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Verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

Das war auch bei dem letzten Distanceritt der Fall. Jedem Officier stand nur ein Pferd zur Verfügung, dessen Wartung er außerdem den Tag über selbst übernehmen mußte. Von dem Garnisonsorte Rathenow begaben sich die Reiter zunächst nach Bitterfeld, welches den Anfangspunkt der Uebung bildete; sie sollten über Merseburg, Naumburg, Rudolstadt, Koburg, Bamberg, Nürnberg und Weißenburg die Donau erreichen und von hier bis nach Würzburg vordringen. Viele von den Officieren mußten außerdem laut der besonderen ihnen von dem Kommandeur gestellten Aufgaben noch größere Strecken zurücklegen. Aber die Probe fiel trotz der meist herrschenden Hitze und trotz des oft schwierigen gebirgigen Terrains glänzend aus.

In den ersten sieben Tagen bis zur Donau wurden durchschnittlich 80 und 87,5 Kilometer geritten. Von den Reitern hatte ein Theil, der Aufgabe entsprechend, in 13 Tagen 880, ein anderer etwa 835 Kilometer zurückgelegt; der stärkste Ritt war 122 Kilometer an einem Tage, und was die Hauptsache ist, Reiter und Pferde befanden sich nach den forcirten Märschen wohl.

Die Skizze zu unserem Bilde, welches die einzelnen Theilnehmer in photographischer Treue wiedergiebt, hat der königlich sächsische Hauptmann d. L. und Bezirksofficier Lucius entworfen und das hineinzulegen verstanden, was in Wirklichkeit darin liegt – frischen, schneidigen Reitergeist. Die Officiere sind, wie das Bild selbst zeigt, gerade vereinigt, und ein jeder ist sich der schweren Aufgabe bewußt, die er jetzt von Neuem von seinem Kommandeur erhält.

Die herzliche Aufnahme, welche die Zietenhusaren in Süddeutschland nicht allein von kameradschaftlicher Seite gefunden, das lebhafte Interesse und die warme Sympathie, welche die Landbevölkerung bekundete, wurden aufrichtig dankbar empfunden.

Auf Besuch beim Großvater. (Mit Illustration S. 681.) Ein Genrebild aus dem Leben des Hochgebirges, welches den Nimbus des Romantischen trägt trotz aller Alpengesellschaften und Zahnradbahnen. Ein Blick durch die weite Fensteröffnung zeigt, daß die Hütte an einem von steilen Felswänden umgebenen See liegt. Wo sich aber Gebirge mit Wildstand finden und ein See, in welchem Fische schwimmen, da kann ein Bursch, wie der Großvater einer gewesen sein muß, nimmer leben, ohne Büchse und Angelzeug rüstig zu gebrauchen. Er ist denn auch in der That ein zweiter Colani geworden, wie ihn Lenz seligen Andenkens kaum besser zu seinem prächtigen Gemsjägertypus hätte finden können. Gar manches Ungewitter ist über dem grauen, wetterharten Kopfe hinweg gebraust; aber das Jagen und das Fischen wird heute noch betrieben wie zur Zeit, da Rosel hold verschämt ihm das Edelweiß auf den Hut steckte. Auch sein fröhliches Herz hat er behalten und das alte Sprichwort vom „Jagen, Fischen und Vogelstellen etc.“ wird an ihm zu Schanden; denn erstens blieb er kein Junggesell, wie der blühende Nachwuchs bezeugt, und eben so wenig ist er „verdorben“, wie seine Frische und Gesundheit beweist.

Aber etwas ruhiger fließt das einst so stürmische Blut und nicht mehr wartet er im kalten Frühjahre lange Nachtstunden zwischen Schnee und Eis, daß ihm ein Stück Wild vor dem Büchsenlauf komme; auch treibt er sich nicht mehr Nächte lang auf dem Tanzboden umher. Sein Rosel schlummert längst; aber er wird wieder jung mit den Kleinen, welche die Züge der Großmutter tragen. Besonders das Eine, das Nesthäkchen, ist ein gar lieb Dingelchen. Das weiß auch Karo, der melancholisch dreinschauende Hühnerhund, der sich die Vervollständigung seiner Dressur willig gefallen läßt: sind es doch die Lieblinge seines Herrn, welche ihm die schwere Kunst des Pfeifehaltens beibringen wollen. Aber die glücklichen Gesichtchen der Kinder lassen ihn selbst das Unwürdige geduldig ertragen; er wird nachher seine Schlappohren schütteln und mit dem Geschwisterkleeblatt um die Wette laufen und springen. Dächsel steht bescheiden und scheint offenbar nicht zu begreifen, warum man mit seinem Freunde Karo solche merkwürdigen Proceduren vornimmt. Kinder und Hunde! Den reizenden sinnigen Humor, der im Verkehr dieser beiden zu Tage tritt, weiß Niemand besser zum Ausdruck zu bringen, als Adolf Eberle.

Lippert’s „Kulturgeschichte der Menschheit in ihrem organischen Aufbau“, auf deren Erscheinen wir bereits im Jahrgang 1886, S. 236 hingewiesen haben, liegt nunmehr vollständig vor. Was wir damals in Betreff der ersten Lieferungen gesagt haben, das gilt auch im vollsten Maße von dem gesammten Werke. Der Verfasser weiß jeden Gebildeten durch das Aufstellen neuer und durch die originelle Beleuchtung längst bekannter Fragen zum ernsten Nachdenken anzuregen und seine meisterhafte Darstellungsweise verdient um so mehr hervorgehoben zu werden, als durch dieselbe der schwierige Gegenstand auch dem allgemeinen Verständniß näher gerückt wird. *

Aerztliches Honorar auf Mallorca. Auf der diesjährigen Frühlingsreise, welche der Wiener „Wissenschaftliche Klub“ an die Nordküste von Afrika unternahm, besuchte die Gesellschaft auf der Rückfahrt auch die schöne spanische Hafenstadt Palma auf der größeren Balearen-Insel Mallorca. Bei einem Besuche des prächtigen Besitzthums Miramar erzählte der erlauchte Gastfreund, Erzherzog Ludwig Salvator, von der ganz aparten Honorirung der Hausärzte, wie sie in Palma üblich ist. Der Arzt findet zur bestimmten Vormittagsstunde in einem Gemache, in das er sich verfügt, ein Dejeuner aufgetragen, das er verspeist, ohne mit einem Mitgliede des betreffenden Hauses in Berührung zu kommen. Neben dem Gedeck findet er eine Peseta (ungefähr einen Franc), welche er als Honorar für den Besuch täglich einsteckt. Weder bei seinem Kommen, noch bei seinem Fortgehen aus dem Hause, wo er ärztlicher Berather ist, erhält er irgend Jemand der Familie zu Gesichte. Das geht so eine gewisse Zeit fort, bis der gute Medikus eines Tages bei seinem Frühstückskouvert kein Honorar, keine übliche Peseta vorfindet. Dann weiß er, daß ein Mitglied des Hauses seiner Hilfe bedarf, daß es einen Kranken in der Familie giebt. Sofort verfügt er sich dann in die Gemächer derselben, um den Leidenden einer Untersuchung zu unterziehen. Das Seltsamste bei dieser Art der Honorirung ist jedoch die Thatsache, daß der Arzt für die Zeit der Krankheit eines Familiengliedes und so lange die ärztliche Hilfe beansprucht werden muß, kein Silberstück, kein Honorar neben dem Frühstück findet. In Palma wird eben in den vornehmen Häusern dem Hausarzte nur für jene Zeit ein Honorar bezahlt, in der Niemand dessen ärztliche Hilfe in Anspruch nimmt. Vielleicht sind die Vornehmen in Palma weniger oft und weniger lange Zeit hindurch krank, als auf unserem Festlande.

Allerlei Kurzweil.
Skat-Aufgabe Nr. 14.
Von K. Buhle.

Die beiden ersten Stiche fallen so:

1. V. M. H.   2. H. V. M.
(tr. 9.) (tr. As) (tr. B.) (p. K.) (car. B.) (p. Z.)
und die beiden letzten Stiche so:
9. V. M. H. 10. V. M. H.
(car. D.) (p. As) (car. 8.) (car. 9.) (c. As) (c. 7.)

Der Spieler, welcher 80 Augen in seiner Karte hatte, verliert das Spiel und muß dafür 96 bezahlen, weil er im 8. Stich einen Fehler gemacht hat. Hätte er diesen Fehler nicht begangen, so würde er 25 Augen mehr hereinbekommen und nur die Hälfte zu bezahlen gehabt haben.[1]

Welcher von den Dreien ist der Spieler und was spielte er? Wie saßen die Karten und wie war der Gang des Spiels? Worin bestand der Fehler?

Auflösung der Skat-Aufgabe Nr. 13 auf S. 628.

Die Karten waren so vertheilt: Skat: g8, g7.

Mittelhand: eW, gW, rW, sW, gO, rO, r8, r7, sO, s7.
Hinterhand: g9, rD, rZ, rK, r9, sD, sZ, sK, s9, s8.

Der Gang des Spieles ist dieser:

1. e7, sW, sD. (−13)
2. sO, sK, eD, (+18)
3. e8, rW, rD. (−13)
4. rO, rK, eZ. (+17)
5. e9, gW, sZ. (−12)
6. s7, s9, eK (+4)
7. gD, gO, g9. (+14)
8. gZ, eW, rZ. (−22)

Die Hinterhand geht richtig im 2. und 4. Stich nur mit dem König auf, weil dies genügt, um eventuell den Spieler in die Mitte zu nehmen und weil sie hoffen kann, die Zehnen noch auf Trumpf wimmeln zu können. Spielt übrigens der Spieler schon im 3. oder 5. Stich das gD vor, so ändert dies, wie leicht zu sehen, am Resultat nichts. Auch wenn die Gegner ihre sämmtlichen Karten tauschen, geht das Spiel verloren, wenn der Gegner in Mittelhand, sobald der Spieler im 3. oder 5. Stich sofort gD anzieht und gZ nachbringt, auf die letztere eine Zehne wimmelt in der Erwartung, daß der Partner stechen kann.

Auflösung des Problems: „Die Burgruine“ auf S. 668.

Liest man (in der beim Lesen üblichen Weise der Reihe nach) zuerst die in lateinischer, dann die in deutscher Druckschrift und zuletzt die in verzierter Rundschrift verzeichneten Buchstaben von den Steinen ab, so erhält man die Worte: „Wo Menschen schweigen, werden Steine reden.“

Auflösung des Buchstaben-Räthsels auf Seite 668.
Badegast, Ladegast, Radegast.

Kleiner Briefkasten.

Langjähriger Abonnent in Berlin. Sie bezweifeln, daß ein Schutzmann in Berlin so viel Zeit erübrigen könnte, um sich litterarisch zu beschäftigen. Unsere Notiz auf S. 483 findet aber jetzt darin ihre Bestätigung, daß die betreffende Schrift jetzt im Buchhandel erschienen ist unter dem Titel: „Aus dem Notizbuch eines Berliner Schutzmanns“. Bilder aus dem Leben der Reichshauptstadt von Adolf Schulze (Leipzig, Karl Reißner). Der Verfasser ist noch gegenwärtig Berliner Schutzmann; seine Schilderungen betreffen Erlebnisse der eigenen Berufsthätigkeit. Sie werden Einiges, z. B. „Vierundzwanzig Stunden auf der Polizeiwache“, gewiß mit Interesse lesen und von Ihren Zweifeln gründlich geheilt sein.

Arthur B. in St. Petersburg. Die Thatsache, daß von Rußland aus eine recht bedeutende Einfuhr getrockneter Ameisenpuppen nach Deutschland her stattfindet und daß die Gesammtmasse derselben sich wohl auf mehrere tausend Pud à 161/4 Kilo beziffert, ist ja bekannt, und ich als Herausgeber der „Gefiederten Welt“ konnte sie am wenigsten übersehen. Leider sind die russischen Ameisenpuppen bis jetzt aber weder dazu ausreichend, noch geeignet, die deutschen zu ersetzen oder gar den Weißwurm überflüssig zu machen. Zur Beihilfe nehmen wir sie gern mit; für zarte kostbare Stubenvögel und eben solches junges Gefieder sind sie jedoch nicht brauchbar, weil sie mit viel zu geringer Sorgfalt gesammelt und getrocknet werden. Wenn sie in der wünschenswerthen Beschaffenheit geliefert werden könnten und dann eben so billig wie bisher blieben, so würden sie allerdings mit dem Weißwurm in eine höchst willkommene Konkurrenz treten. Dr. Karl Ruß.


Inhalt: Lisa’s Tagebuch. Von Klara Biller (Fortsetzung.) S. 668. – Mahnungen aus den Hochalpen. Von Heinrich Noé. S. 672. – Unsere Schulprüfungen. S. 676. – Der Unfried. Eine Hochlandsgeschichte von Ludwig Ganghofer (Fortsetzung). S. 678. – Der Raub in der Thierwelt. Charakterdarstellungen von Adolf und Karl Müller. II. Mit Illustrationen S. 683, 684 und 685. – General von Werder. Ein Nachruf von E. v. Wald-Zedtwitz. S. 685. Mit Portrait. S. 669. – Blätter und Blüthen: Goethe’s Minchen. S. 686. Mit Portrait S. 687. – Nach dem Mont Saint Michel. S. 687. Mit Illustration S. 673. – Der Ritt der Zietenhusaren zur Donau. S. 687. Mit Illustration S. 677. – Auf Besuch beim Großvater. S. 688. Mit Illustration S. 681. – Lippert’s „Kulturgeschichte der Menschheit in ihrem organischen Aufbau“. S. 688. – Aerztliches Honorar auf Mallorca. S. 688. – Allerlei Kurzweil: Skat-Aufgabe Nr. 14. Von K. Buhle. S. 688. – Auflösung der Skat-Aufgabe Nr. 13 auf S. 628. S. 688. – Auflösung des Problems „Die Burgruine“ auf S. 668. S. 688. – Auflösung des Buchstaben-Räthsels auf S. 668. S. 688. – Kleiner Briefkasten. S. 688.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
  1. Für die Werthberechnung gelten die Bestimmungen der deutschen Skatordnung.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1887). Leipzig: Ernst Keil, 1887, Seite 688. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1887)_688.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2023)