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verschiedene: Die Gartenlaube (1886)

So trennten wir uns. – Lotte hat nie Vertrauen zu mir gehabt; sie kannte nur ihren eignen Willen. „Ich lasse mich nicht schieben!“

Da draußen kontrastirte der Lärm seltsam mit unserem stillen Trauerhause. Aus dem Domainenhofe standen die sämmtlichen Pferde; ich hörte Fritz Roden’s Stimme aus den Ställen erschallen, die Knechte liefen geschäftig ab und zu, und der alte Schafmeister, der noch von Anno 13 war, stand eifrig sprechend vor dem Küchenfenster. So rasch wie möglich ging ich über den Hof.

In den sonst so ruhigen Straßen das aufgeregteste Leben; vor den Thüren die Weiber in Angst und Unruhe, in den Schenken die Männer, die Kinder in vollster Begeisterung vaterländische Lieder singend. Erst auf dem Friedhof ward es stiller. Ich habe lange da draußen vor dem frischen Hügel gesessen; als ich aufstand, war es um mich her fast dunkel.

In der Stadt noch dasselbe Leben und Treiben, ferne Musik klang herüber und Hurrahrufen; nur unsere Straße lag jetzt in tiefster Ruhe. Ich warf einen Blick zu den Fenstern des Schlosses hinauf, es schimmerte Lichtglanz hinter den Vorhängen; bei uns drüben war es dunkel. Lotte saß wohl noch im Finstern! Dann schoß mir einen Augenblick der Gedanke durch den Kopf, was wohl Anita heute Nachmittag gewollt hat? Ob der Prinz etwa herübergekommen, sie zu sehen? Es wäre schrecklich peinlich, hätte er sie allein gefunden; – oder doch nicht? Er war Kavalier, er würde heute, am Begräbnißtage uns nicht stören, er hatte ja der Form genügt und mit dem prachtvollen Kranze ein paar theilnehmende Zeilen geschickt. Arme Lotte, sie war so ganz allein!

Ich beschleunigte meinen Schritt und langte athemlos in unserer Wohnung an. „Verzeihe, Lotte!“ sprach ich beim Hereintreten in das finstere Zimmer, „ich habe mich verspätet.“

Keine Antwort! Ich öffnete das Schlafzimmer – „Lotte!“ rief ich – kein Laut. „Lotte!“ schallte meine Stimme in den Garten hinaus. – Vergebens! Eine seltsame Angst überkam mich, mit bebenden Fingern zündete ich Licht an und trat ins Wohnzimmer zurück. Da lag mitten auf dem Tische ein Brief:

„An meine Schwester!“

Und im nächsten Augenblick lasen meine erschreckten Augen die wenigen Worte:

„Ich werde noch heute Prinz Otto’s Weib, denn schon morgen scheidet er. Die Trauung findet um acht Uhr in aller Stille in seinen Gemächern statt. – Ich hatte nicht den Muth, es Dir heute Mittag zu gestehen, denn ich hätte einen Widerspruch nicht ruhig ertragen, und die Stunden des Glückes sind uns karg genug bemessen. Verzeihe Deiner Lotte.“ 

(Fortsetzung folgt.)

Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit.

Das neueste Unterseeboot.

In Nr. 50 Jahrg. 1885 der „Gartenlaube“ haben wir das Nordenfelt’sche Unterseeboot beschrieben, welches damals als das beste unter seinen zahlreichen Konkurrenten vielfach anerkannt wurde. Inzwischen wurde es aber durch eine neue Erfindung des französischen Ingenieurs C. Goubet übertroffen. Dasselbe ist schon darum dem Nordenfelt’schen vorzuziehen, weil bei ihm die Feuerung mit dem störenden Rauchfang durch die Elektricität ersetzt ist und zwei Behälter mit auf 50 Atmosphären zusammengepreßter Luft der Mannschaft einen achtstündigen Aufenthalt unter Wasser ermöglichen.

Wir wollen den Mechanismus und die Handhabung des nur fünf Meter langen Fahrzeuges dem Leser klar zu machen suchen, wobei wir, um nicht zu weitläufig zu werden, von der Beschreibung einer Anzahl nicht wesentlicher Theile des beifolgend abgebildeten Bootes absehen.

Das Unterseeboot von C. Goubet.

Soll das Goubet’sche Fahrzeug seine verhängnißvolle Fahrt antreten, so steigen der Führer und der Steuermann und Maschinist in das Innere, durch die Kuppel a, welche hierauf luft- und wasserdicht wieder verschlossen wird. Diese Kuppel ist mit sieben Gucklöchern von starkem Glase versehen, wovon eins auch oben angebracht ist, so daß die Mannschaft sich bequem nach allen Seiten umsehen kann. Anfangs fährt natürlich das Boot, wie das Nordenfelt’sche, an der Oberfläche, wobei es bis zur angedeuteten Wasserlinie auftaucht. Auf das Kommando des Führers stellt zunächst der Matrose die elektrische Verbindung zwischen der vorne sichtbaren Akkumulatorenkammer und der mit der Schraube S verkuppelten Dynamomaschine (Motor) her, worauf diese und damit die Schraube sich zu drehen beginnen und das Fahrzeug Fahrt bekommt. Unsere Leser werden vielleicht die Abwesenheit eines Steuers bemerkt haben. Die Rolle desselben übernimmt in der That die Schraube dadurch, daß sie sich nach rechts und links mittelst des Rades verstellen läßt, welches der Steuermann mit der rechten Hand erfaßt hat.

Gelangt nun das Boot in den Schußbereich des anzugreifenden Fahrzeuges, so öffnet zunächst der Steuermann einen Hahn und gestattet damit der in dem Preßluftbehälter eingeschlossenen Luft den Austritt durch die Röhre k in die Kuppel, also in unmittelbare Nähe der Athmungs-Organe der Mannschaft. Zugleich dreht der Führer den Hahn P und bewirkt damit das Einströmen des Seewassers in die unteren Behälter h, während er umgekehrt mit dem Hebel r, den er in der linken Hand hält, die Pumpe c in Thätigkeit versetzt und damit das eingedrungene Wasser wieder hinaustreibt. Dadurch hat es der Officier vollständig in der Hand, das Boot im Nu sinken oder aufsteigen zu lassen, während der Matrose es nach seinen Anordnungen steuert und die Fahrt auf die einfachste Weise von der Welt dadurch beschleunigt oder verlangsamt, daß er eine größere oder geringere Zahl Akkumulatoren einschaltet. Trifft das Fahrzeug auf Leitungen, die nach Unterseeminen führen, so werden diese Leitungen mit dem durch eine elektrische Glühlampe beleuchteten, vorne aufragenden Messer abgeschnitten, welches der Officier mit dem Hebel T handhabt.

Man denke sich nun, das Boot befinde sich unter einem feindlichen Schiffe. Auf Geheiß des Führers wird es in eine solche Lage gebracht, daß der becherartige, hinten befindliche Torpedo auf den Schiffsboden treffen muß. Dieser steigt dann durch seinen natürlichen Auftrieb und heftet sich mit den sichtbaren Zähnen – wie das geschehen soll, verschweigt leider die uns vorliegende Beschreibung des Erfinders – an den Rumpf des Schiffes. Sofort tritt nun das Unterseeboot den Rückweg an, wobei es durch die sich aufrollende Drahtleitung mit der Sprengwaffe verbunden bleibt, und

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verschiedene: Die Gartenlaube (1886). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1886, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1886)_146.jpg&oldid=- (Version vom 1.2.2024)