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Verschiedene: Die Gartenlaube (1886)

Ruine Falkenstein. Auf Wunsch einiger unserer Leser bringen wir beifolgend die Ansicht der Ruine Falkenstein, welche in dem Artikel „Allerlei von den Königsbauten im bayrischen Hochlande“ (vgl. Nr. 6 der „Gartenlaube“) erwähnt wurde und in diesem Frühjahre abgetragen werden soll. Dem malerischen Bildchen fügen wir noch einige Notizen über die Geschichte der Burg hinzu.

Ruine Falkenstein.

Vor Jahrhunderten war der Falkenstein, Berg und Burg, Eigenthum des Fürstbischofs von Augsburg. Die wechselnde Gunst des Kriegsglückes in der „Schwedenzeit“ hatte den Fürstbischof Heinrich von Augsburg das Schlößlein auf dem unzugänglichen und darum Sicherheit verbürgenden Berge zum Aufenthaltsort erkiesen lassen. Allein die Schweden waren grimme Feinde. Sie machten Jagd auf den Kirchenfürsten auch auf dem Falkenstein. In dunkler Nacht verließ der Bischof daher den Berg und entfloh. In Oberdorf holten ihn die Schweden jedoch ein und tödteten ihn. Die Burg auf dem Berge wurde erstürmt, verbrannt und ist seitdem Ruine geblieben. Im Laufe der Zeit haben die Besitzer des Falkensteins sammt der Ruine mehrfach gewechselt. Bis zum Herbste des Jahres 1883 waren die Gemeinden Weißensee, Mailing und Steinach Eigenthümerinnen des Berges. Speciell das Joch befand sich im Besitze von Mailing und Steinach. Den Steinach’schen Antheil aber, zu welchem die Spitze mit der Ruine gehörte, brachte König Ludwig II. im Herbste 1883 durch Kauf in seinen Privatbesitz. – Außerdem bemerken wir noch, daß das Maschinenhaus der auf den Falkenstein führenden Wasserleitung sich nicht bei dem Tiroler Städtchen Vils, sondern, wie uns von befreundeter Seite mitgetheilt wird, am sogenannten „Manzenberg“ in der Nähe von Pfronten-Meillingen an dem Flüßchen Vils befindet.

Der Dichter und der Wahnsinn. Die Dichtung beruht auf der freien Verknüpfung der Phantasiebilder, der Wahnsinn auf der unfreien. Daß die eine leicht in die andere überzugehen vermag, beweisen zahlreiche traurige Beispiele – Tasso, Hölderlin, Lenau! Leider hat die neueste Zeit diese Beispielsammlung wieder bereichert. Man mochte den allzuhohen Flug der Begeisterung bei jenen Dichtern gefährlich finden: vor Kurzem verfiel aber auch ein Wiener Volksdichter dem Irrsinn, und dieser lehnte sich stets an das Volksleben an, das er mit Humor behandelte, und nachtwandelte niemals auf den Zinnen der Poesie. O. Berg, der im Irrenhause zu Döbling starb, hat mehr als hundert Gesangspossen und Volksstücke geschrieben, welche dem großen Wiener Publikum jahrzehntelang eine willkommene Erheiterung boten und von Kalisch und Andern zum Theil von der Donau an die Spree in geeigneter Umarbeitung verpflanzt worden sind. Nicht mit Nahrungssorgen hatte Berg zu kämpfen; er hinterläßt eine halbe Million Gulden. Dagegen hat der Dramatiker Albert Lindner, welcher neuerdings als unheilbar in ein Irrenhaus aufgenommen worden, einen schweren Kampf mit der Noth des Daseins bestanden, und seine Familie bleibt in trostlosen Verhältnissen zurück. Lindner ist kein heiterer Volksdichter wie Berg: seine Muse nahm einen höheren Aufschwung; ein Jünger Shakespeare’s strebte er nach dem Lorber der tragischen Dichtung. Verhängnißvoll wurde für ihn der Schiller-Preis, den das Berliner Komité, welches das beste Drama jedes Trienniums zu krönen hatte, seinem „Brutus und Collatinus“ ertheilte; ermuthigt durch diese Auszeichnung gab er seine Stellung als Gymnasiallehrer in Rudolstadt auf und kam nach Berlin; aber er hatte sich in der Tragweite jener Preisertheilung geirrt. Wir leben nicht in Frankreich! Berlin ist nicht Paris, ein Urtheil des Berliner Schiller-Komités hat durchaus keinen Einfluß auf die deutschen Theater, welche sich nicht beeifern, die preisgekrönten Stücke zu geben. Das hat auch die Folgezeit sehr deutlich bewiesen. Lindner’s nächstes Drama „Die Bluthochzeit“ ging noch über viele Bühnen, besonders da die Meininger es in ihr Repertoire aufgenommen hatten; doch alle seine späteren Tragödien klopften vergebens an die Pforten der deutschen Theater an. Eine kleine feste Stellung und eine litterarisch-kritische Thätigkeit, welche oft die ganze Verbitterung so schmerzlicher Enttäuschung athmetee, reichten nicht aus, das äußere Leben des Dichters in erfreulicher Weise zu gestalten; hierzu kam der nagende Kummer über den Mißerfolg seines dramatischen Schaffens, gegenüber den leichten und glänzenden Siegen, welche die Modeschriftsteller davontrugen. So umnachtete sich sein Geist, und dem gleichen traurigen Lose wie der vermögende und erfolgreiche Possendichter verfiel der arme, erfolglose Tragiker.


Trost für Baumeister. Das Rathhaus zu Wernigerode kann sich der in Nr. 7 der „Gartenlaube“ abgedruckten originellen Inschrift nicht allein rühmen. Nach einer Mittheilung aus Dresden findet sich dieselbe auch an dem 1877 dort von dem jetzt in Schwerin weilenden Baurath Möckel erbauten Hause Leubnitzerstraße Nr. 13. Möckel’s Bauweise wurde vielfach kritisirt, und der lakonische Spruch mochte von ihm deßhalb in erster Reihe auf seine Gegner gemünzt sein. – Auch im Auslande ist der bauherrliche Trost nicht unbekannt, und vielleicht huldigte der bekannte Amsterdamer Architekt Cuypers ähnlichen Grundsätzen wie sein Dresdener Kollege, wenigstens stehen auch an seinem Hause – noch dazu mit bezüglichen Abbildungen – die leicht verständlichen Reime:

„Jan bedenckt’ et,
Piet vollbrenght’ et,
Claesgen laeckt’ et,
Och! Wat maeckt’ et!“

* *      


Eine bulgarische Madame Adam. Wer kennt nicht die fanatische Gegnerin der Deutschen, die besonders zur Zeit Gambetta’s in ihrem Salon eine vielfach tonangebende Rolle spielte! Madame Adam, die Nachfolgerin der Madame Tallien auf dem Gebiete der politischen Egerien, zugleich Herausgeberin einer chauvinistischen Revue, Missionärin der Republik an der Newa, und an der Donau in Pest von den Magyaren gefeiert, außerdem eine stattliche Schönheit, nicht eine interessante Häßlichkeit, wie Louise Michel, die Politikerin der Boulevards und der rauchumqualmten Arbeiterversammlungen, hat auf der Balkanhalbinsel eine Nachfolgerin gefunden. Spiridion Gopcevic, der Augenzeuge des serbisch-bulgarischen Krieges, der darüber in „Unsere Zeit“ berichtet, erzählt uns von einer politischen Dame, die in Sofia und Philippopel eine Rolle spielt. Es ist dies die Frau des bulgarischen Ministers Karawelow, die nach manchen Abenteuern in den Hafen dieser Ehe eingelaufen ist und nicht bloß in ihrem Salon, sondern sogar im Ministerkonseil, dem sie beizuwohnen pflegt, in wichtigen Fragen ihre oft entscheidende Stimme abgiebt. Sie soll die Audienzen bei ihrem Gemahl vermitteln und manches diplomatische Aktenstück selbst inspirirt oder verfaßt haben. Das Schicksal der Welt wird freilich nicht in den Boudoirs von Sofia entschieden: die Fäden, an denen sich die kleinen Balkanstaaten bewegen, sind nicht allzu lang und ruhen zuletzt doch in den Händen der großen Kabinette.


„Das wirthschaftliche Leben der Völker.“ Unter diesem Titel ist vor Kurzem ein „Handbuch über Produktion und Konsum“ von Dr. Karl von Scherzer (Verlag von Alphons Dürr, Leipzig) erschienen, in welchem zum ersten Male die Arbeitsthätigkeit sämmtlicher Kulturvölker an der Hand abgerundeter geschichtlicher und statistischer Bilder erschöpfend geschildert wird. Das treffliche Werk ist von hervorragender Wichtigkeit für Volkswirthe, Groß-Industrielle und Kaufleute um so mehr, als der Verfasser auf Grund seiner großen überseeischen Reisen über viele dunkle und verwickelte Fragen des Exporthandels nach eigener Anschauung ein maßgebendes Urtheil abzugeben vermag. Wir werden noch Gelegenheit finden, unsere Leser mit dem Inhalt einzelner Kapitel dieses interessanten Buches vertraut zu machen.*      


Für die kranke Lehrerin („Gartenlaube“ 1885, Nr. 33) gingen ferner ein:
C. Vogelsang, Ingenieur in Siegen i. W. Mark 10; Erlös einer Sammlung d. Marg. Böhme, Lehrerin in Glauchau 32; E. in Altengönna 1; Ph. Süßengut in Bamberg 3; O. D. in Hamburg 5; M. Th. in Crimmitzschau 100; Ges. unter Kolleginnen und Kollegen in Gotha durch E. St. 53; Mr. W. in Löbtau b. Dresden 10; O. F. in Berlin 3; M. v. B. in Dresden 10; C. O. in Dresden 5; L. u. J. W. in Mannheim 5; A. W. in Mühlhausen i. E. 3; Lia Mathesius in Pilsen 3; Frau Jenny Leipziger in Budapest (10 fl. 5 W.) 16,33; V. in Magdeburg 5; M. K. in Chemnitz 12; N. S. in Breslau 5; Sammlung der Exped. d. Penig-Bornaischen u. Frohburger Wochenblattes in Penig 57,70; Aus Herzberg a. H. 10; Ges. v. L. F. Rumbach in Frankfurt a. M.: Brüder Fuchs daselbst 10, Karl Saalfeld in St. Blasien 12, Fr. Mathes in Mannheim 4, Rumbach in Frankfurt a. M. 4, zusammen 30; C. M. B. aus Gera 10; L. S. in Leutkirch 5; Ges. bei einem Abschiedsknipp in Ostrowo durch O. R. aus Breslau 10; Ges. d. M. P., Lehrerin in Braunschweig 10; Dr. H. in Detmold 3; M. A., Hamburg-Uhlenhorst 20; G. Sch. in Görlitz 20; Louise in Wolfenbüttel 1,50; K. G. in Stettin 3; L. T. in Lissa (Bez. Posen) 7; G. Bonhardt in Darmstadt 2,80; Dieter in Darmstadt 1; H. in Kelberg 2; A. J. in Leipzig 3; B. L. in Dresden 5; Y. Z. in X. 30; Fräulein Schaaff in Freiburg i. Br. 2; Elisabeth Müller-Mernéll in Freiburg i. Br. 2; Frau Schinzing in Freiburg i. Br. 1; M. B. in Heidelberg 1,50; Durch Wilh. Streubel in Wolkenburg ferner: Lehrer L. in L. 1, Sch. in W. 1, P. in D. 1, zusammen 3; Leipziger Lehrer-Verein 25; Durch Marg. Böhme, Lehrerin in Glauchau ferner 8; J. Glaeser, Lehrerin in München 5; J. S. in B. 1; Von einem Unbekannten d. die Schulze’sche Hofbuchhg. in Oldenburg (zweimal 5 Mk.) 10; Dr. Pilling in Erfurt 5; Christian Foehr in Stuttgart 3; Frau A. Utecht in Templin 8; Fräul. Julie Appenroth in Klausthal 6; M. v. O. in Kassel 10; K. X. in Halle a. S. 1; G. Lutz in Göttingen (Ueberschuß einer Geldsendung) 0,43; Als kleine Weihnachtsgabe von einer Wittwe in Lindau 10; Aus Stendal 14; Ges. bei der Uhlemann’schen Hochzeit in Oberfrohna durch W. Streubel in Wolkenburg 25; Leopold Jacobi in Victoria West, Süd-Afr. 9,08; Br. in Brandenburg a. d. H. 5; Durch W. Giese in Quern bei Flensburg u. zwar von W. G. 2, P. T. 1,50, H. T. 0,40, M. C. 0,50, zusammen 4,40; Frau Geheimrath Troschel in Bonn 5; H. R. in Sthm. 2; Ges. bei Kollegen u. Kolleginnen durch Minna Saalfeld in Sachsenhausen 27; W. in Beirut (Syrien) durch Stötzner in Leipzig 20; Eine langjährige Abonnentin in Reutlingen 2; W. W., Poststempel Gießen 3; O. L. in Kronstadt in Siebenbürgen ein Fäßchen Honig „zur Stärkung der kranken Lungen“. Gesammtbetrag 147252 ₰.

Wir schließen hiermit die Sammlung, indem wir herzlichen Dank den mildthätigen Gebern sagen, die es ermöglicht haben, daß die Kranke durch einen Winteraufenthalt in Meran und Mentone ihre Gesundheit stärken und festigen konnte. Es ist nunmehr gegründete Hoffnung vorhanden, dieselbe ihrem Berufe wiederzugeben und so ihrer Mutter und den unmündigen Geschwistern die Ernährerin zu erhalten.Die Redaktion.     


Inhalt: Was will das werden? Roman von Friedrich Spielhagen (Fortsetzung). S. 165. – Karnevals Lust und Leid. In Briefen aus der Karnevalssaison mitgetheilt von Paul von Schönthan. S. 171. – Hoheit Karneval der Unsterbliche. Eine Faschings-Huldigung von Richard Schmidt-Cabanis. Mit Illustration. S. 173. – Die Andere. Von W. Heimburg (Fortsetzung). S. 173. – Thankmar’s Tod. Ein Stück deutscher Reichsgeschichte. Von Fr. Helbig. S. 178. Mit Illustration. S. 177. – Auf dem Londoner Straßen-Pflaster. Von W. F. Brand. S. 179. Mit Illustrationen S. 179–182. – Josef Kainz. Biographische Skizze von Josef Lewinsky (Berlin). S. 183. Mit Portrait: Josef Kainz als „Don Carlos“. S. 165. – Blätter und Blüthen: Zur Kongogeschichte. S. 183. – Ruine Falkenstein. Mit Abbildung. – Der Dichter und der Wahnsinn. – Trost für Baumeister. – Eine bulgarische Madame Adam. – „Das wirthschaftliche Leben der Völker.“ – Für die kranke Lehrerin. (Schluß-Quittung.) S. 184.


Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart. Redakteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.
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