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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

mit demselben verbunden gewesen – nicht bloß in den Herzogthümern selbst, sondern in ganz Deutschland einen Sturm der Entrüstung hervorriefen, der sich auch durch die Anerbietungen einer freisinnigen Verfassung von seiten Friedrichs VII., des Sohnes und Nachfolgers Christians, nicht beschwichtigen ließ. In Kiel bildete sich eine provisorische Regierung, sie rüstete eifrig zum Kriege, das ganze Land erhob sich und alle Wehrfähigen eilten zu den Fahnen, um Recht und Unabhängigkeit eines deutschen Stammes zu vertheidigen.

Aber der Feldzug nahm einen schlimmen Anfang für die deutschen Scharen. Durch Uebermacht und eine glückliche Umgehung gelang es den Dänen, die Schleswig-Holsteiner zum Verlassen ihrer Stellung bei Bau zu zwingen. Der rechte Flügel, aus Jägern, Turnern und Kieler Studenten bestehend, wurde dabei abgeschnitten und nach hartnäckigem Widerstand großentheils gefangen genommen. Der empfindlichste Verlust traf die braven Streiter in Flensburg, indem die Bewohner des nördlichen Stadttheils ihre dänischen Gesinnungen dadurch bethätigten, daß sie durch Schüsse und Steinwürfe aus den Fenstern den einhauenden dänischen Reitern die Arbeit erleichterten.

Auf dem Platze, wo der letzte Kampf tobte, vor der Dittmannschen Gießerei, erhebt sich heute das Denkmal, hervorgegangen aus der Hand des Bildhauers Müllenhof in Kiel. Es besteht aus einem granitenen Obelisk, der auf einem an den vier Seitenflächen polirten Sockel ruht. Diese vier Seitenflächen enthalten in vergoldeten Buchstaben die Widmung und die Namen der Gefallenen. Erstere lautet: „Dem Andenken an die bei Bau am 9. April 1848 auf deutscher Seite gefallenen Studenten, Freiwilligen und Soldaten von ihren Kampfgenossen und von der Universität Kiel. Errichtet A. D. 1889.“ Die auf unserer Abbildung des Denkmals dem Beschauer zugekehrte Inschrifttafel trägt an ihrer Spitze den Namen des tapferen Führers der Abtheilung, des Majors Michelsen. Niedrige Steinsäulen, mit Ketten verbunden, bilden die Umfriedigung des schlichten Gedenksteins, der in seinen Formen an so manchen andern erinnert, der sich auf den blutgetränkten Gefilden Frankreichs und der Reichslande erhebt. Diejenigen, von denen der Flensburger Stein redet, waren nur weniger glücklich als ihre Söhne auf dem Felde der Ehre, aber die Güter, für welche sie stritten, waren dieselben. S.

Der Schuhplattler. (Zu den Bildern S. 396 u. 397.) Wen eine Bergwanderung durch die Hochthäler der bayerischen oder der angrenzenden österreichischen Alpen zufällig in ein ländliches Wirthshaus führt, wo sich neben etlichen strammen Burschen und Mädchen auch ein paar verwetterte Dorfmusikanten, ein Zitherspieler und ein Geiger, zusammengefunden haben, dem kann leicht das Vergnügen zu theil werden, einmal den berühmten „Schuhplattler“ mit ansehen zu dürfen. Der Schuhplattler ist ein Tanz, welcher an Urwüchsigkeit und Schwierigkeit nichts zu wünschen übrig läßt. Die Musik spielt im Walzertakte einen „Ländler“. Aber was nach dieser Musik getanzt wird, verhält sich zu unserem städtischen Walzer wie ein schäumender, Felsblöcke mitwälzender Bergstrom zu einem sanft hingleitenden Flusse. Der Tänzer dreht sein Mädchen erst ein paarmal ordentlich und würdevoll im Kreise. Dann aber läßt er es los, und während es sich sittsam, die Schürzenzipfel mit den Fingern fassend, weiter um seine eigene Achse dreht, umkreist er es, stets im Takte der Musik, in den verwegensten Sprüngen, stampft mit seinen schweren Schuhen den Boden, schlägt sich mit den flachen Händen klatschend auf die Sohlen und die Kniee, wirbelt seinen Hut in der Luft umher, jauchzt und pfeift in den unerhörtesten Tönen. Und wenn er ein recht schneidiger Tänzer ist, dann wirft er auch wohl seine Tänzerin unversehens in die Luft, steht plötzlich auf den Händen statt auf den Füßen oder pocht mit einem Fuße an die niedrige Stubendecke. Und das alles mit Schuhen, von welchen jeder mit einem halben Pfund mächtiger Eisennägel beschlagen ist. Wenn nur drei oder vier solcher Paare zugleich tanzen, muß die Diele dröhnen, der Staub aufwirbeln und das Haus in allen Fugen erzittern. Wehe dem Unseligen, dem einer dieser Tänzer auf die Zehen träte!

Bei aller scheinbaren Wildheit ist der Schuhplattler eigentlich ein durchaus sittsamer Tanz. Die tollen Sprünge und den Heidenlärm macht nur der Tänzer für sich und seiner Tänzerin zu Ehren; sobald er sich wieder mit ihr zusammen im Kreise schwingt, wird seine Haltung ernst und würdevoll. Es ist auch nicht zu fürchten, daß die edle Kunst des Schuhplattlers wie andere ehrwürdige Sitten nach und nach aussterbe; denn es finden sich immer wieder talentvolle Jünger, welche, mit gehörigen Sprunggelenken und eisenharten Handflächen ausgerüstet, den alten Meistern dieses Tanzes ihre Kunstleistungen abschauen. Städter werden diese Kunstleistungen nie ganz fertig bringen; denn es gehören keine Kulturhände, sondern Eisenfäuste dazu. M. H.

Alexander von Humboldts gesammelte Werke. Am 6. Mai dieses Jahres sind dreißig Jahre verflossen, seitdem Alexander von Humboldt, der vielseitigste Naturforscher der Neuzeit, in Berlin seine Augen schloß. Welchen Einfluß dieser Forscher auf die Entwickelung der Naturwissenschaft seiner Zeit ausübte, das erhellt schon aus der einen Thatsache, daß nach seinem Tode eine Humboldtlitteratur erstand, die lediglich die persönliche Würdigung Humboldts bezweckte. Bruhns, Klencke und Ule schrieben seine Biographie, andere gaben seinen Briefwechsel heraus, in dem wir den Namen Varnhagens, Bunsens, Raumers und Goethes begegnen. Humboldt schied aus dem Leben als ruhmreicher Begründer der klimatologischen und plastischen Geographie, der Physik des Meeres und der Pflanzengeographie; außerdem wirkte er bahnbrechend und befruchtend auf viele andere naturwissenschaftliche Disciplinen ein. – Seitdem er zu wirken aufgehört hat, ist die Wissenschaft mit geflügelten Schritten vorwärts geschritten, und im Lichte der neuesten Errungenschaften erscheinen viele Ansichten Humboldts naturgemäß als unzulänglich und unvollkommen. Das Interesse für die Schriften des berühmten Gelehrten ist aber bis auf den heutigen Tag nicht erloschen. Einen Beweis dafür können wir auch darin erblicken, daß die J. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart soeben eine neue Ausgabe der „gesammelten Werke Alexander von Humboldts“ veranstaltet. Dieselben umfassen zwölf stattliche Bände, in denen die Hauptwerke Humboldts enthalten sind: „Kosmos“, „Reise nach den Aequinoctialgegenden des neuen Kontinents“, „Versuch über den politischen Zustand des Königreichs Neuspanien“, „Ansichten der Natur“, „Versuch über die Insel Cuba“. Der auf dem geographischen Gebiete rühmlichst bekannte Professor Friedrich von Hellwald hat diese Gesammtausgabe neu durchgesehen und in passenden Anmerkungen auf die Fortschritte der Wissenschaft überall, wo es nöthig schien, hingewiesen. Der Preis ist außerordentlich billig gestellt, so daß vielen Naturforschern und Geographen nunmehr die beste Gelegenheit geboten wird, ihre Privatbibliothek durch die Werke Alexander von Humboldts zu bereichern. *

Zimmerpflanzen im Juni. Solche Pflanzen, welche nicht zur Ausschmückung der inneren Wohnräume dienen sollen, müssen nun, wenn es nicht schon im Mai geschah, nothwendig an die freie Luft gestellt werden; ja es ist sogar nothwendig, auch die Zierpflanzen, welche den Winter über in den Zimmern standen, zu wechseln und mit anderen zu vertauschen. Die eine tägliche Zimmerwärme nicht ertragenden grünen Holzpflanzen haben dann oft schon junge Triebe angesetzt, welche aus Mangel an Licht und Luft ungesund sind, daher am besten ganz weggeschnitten werden, damit sich daneben andere kräftigere bilden. Es ist dies das sicherste Mittel, buschige Zierpflanzen zu ziehen. Krautartige Blattzierpflanzen, wie Palmen, Blattbegonien, Aspidistra (Plectogyne), Drazänen, Clivia etc. können im Zimmer stehen bleiben, vorausgesetzt, daß sie hell genug stehen. Den zur Erholung im Freien aufzustellenden Pflanzen sind in Ermangelung eines schattigen Platzes in einem Garten schattige Balkone, offene Gänge und ähnliche Plätze anzuweisen. Alle Pflanzen, welche in Wohnräumen gestanden haben, müssen im Freien einige Wochen schattig stehen, weil sie sonst verbrennen, d. h. von der Sonne Flecken bekommen, die jahrelang sichtbar bleiben. Selbst Pflanzen aus heißen Gegenden, welche dort an Sonne gewöhnt sind, wie Kaktus, Aloe, Drazänen, Palmen etc. verbrennen, wenn sie unvorbereitet der vollen Sonne ausgesetzt werden. Die zum Schmuck des Blumenbrettes und außen am Fenster angebrachten Pflanzen müssen an den Töpfen mit Moos umgeben werden, damit die Töpfe nicht von den Sonnenstrahlen zu heiß werden und die Pflanzen zu schnell austrocknen. Dieses Moos muß stets durch Begießen feucht gehalten werden. Die im Garten zur Zierde einzeln aufgestellten großen Pflanzen umgiebt man am besten mit schmuckreichen Uebertöpfen.

Sollten die zur Ausschmückung der Blumenbeete bestimmten Pflanzen nicht schon im Mai ausgepflanzt worden sein, so ist es im Juni die höchste Zeit. Viel Wärme verlangende Pflanzen, wie Canna und Pisang (Musa), pflanzt man überhaupt in nicht besonders warmen Gegenden erst Anfang Juni aus. Um sie recht üppig und vollkommen werden zu lassen, gräbt man die Erde der für sie bestimmten Beete aus und macht die Grube nach Art der Mistbeete durch Pferdemist und Laub warm. Geschieht das nicht, so erlangen sie selbst in heißen Sommern erst im August die gewünschte Ueppigkeit. In Gefäßen erreichen solche Pflanzen selten die ganze Vollkommenheit.

Zieht man im Zimmer Gloxinien und andere schön blühende knollenbildende Pflanzen aus der Familie der Gesneriaceen, so beginnen jetzt bereits einige zu blühen. Diese Pflanzen müssen schattig stehen und dürfen nicht vor das Fenster gestellt werden. Hat man viele Töpfe mit solchen Blumen, so kann man, um den Flor zu verlängern, einen Theil davon kühler stellen. Ein wöchentlich wiederholtes Begießen mit einer sehr verdünnten Lösung von Guano oder einem ähnlich wirkenden Düngstoffe trägt viel zur Vergrößerung der Blumen und zu einem reicheren Knospenansatze bei.

Hat man die Absicht, die im folgenden Winter blühenden chinesischen Primeln und Cinerarien selbst aus Samen zu ziehen, so ist es jetzt höchste Zeit dazu. Man säet den Samen in flache Samentöpfe, in Ermangelung solcher in flache Cigarrenkisten oder ähnliche Gefäße, in fein gesiebte sandige leichte Erde (Heide- oder Lauberde) bedeckt sie schwach und hält die Erde bis zum Keimen durch Bedecken mit einer Glastafel feucht. Letzteren Zweck erreicht man auch durch Auflegen von Löschpapier, welches man durch Bespritzen immer feucht hält. H. J.

Parade in Potsdam. (Zu dem Bilde auf S. 401.) Zu den Zeiten Kaiser Wilhelms I. bildete die Besichtigung der Potsdamer Garden, die gewöhnlich am Tage nach der Frühjahrsparade der Berliner Garnison stattfand, ein hervorragendes und vielbesuchtes militärisches Schauspiel. Diese Paraden in dem Lustgarten zu Potsdam, einem mächtigen viereckigen Platze beim Stadtschlosse, hatten für die große Masse der Zuschauer insofern einen höheren Reiz als die an sich großartigeren Besichtigungen auf dem Tempelhofer Felde bei Berlin, als der militärische Akt auf einem engeren Rahmen, einem leichter zu beherrschenden Gesichtsfeld sich abspielte. Zahlreich strömten denn auch die Neugierigen herbei, insbesondere war natürlich die Bevölkerung von Potsdam und Umgegend stark vertreten, denn die Gelegenheit, den Kaiser sammt seinem glänzenden Gefolge so in der Nähe zu sehen, war selten gleich günstig gegeben.

Das vorliegende Bild gewährt uns den Durchblick zwischen dem Säulenanbau des Stadtschlosses, der den Zugang zum Lustgarten bildet, und eine freie Uebersicht über den weiten Paradeplatz, in dessen Hintergrunde sich der Glockenthurm der Garnisonkirche, der Gruft Friedrichs des Großen, erhebt. Rechts ist ein Theil des Stadtschlosses mit der großen, terrassenförmigen Freitreppe sichtbar, von wo aus, ebenso wie aus den Fenstern des Schlosses, die Damen vom Hofe zuschauen, während am Fuß der Treppe die Zöglinge des großen Militärwaisenhauses in Reih und Glied aufgestellt sind.

Ein prächtiger Anblick immer, diese farbenspielenden Uniformen, glänzenden Helme und blitzenden Waffen, die wehenden Federbüsche und Roßschweife, die ausgesuchten Toiletten der Damen des Hofes, alles inmitten einer herrlichen architektonischen und landschaftlichen Umrahmung! Und dann diese strammen Gestalten der Gardetruppen, unter denen das Regiment Garde du Corps und die Hünenfiguren des ersten Garderegiments zu Fuß mit ihren historischen Blechmützen, die würdigen Nachkommen der Riesengrenadiere König Friedrich Wilhelms I., immer am meisten die Augen auf sich ziehen. Die letzte dieser Paraden hat am

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