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verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

☙ An unsere Leser! ❧

Mit dieser Nummer schließt der dreiunddreißigste Jahrgang der „Gartenlaube“, deren Auflage im Laufe des verflossenen Jahres abermals – von 260 000 auf 270 000 – gestiegen ist.

In wie weit dieser Steigerung der Auflageziffer auch gesteigerte Leistungen des Blattes selbst entsprochen haben – diese Frage müssen wir der Beantwortung unserer freundlichen Leser anheimgeben. Das Eine glauben wir aber mit Sicherheit annehmen zu dürfen, daß wenigstens unsere rastlosen Bemühungen zur möglichen Vervollkommnung des textlichen und illustrativen Inhalts der „Gartenlaube“ nirgends ganz unbemerkt geblieben sind. Wir dürfen hieran wohl die Versicherung knüpfen, daß wir uns der hohen Verpflichtungen, welche die Bedeutung der „Gartenlaube“ als verbreitetstes

Deutsches Volks- und Familienblatt

uns auferlegt, auch für die Folge bewußt bleiben, dasß wir keine Mühe, kein Opfer scheuen werden, um ihr diesen Ehrentitel auf die Dauer zu erhalten.

In den Jahrgang 1886 treten wir wohlgerüstet ein. Alte und neue Mitarbeiter haben uns in seltener Fülle mit außergewöhnlich werthvollen Beiträgen bedacht.

Auf erzählendem Gebiete nennen wir in erster Linie das Werk, mit welchem der neue Jahrgang beginnen wird, den neuen großen Roman:

Was will das werden?0 Von 0Friedrich Spielhagen.

Nach einer Reihe von Jahren, während welcher der berühmte Verfasser nur kleinere Romane und Novellen veröffentlichte, erscheint jetzt zum ersten Male wieder ein großer, dreibändiger Roman von ihm in der „Gartenlaube“. Und wahrlich nicht umsonst hat Spielhagen diese lange Pause eintreten lassen, bevor er seinen früheren großen Romanen „Problematische Naturen“ – „In Reih und Glied“ – „Hammer und Ambos“ – „Sturmfluth“ diesen neuesten anreihte. Behandelt derselbe doch die interessantesten Probleme, welche unsre Zeit bewegen, mit so meisterhafter Beherrschung des Stoffs, in so vollendeter, farbenprächtiger Darstellung, wie sie eben nur die Frucht langer, mühevoller Geistesarbeit sein kann. – Wenn uns nicht Alles trügt, wird dieser neue Spielhagen’sche Roman das hervorragendste, wichtigste Werk unsrer gesammten modernen Romanlitteratur werden.

Gleichzeitig mit Spielhagen’s Roman erscheint: Die Andere. 0 Roman von W. Heimburg. Eine neue Schöpfung der liebenswürdigen und allbeliebten Erzählerin darf sicher sein, überall und besonders in Frauenkreisen freundlich aufgenommen zu werden.

Hieran anschließend wird der neue Jahrgang enthalten: Die Loranixe, 0 eine fesselnde Novelle von Stefanie Keyser, welche sich durch ihre in der „Gartenlaube“ erschienenen Novellen „Der Krieg um die Haube“ – „Glockenstimmen“ – „Fanfaro“ rasch den Ruf einer der geistvollsten deutschen Erzählerinnen erworben hat.

Der lange Holländer, 0 eine Novelle von Rudolf Lindau, welche in meisterhafter Weise das tragische Schicksal eines deutschen Kaufmanns in China schildert,


 ferner Romane und Novellen von Theodor Fontane, Maximilian Schmidt, E. Werner etc. etc.

Aus der Fülle der populär-wissenschaftlichen und belehrenden Artikel greifen wir nur einige heraus:
vor Allem theilen wir unsern Lesern mit, daß es uns gelungen ist, aus dem Nachlaß des alten Mitarbeiters der „Gartenlaube“ und berühmten Verfassers von „Brehm’s Thierleben“ die große Sammlung der

„Populären Vorträge von A. E. Brehm“

zu erwerben, die allgemein als die trefflichsten Naturschilderungen der Gegenwart anerkannt werden. Wohl lauschten an vielen Orten Deutschlands Hunderttausende den beredten Worten des großen Forschers und Reisenden. Niemand hat jedoch bis jetzt diese meisterhaften Vorträge in ihrer Gesammtheit vernommen, Niemand sie im Drucke besessen. Zum ersten Mal durch die „Gartenlaube“ veröffentlicht, sollen sie jetzt zum Gemeingut des deutschen Volkes werden.
Aus unserem reichen Vorrath von Artikeln nennen wir ferner:

„Die Entdeckungsfahrten des deutschen Dampfers ,Samoa‘“. Von Dr. O. Finsch,

in welcher der berühmte Forschungsreisende die deutschen neuerdings von ihm bereisten Theile von Neu-Guinea beschreiben wird. Zahlreiche, nach eigenen Skizzen des Verfassers gezeichnete Illustrationen werden diesen fesselnden Berichten noch einen besondern Reiz verleihen.

Ferner: Ein Friedhof ohne Gleichen und vierzig auferstandene Könige. Von Georg Ebers.Allerlei Nahrung. Gastronomisch-naturwissenschaftliche Plaudereien. Von Prof. Carl Vogt.Die Morphiumsucht. Von Ober-Med.-Rath Dr. Landenberger.Nervöse Magenleiden. Von Prof. Dr. H. Kisch.Wie erhalten wir dem Kinde einen gesunden Knochenbau? Von San.-Rath Dr. L. Fürst.Bilder ans der deutschen Verbrecherwelt der Gegenwart. Von Dr. Karl Braun-Wiesbaden.Litterarische Begegnungen. Von Wilhelm Goldbaum.Trinker-Behandlung. Von A. Lammers.Bilder aus dem deutschen Böhmerwald. Von Karl Pröll.Meteorologische Hochstationen. Von Dr. Klein.Pflege des Gehörs. Von Dr. J. H. Baas.Die Bewohner unserer westafrikanischen Kolonien. Von Dr. Hugo Zoeller.Wild-, Wald- und Waidmannsbilder. Von Guido Hammer.Thiercharaktere. Von Gebr. Müller.Die Geschichte des Fingerhuts. Von Hans Boesch.Die größte Blüthe der Welt. Von B. Stein.Aus den Zeiten des Brigantaggio. von I. Kurz.Die drei Schrecklichen. Von Schmidt-Weißenfels.Im Kongoland. Von Dr. Pechuël-Loesche.Lord Byron, ein Dichter und ein Mann. Von Joh. Scherr u. s. w.


Wenn wir uns den großen, über Stadt und Land, über alle Theile Deutschlands, ja über alle Welttheile verbreiteten Leserkreis der „Gartenlaube“ vergegenwärtigen, wenn wir bedenken, wie derselbe sich aus allen Altersstufen, aus allen Berufsklassen zusammensetzt, so könnte uns wohl manchmal bange werden bei der Frage, ob wir auch Allen das Rechte, das ihren speciellen Bedürfnissen und Ansprüchen Zusagende bringen?

Was uns dann immer wieder von Neuem frohen Muth giebt, das ist ein Blick auf die stattliche Schaar der [...]en deutschen Schriftsteller und Künstler, welche uns bei unserer schwierigen Arbeit treu zur Seite stehen, vor Allem [abe]r der tröstliche Gedanke, daß von den Alpen bis zur See und über diese hinweg, in fernen Ländern und Zonen [...] unsere Leser, so verschieden sie auch sein mögen, doch Kinder einer und derselben großen Mutter sind – der [Ged]anke, welchem unser alter Freund und Mitarbeiter Emil Rittershaus in seinem Chorliede der Deutsch-Amerikaner so einfachen als beredten Ausdruck gegeben hat mit den Worten:

„Im deutschen Geist und Herzen sind wir eins!“

Und so rufen wir denn unsern Lesern am Schlusse des alten Jahres wiederum getrost zu: Auf Wiedersehen im neuen Jahre!

Leipzig, im December 1885 Die Redaktion und Verlagshandlung der „Gartenlaube“.


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verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1885, Seite 882. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_882.jpg&oldid=- (Version vom 2.4.2024)