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verschiedene: Die Gartenlaube (1886)

gesunde Hand nur immer vermag, und glauben Sie steif und fest, daß Sie nichts Mittelmäßiges schreiben können – denn ich habe es gesagt.“ – „Verlieren Sie mich ja nicht ganz aus den Augen; lassen Sie mich ja an allen Ihren Beschäftigungen noch ferner den Antheil nehmen, den ich zu meinem großen Nutzen bisher daran genommen habe. Das wird das einzige Mittel sein, wenn ich nicht ganz in Nichtswürdigkeiten versinken soll.“ Solches und Aehnliches schreibt Lessing zu verschiedenen Zeiten an seinen Freund – und Lessing liebte keine Phrasen.

Endlich verdient Mendelssohn unsere Anerkennung als wissenschaftlicher selfmade man. Aus den kümmerlichsten Verhältnissen hervorgegangen, Sohn eines israelitischen Lehrers und Thorarollen-Schreibers in Dessau, ließ er sich durch die Armuth nicht zu Boden drücken, sondern erlangte infolge eines außergewöhnlichen wissenschaftlichen Eifers und einer ebenso außergewöhnlichen Begabung, theils als Autodidakt, theils von intelligenten Männern privatim unterwiesen, ohne Gymnasium und Universität jene imponirende geistige Ausbildung. Und als es ihm dann später vergönnt war, seinen leiblichen Hunger vollauf zu stillen, als er in Berlin von Stufe zu Stufe als Buchhalter, Dirigent und Theilhaber einer Seidenwaarenfabrik sich eine mehr als auskömmliche kaufmännische Stellung eroberte, blieb doch sein geistiger Hunger ungestillt und bewirkte, daß Mendelssohn nach wie vor das seltene Beispiel einer glücklichen Vereinigung kaufmännischer

und philosophischer Spekulation gab.

Otto Sievers.     

Brennende Gasquelle bei Pittsburg.
in Pennsylvanien.
Nach einer amerikanischen Vorlage.

Die „Gasquellen“ in Pennsylvanien. Die Söhne kommender Jahrhunderte werden auf uns gewiß als sinnlose Verschwender mit Geringschätzung herabblicken, wenn sie die Beschreibung unserer Oefen lesen und dabei herausrechnen, daß wir von dem Heizwerth, der in den Brennmaterialien vorhanden ist, nur den zehnten Theil als Wärme ausnützen und den Rest als Ruß und Rauch in die Luft steigen lassen. Es ist nicht lange her, daß dieser Uebelstand entdeckt wurde, der für London z. B. folgende Verluste ergiebt: In der Weltstadt an der Themse werden jährlich 8000 Millionen Kilo Steinkohlen verbrannt, dabei aber nur der Heizwerth von 800 Millionen Kilo in Wärme verwandelt, während der Rest von 7200 Millionen nicht ausgenützt wird und 400 Millionen Kilo sogar als Ruß geradezu schädlich wirken. Außerdem aber entsteigen noch den Londoner Schloten und verpesten die Stadtluft die Verbrennungsprodukte von 120 Millionen Kilo Schwefel, die in den Steinkohlen enthalten sind.

Unter diesen Umständen ist es kein Wunder, daß die Projekte verbesserter Heizungsmethoden überall lebhaft erörtert werden. Die radikalste Besserung versprechen uns diejenigen, welche vorschlagen, daß man unsre heutigen Oefen abschaffe und keine Kohlen mehr ins Haus liefere. Dieselben sollen in Anstalten vor den Thoren der Städte in Heizgas verwandelt werden und dieses soll ebenso wie jetzt das Leuchtgas den einzelnen Häusern in Röhren zugeführt und hier in eigens konstruirten Gasöfen verbrannt werden. Die Aussichten dieser Neuerung sind in der „Gartenlaube“ in einem besondern Artikel im Jahrgang 1883, Seite 122 besprochen worden und in demselben ist auch darauf hingewiesen worden, daß die Anlage neuer ausgedehnter Gasleitungen das Haupthinderniß für die Verbreitung der neuen Heizmethode bilde.

Diese Reformbewegung hat ohne Zweifel findige Amerikaner auf die Idee gebracht, Brenngase, die in Petroleumdistrikten dem Schoß der Erde entsteigen, zur Heizung nahe gelegener Städte zu verwenden. In Pennsylvanien ist der Versuch geglückt: einige Gesellschaften haben in der Nähe von Pittsburg bereits gegen 50 „Gasquellen“ gebohrt und umfangreiche Röhrenleitungen von denselben nach der Stadt gelegt.

In den unterirdischen Hohlräumen, die Erdöl enthalten, befinden sich über demselben die Brenngase in stark verdichtetem Zustande. Trifft man mit dem Bohrer auf eine solche Gasschicht, so erfolgt zunächst eine heftige Explosion; der Bohrer fliegt in die Luft, eine Sandwolke folgt ihm nach, und dann entweicht das Gas, oft mit dröhnendem Gebrüll, das meilenweit gehört wird.

Man hat nun sinnreiche Apparate konstruirt, welche die dem Bohrloch entströmenden unbändigen Elemente auffassen und den Röhrenleitungen zuführen. Die überschüssigen Gasmengen werden einfach verbrannt, und das Schauspiel, das sich dabei dem Beschauer bietet, wird besonders großartig, wenn das Bohrloch eine Zeit lang verschlossen bleibt und nach Eröffnung desselben das mit erneuerter Kraft aufschießende Gas entzündet wird. Unsere nach „Harper’s Weekly“ wiedergegebene Illustration veranschaulicht den Erfolg eines solchen Experimentes.

An Abnehmern des billigen Brennmaterials fehlt es in den benachbarten Städten Pennsylvaniens augenblicklich nicht, aber auch die Gasquellen versiegen mit der Zeit ebenso wie die Petroleumquellen. Wird dann auch die ganze Röhrenleitung unbenutzt bleiben und werden die Gasöfen aus Fabriken und Wohnungen verschwinden müssen? Man glaubt nicht daran und hegt die Hoffnung, daß diejenigen, welche die Vortheile der Gasheizung einmal kennen gelernt haben, niemals zu der „veralteten“ Kohlenfeuerung umkehren werden. An den versiegten Gasquellen werden alsdann Anstalten aus dem Boden wachsen, in denen aus rohem Petroleum oder Steinkohlen Heizgas fabricirt wird. In dieser Hinsicht sind die pennsylvanischen Gasquellen auch für die Heizfrage im Allgemeinen von Bedeutung; sie können als ein großartiger Versuch mit dem Heizgas angesehen werden, und Vielen erscheinen sie in der That als Pioniere der Gasheizung.


Die Damen der Königin. (Mit Illustration S. 25.) Die edle Herrin hatte sich wegen Unwohlseins in ihr Schlafgemach zurückgezogen, und ihre Hofdamen waren dadurch dienstfrei geworden. In dem stillen Palast war es recht langweilig, und eine der jungen Schönen nach der anderen suchte nach einem Einfall, um sich mit den Genossinnen die müßige Zeit zu vergnügen. Da kam mit seinem Recht, überall bei Hofe sein Spiel zu treiben, der Hofnarr zufällig in den Saal, wo die Damen sich aufhielten und eben dem Spiel der Einen auf der Laute und ihrem Gesange zuhörten. Er kam in seinem vorschriftsmäßigen Kleid, mit dem Narrenbarett, dem großen Radhalskragen und dem Scepter, dem Zeichen seiner närrischen Würde, in der Rechten, und in der anderen Hand

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verschiedene: Die Gartenlaube (1886). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1886, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1886)_039.jpg&oldid=- (Version vom 13.1.2024)