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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888)


Deutsche Art, treu gewahrt.
Eine Hofgeschichte aus dem 17. Jahrhundert von Stefanie Keyser.

Wenn an schweren Wettertagen die streitenden Wolken für eine kurze Frist einhalten, ihre Blitze, Donnerschläge und Hagelschauer zu versenden, und ein Sonnenstrahl herausschlüpft, dann öffnet alsbald die weiße Windglocke ihren zarten Kelch, der Sommervogel entfaltet die Sammetflügel, der Distelfink zwitschert sein lustiges Lied und das Mücklein tanzt einen fröhlichen Reigen. Sie verstehen, die gute Stunde zu genießen. Der Mensch ist gleichfalls theilhaftig dieser natürlichen Weisheit. Zwischen Feuersbrunst und Wassersnoth, Krieg und Pestilenz nimmt er gern den freien Augenblick wahr zu einem Freudensprung.

Also begab es sich auch vor drittehalb hundert Jahren im Thüringer Land.

Zwar war es nur ein spärlicher Lichtstrahl, der dem geplagten Volke leuchtete – seit zehn Jahren wüthete schon die Kriegsfurie auf deutscher Erde und ein Ende der Heimsuchung vermochte niemand abzusehen – aber der Kaiser Ferdinand unterhandelte doch mit dem König Christian von Dänemark, dem Haupt der evangelischen kriegführenden Partei; derweilen wurden keine Schlachten geschlagen, und man brauchte keines Einfalls feindlicher Heere gewärtig zu sein. Die evangelische Sache lag freilich am Boden; König Christian war mit seinem Heer gleich einer Schar Krebse rückwärts ins Meer gerutscht. Indessen bei den katholischen Mächten sah es gleichfalls übel aus; sie hatten sich in einander verbissen wie ein Rudel Wölfe: die Liga bellte wider den Wallenstein, dieser that ihrem Führer Tilly Tort und Dampf an, und den Kaiser zwickte in Welschland der König von Frankreich. Und hatte auch unter den Fürsten, welche die lutherische Lehre auf der Spitze ihres Schwertes zu erhöhen strebten, der Tod eine reiche Ernte in den letzten Jahren gehalten, so waren nunmehr die Trauertage um die Gefallenen zu andern trüben Tagen hinabgesunken.

Das große Geheimniß. Von Meyer von Bremen.
Mit Genehmigung der „Photographischen Gesellschaft in Berlin“.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 669. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_669.jpg&oldid=- (Version vom 6.6.2018)