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verschiedene: Die Gartenlaube (1886)

geben. Wenn uns derselbe paßt, dann werden wir den Erfinder auf das Freigebigste unterstützen.“

Wie andere amerikanische Blätter berichten, hat sich in New-York ein Jungfrauenklub gebildet, oder vielmehr ein Klub „später Mädchen“, ein „Alter-Jungfern-Klub“. Derselbe hielt neuerdings zu Glen Island sein erstes jährliches Picknick ab. Die Männer, die sich aus Neugierde eingefunden, wurden aus dem Kreise der Festtheilnehmer verbannt und Schildwachen aufgestellt, um allen Unberufenen den Zutritt zu wehren. Die Festlichkeiten wurden eröffnet durch Absingung des Liedes: „Ein freies Leben führen wir“, worauf der Chor, unter Begleitung einer ironischen Blechmusik, bei welcher Kasserole, Bratpfannen und Waschkessel mitwirkten, das Lied: „Wir winden dir den Jungfernkranz“ anstimmte. Bei einem Festmahl von Kuchen und Gelée nebst Thee und Limonade, die in unglaublicher Menge genossen wurden, präsidirte eine noch ziemlich junge Dame, welche, weil ihr Geliebter sie treulos verlassen, geschworen hatte, ewig dem Jungfernstande anzugehören: sie hielt die weihevolle Eröffnungsrede, durch welche das Herz aller „späten Mädchen“ gerührt wurde.

Gegenüber diesem neubegründeten Verein konnte sich die Männerwelt nicht thatlos verhalten: es wurde ein Klub gegründet, der, wenn auch nicht aus Junggesellen, doch aus Wittwern besteht. Nur „einfache Wittwer“ finden Zutritt, das heißt, nur solche, welche das Recht auf diesen stolzen Namen nicht durch eine zweite Ehe verscherzt haben. Bei der Aufnahme in den Klub muß der Kandidat die Leiden erzählen, die er als Ehemann durchgemacht. Die Ausstattung des Klublokals ist eine durchaus stimmungsvolle: die Wände sind mit schöngestickten Mottos versehen wie „Theures Weib, gebiete deinen Thränen“, „Ach, die Gattin ist’s, die theure“ etc. Auf den Etagèren stehen Nippsachen, welche Wiegen, Kinderwagen, Kochöfen, Wassereimer darstellen, und das Muster der Tapeten besteht aus kunstvoll zusammengesetzten Rechnungen von Modistinnen und Schneiderinnen. †     

Der Stammhalter. (Mit Illustration S. 689.) Durch das Leben der Hansestädte geht ein patriarchalischer Zug: in Kostüm und Sitte wird das Alte treulich gewahrt. Wir sehen auf diesem Bilde eine alte Kinderwärterin aus Bremen, die den Stammhalter und Sprößling einer vornehmen Patricierfamilie auf dem Arme trägt. Doch nicht mit pflichtgemäßer Gleichgültigkeit wartet sie ihres Amtes: der Ausdruck ihrer Züge beweist, daß schöne Erinnerungen aus der Jugendzeit in ihr auftauchen, denn sie hat schon den Vater des Kleinen als Kind auf ihren Armen gewiegt, und der Stolz über den neuen Stammhalter giebt ihr die Kraft, auch noch im höchsten Alter die Pflichten der Wärterin zu erfüllen. Das Kostüm der Wartfrau ist alte Bremer Tracht, wie sie früher Bürgerfrauen und Bürgermädchen trugen und wie man sie jetzt noch bei Kinderwärterinnen sieht. Auf der weißen Mullhaube, die der alten Holländer Mütze ähnlich ist, sitzt noch ein ganz kleines Häubchen aus golddurchwirktem Stoff, die sogenannte Kapsel, die sich dicht an den Kopf anschließt, und an deren unterem Ende ein bis auf die Waden herabfallendes Band befestigt ist. Solche Mützen wurden sehr in Ehren gehalten, denn sie hatten oft bedeutenden Goldwerth.†     

Weinlese an der Nahe. (Mit Illustration S. 697.)

„Jetzt schwingen wir den Hut,
Der Wein, der Wein ist gut!“

So hört man’s zur Zeit der Weinlese schallen in den deutschen Bergen, die durch das Wachsthum eines „Guten“ begnadet sind. In den herrlichen Weingegenden am Rhein, an der Mosel und der Nahe sind die Tage der Lese wahre Festtage, und bei Jung und Alt herrscht ungebundene Fröhlichkeit, die natürlich wächst mit der Güte „des Guten“, das heißt des Jahrgangs. Böllerschüsse knallen in der Runde, Raketen und Schwärmer sausen durch die Luft und überall, wie ein lustiges Frage- und Antwortspiel, erschallt von Berg zu Berg der fröhliche Juhschrei des glücklichen Winzervolkes. Des Abends aber, am Schluß der Lese, wird – wie dies L. Geibel’s treffliches Bild „Weinlese an der Nahe“ darstellt – für die Winzer und Winzerinnen ein einfaches ländliches Mahl improvisirt: Bütten werden umgestürzt, um, mit Linnen bedeckt, als Schenk- und Kredenztische zu dienen für Speisen und Getränke, die der Weinbergbesitzer spendirt, für prächtigen Käse, Butter und Brot nebst ungezählten Flaschen vom „Vorigsjährigen“, denn vom „Neuen“ giebt er grundsätzlich keinen Tropfen ab. Doch auch „der Alte“ ist trefflich und mit ihm stößt man an auf „den Jungen“, dann aber wird schleunigst ein freier Raum geschaffen, denn der Barbier, der so schöne Tänze zur begleitenden Guitarre zu pfeifen versteht, ist einer Einladung des Festgebers gefolgt und hat sein Instrument mitgebracht. Was Wunder, daß das junge Volk Essen und Trinken darüber vergißt und zum Tanze fliegt!

In Erinnerung versunken. (Mit Illustration S. 701.) Einen Korb mit lebendigem kleinen Hundevolk hat der junge Seefahrer, ehe er seine Heimat, den Strand von Scheveningen, verließ und in die See stach, seinem lieben Mädchen zurückgelassen. Träumend sitzt sie da und sieht beim Kartoffelschälen dem Spiele der kleinen Gesellschaft zu. Ob nicht der junge Seemann, wenn er zurückkehrt, sich selbst bei ihr auf Lebenszeit in Kost und Pflege geben wird, wie jetzt die lebendige Hinterlassenschaft? Das träumt sie mit offenen Augen! †     


Allerlei Kurzweil.


Baumwurzeln.

WSD EURE PZR P E L

Auflösung der Schachaufgabe auf Seite 684.
Weiß.   Schwarz. 0 Weiß.   Schwarz.
1. 0e 3 – e 4       L d 8 - f 6;0 0 1. 0. . . . .       f 4 – f 3!
2. 0S g 5 – e 4!       beliebig 0 0 2. 0S g 5 – h 3!       beliebig
3. 0L oder S setzt matt. 0 3. 0L oder S setzt matt.

1. . . . .       e 5 – e 4!
2. S g 5 – e 6! beliebig
3. S (zieht ab) setzt matt
.

0

1. . . . .   b 5 – c 4:
2. L g 8 – h 7 † e 5 – e 4
3. L h 7 – e 4: matt
.

Weiß droht mit 2. S e 4 oder S h 3. Schwarz vermag durch sein Gegenspiel obige Varianten zu erzwingen. Ein einfaches, aber doch höchst ansprechendes Stück.



Inhalt: Sankt Michael. Roman von E. Werner (Fortsetzung). S. 685. – Blutarmuth und Bleichsucht. Von Dr. Fr. Dornblüth in Rostock. S. 690. – Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit. Fahrbare Panzerthürme. Von G. van Muyden. Mit Abbildungen. S. 692. – Was will das werden? Roman von Friedrich Spielhagen (Schluß). S. 693. – Hinter den Koulissen des Berliner Opernhauses. Von Paul Lindenberg. S. 701. – Blätter und Blüthen: Ein greiser Gelehrter. S. 703. – Der Luisen-Tempel im Schloßgarten zu Hohenzieritz. S. 703. Mit Illustration S. 685. – Nordamerikanische Sonderbarkeiten. S. 703. – Der Stammhalter. S. 704. Mit Illustration S. 689. – Weinlese an der Nahe. S. 704. Mit Illustration S. 697. – In Erinnerung versunken. S. 704. Mit Illustration S. 702. – Allerlei Kurzweil: Baumwurzeln. S. 704. – Auflösung der Schachaufgabe auf S. 684.


Nicht zu übersehen!

Mit dieser Nummer schließt das dritte Quartal dieses Jahrgangs unserer Zeitschrift, wir ersuchen daher die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das vierte Quartal schleunigst aufgeben zu wollen.


Außer der Fortsetzung des allgemein mit größtem Beifall aufgenommenen Romans

Sankt Michael. 0 Von E. Werner

werden im nächsten Quartal noch folgende spannende Novellen zum Abdruck gelangen:

Ueber den Gartenzaun.

Von A. Weber.
  Die Insel der Seligen.  

Von H. Pichler.
Unser Männe.

Von W. Heimburg.

Aus der Reihe der belehrenden und unterhaltenden Artikel heben wir nur folgende hervor: Ein Friedhof ohne Gleichen und vierzig auferstandene Könige. Von Georg Ebers. Pflege des Gehörs. Von Dr. J. H. Baas. Die Bastille. Von Rudolf von Gottschall. Ihre erste Gesellschaft. Von H. Heiberg. Die deutschen Elemente in Paris. Von Marie Calm. Der Spion. Von Heinrich Noë. Aus den Zeiten des Brigantaggio. Von J. Kurz. Endlich wird auch im nächsten Quartal einer der stimmungsvollsten Vorträge Brehm’s unter dem Titel Der Urwald erscheinen.


Die Postabonnenten machen wir noch besonders auf eine Verordnung des kaiserlichen General-Postamts aufmerksam, laut welcher der Preis bei Bestellungen, welche nach Beginn des Vierteljahrs aufgegeben werden, sich pro Quartal um 10 Pfennig erhöht (das Exemplar kostet also in diesem Falle 1 Mark 70 Pfennig statt 1 Mark 60 Pfennig).

manicula 0 Einzeln gewünschte Nummern liefern wir pro Nummer incl. Porto für 35 Pfennig (2 Nummern 60 Pf., 3 Nummern 85 Pf.). Den Betrag bitten wir bei der Bestellung in Briefmarken einzusenden.

Die Verlagshandlung.     



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner.0 Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.0 Druck von A. Wiede in Leipzig.
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