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verschiedene: Die Gartenlaube (1886)

Die Anhänger der Feuerbestattung dürfen auf die letztverflossenen Jahre nicht ohne Befriedigung zurückblicken. Es ist ihnen zwar nicht gelungen, allgemein für die Frage zu interessiren, sie haben aber in einigen Ländern principielle Erfolge errungen. In England wurdcn die gesetzlichen Hindernisse für diese Art der Bestattung beseitigt, und vor zwei Jahren wurde in dem Londoner Crematorium zu Weking die erste Verbrennung eines menschlichen Leichnams vorgenommen. Auch in Frankreich wurde durch das Gesetz vom 30. März dieses Jahres die Feuerbestattung erlaubt, und der Bau der Verbrennnngsöfen geht in Paris der Vollendung entgegen. Die interessantesten Nachrichten erhalten wir jedoch in dieser Beziehung aus Südamerika. Wir lesen in einem Feuilleton Professor Reclam’s, des Verfechters der Feuerbestattung in Deutschland, welches derselbe in der Zeitschrift „Gesundheit“ veröffentlicht: Kaiser Dom Pedro von Brasilien habe ein Dekret erlassen, wonach die Leichen der am Gelben Fieber Verstorbenen verbrannt werden müssen, und in Buenos Ayres habe der Magistrat am 11. März dieses Jahres verordnet, daß alle Begräbnisstätten im Innern dieser Stadt geschlossen werden und die Leichen derjenigen Personen, welche an epidemischen, das heißt ansteckenden Krankheiten gestorben sind, durch Feuer eingeäschert werden müssen. Die neuesten wissenschaftlichen Forschungen über die Lebensdauer der Bakterien, der sichtbaren Erkrankungskeime, bilden in der That ein wichtiges Moment, welches zu Gunsten der Feuerbestattung spricht und ihr zu den letzten Erfolgen verholfen hat; denn diese Erkrankungskeime, welche in vielen Fällen bei der Begrabung der Leichen den Boden verunreinigen, werden durch die Feuerbestattung vollständig zerstört. *      

Aus der Biedermayerzeit. (Mit Illustration auf S. 801.) Ein Köpfchen aus Großmutters Jugendtagen; für unsere heutige Jugend sind es schon Urgroßmutters Jugendtage. Da ist der ungeheuerliche Hut, der gar keinen unvortheilhaften Hintergrund für solch ein Köpfchen gebildet haben mag, mit der Riesenschleife; da ist der Fächer, und der „Pompadour“, und der Tituskopf mit dem Lockengewirr. Aber Mädchenanmuth, wie sie uns aus dieser Beigabe entgegenblickt, ist eine Zeitlose. Der volle Sonnenschein liegt auf dem klaren Gesichtchen, und ein Gedanke wie Sonnenschein spricht hinter der lockenversteckten Stirn; die glänzenden Augen und der lächelnde Mund erzählen davon. Ein unschuldiger Gedanke! Es lohnt nicht, ihn zu kennen, aber es lohnt, seine Wirkungen zu sehen.

Ausbildung der Krankenpflegerinnen. Vielen unserer Leserinnen, welche früher bei uns anfragten, ob es Anstalten giebt, in welchen Frauen zu Krankenpflegerinnen systematisch ausgebildet werden, können wir heute die erfreuliche Nachricht bringen, daß ein solches dankeswerthes Unternehmen von dem Badischen Frauenverein zu Karlsruhe ins Leben gerufen worden ist. Die Schülerinnen erhalten in den Kursen theoretischen und praktischen Unterricht in Allem, was von einer Oberwärterin im Spital gefordert wird. Die Kurse schließen mit einer Prüfung ab, über welche ein Zeugniß ertheilt wird. Dasselbe gewährt zwar keinen Anspruch auf Verwendung im Dienst des Badischen Frauenvereins, wird aber wohl geeignet sein, die Bewerbung um Oberwärterinnenstellen im Allgemeinen zu erleichtern. Die Schülerinnen haben zunächst ein Honorar von 50 Mark zu zahlen und bei ihrer einige Wochen nach Beginn des Unterrichts erfolgten Einweisung in die Spitäler eine tägliche Gebühr von 3 Mark zu entrichten. Die letztere gilt zugleich als Vergütung für die im Spital gewährte Wohnung und Verköstigung. *      


Sprechsaal.


Maschinen im Hauhalt. Die Maschine, welche auf dem großen Arbeitsmarkte längst über die menschliche Hand den Sieg davongetragen hat, schickt sich in unserer Zeit an, auch in den einfachsten Haushalt ihren Einzug zu halten. Die Nähmaschine kann als die Vorkämpferin der neuen Wandlung gelten. Die Vortheile, welche sie uns gebracht, sind allgemein bekannt und werden heut zu Tage von Niemand bestritten.

Aber wie treffliche Dienste sie auch leisten mag, die höchste STufe der Vollkommenheit scheint sie noch nicht erreicht zu haben. Von Jahr zu Jahr wird sie verbessert, mit neuen Hilfsapparaten ausgestattet. Erst vor Kurzem hatten wir Gelegenheit, an dieser Stelle auf eine derartige Erfindung hinzuweisen: auf den trefflichen Knopflochapparat von Seidel und Naumann in Dresden, mit dessen Hilfe eine einzige Arbeiterin in einem Tage 1000 Knopflöcher zu nähen vermag.

Neuerdings hat diese Nähmaschinenfabrik eine Nähmaschine konstruiren lassen, welche mit einem Stopf- und Stickapparat in Verbindung gesetzt werden kann. Die Leistungsfähigkeit derselben ist eine wahrhaft überraschende. In kürzester Zeit vermag eine geübte Arbeiterin mit diesem Apparat Buchstaben, Arabesken etc. zu sticken oder auch schadhafte Stellen in der Wäsche in sauberster Weise zu stopfen. Der Apparat stellt in dem schadhaften in einem Rahmen eingespannten Wäschestück ein vollständig neues Gewebe her, welches nach dem Waschen und Plätten kaum von den ursprünglichen Gewebslagen zu unterscheiden ist.

Der Apparat ist als ein kleiner Triumph der Industrie zu betrachten.

Waschmaschine von G. C. Warnstorff.

Die anderen Maschinen für hauswirthschaftliche Zwecke erfreuen sich keineswegs einer so günstigen Aufnahme. Ihnen gegenüber sind die Meinungen noch getheilt. Namentlich die Waschmaschinen werden vielfach angefeindet; zum Theil aber mit Unrecht, da der Scharfsinn der Erfinder und Techniker die Uebelstände, welche bei den ersten Apparaten dieser Art sich bemerkbar machten, so gut wie gänzlich beseitigt hat. Unsere nebenstehende Abbildung veranschaulicht uns eine derartige praktische Waschmaschine, welche von der Firma G. C. Warnstorff in Leipzig-Lindenau in den Handel gebracht wurde. Auf einem starken Gestell ruht ein länglichrundes Gehäuse, welches innen mit Waschleisten ausgelegt ist. In diesem Gehäuse befindet sich eine gleichfalls mit Waschleisten besetzte rotirende Trommel, welche mit Hilfe des rechts sichtbaren Schwungrades in Bewegung gesetzt wird. Die Wäsche wird mit heißem Seifenwasser in das verschließbare Gehäuse gelegt. Darauf dreht man die Kurbel am Schwungrad abwechselnd nach rechts und links. Durch diese Bewegung der Waschleisten wird das Reiben der Wasche mit der Hand ersetzt und dabei so viel Arbeitskraft erspart, daß man eine bestimmte Menge Wäsche, zu deren Bewältigung mit der Hand eine Person mindestens einen ganzen Tag brauchen würde, in nur drei Stunden sauber waschen kann.

Heussi’s Brat- und Back-Apparat. Angebrannter Braten! Ein recht unangenehmes Wort für die Hausfrauen! Aufmerksamkeit und Uebung schützen uns zwar vor diesem Unglück, aber absolute Sicherheit wird durch diese Tugenden keineswegs geboten. Es scheint uns darum am Platze zu sein, unsere Leserinnen auf einen seit Kurzem in den Handel gebrachten Apparat aufmerksam zu machen, welcher in jede Küchenmaschine eingeschoben, auf jeden offenen Herd gestellt werden kann und in welchem der Braten braun und knusprig wird, ohne jemals anzubrennen. Der Brat- und Back-Apparat der Firma P. Heussi in Leipzig besitzt diese Vorzüge, und da sein Preis ein verhältnißmäßig billiger ist, so verdient er gewiß die allerweiteste Verbreitung. Der Apparat kann auch zum Kuchenbacken benutzt werden; seine Handhabung ist in beiden Fällen äußerst einfach. –


Inhalt: Die Insel der Seligen. Von Helene Pichler, S. 789. – Pflege des Gehörs. Von Dr. Joh. Hermann Baas (Worms). Schluß. Mit Abbildung. S 792 – Ein Friedhof ohne Gleichen und vierzig auferstandene Könige. Von Georg Ebers (Fortsetzung). S. 794. Mit Illustrationen S. 795, 796 und 797. – Der neue Direktor der Münchener Akademie. Von Dr. Adalbert Svoboda. S. 798. Mit Portrait S. 789. – Sankt Michael. Roman von E. Werner (Fortsetzung). S. 798. – Hingerichtete und bestrafte Thiere. S. 802. – Blätter und Blüthen: Das Berliner Hoftheater. S. 803. – Ein Volk von Zwergen in Südafrika. S. 803. – Der Kronprinz des Deutschen Reiches und seine Jagdgesellschaft. Von Hermann Heiberg. S. 803. Mit Illustration S. 793. – Die Anhänger der Feuerbestattung. S. 804. – Aus der Biedermayerzeit. S. 804. Mit Illustration S. 801. – Ausbildung der Krankenpflegerinnen. S. 804. – Sprechsaal: Maschinen im Haushalt. Mit Abbildung S. 804. – Heussi’s Brat- und Back-Apparat. S. 804.



In unserem Verlage ist erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben:

„Gartenlaube-Kalender“

für das Jahr 1887.
Mit zahlreichen Illustrationen.
Elegant gebunden Preis 1 Mark.

Der Kalender bringt neben einem ausführlichen Kalendarium, verbunden mit Haus-, Garten- und landwirthschaftlichen Notizen und einem Jagdkalender, zahlreiche praktische Nachweise und Tabellen, populär-wissenschaftliche, belehrende und unterhaltende Artikel, besonders auch gute Erzählungen, Humoresken, Gedichte und eine Menge vorzüglicher Illustrationen.

Leipzig. Ernst Keil’s Nachfolger. 



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1886). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1886, Seite 804. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1886)_804.jpg&oldid=- (Version vom 22.12.2022)