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verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

Meter hoch gehoben wird. Wie groß ist nun die Herzarbeit bei einem Erwachsenen in Kilogrammmetern ausgedrückt?

Das Herz muß bekanntlich das Blut durch unseren Körper treiben, in zwei Kreisläufen durch die Lungen und den übrigen Körper. Die Gesammtmasse dieses Blutes beträgt beim Erwachsenen etwa 10 Pfund oder 5 kg. Das linke Herz, welches den großen Kreislauf versorgt, muß angestrengter arbeiten. Die Blutmenge, welche durch eine Herzzusammenziehung in die Adern ausgetrieben wird, beträgt etwa 180 g = 0,18 kg, und da das Herz dabei noch den Druck des in den Adern vorhandenen Blutes, der einer Blutsäule von mehr als 3,3 m entspricht, überwinden muß, so ist die Arbeitsgröße für jede Zusammenziehung der linken Herzkammer gleich 0,18 × 3,3 oder rund 0,6 kgm. Auf die Minute kommen im Durchschnitt 75 Herzschläge, und daraus läßt sich leicht berechnen, daß das linke Herz allein in 24 Stunden die Arbeit von rund 65000 Kilogrammmetern verrichtet. Die Arbeit des rechten Herzens ist geringer, da es nur für den kleineren Blutkreislauf zu sorgen hat, sie beträgt etwa ein Drittel der Arbeit des linken Herzens, also rund 22000 kgm, und daraus würde sich die Herzarbeit mit 87000 kgm in 24 Stunden berechnen, oder mit anderen Worten gesagt: wir könnten, wenn wir diese Arbeitssumme auf einen Punkt konzentriren würden, mit dieser 1740 Centner 1 Meter hoch heben!

Vergleichen wir nun damit die größte mechanische Arbeitsleistung eines Arbeiters in 8 Arbeitsstunden, so erfahren wir, daß diese 320000 kgm beträgt. Das Herz leistet also in 24 Stunden mehr als ein Viertel der mechanischen Arbeitssumme, welche ein angestrengter Arbeiter während eines vollen Arbeitstages zu leisten vermag.

Wer sich für derartige Fragen interessirt und tiefer in die Herzensgeheimnisse der Menschen eindringen möchte, den verweisen wir auf das treffliche populäre Werk „Der Mensch“ von Dr. Johannes Ranke (Leipzig, Bibliogr. Institut); er wird darin auch eine Begründung der oben angeführten Zahlen finden. C. Falkenhorst.

Noch einmal Scheffels Nachlaß. Es ist eine in der Geschichte der Litteraturen sich häufig wiederholende Erscheinung, daß an besonders berühmt und volksthümlich gewordene Namen sich manche Erzeugnisse der Dichtkunst knüpfen, welche mit den echten und berechtigten Trägern jenes Namens nicht mehr gemein haben als eine gewisse Verwandtschaft des Stoffkreises, des Tons und der äußern Form. So ist es im grauen Alterthum Homer ergangen, in neuester Zeit aber – Scheffel.

In die Sammlung „Gedichte aus dem Nachlaß von Joseph Viktor v. Scheffel“, welche bei Adolf Bonz u. Komp. in Stuttgart erschienen ist, hat sich auch solch ein fremdes Kind eingeschlichen, ohne daß irgendwie böser Wille oder absichtliche Täuschung ins Spiel käme. Es ist das auch in den Proben, welche die „Gartenlaube“ in der Nummer 21 des laufenden Jahrgangs aus dem Büchlein mitgetheilt hat, abgedruckte „Alpenlied“; sein Verfasser ist, wie wir jetzt erfahren, nicht Joseph Viktor v. Scheffel, sondern der in Offenburg in Baden lebende Oberingenieur Beger.

Dieser schrieb das hübsche Gedichtchen einst auf fröhlicher Wanderschaft 1876 in ein Fremdenbuch am Lüner See. Ein Schweizer Tourist las es, glaubte es als Scheffelsches zu erkennen, und unter Scheffels Namen erschien es nun im Berner „Bund“, ohne daß der wirkliche Verfasser sich veranlaßt gefühlt hätte, dagegen aufzutreten. Er ließ es vielmehr ruhig geschehen, daß sein Geisteskind in dem Schweizer Blatte sich unter der stolzen Flagge versteckte, und so gerieth es denn auch in die Bonzsche Sammlung.

Als nun aber auch die weitverbreitete „Gartenlaube“ das Gedichtchen unter Scheffels Namen aufführte, da glaubte der wahre Verfasser, welcher dasselbe mittlerweile auch öffentlich bei festlichem Anlasse als sein eigenes vorgetragen hatte, schon um dem Vorwurf des Plagiats zu begegnen, nicht länger schweigen zu dürfen.

Er schrieb an die „Gartenlaube“, und sie steht nicht an, ihm sein Recht werden zu lassen. Auch der Verleger der „Gedichte aus dem Nachlaß“ hat sich selbstverständlich sofort bereit erklärt, das Lied aus der Sammlung herauszunehmen, der es doch nur zur Zierde gereicht hatte.

Merkwürdige Kriegsmaschinen als Vorläufer des Velocipeds. In einem Manuskript des Nürnberger Patriciers Berthold Holzschuher vom Jahre 1558 im Germanischen Nationalmuseum findet sich die Zeichnung eines durch Kurbelbewegung getriebenen Wagens, der nach des Verfassers Meinung mit massivem Blockwerke umgeben und mit Artillerie besetzt und so mitten in ein feindliches Heer getrieben werden konnte. Acht Personen sollten den Wagen in Bewegung setzen, etwa ebenso viel mußte er als Besatzung mitnehmen. Holzschuher versprach sich von dieser und anderen Erfindungen ganz außerordentliche Erfolge; er hielt dieselben jedoch streng geheim, und daher mag es kommen, daß die Kriegsgeschichte nichts von den gewaltigen Thaten des „Basilisken“, wie er den Kriegswagen nannte, meldet. Ein nicht durch Menschen oder Thiere gezogener Kriegswagen findet sich aber schon in der um 1470 erschienenen Ausgabe des Vegetius abgebildet, nur sollte der Wind als Triebkraft dienen. Die auf den beiden Seiten befindlichen kleinen Windflügel werden aber kaum ausgereicht haben, den Wagen von der Stelle zu bringen.

Ein Schwarzkunstblatt des Augsburger Kupferstechers Gabriel Bodenehr liefert den Beweis, daß noch zur Zeit des Siebenjährigen Krieges der Gedanke Berthold Holzschuhers die Geister beschäftigte. Das Blatt zeigt einen vierrädrigen Wagen, auf dem eine Lafette mit einem großen Geschützrohr sich befindet und welcher durch die einfache Umdrehung einer Kurbel mit der Hand in Bewegung gesetzt wird. Natürlich hatte ein solches Fahrzeug keinerlei praktischen Werth. Sollte ja eines gebaut worden sein, so werden die Versuche, dasselbe in Bewegung zu setzen, ebenso kläglich ausgefallen sein wie die eines belgischen in Rom im 17. Jahrhundert lebenden Malers, der ein ohne Pferde zu treibendes hölzernes Kastell erfunden haben wollte, das 100 Mann fassen und mit Artillerie besetzt werden konnte. Er wurde ausgelacht, da er den leeren Kasten auf ebenstem Boden nur mit allergrößter Anstrengung einige Schritte vorwärts bringen konnte, was den guten Mann aber nicht hinderte, nach Malta zu reisen und seine Erfindung den Malteser Rittern gegen möglichst viel Geld zur Verwendung gegen die Türken anzubieten.

Man sieht, daß der Gedanke, im Kriege Fuhrwerke zu verwenden, die nicht durch Menschen oder Thiere gezogen, sondern in anderer Weise fortbewegt werden, ein sehr alter ist. Erst die vielen Verbesserungen dieser Art von Fahrzeugen in der Neuzeit, die für den Sport und doch auch für mancherlei praktische Zwecke ein brauchbares Geräth schufen, vermochten es, diese Kriegsmaschinen von der Theorie in die Praxis überzuführen – allerdings in anderer Gestalt, als sich es die Alten vorgestellt hatten, als Velociped.

Schachaufgabe.
Von Franz Schrüfer in Bamberg.

SCHWARZ

WEISS
Weiß zieht an und setzt mit dem dritten Zuge matt.




Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)

W. K. in Wiesbaden. Da die Glasfalzziegel auf dem Dache Ihrer Scheune von „matt rauhem“ Glase fabrizirt sind, dürfte die in unserem Artikel „Die Sonne als Brandstifterin“ geschilderte Gefahr, daß sie als Brenngläser wirken, ausgeschlossen sein. Sollte Ihre Bezeichnung „matt-rauh“ nicht ganz zutreffend sein, so können Sie sich dadurch schützen, daß Sie die Glasflächen mit weißer Oelfarbe anstreichen.

A. P. in Dresden. Das Gut Schönhausen, welches seit dem Mittelalter im Besitze der Familie Bismarck gewesen war, ging in den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts durch Verkauf in andere Hände über. 1885 aber wurde das Gut aus dem Ertrag der „Bismarckspende“ zurückgekauft und dem Reichskanzler an seinem siebzigsten Geburtstage zum Geschenk gemacht.

J. B. in Temeswar. Von den kleinen „Verdeutschungsbüchern des allgemeinen deutschen Sprachvereins“ sind bis jetzt zwei erschienen (Braunschweig, Verlag des allgemeinen deutschen Sprachvereins); das erste hatte die Ausdrücke von Küche und Gasthofwesen zum Gegenstand, das zweite nimmt den Handel vor und zwar in seiner ersten Abtheilung die Buchhaltung, den Briefwechsel, den Bankverkehr und die Börse.

C. Sch. in Düsseldorf. Auf Ihre Anfrage giebt eine Stelle in der Rede des Grafen Bismarck vom 25. Sept. 1866 Auskunft, welche lautet: „Wir haben uns in diesem Frühjahr ungeachtet des vollständigen Versagens des Geldmarktes . . . helfen können, weil die Kassen des Staates nach guter preußischer Wirthschaft reichlich gefüllt waren.“

R. G. in Plonsk. Wir bitten um Angabe Ihrer genauen Adresse behufs brieflicher Antwort.

G. F. in Lothringen. Sie sprechen Ihr Befremden darüber aus, daß die schnellfahrenden Personenzüge von den Eisenbahnverwaltungen verschieden als Schnell-, Eil-, Kurier- oder Expreßzüge benannt werden, ohne daß der Laie einen Grund, ein eigentliches Unterscheidungsmerkmal zu erkennen vermöchte. Diese willkürlichen Bezeichnungen führen allerdings nur zur Beirrung des reisenden Publikums, und es war deshalb sehr zeitgemäß, daß in der letzten internationalen Fahrplankonferenz, welcher Vertreter von Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Rußland, Oberitalien und Belgien beiwohnten, ein Antrag gestellt wurde, diese Züge ohne Unterschied als „Eilzüge“ zu bezeichnen. Die Beschlußfassung ist auf ein halbes Jahr vertagt worden, doch steht zu hoffen, daß der Vorschlag zu gunsten der Einheitlichkeit Billigung finden werde.

H. H. in Frankfurt a. M. Da haben Sie der „Gartenlaube“ eine heikle Mission aufgetragen, verehrtes Fräulein, „Sie mit den Gebräuchen des kommentmäßigen Trinkens bekannt zu machen“, damit Sie im Betretungsfalle „die Antwort nicht schuldig bleiben“. Heikel ist sie schon um deswillen, weil in unserem weiten deutschen Vaterlande die Gebräuche und Redensarten beim Trinken nicht überall dieselben und wir zu unserem Schmerze zufällig mit dem Frankfurt-Sachsenhausener Lokalkomment gänzlich unbekannt sind. Andererseits kommen in dem Komment des deutschen Trinkers Ausdrücke vor, die uns die Höflichkeit entschieden verbietet, Ihnen vorzuschlagen. Wir können uns z. B. nicht mit dem Gedanken befreunden, daß die „Gartenlaube“ daran schuldig sein soll, wenn Sie, verehrtes Fräulein, eines schönen Tages oder Abends Ihren zarten Lippen die entsetzlichen Worte entschlüpfen lassen würden: „Ich löffle mich!“ – Also das geringere Uebel statt des größeren: wir erachten es als eine gelindere Unhöflichkeit, einer langjährigen, begeisterten Leserin eine Bitte abzuschlagen, als ihrem Munde zu Redensarten Anleitung zu geben, die der Genius des Trinkens nicht für Damenlippen erfunden hat.

L. in Z. Die Luft wird in manchen Gegenden in der That so ausgetrocknet, daß der Regen, der aus den Wolken fällt, die Erde nicht erreicht, sondern sich in der Luft in Dampf auflöst. Dies wurde in der ostasiatischen Wüste Gobi beobachtet. Neuerdings theilte Dr. C. G. Büttner der Gesellschaft für Erdkunde mit, daß er in Damaraland (in Otjimbingue) ein ähnliches Phänomen beobachtet habe. Er hörte vor Beginn eines Regenschauers ein Geräusch, als ob es über ihm regnete. Seine Begleiter erklärten ihm dieses Geräusch durch die Behauptung, daß die Regentropfen sich in den oberen trockenen Luftschichten auflösten und nicht eher zu Boden fielen, bis die unterste Luftschicht sich mit Feuchtigkeit gesättigt hätte.


Inhalt: Nicht im Geleise. Roman von Ida Boy-Ed (Fortsetzung). S. 449. – Dresden in den Tagen des Wettiner Jubiläums. Von Dr. Franz Koppel-Ellfeld. S. 452. Mit Abbildungen S. 452, 456, 460 u. 461. – Großmutters Geburtstag. Illustration S. 457. – Der Vierfingrige. Eine Erzählung von Eduard Engel. S. 458. – Die Wacht an der See im Frühling 1889. Ein Ueberblick von Gerhard Walter. S. 464. Mit Abbildungen S. 449, 464, 465 u. 466. – Blätter und Blüthen: Das sächsische Königspaar. S. 467. Mit Porträts S. 453. – Wider die Mückenplage. Von Dr. Karl Ruß. S. 467. – Herman Schmids Gesammelte Schriften. S. 467. – Die Herzarbeit. Von C. Falkenhorst. S. 467. – Noch einmal Scheffels Nachlaß. S. 468. – Merkwürdige Kriegsmaschinen als Vorläufer des Velocipeds. S. 468. – Schachaufgabe. S. 468. – Kleiner Briefkasten. S. 468.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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