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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888)

„Aber Mensch, Du wirst doch nicht etwa diese Ungethüme tragen wollen!“ rief er. „Sie sind Dir ja viel zu groß.“

„Aber sie sind ganz neu und so schön gelb,“ versicherte Benno gekränkt, denn er hatte auf Anerkennung für diesen unerhörten Toilettenaufwand gerechnet, zu dem er sich erst nach langem Zögern entschlossen hatte.

„Du wirst eine schöne Figur bei Nordheims spielen,“ sagte Elmhorst achselzuckend. „Mit Dir ist wahrhaftig nichts anzufangen.“

„Wolf – muß ich denn durchaus den Besuch machen?“ fragte der Doktor mit einer jammervoll bittenden Miene.

„Ja, Du mußt, Benno! Ich wünsche, daß Du Alice während ihres Hierseins behandelst, denn ihre Kränklichkeit macht mir ernstliche Sorge. Sie hat ja in Heilborn und in der Stadt alle möglichen Aerzte gehabt, aber jeder stellte eine andere Diagnose und geholfen hat ihr keiner. Du weißt, wieviel ich von Deinem ärztlichen Scharfblick halte, und wirst mir diesen Freundschaftsdienst nicht versagen.“

„Gewiß nicht, wenn Du es verlangst, aber Du kennst ja den Grund, der es mir peinlich macht, zu dem Präsidenten in Beziehung zu treten.“

„Doch nicht etwa wegen des ehemaligen Zerwürfnisses mit Deinem Vater? Wer denkt heute nach zwanzig Jahren noch daran! Ich habe allerdings auf Deinen Wunsch bisher vermieden, Deinen Namen zu nennen, aber jetzt, wo ich Deine Hilfe für meine Braut in Anspruch nehme, muß ich Dich doch nothgedrungen vorstellen. Uebrigens wirst Du mit meinem Schwiegervater gar nicht zusammentreffen, denn er wollte heute morgen wieder abreisen. Gestehe es nur, Benno, der wahre Grund liegt ganz wo anders, Du scheust Dich, mit Damen zu verkehren, weil Du nur Deine Bauernpraxis gewohnt bist.“

Er schien mit der Voraussetzung das Richtige getroffen zu haben, denn Reinsfeld vertheidigte sich nicht dagegen, sondern stieß nur einen tiefen Seufzer aus.

„Du wirst noch ganz und gar versumpfen in diesem Leben,“ fuhr Wolfgang ungeduldig fort. „Da sitzest Du nun seit fünf Jahren in dem elenden kleinen Bergneste, reibst Dich auf in einer Praxis, die die unerhörtesten Anforderungen an Dich stellt und Dir dabei die kärglichsten Einnahmen bringt, und wirst vielleicht Dein Lebenlang hier sitzen bleiben, nur weil Du nicht den Muth hast, zuzugreifen, wenn sich irgend etwas anderes bietet. Wie hältst Du es nur aus in solchen Umgebungen?“

„Ja, bei mir schaut es allerdings etwas anders aus als in Deinen Salons,“ sagte Benno gutmüthig, während er sich in dem schönen behaglichen Arbeitszimmer umsah. „Man muß sich eben nach der Decke strecken, und die meinige ist etwas kurz gerathen; Du freilich hattest von jeher die Neigungen eines Millionärs, hast Dir ja auch schon vor Jahren vorgenommen, einer zu werden, und das kecke Zugreifen verstehst Du, das muß man Dir lassen.“

Elmhorst runzelte die Stirn und in gereiztem Tone antwortete er:

„Muß ich das auch von Dir hören? Immer und ewig diese Hindeutungen aus den Reichthum Nordheims! Es scheint wahrhaftig, als ob meine ganze Bedeutung einzig und allein in meiner Verlobung bestände. Bin ich denn gar nichts mehr?“

Reinsfeld sah ihn ganz erstaunt an.

„Was fällt Dir denn ein, Wolf? Du weißt es doch, daß ich Dir Dein Glück von ganzem Herzen gönne, aber Du bist merkwürdig empfindlich, sobald die Rede darauf kommt, und hättest doch allen Grund, stolz zu sein. Wenn irgend jemand sein Ziel schnell und glänzend erreicht hat, dann bist Du es.“

(Fortsetzung folgt.)




Vergrabene und versunkene Schätze.

Rheinische Zeitungen berichteten vor einigen Jahren über den kostbaren Inhalt einer napoleonischen Kriegskasse, welche in einem Dorfe in der Nähe von Bonn bei Gelegenheit der Ausrodung von Baumwurzeln aufgefunden wurde. Der Fund bestand in einer eisernen Kiste, welche in die Erde versenkt worden war und außer wichtigen historischen Dokumenten über eine drittel Million Franken bares Geld in Edelmetallmünzen enthielt. Ich selbst erinnere mich, gelegentlich eines Aufenthaltes in jener Gegend vor Jahren schon aus dem Munde der dortigen Bevölkerung von einer in der Franzosenzeit verloren gegangenen Kriegskasse vernommen zu haben, aber die darüber im Umlauf befindlichen Gerüchte waren so unbestimmter Natur, daß es wohl schwerlich der Mühe gelohnt haben würde, ernstliche Nachforschungen dieserhalb anzustellen. Doch hat das zufällige Auffinden des Schatzes bewiesen, wie wohl begründet jene Ueberlieferung gewesen ist und wie infolge der Eile während der Flucht der damaligen französischen Armee gegen Ende des Jahres 1813 die später für unwahrscheinlich gehaltene Versenkung der Kriegskasse wirklich stattgefunden hat. Dasselbe Gerücht, wie es im Munde des rheinischen Volkes umging, erhält sich seit dem Entscheidungstage der Leipziger Völkerschlacht auch unter den Anwohnern des Pleißethals, südwärts von Leipzig. Der Ueberlieferung gemäß soll, ganz ebenso wie sich dies bei Bonn ereignete, am Ende der napoleonischen Kriege, infolge Befehls eines hohen Kommandirenden der fliehenden französischen Armee, beim Beginn des Rückzugs im Dorfe Dölitz – dessen zerschossenes Schlößchen 1884 die „Gartenlaube“ im Bilde brachte (S.129) – oder im benachbarten Markleeberg, vielleicht auch zwischen beiden Orten im Flusse selbst, die Kriegskasse eines französischen Armeecorps mit sehr beträchtlichem Goldinhalte versenkt worden sein. Alle im Laufe der Jahre vorgenommenen Nachforschungen führten indeß zu keinem Ergebnisse, und da nach menschlicher Berechnung die beim Versenken dieser Kriegskasse betheiligt gewesenen Zeugen jetzt schwerlich mehr sich unter den Lebenden befinden dürften, so wird es künftig hierbei, gleichwie am Rhein, dem Zufall anheimgestellt bleiben, ob jene Napoleond’or – wenn sie nicht überhaupt märchenhaften Ursprungs sind – einstens im Sonnenlichte wieder glänzen oder ob sie dem dunklen Schoß der Erde für immer sollen einverleibt bleiben.

Solche Funde, wie der Eingangs erwähnte, erinnern unwillkürlich daran, welche Schätze, im Laufe der Jahrhunderte vergraben, noch unter der Erdoberfläche verborgen liegen mögen, der Erlösung und Hebung harrend; wie viele davon, bekannt oder unbekannt, schon zum Theil gehoben worden sind und welche Unsummen von solchen Werthen noch der Nutznießung der Erdenbewohner harren!

Im allgemeinen wird man bei Funden zwei Hauptarten unterscheiden müssen; Massenfunde, welche auf großen historischen und kulturgeschichtlichen Stätten aufgefunden werden, und Einzelfunde, welche der Zufall aufdeckte.

Die ungeheuren Ansiedelungen des Alterthums in Kleinasien, von Ninive und Babylon, von Troja-Hissarlik und Pergamos, die semitischen Ruinen von Palmyra und Persepolis, die Todtenfelder der alten Aegypter im Nilthal, die Ueberreste Karthagos an der Nordküste Afrikas, die gesammten Inseln des Aegäischen Meeres, das heutige Königreich Griechenland, ganz Italien und vor allem Rom sind seit Jahrhunderten unerschöpfliche Fundgruben von Schätzen der mannigfachsten Art. Es ist eine Unmöglichkeit, auf diesem Gebiete auch nur ein annähernd vollständiges Bild der wichtigsten Entdeckungen zu geben, da bloße Verzeichnisse einzelner belangreicher Fundstellen von Orten, wo Kulturvölker hausten, schon Bände füllen würden. Deshalb sollen hier nur einige näher liegende Funde von allgemeinem Interesse Erwähnung finden.

In erster Linie dürften dies die Ausgrabungen Layards in Syrien und diejenigen des Dr. Schliemann sein, die von ungewöhnlichem Erfolge gekrönt wurden. An Resultaten diesen würdig zur Seite stehen die Aufdeckungen von Olympia, ein Verdienst der preußischen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 536. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_536.jpg&oldid=- (Version vom 17.1.2018)