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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

dadurch das Instrument unzuverlässiger und weniger empfindlich. Das ist von Belang für die Vergleichung des Werthes einiger Hygrometer der Neuzeit.

Vor zwanzig Jahren war noch kein Hygrometer bekannt, an welchem man die relative Feuchtigkeit der Luft, den Wassergehalt in Prozenten der Sättigungsmenge ausgedrückt, unmittelbar ablesen konnte. Das Bedürfniß eines solchen Instruments zur leichten Ermittelung der richtigen Feuchtigkeit der Zimmerluft hat mich veranlaßt, ein Prozenthygrometer – das erste dieses Namens – herzustellen. Die Theorie desselben, auf welche sich die gleichmäßig getheilte Skala gründet, ist in wissenschaftlichen Zeitschriften (1872) veröffentlicht.

Nebenstehende Abbildung zeigt das Prozenthygrometer in etwa halber Größe der gewöhnlichen Ausführung; doch kann es auch ebenso klein und noch kleiner hergestellt werden. Der hygroskopische Bestandtheil ist ein über einer spiegelnden Skalaplatte an dem einen Ende festgeklemmter Kornstrohfaden.

Da Stroh aus zwei miteinander verwachsenen Schichten besteht, von welchen die äußere in geringem Grade, die innere in hohem Grade zur Aufnahme von Feuchtigkeit geneigt ist, so bildet der Faden eine um so mehr gekrümmte Bogenlinie, je trockener die Luft ist. Die freie Spitze des Fadens dient als Zeiger, jeder Mechanismus ist entbehrlich. Dieser Umstand ist für den leichten und gleichmäßigen Gang wesentlich vortheilhaft.

Nach den bisherigen Erfahrungen ist anzunehmen, daß der Strohfaden in sehr langer Zeit keine Veränderung erleidet. Zwar krümmt sich der Faden zu wenig und zeigt folglich zu feucht, wenn er einige Zeit trockener Luft ausgesetzt war, aber er zeigt immer wieder so richtig wie in neuem Zustande, wenn man ihn durch Annässen auffrischt, was von Zeit zu Zeit, besonders vor wichtigen Beobachtungen, geschehen muß.

Ein Strohhygroskop kann sich jeder leicht in folgender Weise anfertigen: aus dem weichen mittleren Theil eines alten, trocknen und gerade gewachsenen Kornstrohhalms nimmt man ein fingerlanges Röhrchen, legt es einige Minuten in Wasser und spaltet es dann in 10 oder 12 schmale Streifen. Einen solchen Streifen, Strohfaden, befestigt man mittels eines Holzzäpfchens auf einem Brettchen. Den Punkt der Sättigung findet man am besten, wenn man das Brettchen mit dem Faden nach unten auf ein entsprechend weites, bis zum Rande mit Wasser gefülltes Gefäß legt, so daß der Strohfaden sich im Wasser befindet. Nach etwa 10 Minuten bezeichnet man den Punkt, an welchem die Fadenspitze steht, und schreibt neben diesen Punkt gegen die Mitte hin „Feucht“, wie auf der Abbildung des Prozenthygrometers ersichtlich. Hierauf hält man das Brettchen mit dem Strohfaden über eine heiße Herdplatte oder in einen heißen Luftstrom, bezeichnet den Punkt, auf welchen die Spitze des stark gekrümmten Fadens gelangt, und schreibt von da gegen die Mitte hin „Trocken“. In die Mitte zwischen „Feucht“ und „Trocken“ schreibt man „Normal“. Wird der Faden zuweilen durch Annässen aufgefrischt, so zeigt er in einem Zimmer von richtigem Feuchtigkeitsgehalt auf die mit „Normal“ bezeichnete Strecke.

Eine andere fürs Haus brauchbare Vorrichtung, die sich jeder anfertigen kann, ist das Farbenhygroskop. Weißes Papier oder Baumwollzeug, mit einer Lösung von Kobalt-Chlorür leicht überstrichen, wird in trockner Luft blau, in feuchter rosenroth, bei normaler Feuchtigkeit violett.

Merkwürdige Beobachtungen lassen sich mit einem so zubereiteten von der Zimmerdecke bis zum Boden reichenden Bande machen. Man erkennt, bei der in der Regel ungleichen Wärmevertheilung in geheizten Zimmern, an der verschiedenen Färbung des Bandes die Verschiedenheiten der relativen Feuchtigkeit in verschiedenen Höhen des Zimmers. Das Band ist oft oben blau und unten roth, während die violette Mitte den richtigen Feuchtigkeitsgrad anzeigt. Eine hübsche Anwendung desselben Grundsatzes sind auch die jetzt unter dem Namen Chamäleon-Wetterbilder (Patent Rückert in Liebenwalde) käuflichen Glastransparente.

Um wieder auf genauere Feuchtigkeitsprüfer zurückzukommen, ist zunächst das durch beistehende Darstellung veranschaulichte Koppesche Hygrometer zu nennen. Dr. Karl Koppe in Zürich hat 1877 das Saussuresche Haarhygrometer vervollkommnet, indem er die Eintheilung der Skala nach Prozenten der Sättigung ausführte und dem Instrument eine solche Einrichtung gab, daß die Anpassung und zugleich die Auffrischung des Haares schnell und leicht zu bewerkstelligen ist.

Koppesches Hygrometer.

Bei anderen Haarhygrometern der Neuzeit suchte man durch Anwendung eines Mechanismus mit Excentrik die Anwendung einer gleichmäßig getheilten Prozentskala zu ermöglichen; so bei den von Lambrecht in Göttingen angefertigten Klinkerfuesschen und anderen Lambrechtschen Hygrometern, welche in verschiedenen Gestalten und Herstellungsweisen seit mehreren Jahren Verbreitung gefunden haben.

Feuchtigkeitsprüfer durch Zusammenkleben hygroskopischer und nicht hygroskopischer Stoffe anzufertigen ist früher mehrfach ohne befriedigenden Erfolg versucht worden. Dagegen findet gegenwärtig das Metall-Spiral-Hygroskop von Mithoff vielseitige Anwendung. Ein Streifen Eihaut ist mit einer Lösung von Federharz in Benzin auf einer Metallspirale befestigt. Bei Veränderung der Luftfeuchtigkeit ändert sich die Länge der Eihaut und die Spirale rollt sich auf oder zusammen. Diese Bewegung wird durch einen Mechanismus hinter der Skalaplatte auf den Zeiger übertragen. Neuere Mithoffsche Hygroskope tragen die Zeiger unmittelbar am freien Ende der auf der Skalaplatte befestigten Spirale.

Ein 1886 zuerst in französischen Journalen beschriebenes Instrument ist Nodons Hygrometer mit Schreibwerk. Der wesentliche Bestandtheil ist ein schraubenförmig gewundener Papierstreifen, auf der äußeren Seite mit Gelatine bestrichen. Infolge der überwiegend hygroskopischen Natur der Gelatine sind in feuchter Luft die Windungen enger als in trockner Luft. Solche paarweise verbundene Strecken bewegen einen über zwei Röllchen laufenden Faden, woran eine Feder befestigt ist, welche zwischen zwei Führungen laufend auf einem senkrecht zur Richtung der Feder langsam fortbewegten eingeteilten Papierbogen mit Tinte Linien beschreibt, die in ihrem Zusammenhang den hygrometrischen Zustand der Luft zu jeder Zeit anschaulich machen.

Zum Schlusse mag noch des am häufigsten bei den meteorologischen Stationen benützten und daher am meisten bekannten Feuchtigkeitsprüfers, des Psychrometers von August, dessen Leistung auf der Verdunstungskälte an einem von zwei Thermometern beruht, in einer veränderten Anwendungsweise gedacht werden.

Da auf die Temperaturverminderung an der nassen Thermometerkugel die sehr veränderliche Luftbewegung Einfluß hat und die Berücksichtigung dieses Einflusses schwierig ist, suchte Doyère 1855 seine Beobachtungen unter dem Einflusse gleicher relativer Luftbewegung zu machen, indem er das Instrument als Schleuder-Psychrometer verwendete. Die beiden Thermometer werden an einer 1 Meter langen Schnur im Kreise geschwungen, und nach etwa 100 Kreisschwingungen wird der Unterschied der beiden Thermometerstände abgelesen, nach welchem man die relative Feuchtigkeit berechnet oder in einer Tabelle aufsucht.

Dieses Schleuder-Psychrometer wurde in neuerer und neuester Zeit von einigen Gelehrten empfohlen, wird aber – außer vielleicht für meteorologische Zwecke – wenig benützt werden. Für häuslichen Gebrauch sind nur solche Feuchigkeitsprüfer als handlich und praktisch zu bezeichnen, welche weder Vorbereitung, noch Berechnung, noch andere Bemühungen als höchstens zuweilen das Auffrischen nöthig machen und die relative Feuchtigkeit unmittelbar ablesen lassen. Ungenauigkeiten von etwa 5 Prozent der Sättigung haben dabei wenig oder keine Bedeutung.




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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Leipzig: Ernst Keil, 1889, Seite 188. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_188.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)