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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888)

Welchen Inhalt diese Briefe gehabt, geht aus der in der Vorrede der Denkwürdigkeiten mitgeteilten Eingabe des Herausgebers an Kaiser Wilhelm vom 11. November 1878 hervor, worin die Entscheidung desselben darüber eingeholt wurde, ob das ihm eingereichte Schriftstück über die Beziehungen des Kaisers zur Familie Radziwill dereinst veröffentlicht werden dürfe, wenn der Kaiser nicht mehr hienieden sein werde.

„Was Ew. Majestät aber auch beschließen werden,“ heißt es in der Anfrage, „ich bin stolz, daß ich vor so vielen in das Herz meines Königs diesen Blick thun durfte! Möchte ich nur Ew. Majestät mit der Erinnerung eine, wenn auch vielleicht wehmütige Freude bereitet haben.“

Schmückung zur Trauung.
Originalzeichnung von H. Lüders.

Die aufmerksame Durchsicht des vom Kaiser sofort und ganz mit großem Interesse gelesenen Manuskripts rief nach der durch Hofrath Schneider erteilten Antwort das Bedenken des Kaisers wach, ob die Veröffentlichung der Briefe desselben, welche die intimsten und zartesten Verhältnisse einer dem königlichen Hause so nahe stehenden und befreundeten fürstlichen Familie berührten, auch wohl nur als Zugabe zu dem Lebensbilde eines Anderen geraten sei.

Von der Veröffentlichung dieser Briefe mußte hiernach abgesehen werden. In den Denkwürdigkeiten wird daher die Bemerkung über das Verhältniß des Prinzen Wilhelm zur Prinzessin Elise Radziwill mit den Worten geschlossen:

„Wir müssen uns leider darauf beschränken, auszusprechen, daß der noch so jugendliche Prinz auch hierin den Weg der Pflicht zu gehen wußte.“ –

Prinz Wilhelm mußte den Traum seiner Jugendliebe den höheren Rücksichten der Hof- und Staatspolitik opfern. Daß dies nicht ohne lange und schwere innere Kämpfe geschah und ihm der Aufenthalt in Berlin in jenen Jahren häufig peinlich und drückend war, geht aus zahlreichen Aeußerungen an Natzmer hervor. Diesen hatte der aus Anlaß der Revolution im Königreich Neapel am 20. Oktober1820 in Troppau zusammenberufene europäische Kongreß als Begleiter des Kronprinzen nach dort geführt; später machte er als preußischer Militärbevollmächtigter bei den gegen Neapel operirenden österreichischen Truppen den Feldzug mit. Damals, am 19. Dezember 1820 schrieb ihm Prinz Wilhelm:

„Ich wollte, ich wäre an Ihrer Stelle und könnte fort nach Italien.“ Und am 3. Februar 1821: „Wenn Sie Roma superba passiren und in dem herrlichen Italien Luft und Landschaft in vollen Zügen genießen, so denken Sie zuweilen desjenigen, der gern jetzt weit von Berlin wäre.“ Ferner am 26. Mai 1821: „Wenngleich in kriegerischer Hinsicht bei dem Feldzuge nicht viel zu profitiren war, so haben Sie doch ein herrliches Land kennen gelernt und das kriegerische Leben und Treiben wieder gekostet, was beneidenswerth genug, besonders für jemand, dem Kopf und Herz zerspringen möchte!“

Es gab indeß ein Vergessen des Jugendtraumes, und in einem neuen dauernden Glücke fand der Prinz den lange schmerzlich entbehrten Seelenfrieden wieder.

Nachdem der Kronprinz seit dem 29. November 1823 mit der Prinzessin Elisabeth von Bayern in kinderloser Ehe vermählt war und im Winter von 1826 zu 1827 die Verlobung des jüngeren Bruders, des Prinzen Karl, mit der Prinzessin Maria von Sachsen-Weimar erfolgte, drängte man seitens des Hofes immer stärker darauf, daß auch Prinz Wilhelm endlich seine Wahl unter den Töchtern eines regierenden Hauses treffe. Fiel ihm aus den angedeuteten Gründen der Entschluß hierzu auch anfänglich recht schwer, so unterwarf er sich doch dem Wunsche des Königs, der wohl in diesem Winter bereits die Möglichkeit einer Doppelverbindung seines Hauses mit dem von Weimar in Rechnung zog.

Der Prinz hatte deshalb dem befreundeten Hofe damals bereits einen Besuch abgestattet, über welchen er seinem oft genannten Vertrauten unter dem 21. Dezember 1826 berichtet: „In Weimar habe ich eine sehr angenehme Zeit verlebt, obgleich

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_207.jpg&oldid=- (Version vom 24.3.2018)