten und von ihm mit gutem Geschick bis heute fortgeführten Zeitschrift hat der Verein, welcher durch seine nebenbei bestehende Unterstützungskasse bereits 700 000 Mark an Pensionäre und Hinterlassene von Mitgliedern auszahlte, sein großes Ansehen zu danken.

Läßt sich nun auch von den übrigen deutschen Eisenbahnbeamten nicht Gleiches berichten, so beginnt sich doch erfreulicher Weise auch bei diesen, nachdem durch die Verstaatlichung eine größere Einheitlichkeit herbeigeführt worden, das genossenschaftliche Streben zu regen. Bereits seit Anfang dieses Jahres erscheint im Verlage von Eduard Strauch in Leipzig die „Algemeine Deutsche Eisenbahn-Zeitung“, welche sich neben der Popularisirung der Eisenbahnwissenschaft im Sinne des geistvollen Förderers des Eisenbahnwesens, Max Maria von Weber’s, die Vertretung der Interessen des gesammten deutschen Eisenbahnbedienstetenstandes zur Aufgabe gestellt hat. In ihrem Bestreben, den Beamten auf der kleinen Station vor Vereinsamung, sowie den im aufreibenden Getriebe der großen Station befindlichen vor Abstumpfung bewahren und durch praktische Vorschläge aus der Mitte der Beamten selbst Vereinfachung und Erleichterung des so komplicirten Eisenbahnbetriebes herbeiführen zu helfen, wird diese Zeitung gar manches Gute zu leisten im Stande sein. Der vor Kurzem entstandene „Verein preußischer Betriebsbeamter“ ernannte dieselbe zu seinem Organ und ergreift damit das zweckmäßigste Mittel, sich die nämlichen Vortheile wie der „Verein deutscher Lokomotivführer“ zu verschaffen, besonders wenn er die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen sollte, sich über kurz oder lang zu einem Deutschen Eisenbahnbeamtenverein zu erweitern.


Wildbad Gastein. (Mit Illustration auf S. 641.) Station Lend! Also noch nicht Gastein. Aber es ist nicht mehr weit bis zu dem weltberühmten Bade, alljährlich das Ziel von Tausenden Heilbedürftiger oder Reiselustiger. Das ländlich idyllische „Dorf- Gastein“ wird passirt, auch durch das belebte „Hof-Gastein“ führt der Weg, dann kommt der eigentliche Hort der Quellen, „Wildbad Gastein“. Das modernste Leben und die wildeste Naturkraft berühren sich in diesem Bade „mit den vornehmsten Gästen aus aller Welt“, und diesem Flecken, „zwischen dessen Gebäuden sich der brausende Bergbach mitten hindurchdrängt, unbekümmert, welch erlauchtes Wort seine tosenden Wasserfälle verschlingen.“

Erst in Nr. 31 des Jahrgangs 1880 brachte die „Gartenlaube“ aus der Feder Heinrich Noë’s eine fesselnde Schilderung von Wildbad Gastein, und Robert Aßmus schmückte dieselbe Nummer mit einem ansprechenden Bilde. Unsere heutige Illustration entnehmen wir dem Prachtwerke „Wanderungen im Bayerischen Gebirge und Salzkammergut“, geschildert von den allen Lesern der „Gartenlaube“ bekannten Dichtern Herman von Schmid und Karl Stieler und echt künstlerisch illustrirt von G. Cloß, Wilh. Diez, Alois Gabl, Richard Püttner, Ramberg, C. Raupp, J. G. Steffan und Anderen. Wird sie weniger Anklang finden, als die erstere? Wir glauben nicht. Die heilbringende Stätte, zu welcher noch jüngst unzählige Herzen unseren Kaiser begleiteten und an der alljährlich so viele Männer der That neue Kräfte suchen, ist geweiht. D. Th.     


Edwin Bormann’s „Poetische Postgrüße“. So lautet der Titel der neuesten Gedichtsammlung des humorvollen Leipziger Poeten, die in einer ungewöhnlichen Ausstattung soeben im Verlag der Papierhandlung F. G. Mylius in Leipzig erschienen ist. Die kleinen vierzeiligen Strophen sind nicht dazu bestimmt, dauernd in unserer Bibliothek zu verweilen, sie sollen nur flüchtige Gäste des Hauses sein, die bald als lose Blätter auf Nimmerwiedersehen in die weite Welt hinausflattern, denn Briefbogen und Postkarten sind es, die Bormann diesmal mit seinen Reimen schmückte. Für die Damenwelt, die sich so gern mit Vignetten und Sprüchlein verzierten Papiers bedient, sind die „Schwalben-Briefe“ und „Schwalben-Postkarten“ ein allerliebstes Geschenk, und die Bormann’schen Mottos können oft dem Briefempfänger sagen, was man selbst zu schreiben weder Zeit noch Lust hat.

Eine Postkarte wird sicher Niemand verletzen, wenn an ihrer Spitze als Entschuldigung gedruckt steht:

„Gelt, altes Haus, Du nimmst es mir nicht schief,
Daß dies kein gallasteifer Schreibebrief?
Wenn ich zum Freund auf fünf Minuten geh’,
Braucht’s dann erst Frack, Cylinder und Glacé?“


Ein eigenartiges Denkmal darf wohl das Kolschitzki-Denkmal in Wien genannt werden. Kolschitzki war kein Feldherr, Dichter oder Mann der Wissenschaft, sondern ein einfacher Privatmann, der sich aber während der Belagerung Wiens durch die Türken bemerkenswerthe Verdienste erwarb und später das erste Wiener Kaffeehaus gründete. Namentlich in Rücksicht auf letztere Thatsache hat ihm nun der Kafetier Karl Zwirina ein Denkmal errichtet, welches am 12. September in Wien enthüllt wurde und dem wohl kaum ein zweites gleich eigenartiges an die Seite gestellt werden kann. Das mehr als sieben Fuß hohe Standbild, welches in bronzirtem Metallguß ausgeführt ist, zeigt Kolschitzki in türkischer Tracht, in welcher Verkleidung er sich zweimal durch das feindliche Lager gewagt hat, um dem Herzog von Lothringen Botschaft aus der hartbedrängten Stadt zu bringen; um aber an seine spätere Thätigkeit als erster Wiener Kafetier zu erinnern, hält er in der Linken eine Tasse, in die er mit der Rechten aus einer Kanne einschänkt. Zu seinen Füßen befindet sich, inmitten türkischer Waffen und Trophäen, sein Antheil an der Beute – ein Sack mit Kaffee. – th.     


Eine neue, praktische Postmarke erhalten vom 1. Oktober d. J. ab die Vereinigten Staaten von Nordamerika. Dieselbe ist eine Marke im Werthe von 10 Cents, welche, wenn sie zu der gesetzmäßigen Postgebühr hinzugefügt wird, in Orten von mehr als 4000 Einwohnern unmittelbare Ablieferung eines Briefes durch besondern Boten sichert, also den Eilvermerk auf einfachste Weise ersetzt. Die neue Marke wird von der Post genau so behandelt wie andere Werthzeichen, kann aber, abweichend von diesen, zur Frankirung von Briefen nicht benutzt werden. – th.     



Inhalt: [ zu diesem Heft, hier nicht transkribiert. ]



Nicht zu übersehen!

Mit dieser Nummer schließt das dritte Quartal dieses Jahrgangs unserer Zeitschrift, wir ersuchen daher die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das vierte Quartal schleunigst aufgeben zu wollen.


Die Postabonnenten machen wir noch besonders auf eine Verordnung des kaiserlichen General Postamts aufmerksam, laut welcher der Preis bei Bestellungen, welche nach Beginn des Vierteljahrs aufgegeben werden, sich pro Quartal um 10 Pfennig erhöht (das Exemplar kostet also in diesem Falle 1 Mark 70 Pfennig statt 1 Mark 60 Pfennig). Auch wird bei derartigen verspäteten Bestellungen die Nachlieferung der bereits erschienenen Nummern eine unsichere.

manicula Einzeln gewünschte Nummern liefern wir pro Nummer incl. Porto für 35 Pfennig (2 Nummern 60 Pf., 3 Nummern 85 Pf.). Den Betrag bitten wir bei der Bestellung in Briefmarken einzusenden.

Die Verlagshandlung.     

Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart. Redacteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1885, Seite 644. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_644.jpg&oldid=- (Version vom 29.3.2024)