Seite:Die Gartenlaube (1887) 707.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

Der Großherzog von Hessen soll gewillt sein, das Bild, welches bisher in seinen Wohnräumen hing, von nun an im alten Schlosse zu Darmstadt dem allgemeinen Besuch zugänglich zu machen. Geschieht dies wirklich, so wird er damit den Dank Unzähliger ernten, welche herbeiströmen werden, dieses neu erstandene höchste Kleinod der deutschen Kunst zu sehen.

Norwegischer Wald. (Mit Illustration S. 692 und 693.) Norwegens Forsten haben sich den Charakter des Urwaldes in seiner ganzen Majestät bewahrt. Ueberall bildet der Granit den Untergrund für die dünne Humusschicht, welcher Norwegens Wälder entsprossen sind. Von jung auf führen darum die Bäume bereits einen harten Kampf ums Dasein. Ihre Wurzeln müssen Felsblöcke umklannern oder sich in enge Spalten senken: aber sie gewinnen dabei Kraft, und, gelingt es ihnen, die Unbilden ihrer Jugendzeit zu überwinden, so stehen sie endlich da als stämmige hochragende Gesellen, deren Aeste gleich den Armen eines Athleten sich trotzig und knorrig in die Luft strecken. Wo man es nicht für möglich halten sollte, oft an lothrechten Felswänden treiben die nordischen Fichten und Kiefern ihre Wurzeln.

Wenn die schaurigen Frühjahrs- und Herbststürme von den ungeheuren Gletscherfeldern niederstürzen über die weiten Hochfjelds in die waldbewachsenen Fjords und in die Schluchten, welche in diese münden: dann sieht es an manchen Stellen fast aus, als sei dort von Menschenhänden ein Verhau angelegt. Die von den entfesselten Elementen zu Boden geschleuderten Stämme strecken hoch ihre mächtigen Wurzeln empor und bilden im Verein mit den sie umwuchernden Farrnkräutern und Brombeerranken ein fast undurchdringliches Dickicht. Modernd ruhen die Kinder des Waldes im Moose; Niemand nimmt sich die Mühe, das gefallene Holz hinwegzuschaffen. Die rostrothe Rinde löst sich; gleich bleichendem Gebein tritt das weiße Holz hervor, bis auch dieses seine Farbe verliert, die in ein fahles Graublau übergeht: ein Zeichen, daß die Zeit ihr ewiges Zerstörungswerk auch hier bald vollbracht haben wird.

Es ist eine eigenthümlich düstere Landschaft, die uns in dem Bilde „Norwegischer Wald“ von Morten-Müller entgegentritt: der nordische Urwald mit seiner melancholischen Stille, mit all seinen charakteristischen Eigenthümlichkeiten, wie wir sie eben an uns vorüberziehen sahen. Inmitten der wilden Natur, der himmelragenden Baumriesen und am Boden liegenden Stämme, umkränzt von einem Schilfgürtel, träumt in abgeschiedener Stille ein Weiher, über dessen glatten Spiegel eben zwei Wasservögel hinstreichen. Kurz zuvor kreisten sie noch über den Wipfeln der Bäume; der Frieden des Orts hat sie herniedergelockt aus den luftigen Regionen. Sie wollen hier ausruhen von der langen Wanderung; sie sehen nicht den allbekannten Räuber, der – im Norden wie im Süden gleich beutegierig – auf den fetten Bissen im Riedgras des Ufers lauert.

Für den Naturfreund, der das interessante Bild betrachtet, bietet gerade die kleine Staffage, die Gestalt Meister Reinekes, eine angenehme, humoristische Abwechselung, geeignet, der melancholischen Stimmung des Ganzen ein Gegengewicht zu geben.

Vermißten-Liste (Fortsetzung aus Nr. 13 des laufenden Jahrgangs).

101) Der Müller Wilhelm Emil Reinhold Steingräber, am 4. April 1849 zu Arnswalde in der Neumark geboren, war zuletzt auf der Malzmühle bei Czarnikau thätig und hat seit December 1879 seine Verwandten ohne Nachricht gelassen; den letzten Brief hatte er sich nach Guben postlagernd senden lassen.

102) Gustav Adolf Gruber, 11. Januar 1859 zu Pöhl bei Plauen i. V. geboren, Sattler, verließ vor 7 Jahren Deutschland und durchwanderte Ungarn, Südfrankreich, die Schweiz und Italien, wo er in Venedig längere Zeit am Gallenfieber darniederlag. Seine letzte Nachricht sandte er aus Triest am 1. April 1880; er wollte nach Jerusalem wandern, ist dort aber nicht angelangt, und alle Nachforschungen, welche sein alter Vater angestellt, sind vergeblich geblieben.

103) Der Pharmaceut Paul Friedrich Schürmann, geboren in Gützow in Pomm. am 6. Febr. 1861, schiffte sich 1884 in Hamburg ein, um nach Amerika zu gehen. Am 21. Febr. dieses Jahres reiste er auf dem Dampfschiff „Rainbow“ nach London; von da ab fehlt jedoch jede Spur von ihm.

104) Eine tiefbetrübte Mutter sucht ihren Sohn. Derselbe, Wilhelm Dittmeier, geboren 20. November 1859 in Wittstock an der Dosse, Schlosser, reiste 1875 nach London und schrieb von dort zum letzten Male im Jahre 1877 an seine Mutter.

105) Der am 6. Februar 1851 in Gleiwitz geborene Kaufmann Joseph Friedenstein war in den siebziger Jahren in Wien in verschiedenen Geschäften thätig, zuletzt bei einer nicht mehr vorhandenen Firma Jacobowitz, und schrieb im Juni 1872 seinen Angehörigen, daß er auf Geschäftsreisen gehe. Seit der Zeit schien er jedoch spurlos verschwunden, bis in jüngster Zeit Nachrichten eingingen, daß er vor Jahren in Serbien gewesen sei.

106) Wilhelm Jochim Heinrich Petersen, Lehrer, geboren 12. März 1844 in Wahlstorf in Holstein, wanderte nach Amerika aus und schrieb zum letzten Male am 6. April 1872 aus St. Louis nach Hause. In den Jahren 1870 und 1871 hielt er sich in Clinton in Iowa auf. Sein alter Vater bittet dringend um Nachrichten über den Verbleib seines Sohnes.

107) Die Balletttänzerinnen Johanna Maria Emma Appel, geboren 20. Januar 1839 in Braunschweig, und Konradine Elisabeth, genannt Ella, Appel, geboren 11. Januar 1847 zu Kassel, Schwestern, waren in Begleitung ihrer Mutter von 1856 bis 1861 beim Hoftheater in Hannover, dann in Hamburg und an verschiedenen anderen Bühnen beschäftigt. Im Jahre 1867 waren sie in Itzehoe und sind seit der Zeit für ihren Bruder verschollen, der um ein Lebenszeichen von ihnen bittet.

108) Der Cigarrenmacher, spätere Seemann Robert Ernst Konstantin Lisse, geboren 28. März 1852 in Breslau, wanderte 1868 nach Hamburg, um von dort aus zur See zu gehen. Er schrieb zuletzt aus Hull am 28. Oktober 1873, daß er sich nach dem Mittelländischen Meere begeben und Spanien, Portugal und die Türkei durchreisen wolle. Seit der Zeit ist keine Nachricht mehr an den 64 Jahre alten Vater gelangt.

109) Von den schmerzerfüllten Eltern wird gesucht August Karl Müller, Sohn des Polizeisergeanten K. Müller in Zeitz, geboren 2. Juni 1867 in Torgau. Er stand beim Schlossermeister Reyher in Teuchern in der Lehre und war Ostern 1883 bei seinen Eltern zum Besuch. Seit seiner Abreise ist er spurlos verschwunden. Er hatte auf der linken Wange eine runde Narbe, ebenso an der linken Nasenseite, dem Auge zu; beide Narben rühren von einem Hundebiß her.

110) Seit 1879 ist der Kutscher Eduard Tanzer, geboren 31. December 1849 in Wien, verschollen. Seinem Bruder theilte er beim Abschiede mit, daß er sich der Fischer’schen (?) Expedition nach Afrika anzuschließen gedenke, während er der Schwester sagte, daß er nach Indien gehen wolle.

111) Der Maschinenschlosser Friedrich Groß, in Mainz am 5. März 1852 geboren, schrieb zum letzten Male am 4. Juni 1879 aus Wilhelmshaven an seinen Vater, der seit dieser Zeit nichts mehr über den Verbleib seines Sohnes in Erfahrung bringen konnte.

112) Spurlos verschwunden ist am 2. Mai 1885 in Hamburg, wo er sich mit seiner Frau aufhielt, der Barbier und Friseur Gustav Albert Teschke, geboren 5. Januar 1850 in Graudenz.

113) Eine gänzlich alleinstehende, fünfundsiebzigjährige Mutter hat den dringenden Herzenswunsch, den Aufenthaltsort ihrer einzigen Tochter zu erfahren, welche sie vor 24 Jahren zum letzten Male gesehen und gesprochen hat. Die Gesuchte heißt Anna Therese Liebert, ist am 19. Mai 1842 in Merseburg geboren, war Köchin und ist von Dresden am 4. November 1865 nach St. Petersburg abgemeldet. Ihr letzter Brief vom Jahre 1875, den sie an ihre Verwandten schrieb, ist von diesen leider verlegt, ohne daß der Aufgabe-Ort festgestellt wurde.

114) Der Gärtner Peter Elley Möller, in Roeskilde in Dänemark am 20. Juli 1840 geboren, ist seit seinem letzten Briefe, welcher aus Wellington auf Neu-Seeland vom 19. August 1873 datirt ist, spurlos verschwunden.

115) Der Kaufmann Johannes Karl Nikolaus Laackmann, geboren den 15. December 1851 zu Brunsbüttel, ging 1869 nach Manila und hat seit 1877, wo ein Brief aus Watsunville (Australien) von ihm bei seinen Verwandten eintraf, nichts mehr von sich hören lassen.

116) Heinrich Ludwig Friedrich Wagner, Weißbäcker, geboren 16. August 1862 in Hermannstadt, ging am 2. April 1880 in die Fremde und sandte aus Basel am 6. September 1880 dem Vater seinen letzten Brief. Dem Vernehmen nach soll er in Paris sein; doch blieben die Nachforschungen über seinen Aufenthalt daselbst ohne Erfolg.

117) Gewißheit über das Schicksal ihres Ehemannes sucht eine tiefgebeugte Frau auf diesem Wege zu erlangen, nachdem alle andern ihr zu Gebote stehenden diesbezüglichen Hilfsmittel erschöpft sind. Der praktische Arzt Dr. Friedrich Ludwig Heinrich Hermann Grapengießer, am 21. September 1845 in Schwerin geboren, war in Folge eines durch die Beschwerden des Feldzugs 1870/71 hervorgerufenen Herzleidens genöthigt, seine Landpraxis aufzugeben, und machte als Arzt mehrere Reisen nach Afrika, Amerika und Australien. Bis 1881 schrieb er regelmäßig an seine Frau; vom März des genannten Jahres ab lief jedoch keine Nachricht mehr ein, und ein Brief, welchen seine Frau an seine Bremer Adresse „Wall 119“ sandte, kam als unbestellbar mit dem Vermerk „Verstorben“ zurück. Nachforschungen bei der Polizeidirektion in Bremen ergaben, daß Dr. Friedrich Grapengießer im Juni 1881 in Stuttgart verstorben sein solle; die Polizeidirektion in Stuttgart jedoch weiß von diesem Todesfall nichts – und so ist die Frau des Verschollenen bis heute noch in folternder Ungewißheit über das Schicksal ihres Mannes.

118) Der Landwirth Eduard August Werner, in Königsberg i. Pr. am 27. Juli 1849 geboren, wanderte 1878 nach Afrika aus, arbeitete, nach einem Briefe vom Mai 1879, als Bäcker in Builfontein bei einem Herrn Hesse, ging nach Jahresfrist von dort nach Leidenburg in Transvaal und schrieb 1880, daß er sich nach den Goldfeldern von Transvaal begeben wolle. Von da ab fehlt jede Nachricht über ihn.

119) Friedrich Karl Hecht, geboren den 20. Juli 1853 zu Gehofen bei Sangerhausen, Seilergehilfe, wurde 1873 zum Militär einberufen und diente beim königl. Chevauxlegers-Regiment zu Neu-Ulm beziehentlich Augsburg bis 1876. Nach seiner Entlassung ging er nach Teisendorf als Seilergehilfe, wo er bis Anfang 1879 blieb; dann ging er nach Waging bei Traunstein in Oberbayern und ist seit März 1879 spurlos verschwunden.

120) Der am 23. Juli 1862 in Ilgezeem[WS 1] bei Riga geborene Bäcker Alfred Ferdinand Heinrich Aldenrath wanderte am 18. Juli 1882 nach Amerika aus und schrieb zum letzten Male an seine Angehörigen im Juli 1884 von Teutonia in Brasilien, Rio Grande do Sul, wo er bei dem Bäckermeister Friedrich Landmeyer in Arbeit stand.

121) Albert Alder, am 1. Sept. 1862 zu Herisau in der Schweiz geboren, wanderte am 7. September 1882 nach Montevideo aus, wo er als Zuckerbäcker Arbeit finden sollte. Durch Vermittelung des schweizerischen Konsulats in Valparaiso gelangte ein Brief vom 15. April 1883 an seine Mutter; seit dieser Zeit hat er jedoch kein Lebenszeichen mehr von sich gegeben.

122) Die Wittwe Elise Leopoldine Sophie Kratz, geborene Wadenpfuhl, im Februar 1831 in Hermeskeil geboren, hielt sich als Gesellschafterin in verschiedenen größeren Städten des Auslandes auf und schrieb zum letzten Male an ihre Anverwandten am 8. Juli 1873 von Paris aus.

123) Otto Hermann Heydler, 23. Juli 1842 in Schandau geboren, von Hause aus Zeichner, ist, seitdem er am 31. Januar 1880 aus dem Krankenhause in Bischofswerda in Sachsen als geheilt entlassen wurde, spurlos verschwunden.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Iļģuciems; Vorlage: Ilgezen
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1887). Leipzig: Ernst Keil, 1887, Seite 707. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1887)_707.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2023)