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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888)

Wurzelgemüse wie Spinat so lange kochen lassen, bis die Bestandtheile völlig weich sind. Ein Zusatz von etwas Zucker mildert das Bittere, das bei älteren Pflanzen bisweilen etwas zu stark hervortritt. In Frankreich bildet der Löwenzahn bei Arm und Reich in jeder Form ein außerordentlich beliebtes Gericht, und es ist in der That unbegreiflich, weßhalb dies nicht auch in Deutschland der Fall ist. Bei dem überaus häufigen Vorkommen der Pflanze und ihrer bedeutenden Vermehrungsfähigkeit kostet dieselbe nichts weiter, als die Mühe des Einsammelns, was mit Leichtigkeit von Kindern besorgt werden kann; das Nahrungsmittel ist also billiger als jedes andere, selbst als die Kartoffel, besitzt aber zweifellos einen weit höheren Nährwerth als diese. Daß die gelbe Blume vom zeitigen Frühjahre bis in den Spätherbst hinein gefunden wird, ist bekannt.

Ueber Kindergesellschaften. Aus Berlin laufen Klagen ein betreffs der überhandnehmenden Unsitte der großartigen Kindergesellschaften, die schon ganz nach dem Maß der Gesellschaften der Erwachsenen zugeschnitten sind. Es geht dabei der Reiz verloren, welcher der harmlos fröhlichen Zusammenkunft der Kleinen sonst eigen zu sein pflegt und der eine gewisse Bedürfnißlosigkeit oder wenigstens die Zufriedenheit mit einer einfachen Bewirthung voraussetzt. Jetzt geht es in der Regel nicht ab ohne mehrere Gänge, ganz wie bei den großen Herren und Damen, und die junge Welt leert das Glas Bowle mit derselben Grazie wie jene. Die Reichen wollen auch hierin zeigen, welchen Luxus ihre Mittel ihnen erlauben, und die Andern besitzen den falschen Ehrgeiz, es ihnen gleichzuthun. Auch mit den gegenseitigen Beschenkungen wird jetzt ein solcher Luxus betrieben.

Und was sind die Folgen dieser schon die Kindheit in ihr Bereich ziehenden gesellschaftlichen Mißstände? Die Unbefangenheit des zarteren Lebensalters geht verloren; unausbleiblich sind die Verhandlungen der Eltern über die Kosten der Kinderfeste und Geburtstagsgeschenke, auch die Klagen der minder Begüterten. Die Kinder lernen allzufrüh den Unterschied der Vermögensverhältnisse kennen; die einen werden stolz und übermüthig, die andern neidisch und verbittert, und bald beginnt wie Ironie des Dichters Vers zu klingen:

„Spiele, liebliche Jugend! Noch ist Arkadien um Dich –“

Das Arkadien verschwindet aus den Spielen der Jugend, sobald die Geldfrage eine Rolle spielt.

Auch gegen die üblichen Kinderbälle läßt sich viel einwenden: hier liegt ebenfalls eine Nachahmung der Erwachsenen zu Grunde – und darunter leidet der originelle Reiz des kindlichen Lebensalters, das sich von jeder Aefferei freihalten muß. Lieber etwas lärmendes Spiel voll Heiterkeit und Lebenslust und dazu eine belegte Butterschnitte und ein Glas leichtes Bier, als das verzierte Wesen bei einem pomphaften Souper, welches nur der Küche und dem Geldbeutel der Gastgeber Ehre machen soll. †      

Automat. Unter diesem Namen wurde neuerdings eine Erfindung

auf den Markt gebracht, die bestimmt ist, einer Reihe kleiner Uebelstände im täglichen Leben abzuhelfen. Der „Automat“ von J. Wolff in Stettin bietet einen willkommenen Ersatz für alle bisher gefertigten Packethalter und eignet sich vorzüglich zum Einschnallen von Plaids, Schulbüchern etc. Durch einen einzigen Griff kann man ihn öffnen oder schließen, und vor den bis jetzt bekannten Schnallvorrichtungen hat er außerdem den Vorzug, daß sein Schloß aus Metall gefertigt ist und sich nicht so leicht abnutzen kann. Die nebenstehende Abbildung erläutert den Gebrauch desselben. Wie geringfügig auch der „Automat“ auf den ersten Blick erscheinen mag, so verdient er doch eine Erwähnung; denn man muß ja auch den kleinen Erfindern, die uns das Leben angenehm machen wollen, gerecht werden. *      

Ein amerikanischer Sonderling. Es ist gewiß eine Marotte, Stockfisch vorzugsweise zu essen, weil er die beste Nahrung für das Gehirn biete. Ein alter reicher Herr in Chicago, Namens Hill, vertritt in Theorie und Praxis diese Anschauung über den Nahrungswerth jenes Fisches; er hat außerdem noch allerlei originelle, harmlose Sonderbarkeiten, über welche die andern Sterblichen vielleicht lächelnd die Achseln zucken. Doch eine seiner „fixen Ideen“ verdient keineswegs belächelt oder leichthin aufgenommen zu werden; Herr Hill verlangt, daß jeder Arbeiter sein eigenes Haus haben müsse, und da er über drei Millionen Dollars verfügt, so konnte er seine Idee schon selbst verwirklichen, indem er zweitausend Familien eine derartige Heimath verschaffte, Land in den Vorstädten kaufte, Häuser auf den Grundstücken errichtete und sie den Arbeitern auf Abzahlung überläßt, und zwar oft ohne jede Anzahlung. Solche fixen Ideen kann man sich gefallen lassen; sie führen zu reformatorischen Thaten, und der Sonderling von Chicago wird die Zustimmung zahlreicher Arbeiterfreunde und Socialreformer zu seiner „Marotte“ und der hochverdienstlichen Ausführung derselben finden. †      

Eine Jagdantike. Im Jahre 1688, also gerade vor zweihundert Jahren, erschien in Berlin eine Verordnung, welche bestimmte, wer sich an den damals noch sehr häufigen Wolfsjagden betheiligen mußte und wer davon befreit war. Von dem „Lauffen in die Wolffsjagd“, wie es in dem Edikte hieß, waren nur befreit: regierende Bürgermeister, Richter, Geistliche, Accisebeamte, Salzfaktoren, Schulmeister, Land- und Postbereiter, Stadtphysici, kranke Frauen und Hebammen; alle übrigen Stände hatten sich dem Leiter der Jagd zur Verfügung zu stellen. Die Wölfe, welche zu jener Zeit noch sehr häufig waren, nahmen aber durch die energischen Nachstellungen mit jedem Jahre ab, so daß diese lästige Verordnung im Jahre 1734 wesentlich gemildert werden konnte, indem bestimmt wurde, „daß nur für jedes Gezeug 130 Leute kommandirt werden, weil das genug sei, und nur eitel tüchtige Mannspersonen“. Diese Wolfsjagden erstreckten sich oft über einen sehr großen Raum und dauerten nicht selten mehrere Tage, während welcher die Theilnehmer ihrer sonstigen bürgerlichen Beschäftigung entzogen wurden; die Nächte brachten die Leute an großen Wachtfeuern zu, von denen zuweilen eine ganze Anzahl brannten, so daß man sich in ein kriegerisches Feldlager versetzt glaubte. Erst Friedrich der Große hob diese Zwangsbetheiligung der Bürger an den Jagden auf, die allseitig als eine große Last empfunden wurde, mit dem Verschwinden der Wölfe aber von selbst hinfällig geworden wäre.

Schach-Aufgabe Nr. 2.
Von Otto Fuß in Hannover.

Weiß zieht an und setzt mit dem dritten Zuge matt.


Auflösung der Schach-Aufgabe Nr. 1 auf S. 20:
Weiß: Schwarz: Weiß: Schwarz:
1. L d 4 — e 5 e 6 — d 5: 1. . . . . K e 4 — f 5
2. D g 3 — e 1 † K e 4 — f 5 2. S d 5 — e 7 † K f 5 — e 4
3. L b 5 — d 7 matt. 3. D g 3 — e 1 matt.
1. . . . . . d 6 — e 5 : 1. . . . . K e 4 — d 5 :
2. S d 5 — f 6 † beliebig. L e 5 — d 6 : beliebig.
3. D g 3 — f 2 matt. 3. D g 3 — e 5 matt.
Auf 1. . . . . L b 1 und b 4 — b 3 folgt 2. L d 6: etc.; sonstige Läuferzüge werden mit 2. S f 6 † etc. erledigt. Auf 1. . . . . g 4 folgt 2. L d 6: oder D f 4 † etc. — Diese reizende Komposition des Altmeisters Berger dürfte wohl allseitigen Beifall gefunden haben!

Auflösung des Bilder-Räthsels auf S. 36:
„Die Wage gleicht der großen Welt:
Das Leichte steigt, das Schwere fällt.“



Kleiner Briefkasten.

(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)

Langjähriger Abonnent in U. Im Jahrgang 1883 der „Gartenlaube“ finden Sie den Artikel „Nur ein Versuch!“, der Sie in Ihrem Vorhaben, den Seidenbau zu versuchen, nur bestärken wird. Im Uebrigen können Sie auf Grund eines Artikels den Seidenbau nicht einrichten; Artikel können nur Anregung geben. Verschaffen Sie sich das ausgezeichnete Werkchen: „Der Seidenbau als Nebengewerbe, eine Quelle des Wohlstandes und Nationalreichthums“ von Ed. Brinckmeier (A. Schröter, Ilmenau), und Sie werden uns für unseren Rath Dank wissen.

C. in W. Die vortheilhafteste Geschwindigkeit der Luft zum Antrieb eines Windrades beträgt 7 Meter für die Sekunde. Warum in Norddeutschland mehr Windmühlen etc. als in Süddeutschland anzutreffen sind, erklärt sich durch den Umstand, daß im Binnenlande jährlich nur 150 Tage mit vortheilhafter Windgeschwindigkeit, sogenannte „Windtage“, vorkommen, während die Zahl derselben an der Nordseeküste auf 250 bis 280 anwächst.

A. F. in San Paulo. Wir haben vor Kurzem deutsche Gouvernanten vor der Auswanderung gewarnt: Sie warnen dieselben besonders vor der Auswanderung nach San Paulo in Brasilien; das hohe Gehalt soll Niemand verlocken, da dort alles enorm theuer ist. Namentlich haben es die Erzieherinnen auf den Pflanzungen schlecht: sie sind abgeschnitten von aller Welt und der Willkür der Pflanzer preisgegeben, die sie bisweilen durch Hunger zum Gehorsam zu zwingen suchen.

A. W. in B. Als ein schönes Buch für das zartere Kindesalter empfehlen wir Ihnen „Aus der Jugendzeit“ von Franz Dittmar (Leipzig, E. Twietmeyer), dessen werthvolle Bilder und Verse Ihnen gewiß zusagen werden.

H. R. in Stettin. Sie erkundigen sich nach Liedern, die sich zum Pianoforte singen lassen? Ihren Ansprüchen wird wohl am besten das bei Breitkopf und Härtel in Leipzig erschienene „Deutsche Liederbuch mit leichter Klavierbegleitung“ genügen, welches 200 alte und neue, ernste und launige Volkslieder enthält.

B. G. in Kiel. Wir haben über die Leistungen der von Gustav Thoelde im Jahre 1868 in Berlin begründeten Asyle für Obdachlose in Nr. 49 vorigen Jahrgangs einen durchaus sympathischen Artikel gebracht; nur war darin die Frequenz der Asyle zu gering angegeben. In den verflossen 17 Jahren haben die Asyle 1 712 479 Personen besucht.

A. B. in Zwickau. Lesen Sie gefl. die Biographie W. Heimburg’s im Jahrgang 1884 der „Gartenlaube“, S. 648.


Inhalt: [dieses Hefts, zur Zeit hier nicht dargestellt.]


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_052.jpg&oldid=- (Version vom 11.1.2024)