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verschiedene: Die Gartenlaube (1886)

No. 43.   1886.
Die Gartenlaube.


Illustrirtes Familienblatt. — Begründet von Ernst Keil 1853.

Wöchentlich 2 bis 2½ Bogen. – In Wochennummern vierteljährlich 1 Mark 60 Pfennig. – In Heften à 50 Pfennig oder Halbheften à 30 Pfennig.


Ueber den Gartenzaun.
Erzählung von A. Weber.
(Fortsetzung.)


Der gütige Zufall half Terka, die Beiden, den „storchbeinigen“ Perfy Viktor und die schöne Riza, „rasch zusammenzubringen“. Noch an demselben Nachmittage empfing sie den Besuch der schon öfter genannten Institutsvorsteherin. Terka hätte aus Freude über die unverhoffte Ehre beinahe „ihrer Gnädigen“ die Hand geküßt; doch besann sie sich noch zu rechter Zeit auf ihre Würde als reiche Bäuerin. Sie begnügte sich damit, der Gnädigen aufzutischen, was nur die reich gefüllte Vorrathskammer von passenden und auch unpassenden guten Dingen zu Hause liefern konnte, und füllte trotz des Widerspruchs der alten Dame das Kelchglas derselben bis zum Rande mit Zuckerstücken, ehe sie den Milchkaffee hineingoß. Beim Genuß des also bereiteten Getränks kam Sarosdy [1] dann mit ihrem Anliegen heraus.

„Meine Gute,“ begann sie, „ich komme um unserer lieben Riza willen, der ich eine große Ehre zugedacht habe. Sie wissen doch, liebe Frau, daß am nächsten Sonntage unsere Gewerbe-Ausstellung eröffnet wird. Ich habe das Terrain für die Ausstellungsgebäude hergegeben – Sie wissen, das Stück Land, das ich im Winter zur Vergrößerung des Institutgartens kaufte, und das noch wüst dalag. Nun, die Szegeder sind halt dankbar gewesen und haben in Anerkennung dieser ‚patriotischen That‘ mich zum Mitglied des Ausstellungs-Komités gemacht. Und gar so unklug haben sie damit nicht gehandelt; denn ich habe alle die Decken und Teppiche, welche meine Schülerinnen für die Prüfung gearbeitet haben, zusammengerafft, habe die guten Franziskaner dazu gebracht, daß sie ihre alten goldgestickten Meßgewänder hergeliehen haben, die nun der Ausstellung einen prächtigen historischen Hintergrund geben. Dann bin ich zu allen Kaufleuten gegangen und habe so lang geredet, bis sie sich aus Paris und Wien die schönste Luxus- und Industriewaare haben kommen lassen, habe dann die herrlichen Gewand- und Wäschestickereien unserer Serbinnen und die bemalten hölzernen Näpfe und Löffel, welche unsere Bauern fertigen, so hübsch weit ausgebreitet und so malerisch drapirt und geordnet, daß ich, als Alles fertig war, beinahe selbst geglaubt habe, wir hätten eine Industrie auszustellen.

Meinem Gemahl, dem Sarosdy ur, hat das Arrangement so gefallen, daß er zu dem Komité gesagt hat: ‚Meine Herren, nun fehlt uns halt nichts mehr als ein gekröntes Haupt; dann ist unsere Ausstellung denen von Paris und Wien bei weitem überlegen.‘

Das haben die Herren auch eingesehen und sich nach einem fürstlichen Gaste umgeschaut. Aber der König hat abgelehnt, und der Kronprinz ist auf Reisen. So hat mein Gemahl gesagt: ‚Kriegen wir keinen Fürsten von Geburt, so laden wir uns einen König des Geistes ein, meinen alten Freund Ferencz, den größten Virtuosen der Welt, das edelste Kind des glorreichen Ungarlandes, den Erderschütterer und Herzenssieger.‘ Der große Meister ist


„Halt, nicht so viel!“ 0 Nach dem Oelgemälde von G. Igler.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1886). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1886, Seite 757. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1886)_757.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)
  1. – Frau; ur – Herr.