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Verschiedene: Die Gartenlaube (1886)

einheimischen und fremden Künstler durch die Akademie in ihren Räumen veranstaltet werden sollten. Die Eröffnungstermine und die für diese Ausstellungen gewählten Jahreszeiten haben wiederholt gewechselt. Bis 1793, mit einziger Ausnahme des Jahres 1788, war es der Mai und Juni, dann wieder, mit einziger Ausnahme der von 1808, der September und Oktober. In dem Jahr des furchtbaren Zusammenbruchs der preußischen Macht fand die Eröffnung der durch alle Kriegsunruhen nicht verhinderten akademischen Kunstausstellung 14 Tage vor der Schlacht bei Jena statt. In der Vorrede des Katalogs spricht die Akademie noch das stolze Vertrauen aus, daß die unbesieglichen Waffen des vaterländischen Heeres unter seinen Feldherren und dem besten der Könige den Preußen bedrohenden Feind bald und rasch zerschmettern und der Welt den für die Künste doppelt zu ersehnenden Frieden geben würden! 1808, während der französischen Occupation, mußte der Ausstellungskatalog neben dem deutschen Text auch einen französischen bringen. Seit 1800 waren wieder die zweijährigen Zwischenpausen zur Regel geworden. Nur in den Jahren 1838 bis 1840 wich die Akademie davon ab, um dann wieder zu dem gewohnten Modus der zweijährige Perioden zurückzukehren. 1850 wird einmal wieder der Versuch einer im Mai eröffneten Frühlingsausstellung gemacht. Aber von 1852 ab erhielt die Herbstzeit von Neuem den Vorzug.

Nach der 1875 vollzogenen gründlichen Reorganisation der Berliner Akademie wurde die fernere Benutzung der Räume des Gebäudes für die Kunstausstellungen unmöglich. Zum Ersatz wurde das Fachwerkgebäude, die sogenannte „Kunstbaracke“ am Kantianplatz hinter dem Museum und den Packhofgebäuden auf der Westseite der Spreeinsel aufgeführt und die nächste Herbstausstellung dorthin verlegt. Dort wiederholten sich die Ausstellungen wieder alljährlich. 1882 unterblieb die Veranstaltung aus der durch den Brand des Wiener Ringtheaters erweckten Sorge um die Feuergefährlichkeit jenes Nothbaues. Im folgenden Jahre bestimmte das Ministerium, im Einvernehmen mit der Akademie, die noch unbenutzten Räume im neuen riesenhaften Gebäude des Polytechnikums an der Charlottenburger Allee zu einer in den Mai und Juni verlegten Kunstausstellung. Der Versuch mißglückte vollständig. Noch einmal kehrte man zu dem Fachwerkhause am Kantianplatz zurück und ließ die Ausstellung des Jahres 1884 dort, und zwar im September und Oktober, stattfinden. Im vorigen Jahre aber fiel sie gänzlich aus.

Inzwischen war jener Glas- und Eisenpalast auf dem erwähnten fiskalischen Terrain für die Hygiene-Ausstellung erbaut, von der Regierung erworben und zum dauernden „Landes-Ausstellungsgebäude“ erhoben worden. In ihm schien das rechte Haus für die Jubiläums-Kunstausstellung gegeben zu sein. Allerdings mußte es zu diesem Zweck manchen inneren Umwandlungen unterzogen und durch Anbauten bedeutend erweitert werden. Letztere bestehen besonders in einer der nordöstlichen Schmalseite des langen Gebäudes angefügten Halle von 56 Meter Länge bei 55 Meter resp. 46 Meter Breite. Von der mittelsten Eingangsthür in der Südwestseite zum Vestibül, unter der mächtigen Glas- und Eisenkuppel des Palastes, blickt man nun in der Achsenrichtung durch einen Gesammtraum von 190 Meter Länge; eine Perspektive, welche durch die dort an der Schlußwand des Anbaus aufgestellte Statue Friedrich’s des Großen vom alten Gottfried Schadow, zwischen den Statuen Zieten’s und des Dessauers von demselben Meister, ihren effektvollen Abschluß erhält. Jener Kuppelraum hat durch die Architekten Kayser und von Großheim im Verein mit einigen ausgezeichneten Malern und Bildhauern eine prächtige architektonische, malerische und plastische Innendekoration erhalten und ist so zum würdigen Schauplatz des feierlichen Eröffnungsaktes gestaltet worden. Der mittlere Raum des Palastes, welcher auf dies Vestibül folgt (im Lichten 57 Meter breit), ist in verschiedene, theils quadratische, theils achteckige Oberlichtsäle gegliedert. Er wird in seiner ganzen Länge von 2 je 17 Meter breiten Seitenschiffen flankirt, welche durch schräg gegen die Seitenfenster gerichtete Schirmwände in zahlreiche, ziemlich gut beleuchtete Kabinets für kleinere Bilder getheilt werden. Ein halbkreisförmiger Korridor, der den Palast ursprünglich gegen Norden hin abschloß, ist besonders zur Aufnahme architektonischer Entwürfe und Modelle bestimmt. Hier führt unter Anderem Baurath Otzen eine vollständige gothische Kapelle auf.

Gleichzeitig mit dieser akademischen Kunstausstellung werden auf anderen Stellen des weiten Terrains noch andere hochinteressante künstlerische Schaustellungen stattfinden. In jener westlichen Parkecke, welche seit der Hygiene-Ausstellung der damals dort so zahlreichen Kneipen wegen den Namen des „nassen Dreiecks“ führt, werden im Auftrage einer Aktiengesellschaft durch die Architektenfirma Kyllmann und Heyden ein paar sehr originelle Gebäude errichtet. Die Gestalt des einen (vergl. Anfangsvignette) erinnert an einen ägyptischen Tempel. Es beherbergt in seinem Innern Dioramenbilder aus der Geschichte der neuesten Afrikareisen und der deutschen Kolonialerwerbungen. Das andere enthält ein Halbpanorama des antiken Pergamon zur Blüthezeit der Attalidenherrschaft. Als Façade ist diesem Gebäude eine Kopie der östlichen Säulenvorhalle des Zeustempels zu Olympia in den wirklichen Größenmaßen des Originals mit dem Giebel vorgesetzt. Das Ganze aber steigt auf der Plattform eines Unterbaues auf, dessen Frontseite mit der in seinen Körper einschneidenden breiten Stiege und mit seinem Hochrelieffriese des Gigantenkampfes unterhalb des Simses eine Kopie der betreffenden Seite des (rekonstruirten) Sockels des Zeusaltars am Burgberge von Pergamon ist.

Die rühmlich bekannten Maler G. Koch und Kips in Berlin haben ihre Naturstudien der pergamenischen Landschaft an Ort und Stelle aufgenommen und führten mit deren Hilfe das große Halbrundgemälde aus, welches die Erscheinung dieser Höhen und Ebenen im zweiten Jahrhundert vor Christo mit ihren Tempeln, Palästen, Altären, Theatern, Häusern und Mauern veranschaulicht.

Es lag ursprünglich in der Absicht der Akademie, der Jubiläums-Ausstellung officiell den Charakter einer internationalen zu geben. Die Abneigung der Reichsregierung gegen die zur Veranstaltung einer „Weltkunstausstellung“ erforderlichen Schritte bei den anderen Mächten, gegen die all diese zu richtende Einladungen etc., ließ den Senat diesen Plan aufgeben. Aber man hat dafür die Künstler der einzelnen Länder gleichsam privatim durch einen dazu ausgesendeten Vertrauensmann, den Kunsthändler Herrn Fritz Gurlitt, zur Betheiligung, wenn auch innerhalb peinlich eng gezogener Schranken, einladen lassen. Von Seiten der französischen Künstler ist diese Einladung abgelehnt worden. Die englischen, belgischen, holländischen, skandinavischen, russischen, spanischen, italienischen und österreichisch-ungarischen habe ihr bereitwillig entsprochen. Die einheimischen, besonders die Berliner, Künstler sind unzufrieden, daß ihnen nur für 300 Gemälde mittleren Umfangs der erforderliche Platz im Palast angewiesen werden konnte. Das Ausstellungsgebäude müßte eben die doppelte Ausdehnung haben, wenn es allen Raumansprüchen genügen sollte. Ein nicht geringer Theil des darin vorhandenen Platzes wird übrigens auch noch von der retrospektiven Ausstellung von deutschen Kunstwerken aus den letzten hundert Jahren okkupirt und bleibt somit denen aus der Gegenwart entzogen. Außer der Malerei, der Bildhauerei, der Architektur und den reproduktiven Künsten ist hier diesmal auch den dekorativen die gebührende Berücksichtigung geworden. So dürfen wir mit Bestimmtheit erwarten, daß das Bild des moderne Kunstschaffens im Vaterlande, welches die Ausstellung gewährt, ein allseitig Umfassendes sein wird. Wir haben noch keinen Grund zum Zweifel daran, daß dies Gesammtbild uns die erfreuende Gewißheit geben werde: auch die deutsche Kunst hat sich in diesen hundert Jahren wacker vorwärts gearbeitet und kann heut mit vollauf berechtigtem Selbstgefühl in den Wettkampf mit der jedes anderen modernen Kulturvolkes eintreten.




Was will das werden?
Roman von Friedrich Spielhagen
(Fortsetzung.)


Der Fremde war in so geringer Entfernung von mir, daß ich seine Gestalt noch immer deutlich unterscheiden konnte, stehen geblieben, vermuthlich unsicher über den Weg, der gerade an dem Punkte sich kreuzte. Links lief die Fahrstraße nach dem Schlosse, das, in weiterer Entfernung, von der Stelle unsichtbar, hinter den Bäumen lag; rechts führte eine Abzweigung der Fahrstraße eben nur noch bis zur Villa, und die konnte man von da aus sehen, zumal jetzt, wo ihre weiße Fronte der Mond bescheinen mußte und zum Ueberfluß die Lampe in Adele’s Salon brannte. Der Fremde wandte sich nach rechts.

Mein Herz, das, ich wußte selbst nicht warum, heftig geschlagen hatte, stand plötzlich still vor einem Gedanken, der mich durchzuckte wie ein Blitz, der vom nächtlichen Himmel fährt und für einen Moment Tagesklarheit über die dunkle Welt streut. Nur für einen Moment, gerade lange genug, um, was bare Tollheit schien, für mich zu einer schauerliche Möglichkeit, zur grausamen Gewißheit zu machen. Sie war so seltsam aufgeregt gewesen; hatte mich, trotz meiner flehentlichen Bitte, nur noch eine Viertelstunde, nur noch fünf Minuten bleiben zu dürfen, ganz gegen ihre Gewohnheit und so unbarmherzig weggeschickt – vor

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1886). Leipzig: Ernst Keil, 1886, Seite 332. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1886)_332.jpg&oldid=- (Version vom 13.7.2021)