Seite:Die Gartenlaube (1888) 740.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1888)

Der Steuertag. (Mit Illustration S. 737.) Steuertage sind auf dem Lande nicht gut angeschrieben und kaum eine Amtsperson ist dort so wenig beliebt wie der Steuereinnehmer, Rentmeister oder wie er sonst heißen mag. Und selbst, daß er sich in entfernteren Bezirken persönlich einfindet, um den Steuerpflichtigen den Weg zum Amte zu ersparen, stimmt ihm die Bevölkerung nicht günstiger, denn an der Hauptsache wird dadurch nichts geändert. Unser Künstler zeigt uns die Herren vom Steueramt in voller Thätigkeit. Was die hübsche junge Witwe mit ihren beiden Kindern, vielleicht das Einzige, was ihr seliger Mann hinterließ, zur Wirthschaft des Staates beisteuerte, ist freilich nicht der Rede werth, dagegen zählt der ihr unmittelbar Folgende eine ansehnliche Anzahl blanker Thaler auf den Tisch, die sein schnurrbärtiges Gegenüber alsbald sauber gerollt in die provisorische Kasse legen wird. Die behäbige Bäuerin erinnert an eines der sieben fetten Jahre Aegyptens, während die Unterthänigkeit des mit dem Amtsdiener Sprechenden eben nicht auf einen hohen Steuersatz desselben schließen läßt.

Die Eisenbahn im Dienste der Wohlfahrt. Die Staatseisenbahnen werden nicht lediglich von dem Gesichtspunkte des Gelderwerbes geleitet und vermögen daher in erhöhtem Maße allen öffentlichen Interessen gerecht zu werden. Vornehmlich liegen diese Ausgaben auf dem allgemeinen wirthschaftlichen Gebiete, daneben haben sich aber die deutschen Bahnen auch in den Dienst der Wohlfahrt gestellt und mannigfaltige Erleichterungen gewährt, welche sich als Unterstützungen kranker und hilfsbedürftiger Personen kennzeichnen.

In welchem Sinne diese Einrichtungen getroffen wurden, möge aus den nachfolgenden, auch von anderen deutschen Staats- und Privatbahnen angenommenen hauptsächlichsten Bestimmungen der preußischen Staatsbahnen erhellen.

Mittellosen Personen, welchen nachgewiesenermaßen seitens der Vorstände von Kuranstalten der Gebrauch der Bäder oder anderer Kureinrichtungen unentgeltlich oder zu ermäßigten Preisen zugestanden ist, wird für die Reise nach dem Kurort und für die Rückreise in die Heimath die Benutzung der dritten Wagenklasse aller Züge zum Militärfahrpreis (das ist 1,5 Pfennig für den Kilometer) gestattet, wenn sie eine Bescheinigung der Ortsbehörde darüber beibringen, daß ihre Vermögensverhältnisse die Aufwendung der für den Besuch und Gebrauch des Bades erforderlichen Mittel ohne eine Ermäßigung der Eisenbahnfahrpreise nicht erlauben.

Skrophulöse Kinder der ärmeren Volksklassen und deren Begleiter sind bei der Reise nach den für solche Kinder eingerichteten besonderen Heilstätten auf der Hin- und Rückfahrt derselben Ermäßigung auf Grund einer von der Heilanstalt ausgestellten Aufnahmebescheinigung und einer Bescheinigung der Ortsbehörde theilhaftig.

Unbemittelten Zöglingen der unter Aussicht des Staates stehenden Waisenanstalten, der Provinzial- und anderen Blindenanstalten, der öffentlichen Taubstummenanstalten und den etwa erforderlichen Begleitern der blinden und taubstummen Zöglinge wird für Ferienreisen zum Besuch ihrer Angehörigen auf Empfehlung der betreffenden Anstaltsvorstände ebenfalls der Militärfahrpreis zugestanden. Für jedes Kind, beziehungsweise Zögling, wird nur ein Begleiter zum ermäßigten Fahrpreise befördert und zwar auch bei der Rückfahrt nach dem Orte der Abreise, sowie für die Wiederabholung ihrer Schützlinge.

Die gleiche Vergünstigung genießen, auf Grund der von den Vorständen der Taubstummenanstalten zu ertheilenden Erlaubnißscheine, unbemittelte Taubstumme für den Besuch kleinerer Zusammenkünfte an den Taubstummenanstalten, sowie Taubstumme, welche behufs ihrer kirchlichen Versorgung einzeln die betreffenden Anstalten zu besuchen wünschen; ferner auch die von Vereinen und Behörden in sogenannte Ferienkolonien entsendeten Kinder und die zur Aufsicht beigegebenen Lehrer.

Im Interesse der öffentlichen Krankenpflege werden denjenigen Vereinen und Genossenschaften, sowohl weltlichen als geistlichen, welche sich statutenmäßig in Ausübung freier Liebesthätigkeit der öffentlichen Krankenpflege widmen, Fahrpreisermäßigungen in der Weise gewährt, daß bei Reisen der Vorstandsmitglieder zum Zwecke von Revisionen oder Konferenzen, sowie der Krankenpfleger und Pflegerinnen zur Ausübung der öffentlichen Krankenpflege, zum Wechsel des Wohnorts (Versetzung), zum Gebrauch von Badekuren oder zum Besuch von Bade- und Erholungsorten der Militärfahrpreis, beziehungsweise bei Benutzung der zweiten Wagenklasse der einfache Fahrpreis dritter Klasse erhoben wird.

Endlich sind zu diesen Wohlfahrtseinrichtungen auch die jeweilig bei Unglücksfällen wie Ueberschwemmungen, Feuersbrünsten, Mißernten und dergleichen zugestandenen Frachtnachlässe, beziehungsweise Ermäßigungen, für die an Hilfsausschüsse zu sendenden Liebesgaben zu zählen.


Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)

Melanie W. in L. Das Wort „Ballade“ hat allerdings mit der Bezeichnung „Ball“ für eine festliche Tanzgesellschaft das gemein, daß beide von dem mittellateinischen ballare (tanzen) hergeleitet sind. Ballade nannte man ursprünglich ein lyrisches Gedicht, welches zur Begleitung des Tanzes gesungen wurde.

N. W. in Köln. Sie wünschen Auskunft über die größten und kleinsten Völker der Erde. Die durchschnittliche Körperlänge verschiedener Völkerschaften bot von jeher ein besonderes Interesse und dieses führte zu genaueren Messungen, deren Ergebnisse Bollinger in einer Tabelle zusammengestellt hat. Die größten Volkerstämme bilden nach derselben die Patagonier, die durchschnittlich 180,3 Centimeter lang sind, und an diese schließen sich die Nordamerikaner des Westens mit einer Durchschnittslänge von 177 Centimetern. Die kleinsten Völker der Erde, die sogenannten Zwergstämme, beherbergt Afrika. Die Abongo in Westafrika messen 137,0 Centimeter, die Buschmänner 137,2 Centimeter und die Akka an den Nilquellen 140,0 Centimeter. Mit anderen Worten hat der kleinste Menschenschlag drei Viertel der Leibeshöhe des größten und ein Abongo reicht einem Patagonier nur bis an die Brust. Die Völker des civilisirten Europa wahren, was ihren Wuchs anbelangt, die goldene Mitte zwischen diesen Extremen der Menschheit.

H. B. in K. Angeregt durch unsere früheren Artikel über verschiedene Obst- und Beerenweine, möchten Sie versuchen, Wein aus Brombeeren, die in Ihrer Gegend stark verbreitet sind, zu bereiten, und bitten uns um Angabe einer Quelle, aus der Sie Belehrung über derartige Weinbereitung schöpfen könnten. In erster Linie machen wir Sie auf das treffliche Werk „Die Hebung der Obstverwerthung“ von Heinrich Semler (Wismar, Hinstorffsche Hofbuchhandlung) aufmerksam. Außerdem ist vor kurzem eine „Anleitung zur Weinbereitung, aus Obst, Beeren und Birkensaft“ von C. G. L. Quensell (Verlag von Friese und von Puttkamer in Dresden) erschienen, in der Sie das Wissenswertheste auf diesem Gebiete in aller Kürze mitgetheilt finden.

N. in Hirschberg. Kreidezeichnungen werden am besten und leichtesten wie folgt fixirt: Man bedient sich eines schwarzen Papieres, dem man einen Ueberzug von Harz giebt. Zu diesem Behufe löst man eine Mischung von Harz (Kolophonium, Geigenharz) und Schellack in starkem Weingeist auf und bestreicht schwarzes Glanzpapier mit Hilfe eines breiten weichen Pinsels mehrmals damit. Unter allen Umständen ist darauf zu sehen, daß zwischen den einzelnen Auftragungen die vorige immer trocken geworden ist, bevor man eine neue Auftragung vornimmt. Das schwarze Glanzpapier erhält auf diese Weise eine anfänglich matte, trübe Oberfläche, welche man durch Erwärmen glänzend machen kann. Kreidezeichnungen, welche auf der geharzten Seite eines derartigen Papiers vorgenommen worden sind, können nun dadurch für immer leicht und dauerhaft fixirt werden, daß man das Papier mit einem anderen gut geleimten Papier bedeckt, so daß sich die Kreidezeichnungen nach oben und unter dem letzteren befinden; mit einem genügend heißen Platt- oder Bügeleisen fährt man nun mehrmals darüber hin. Hierdurch werden die Kreidezeichnungen, welche bloß locker anhaften, zunächst fester und dichter an die Harzoberfläche des Papiers angedrückt, durch die Wärme wird das Harz selbst geschmolzen und auf diese Weise werden die Kreidezeichnungen haftend gemacht und fixirt. Man entfernt dann nach dem Erkalten vorsichtig das übergelegte Papier und findet die Kreidezeichnung, oder überhaupt jedes mit Kreide hergestellte Bild oder jede Kreideschrift fest haftend, so daß sie, ohne Schaden zu nehmen, aufgerollt, abgewischt und unter Umständen sogar abgewaschen werden können.

F. T. in Wien. Die Erzählung „Der lange Holländer" von Rudolf Lindau erschien im Jahrgang 1887 unseres Blattes.

G. P. in Warschau. Die erste von Ihnen gewünschte Adresse lautet unseres Wissens: Prag-Smichow, Wassergasse; die zweite ist uns unbekannt.

C. J. in Dresden. Sie wenden sich am besten an einen tüchtigen Zahnarzt. Viele praktische Winke finden Sie aber auch in dem sehr instruktiven Buche von Hofrath Dr. Süersen: „Anleitung zur Pflege der Zähne und des Mundes“. Preis geheftet 2 Mark, gebunden 2 M. 50 Pf.


In dem unterzeichneten Verlage ist soeben erschienen und durch die meisten Buchhandlungen zu beziehen:

E. Marlitt’s Romane und Novellen.
Illustrierte Gesamt-Ausgabe.
Zweiter Band: „Das Haideprinzeßchen“.

Die Band-Ausgabe von Marlitt’s illustrierten Romanen erscheint vollständig in 10 Bänden zum Preise

von 3 Mark elegant geheftet, 4 Mark elegant gebunden.
– Vierteljährlich ein Band. –

Inhalt Bd. 1. „Das Geheimniß der alten Mamsell“. – Bd. 2. '„Das Haideprinzeßchen“. – Bd. 3. „Reichsgräfin Gisela“. – Bd. 4. „Im Schillingshof“. – Bd. 5. „Im Hause des Kommerzienrathes“. – Bd. 6. „Die Frau mit den Karfunkelsteinen“. – Bd. 7. „Die zweite Frau“. – Bd. 8. „Goldelse“. – Bd. 9. „Das Eulenhaus“. – Bd. 10. „Thüringer Erzählungen“ (Inhalt: „Amtmanns Magd“, „Die zwölf Apostel“, „Der Blaubart“, „Schulmeisters Marie“).

Bis jetzt erschienen: Band 1 u. 2. Auch in ca. 70 Lieferungen zum Preise von 40 Pf. zu beziehen. (Alle 14 Tage eine Lieferung.)

Bestellungen werden jederzeit in beinahe allen Buchhandlungen angenommen. Wo der Bezug auf Schwierigkeiten stößt, wende man sich direkt an die

Verlagshandlung von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.     
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1888, Seite 740. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_740.jpg&oldid=- (Version vom 17.1.2018)