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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888)


Das ist in kurzen Worten zusammengefaßt der ganze Prozeß, den der Amateur erlernen muß. Freilich hat jede der einzelnen Manipulationen ihre Klippen, aber sie sind nicht unüberwindlich; durch Fehler, die eingesehen und später vermieden werden, wird aus dem Schüler ein Meister.

Aber die Lösungen, die Schalen, das ganze Laboratorium, die sind nicht so leicht zusammenzustellen und beanspruchen wohl viel Raum, denkt vielleicht der Neuling. Durchaus nicht - ein Laboratorium, wie es der Amateur braucht, läßt sich in einem kleinen Kasten unterbringen, der die Größe eines Handkoffers besitzt. Das „tragbare Laboratorium“ kann man sehr gut auf Reisen mitführen; es ist nicht schwer und überall leicht unterzubringen.

Mit Hilfe des oben erwähnten Apparates, des Laboratoriums und der trefflichen kurzen Anleitung zur Herstellung von Photographien von Ludwig David haben viele in wenigen Sitzungen die Photographie erlernt. Auch eine Anzahl anderer Apparate und Anleitungen hat sich gut bewährt; ich möchte aber demjenigen, der in Folge dieses Artikels sich etwa zu den Amateurphotographen bekennt, den Rath gebend, beim Ankauf des Apparates lieber etwas mehr als zu wenig Geld auszugeben. Ich fasse eben die Amateurphotographie von der ernsteren Seite auf und Amateure, wie ich sie mir denke, sollten mit guten Linsen, soliden Apparaten, aber nicht mit leicht zerbrechlichem Spielzeug arbeiten.

Hat der Amateur gelernt, Landschaften, Gruppenbilder und Porträts aufzunehmen, versteht er die Platten zu entwickeln, dann kann er sich höheren Aufgaben zuwenden. Diese fallen aber schon in das Gebiet der Meisterleistungen. Vielleicht finde ich ein anderes Mal Gelegenheit, auch darüber den Lesern der „Gartenlaube“ zu berichten, sie über Momentverschlüsse, Detektiv-Kameras und Blitzphotographien beim Magnesiumlicht zu belehren oder sie in die Werkstätte des gelehrten Photographen zu föhren, der die Vögel im Fluge ebenso gut aufzunehmen versteht wie die winzigen Bakterien unter dem Mikroskop.

Tragbares Laboratorium.

C. Falkenhorst.




Des Kaisers letztes Wort.

„Ich hab’ nicht Zeit, jetzt müd’ zu sein!“
Fürwahr, ein stolzes Wort!
Der Kaiser sprach’s in Todespein;
O deutsches Volk, dies Wort ist dein,
Vererb’ es fort und fort!

Sein Schwert zerbrach der Feinde Macht
Im heißen Männerstreit;
Auf deiner Ehre Schutz bedacht,
War all’ sein Sinnen Tag und Nacht
Des Friedens Dienst geweiht.

Treu bis zum letzten Athemzug
Der Pflicht, die ihm gebot!
Noch keiner, dem Walkürenflug
Vom Blachfeld zur Walhalla trug,
Starb solchen Heldentod.

Wie er, den segnend jeder Stand
Als Friedensfürsten pries.
Und den noch an des Grabes Rand
Die Sorge für das Vaterland
Nicht müde werden ließ.

O Wilhelm, Held, wie keiner war,
Dein Bild lebt in uns fort;
Dein Geist sei mit uns in Gefahr
Und unser Wahlspruch immerdar
Des Kaisers letztes Wort!

Karl Hecker.



Blätter und Blüthen.


Eine illustrirte Gesammtausgabe der Romane E. Marlitts. Bei den Lesern unseres Blattes bedarf es gewiß nur der Mittheilung, daß eine solche illustrirte Gesammtausgabe von der Verlagsbuchhandung von Ernst Keils Nachfolger veranstaltet wird, um diesem Unternehmen sogleich die wärmste Theilnahme zuzuwenden. E. Marlitt und die „Gartenlaube“ sind so eng miteinander verknüpft, die Dichterin hat zum glanzenden Aufschwung des Blattes so viel beigetragen, ihre ersten und ihre letzten Romane haben die Leser desselben so gefesselt, daß gewiß Vielen die Gelegenheit willkommen sein wird, sich ihre gesammelten Schriften anzuschaffen. Liegt doch ihr Wirken jetzt abgeschlossen hinter uns, nachdem der Tod sie im vorigen Sommer uns entrissen und nun ihr nachgelassener Roman, zu Ende geführt durch eine geistesverwandte Schriftstellerin, die Spalten unseres Blattes füllt. Mit ihren volksthümlichsten Roman „Das Geheimniß der alten Mamsell“ beginnt die Gesammtausgabe, welche in etwa 70 Lieferungen (alle 14 Tage eine Lieferung) erscheinen wird.

Phantasievolle Illustrationen sind eine Zierde solcher Ausgaben: sie sollen nicht einer schwunglosen Phantasie zu Hilfe kommen, sondern die Anregung, welche die Dichtung der zeichnenden Kunst gewährte, soll selbständige Leistungen der letzteren hervorrufen und uns so ein Bild von der erfreulichen Wechselwirkung der beiden Künste geben.

E. Marlitt ist manchen Angriffen ausgesetzt gewesen und eine gewisse Kritik sucht ihre Vornehmheit dadurch zu beweisen, daß sie gering von dieser Schriftstellerin denkt. Das unbefangene Urtheil wird die großen Wirkungen derselben, die ihren Namen in allen Welttheilen verbreitet sieht, weder dem Zufall noch der Mode zuschreiben, sondern ihrem flüssigen und glänzenden Erzählungstalent, ihrer Kunst zu spannen und zu rühren, dem echt deutschen Charakter ihrer Darstellungsart und der von ihr geschilderten Lebenskreise, also litterarischen Vorzügen, die voller Anerkennung werth sind. Von dem Reichthum ihrer Phantasie, der Unversiegbarkeit ihrer schöpferischen Kraft, der Fülle von Charakterköpfen und Lebensbildern, die sie gezeichnet, wird gerade diese Gesammtausgabe ein unwidersprechliches Zeugniß ablegen.

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Ein Fremdling in der Heimath. Wenn wir jetzt in dem Park eines fürstlichen Sommerlustschlosses die schnurgerade verschnittenen Hecken oder streng symmetrischen Linien einer Pyramide oder vielleicht gar allerhand aus dunklem Strauchwerk mit der Schere geformte Thierfiguren, Löwen, Pfauen und ähnliche Gebilde erblicken, so können wir uns eines Lächelns über diese wunderlichen Ueberreste aus der Zopf- und Perückenzeit kaum erwehren, und mit Wohlgefallen wendet sich das Auge jenen Partien des Parkes zu, wo uns die Natur in ihrer reinen unverfälschten Herrlichkeit entgegentritt. Es ist der Taxus, der sich diese Verunstaltungen gefallen lassen mußte, der Eibenbaum des Volkes, den schon die alten Griechen und Römer als Sinnbild des Todes auf ihre Gräber pflanzten und um dessen Zweigen sich die Priester im inneren Heiligthume von Eleusis bekränzten. Bei uns kennt man die düstere symbolische Bedeutung nicht, die dem Taxus wie den Cypressen und Trauerweiden beigelegt wird; noch in den ersten Jahrzehnten unseres Säculums war er ein überall im deutschen Vaterlande anzutreffender Waldbaum, dessen festes, feines Holz unter dem Namen deutsches Ebenholz (Eibenholz) als Material zu Schnitzereien, Tischgeräthen, in früherer Zeit namentlich auch zu Armbrüsten, sehr geschätzt war. Jetzt ist dieser schöne und nutzbare Baum aus unseren deutschen Wäldern verschwunden; Kurzsichtigkeit und Gewinnsucht der Menschen hat ihn fast ausgerottet, ohne die vernichteten Stämme durch Anpflanzungen gleicher Art zu ersetzen. Freilich eignet er sich wegen seines überaus langsamen Wachsthums weniger zur Forstkultur, aber gerade deshalb durfte man ihn nicht um solchem rücksichtslosen Vandalismus dem Beile überliefern.

Glücklicherweise ist die Gefahr, diese Pflanzengattung werde ganz vom Erdboden verschwinden, ausgeschlossen; denn außer in Deutschland findet sich der Baum in dem übrigen Europa, namentlich in Italien und Spanien, noch in Menge, ebenso im nördlichen Afrika, im Kaukasus, in Armenien, Persien, auf dem Himalaja und in einem großen Theile Amerikas; immerhin aber ist es bedauerlich, daß er in seiner deutschen Heimath zum Fremdling geworden ist. Nur vereinzelt ist er noch als stattlicher Baum anzutreffen, in Sachsen in den ausgedehnten Anlagen und Waldungen um das berühmte Jagdschloß Moritzburg, in Thüringen auf dem Veronikaberge, unweit des idyllischen Ilmenau. Hier findet sich noch eine stattliche Kolonie von Taxusbäumen in ihrem Naturzustande, unberührt und unentweiht von der verstümmelnden Schere des Gärtners. Mit einem gewissen berechtigten Stolz machen die Waldbewohner den Fremden auf diese Bäume aufmerksam, die, nach der Stärke ihres Stammes zu schließen, sicher ein halbes Dutzend Jahrhunderte an sich vorüberziehen sahen und nun wie Denkmäler längst vergangener Zeiten unter der grünen Baumjugend ringsum emporragen.

Wie schon angedeutet, wächst die Eibe äußerst spärlich und sie ist deshalb zur Kultur im Großen nicht wohl geeignet. Um so mehr ist es Pflicht des Naturfreundes, über die noch vorhandenen wenigen Exemplare des einst ganze Wälder bildenden Baumes pietätvoll zu wachen und das vernichtende Beil von ihnen möglichst fern zu halten. Wohl sind in unseren Gärten und Parkanlagen Hecken und Sträucher dieser Pflanzengattung keineswegs selten, aber sie machen gegenüber den frischen, urwüchsigen Söhnen des Waldes den Eindruck matt und freudlos dahinsiechender Pensionskinder, und darum: Schonung dem untergehenden Geschlecht!


Ein amerikanischer Geldfürst. Es giebt auch heutzutage wie in den Zeiten der Blüthe Roms, der Republik wie des Kaiserreichs, Geldfürsten, die einen unerhörten Luxus zur Schau stellen. Wenn dabei wiederum das Geld unter die Leute gebracht wird , so erfüllt der Reichthum damit allerdings nur eine Verpflichtung, die ihm gegenüber den gewerbtreibenden Klassen obliegt; doch giebt es eine Art von Luxus, der sich nur in den kostspieligsten Absonderlichkeiten gefällt und deshalb wie ein Hohn auf die Armuth aussieht, welche im Kampf ums Dasein kaum die einfachsten Lebensbedürfnisse bestreiten kann.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_239.jpg&oldid=- (Version vom 6.1.2019)