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Verschiedene: Die Gartenlaube (1886)

Blätter und Blüthen.

Der erste Skatkongreß in Altenburg. Wir leben jetzt im Zeitalter der Kongresse, und da darf es nicht Wunder nehmen, wenn neben den Turnern und Schützen, Keglern und Schachspielern auch die Skatspieler ihren Kongreß haben wollen. Das edle Skatspiel, das mit der Kraft eines nationalen Spieles seinen Siegeszug durch ganz Deutschland gehalten hat, das die Nacht überwindet und den Tag nicht scheut, in welchem viel gesündigt und viel vergeben wird, verdient es auch, daß ihm zu seinem Rechte, dem Rechte eines Kongresses, verholfen werde. Wo anders aber könnte ein Skatkongreß tagen, als in Altenburg, wo einst die Wiege des Skatspieles gestanden hat! Dort also werden zu den Festtagen vom 7. bis 9. August d. J. die Skatspieler aus allen Gauen des deutschen Reiches zusammenströmen; auch aus den Nachbarländern, ja sogar über den Ocean werden sie kommen, denn jetzt schon haben sich Delegirte von deutschen Skatvereinen in Chicago und San Francisko angemeldet.

Der Zweck des Kongresses ist ein doppelter. Vor Allem soll es ein Friedenskongreß werden, denn in erster Linie handelt es sich um Festsetzung einer allgemeinen deutschen Skatordnung, durch welche die Zerfahrenheit in den Skatgesetzen und die mannigfachen Irrthümer und Mißbräuche, welche sich im Laufe der Zeiten beim Skatspiel eingeschlichen haben, beseitigt werden sollen. In allen Fällen skathafter Noth und Zweifel werden in Zukunft die einschlagenden Paragraphen der deutschen Skatordnung den Ausschlag geben. Diese wird künftig auf keinem Skattische fehlen dürfen, und sie allein ist zu citiren an Stelle jener mehr oder weniger beliebten Redensarten, wie sie in Komplimentirbüchern niemals zu finden sind. Der Entwurf der Skatordnung ist schon von Anfang Mai ab durch das Skatkomité in Altenburg gegen Einsendung von 40 Pfennig zu beziehen.

Das Hauptinteresse wird aber das große Skatturnier in Anspruch nehmen. Da ist endlich einmal auch den von ewigem Pech verfolgten Skatern Gelegenheit geboten, sehr viel zu gewinnen und nichts zu verlieren. Um die Thaler darf diesmal nicht gespielt werden, und der biedere Altenburger Bauer, wenn er durchaus Pferd und Wagen verspielen will, muß sein Vorhaben auf den nächsten Roßmarkt verschieben. Der Turnierplan enthält über 100 Preise, welche theils für das Spiel, theils für das Gegenspiel bestimmt und so mannigfach vertheilt sind, daß das Interesse der Theilnehmer von Anfang bis Ende gefesselt wird; auch ist dafür gesorgt, daß nicht nur das Glück, sondern hauptsächlich das feine Spiel zur Geltung kommt. An jedem der Spieltische, deren Zahl wahrscheinlich 300 übersteigen wird, sollen eine bestimmte Anzahl von Spielen (100 bis 120) gespielt und Protokolle darüber, zu welchen gedruckte Formulare geliefert werden, von den Mitspielern selbst geführt und kontrollirt werden. Die Höhe des Hauptpreises ist noch nicht fest bestimmt, sie schwankt noch zwischen 500 und 1000 Mark; darauf folgen Preise zu 300 Mark, 200 Mark, 100 Mark und absteigend bis zu 20 Mark. Bei einer sehr großen Betheiligung ist eine Vermehrung, beziehentlich Erhöhung der Preise in Aussicht genommen. Voraussichtlich werden auch Ehrenpreise von Skatvereinen und bemittelten Skatfreunden gestiftet werden. Für die Aufrechterhaltung der Ordnung bürgt schon der Umstand, daß Juristen an der Spitze des Komités stehen. Bei diesem Riesenskat, wie solcher bis jetzt noch niemals gesehen wurde, werden alle Gesellschaftsklassen, Kaufleute, Beamte, Gewerbetreibende, Studenten, vertreten sein, und daß der Altenburger Bauer, das Urbild eines echten Skaters, nicht fehlen darf, versteht sich von selbst. Am Turnier können nur Kongreßmitglieder theilnehmen. Die Kongreßkarte kostet 3 Mark und für die Turnierkarte sind extra 5 Mark zu zahlen. Mit der Anmeldung, für welche als Endtermin der 15. Juni festgesetzt werden soll, darf man nicht säumen, weil mit Rücksicht auf die vorhandenen Räumlichkeiten sich möglicherweise ein früherer Schluß der Mitgliederliste nöthig machen kann. K. B.     


Thiere der Heimath. Deutschlands Säugethiere und Vögel, geschildert von Adolf und Karl Müller. (Verlag von Theodor Fischer, Kassel u. Berlin.) Nach Brehm’s Thierleben noch ein Thierleben? so fragte sich wohl Mancher, als das Werk der Gebrüder Müller auftauchte. War auch der Name der Verfasser schon längst durch vorangegangene ähnliche Bücher, durch zahlreiche Abhandlungen und Aufsätze über Biologie höherer Thiere bekannt und im besten Rufe, so schien trotzdem auf den ersten Blick hin der Wurf gewagt. Anders stand es mit der Ansicht der Kenner des heimathlichen Thierlebens, sowie Derer, welche nach einem Buche verlangten, welches über das Leben unserer deutschen Thiere in Wald und Feld, Heide und Wasser genauen und ausführlichen Aufschluß zu geben vermöchte. Berufenere Bearbeiter derselben könnte man wohl schwerlich finden, als die Specialisten auf diesem Gebiete, die Gebrüder Müller. Sie haben ein Werk geschaffen, auf welches der Deutsche mit nationalem Stolze blicken darf, sind doch aufs Innigste hier Schärfe der Beobachtung, Klarheit des Urtheils und künstlerisch-meisterhafte Zeichnung verknüpft. Der allgemeine Theil schildert die vorzüglichsten Lebenserscheinungen unserer Thierwelt mit seltener Beherrschung dieses schwierigsten aller Gebiete. Die Gebrüder Müller haben, das ist als ihre größte Errungenschaft zu erachten, die Thiere überall als solche (und nicht als philosophirende Menschen, wie es meist üblich, oder als Maschinen) zu schildern gewußt, daher kommt es auch, daß uns im speciellen Theile, welcher von den einzelnen Arten handelt, stets ihre auf eigener Beobachtung basirenden Schilderungen besser gefallen, als das glücklicherweise Wenige, was sie von anderer Seite zusammenzutragen sich genöthigt fanden. Vorurtheilsfrei und wahrheitsgetreu, oft bis zu poetischer Wärme emporgeschwungen, entrollt sich uns Bild auf Bild. Welcher Thierfreund möchte das Werk von sich weisen können, der z. B. die Abhandlungen über die Schnepfe, den Wasserschmätzer etc. gelesen? Und die Zeichnungen! Abgesehen von den Deiker’schen Bildern, wie „der Wildkater“ und andere mehr, deren Vorzüglichkeit meist schon von ähnlichen Arbeiten her bekannt ist, hat Adolf Müller in der idyllischen Auffassung schwer zu erlangender Naturvorlagen Herrliches geleistet. Es seien besonders erwähnt die unübertrefflichen Abbildungen: brütende Bastardnachtigall, kleine Haselmaus im Winternest, Wasserschmätzer, Turteltaube, Pirole im Kampfe.

Wir können allen Freunden heimischen Naturlebens das Werk nur aufs Wärmste empfehlen, dessen Schilderungen uns mit gespanntem, Schritt für Schritt gesteigertem Interesse einführen in die rauschenden heiligen Hallen unserer grünen Wälder, worin sich, sei es laut und freudvoll, sei es geheimnißvoll und nächtlicher Weile, ein reiches Thierleben abspielt. Die Sänger unserer lachenden Fluren, das Häslein im Korn – sie alle finden wir wieder, meisterhaft gezeichnet in dem wahren Wesen ihres Daseins. W. v. Reichenau.     


Fridolin im Volkslied. Wer kennt nicht das bekannte, aus dem Italienischen stammende Volkslied:

„Das Schiff streicht durch die Wellen. Fridolin!“

Die Meisten, welche das Lied singen, wissen gewiß nicht, was der Verehrer der Gräfin von Savern, der fromme Knecht Fridolin, in diesem Schifferlied zu suchen hat. Hin und wieder findet sich auch die richtige Lesart „Fidelin“, womit aber die deutschen Sänger jedenfalls noch weniger anzufangen wissen. Jetzt hat Woldemar Kaden in seiner Schrift: „Neue Welschlandsbilder und Historien“, welche, wie sich von diesem hervorragenden Kenner Italiens erwarten läßt, viel Interessantes bringt, die Erklärung des unverständlichen Refrains gegeben, eine etwas prosaische Erklärung, die uns aus Schiller’s „Eisenhammer“ direkt in die italienische Küche führt. „Fidelin“ ist nämlich eine Art von Makkaroni, und dies Lieblingsgericht der Italiener und natürlich auch der italienischen Schiffer schwebt ihnen als höchster Lebensgenuß so lebendig vor Augen, daß sie sich bei der Arbeit ermuntern durch einen Zuruf, welcher den freudigen Hinweis auf die ihnen nachher winkende Delikatesse enthält. So ist das Wort: „Fidelin“ auch der Refrain der Schifferlieder geworden, ein sehr materialistischer Refrain, der mit der frommen Idealgestalt der Schiller’schen Dichtung nicht das Geringste gemein hat. G.     

Zur Geschichte der Strümpfe. Vor etwa zweihundert Jahren besaß kaum eine Person unter tausend ein Paar Strümpfe, jetzt ist das Verhältniß umgekehrt, so daß unter tausend Personen kaum eine keine Strümpfe hat. Den Strumpfwirkerstuhl, eine der komplicirtesten Maschinen, erfand im Jahre 1589 der englische Geistliche William Lee in Cambridge und hatte die Ehre, vor König Jakob I. (1603–1625) einen Strumpf zu weben. Aber das Vorurtheil der damaligen Zeit spottete dieser Erfindung, und Lee begab sich nach Frankreich. Hier hatte er keinen bessern Erfolg und starb zu Paris in größter Dürftigkeit. Seine Maschine aber fand allmählich Beifall und war zwei und ein halbes Jahrhundert in Anwendung, bis sie in neuester Zeit durch den Cirkularstuhl ersetzt wurde. Ein einziges denselben bedienendes Mädchen kann in einem Tage das Material für 240 Paar Strümpfe herstellen. R.     



Allerlei Kurzweil.


Skataufgabe Nr. 1.
Von K. Buhle.

Nach den ersten vier Stichen:

konnte der Spieler seine Karten offen hinlegen, weil er alle übrigen Stiche bekommen mußte.

Welcher von den Dreien war der Spieler und welches Spiel spielte er? Was lag im Skat und wie waren die übrigen Karten vertheilt?


Inhalt: Die Lora-Nixe. Novelle von Stefanie Keyser. (Fortsetzung). S. 293 – Studienkopf. Illustration. S. 293. Bilder von der Ostseeküste. Danzig. Von Fritz Wernick. S. 296. Mit Illustrationen S. 296, 297 und 298. – Gewitter und Blitzgefahr. Von Dr. J. Klein. S. 299. – Was will das werden? Roman von Friedrich Spielhagen (Fortsetzung). S. 301. – „Guten Morgen, mein Liebchen!“ Illustration. S. 305. – Noch heute „das geheimnißvolle Grab“. Neue Studien und alte Erinnerungen von Friedrich Hofmann (Fortsetzung). S. 307. – Blätter und Blüthen: Der erste Skatkongreß in Altenburg. – Thiere der Heimath. Von W. v. Reichenau. – Fridolin im Volkslied. – Zur Geschichte der Strümpfe. – Allerlei Kurzweil: Skataufgabe Nr. 1. Von K. Buhle. S. 308.


Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart. Redakteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1886). Leipzig: Ernst Keil, 1886, Seite 308. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1886)_308.jpg&oldid=- (Version vom 28.2.2024)