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verschiedene: Die Gartenlaube (1886)

vor, z. B. im Gehirn. Die Folgen derselben können manchmal so schlimm werden, daß benachbarte Gefäße bersten und hierdurch die als Schlagfluß bekannten Lähmungen und Bewußtseinsstörungen hervorgerufen werden.

Die Blutarmuth und noch mehr die Bleichsucht ist allerdings vorzugsweise eine Krankheit der jüngeren Jahre, besonders der Jahre des Wachsthums und der Entwickelung, aber sie verschont kein Lebensalter, kraft der mannigfaltigen Ursachen, welche ihre Entstehung begünstigen.

Die Blutarmuth kann angeerbt und angeboren, in mangelhafter Ausstattung des Kindes an Blut und blutbildenden Organen begründet sein. Oder sie ist Folge mangelhafter Nahrung und zu reichlicher Säfteverluste, übermäßiger Anstrengung des Körpers und Geistes, fieberhafter und anderer säfteverzehrender Krankheiten.

Mängel der Nahrung sind besonders für die Kindheit und Jugend von Bedeutung, wo ja der Körper nicht bloß auf seinem Bestande erhalten werden, sondern auch wachsen soll; und da das Wachsthum nur durch Anlagerung eiweißartiger Stoffe geschieht, die aus dem Blute entnommen werden, so ist Mangel der Nahrung an leicht verdaulichem Eiweiß für die Jahre des Wachsthums besonders verderblich. Mehlbrei und Mehlsuppen, Kartoffeln und selbst Brot können dem Bedarfe nicht genügen: dafür sind in den ersten Jahren hauptsächlich gute Milch, später Eier und Fleischspeisen unentbehrlich. Daneben sind allerdings auch leichtverdauliche Fette (Rahm, Butter) und Kohlehydrate (Zucker und Mehlstoffe) zur Bildung von Wärme und Bewegungskräften nothwendig.

Für eine gute Ernährung genügt es aber nicht, daß dem Magen gute und reichliche Nahrung zugeführt werde: die Nahrungsstoffe müssen auch verdaut, in Blut und Organbestandtheile verwandelt werden. Dazu sind Hautpflege und Körperbewegung unerläßlich, denn nur die thätigen Organe ziehen Nahrungsstoffe an und verleiben sie sich ein. Nur muß das Maß der Bewegung den Kräften und der Ernährung entsprechen. Mäßige Arbeit und genügende Ruhe, um die Ermüdung wieder auszugleichen, sind förderlich; Uebermaß der Arbeit und Mangel an Ruhe verzehren die Kräfte, das Blut und die Organe. Das ist wieder vorzugsweise für die heranwachsende Jugend und andererseits für das höhere Alter zu beachten.

Luft und Licht sind zum Gedeihen des Menschen nicht weniger nothwendig, als für die höheren Pflanzen und Thiere. Keller- und Hofwohnungen, enge Straßen, dumpfige Wohn- und Schlafzimmer (Alkoven) hindern die normale Bildung von Blut und Organen, und ebenso förderlich für Blutarmuth sind hohe Hitze- und Kältegrade: eine Mahnung, auch in Wohnung und Kleidung beides zu meiden, besonders für zarte Körper in früher Jugend und im höheren Greisenalter.

Die Verhütung sowohl wie die Heilung der Blutarmuth und Bleichsucht fordert demnach zunächst die Vermeidung ihrer Ursachen: also Vermeidung und rasche Stillung aller Blut- und Säfteverluste, frühzeitig richtige Behandlung und Pflege in Krankheiten, Schonung der Kräfte, Vermeidung schlechter Luft, sowie großer Wärme und Kälte; sodann Beförderung der Blutbildung durch gute, den Verdauungskräften angepaßte Nahrung, durch Luft und Licht, durch Aufenthalt und genügende Bewegung im Freien. Körperliche und geistige Arbeiten müssen den Kräften angepaßt werden; für Ruhe und Erholungspausen, zweckmäßige Verwendung der Sonntage und Ferien (Sommerfrischen) muß gesorgt werden. Waschen des Körpers, warme oder kühle Abreibungen und Bäder, Gymnastik und Massage sind sehr förderlich für die Blutbereitung und die Ausscheidung der verbrauchten Körperbestandtheile, müssen aber genau dem Kräftezustande angemessen und deßhalb ärztlich angeordnet und überwacht werden. Ebenso sind Arzneimittel nur vom Arzte zu verordnen, was namentlich auch für die Stahl- und Eisenmittel gilt, deren unpassende Verwendung oft Schaden stiftet, statt zu nützen. Ohnehin wird jeder, der die mannigfachen Ursachen und Erscheinungsformen dieser Krankheiten sich vergegenwärtigt, auch für deren diätetische Behandlung sorgsamen ärztlichen Beirathes nicht entbehren wollen.




Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit.

Fahrbare Panzertürme.

Die Firma H. Gruson in Buckau-Magdeburg, deren Panzerthürme sich eines Weltrufes erfreuen, beschenkte die militärische Welt soeben mit einem ganz eigenartigen Vertheidigungmittel, von welchem die nachstehenden Abbildungen eine klare Anschauung geben. Wie unseren Lesern bekannt, beruht die Kampfesweise der Neuzeit zum guten Theil auf dem raschen Aufwerfen von Schützengräben, von welchen aus die angreifende oder sich vertheidigende Infanterie möglichst gedeckt ihr Feuer auf den Feind richtet. Die fahrbare Panzerlafette soll nun dieses Gewehrfeuer, wenn nicht ganz ersetzen, so doch wesentlich unterstützen. Diese besteht (Abbildung 1) aus einem eisernen Cylinder, welcher von einer drehbaren flachen Kuppel gekrönt ist. Die Kuppel aber hat eine Schießscharte, aus welcher die Mündung eines Revolvergeschützes hervorragt, das heißt eines Geschützes, welches sich selbst immer wieder von Neuem ladet und mit unglaublicher Geschwindigkeit einen Hagel von ziemlich großen Kugeln abfeuert. In der Kuppel sitzt ein Mann, dem eine kleine, auf Abbildung 2 sichtbare Thür den Eintritt in die freilich sehr enge und unbequeme Behausung gewährt. Die Kuppel und das Geschütz lassen sich nach allen Richtungen hin drehen.

Das Eigenartigste an der Sache ist jedoch, daß der ganze Thurm, der äußerlich an eine Wassertonne erinnert, auf zwei Rädern ruht und somit in den Schützengraben gefahren werden kann, wo er in die Erdaufschüttung eingelassen wird, damit er möglichst unsichtbar bleibt und dem Feuer des Feindes eine möglichst geringe Fläche bietet. Erweist sich die Stellung als unhaltbar, oder will man die Schützenlinie vorschieben, so

werden die Panzerthürme einfach weiter gefahren.

G. van Muyden.

Fig. 1. Fahrbarer Panzerthurm von H. Gruson.

Fig. 2. Schützengraben mit fahrbaren Panzertürmen.


Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1886). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1886, Seite 692. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1886)_692.jpg&oldid=- (Version vom 17.6.2023)