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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

Disjonval zu einem System zusammengefaßt. Sein eigenartiges Werk über die Spinnen, welches auch ins Deutsche übertragen wurde, war eine Gefängnißarbeit. Von den Holländern hinter Schloß und Riegel gehalten, studierte er die Spinnen, die seine Stubengenossinnen waren. Wird es regnen, so spinnen die Radspinnen und Kreuzspinnen gar nicht; die Winkelspinnen aber, die sonst aus ihrem Hüttchen mit dem Kopf hervorsehen, drehen sich, wenn der Regen in den nächsten vierundzwanzig Stunden kommen wird, um und stecken ihr Hintertheil aus dem Hüttchen heraus. Anno 1794 prophezeite genannter Quatremère auf Grund seiner Spinnenbeobachtungen der französischen Armee unter Pichegru Frost und Thauwetter, wonach sich dieselbe bei ihrem Einfall in Holland richtete.

Auch aus dem Verhalten der Pflanzenwelt wird auf Witterungswechsel geschlossen, und man kann bei unseren Stiefmütterchen, unserem Klee oder den Dolden der Möhren interessante Beobachtungen über die Beziehungen derselben zum Temperaturwechsel anstellen. Ganz vor kurzem aber, erst im vorigen Jahre, wurde die altbekannte Papilionacee Abrus precatorius, deren runde, korallenrothe, glänzende, mit einem schwarzen Fleck gekennzeichnete Samen als Paternostererbsen geläufig sind, unter dem geheimnißvollen und vielversprechenden Namen „Wetterpflanze“ den Freunden der Naturprophezeiungen für schweres Geld zum Kauf angeboten, da sie nicht nur Wetter, sondern auch Erdbeben voraussagen sollte. Es giebt viele Leute, die sich diesen neuesten Propheten gekauft haben.

In der Landschaft auf unserem Bilde sehen wir links einen Schweinehirten; er hat Mühe, seine grunzenden Thiere beisammen zu halten, denn auch ihnen ist die Ahnung des Witterungsumschlags in die Glieder gefahren. Der Rauch „kreucht träg zur Erd’“ – das ist auch ein Vorzeichen des Regens, dessen Betrachtung uns schon zu den modernen Ergebnissen der Forschung über die Druckschwankungen der Atmosphäre hinüberleitet. – In der volksthümlichen Wetterkunde, die wir hier nur flüchtig berühren konnten, sind Wahrheit und Dichtung mit einander kunterbunt gemengt und man braucht dem allmählichen Verschwinden dieser schönen Regeln keine Thräne nachzuweinen. * 

Friedrich Gerstäckers ausgewählte Werke. Als Friedrich Gerstäcker im Jahre 1843, damals ein noch ziemlich unbekannter Mann, von seiner ersten Reise nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika zurückkehrte, da wurde er gefragt, ob er der Gerstäcker sei, der seine Reise in den von Robert Heller redigirten „Rosen“ veröffentlicht habe. Gerstäcker verneinte das entschieden und mit gutem Gewissen, aber – wer beschreibt sein Erstaunen – die Leute erzählten ihm frischweg die schönsten Geschichten aus seinem eigenen Leben und er, er konnte nicht einmal bestreiten, daß sie vollständig auf Wahrheit beruhten. Das Räthsel löste sich, als der Weitgereiste nach Leipzig zu seiner Mutter kam. Von ihr erfuhr er, daß sie sein in Amerika verfaßtes Tagebuch an Robert Heller gegeben habe, welches dieser sodann zum größten Theil in seinen „Rosen“ veröffentlichte. „So hat mich denn,“ schreibt Gerstäcker in seiner Selbstbiographie in der „Gartenlaube“ (Jahrgang 1870, S. 246) „Robert Heller eigentlich zum Schriftsteller gemacht und trägt die ganze Schuld, denn in Dresden wurde ich später veranlaßt, diese einzelnen Skizzen zusammenzustellen und ein wirkliches – mein erstes – Buch zu schreiben.“ Es waren die „Streif- und Jagdzüge“, in welchen er seine abenteuerlichen Erlebnisse mit frischen Farben, wenn auch mit noch etwas ungeübter Hand schilderte. Das Buch gefiel, und bald folgten ihm einzelne ausgeführtere Bilder, die Romane „Die Regulatoren in Arkansas“ und „Die Flußpiraten des Mississippi“, Werke, die Friedrich Gerstäckers schriftstellerischen Namen mit einem Schlage begründeten. Seitdem sind zahllose Schriften aus seiner Feder geflossen; die „Gartenlaube“, mit deren Begründer er im engsten Verkehre stand, durfte ihn zu ihren treuesten und fruchtbarsten Mitarbeitern zählen; seine „Gesammelten Schriften“ umfassen die stattliche Zahl von dreiundvierzig Bänden.

Die eiserne Energie, welche den kühnen Reisenden die unsäglichsten Mühseligkeiten und Gefahren überstehen ließ, offenbarte sich auch in der Art seines litterarischen Schaffens. „Ohne Unterbrechung schrieb er des Tages seine sechs bis acht Stunden, und dies Wochen, ja Monate hindurch. Dann war er völlig abgespannt und erholte sich durch kurze Jagdausflüge, wenn es die Jahreszeit gebot, oder spielte regelmäßig seine Partie Whist,“ so berichtet von ihm Herbert König in der „Gartenlaube“ (Jahrgang 1872). Von Zeit zu Zeit aber trat er dann wieder eine jener großen Wanderungen an, die ihn fast in alle Gegenden der bewohnten Erde führten, Wanderungen, die ihm für seine Produktionsfähigkeit nothwendig waren. Er hatte das Bedürfniß, „die schwächer werdenden Bilder jener fremden Welt aufs neue aufzufrischen,“ wie etwa ein Maler über die aufgestapelten Vorräthe der Studienmappe hinaus immer wieder der lebendigen Berührung mit der Natur, des direkten Schauens bedarf. Das gab denn auch seinen Schriften jenen unverlöschlichen Reiz des Unmittelbaren, jenen praktischen, gesunden Realismus, welcher sie in so hohem Grade auszeichnet und welcher ihnen – neben dem stofflichen Interesse – auch heute noch einen ungeminderten Eindruck auf den Leser sichert. Man darf es deshalb als einen glücklichen Gedanken bezeichnen, daß die Verlagshandlung von Hermann Costenoble in Jena sich entschlossen hat, eine Neuherausgabe der besten Werke Gerstäckers zu einem möglichst billigen Preise zu veranstalten. Für die Auswahl und Bearbeitung wurde Dietrich Theden gewonnen, welcher es verstanden hat, das dauernd Werthvolle aus der Masse herauszugreifen und unter sorgfältiger Wahrung der Eigenart des Erzählers für den Neudruck zuzubereiten. Die Zahl der Bände ist von 43 auf 24 beschränkt, welche in zwei Serien lieferungsweise erscheinen. Wir zweifeln nicht, daß der vielgelesene Autor sich in diesem neuen Gewande neue Freunde zu den alten erwerben werde. S. 

Der Charakter der Schlesier. In den „Gesammelten Aufsätzen“, welche uns Gustav Freytag, den Dichter von „Soll und Haben“ und der „Ahnen“, als Journalisten zeigen (Leipzig, S. Hirzel) und in denen er über Tagespolitik, über Geschichte, Litteratur und Kunst manch kräftig Wörtlein spricht oder vielmehr früher gesprochene in Buchform gesammelt hat, findet sich auch eine Charakteristik seiner schlesischen Landsleute; er äußert sich über Karl von Holtei, den echten und unverfälschten Vertreter seines Stammes, und sagt dabei: „Nur unsichere Ahnungen hatte man früher in der Außenwelt von dem schlesischen Gemüth, dem allerliebsten Gemisch von polnischer Lebhaftigkeit und altsächsischer Bedächtigkeit, von gutmüthiger Einfalt und kalkulirendem Scharfsinn, von sentimentaler Weichheit und reflektirender Ironie, von lauter Fröhlichkeit und andächtigem Ernst. Wer unterhält seine Kameraden auf der Gesellenbank? Der Schlesier. Wer weint mit seiner Geliebten im Mondenschein? Der Schlesier. Wer wischt sich diese Thränen mit dem Tabaksbeutel ab und denkt zuletzt: ‚Es ist alles Wurst‘? Der Schlesier. Wem steigt der Wein am schnellsten zu Kopf und wer hält doch am längsten beim Becher aus? Wieder der Schlesier! Wer verzückt sich am tiefsten in mystischer Gottseligkeit und wer spricht am gleichgültigsten mit dem Teufel? Immer der Schlesier. Alles, was man auf Erden nur werden kann, wird der Schlesier mit Leichtigkeit: Engländer und Russe. Minister und Seiltänzer, Posaune und Klapphorn, fromm und gottlos, reich und arm. Am liebsten wird er allerdings Poet, weil ihm das die Einseitigkeit erspart, irgend etwas Specielles zu werden.“  

Skataufgabe.
Von K. Buhle.

Wenn ein Spieler folgende 9 Karten:

(tr. B.) (p. B.) (c. B.) (tr. Z.) (tr. 9.) (tr. 8.) (p. As) (p. Z.) (p. K.)

in der Hand und bezüglich der zehnten Karte zwischen

und
(car. B.) (tr. As)

die Wahl hat, welche von den beiden Karten wird er wählen, um das danach sicherste und theuerste[1] Spiel ansagen zu können?




Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)

B. H. in Mißlitz. Als „Mittel gegen Wurmstich“ empfahl seiner Zeit eine englische Kommission, welche in Bezug auf die Vertilgung von Holzwürmern in fournirten Möbeln und Holzschnitzereien Versuche angestellt hatte, Benzin. Die betreffenden Möbel wurden in verschließbare Räume gebracht, in welchen während der warmen Jahreszeit flache Schalen mit Benzin aufgestellt wurden. Wenn der Inhalt der Schalen verdunstet war, füllte man die Schalen von neuem und wiederholte dieses Verfahren so lange, bis sich größere Mengen todter Holzwürmer oder Larven in den betreffenden Räumlichkeiten vorfanden. – Um hölzerne Gegenstände so zu schützen, daß überhaupt keine Holzwürmer sich daselbst einnisten können, empfiehlt es sich, die Gegenstände mit einem schwachen Leimüberzug zu versehen; um letzteren sehr wirksam zu machen, möge man auf einen halben Liter der Leimlösung noch ein Gramm Sublimat (Quecksilberchlorid) geben, nur vergesse man dabei nicht die nöthige Vorsicht, denn Sublimat ist sehr giftig.

Gustav W. S. in H. Das dem jungen deutschen Kronprinzen gewidmete sinnige „Frühlingsmärchen“ von Emil Frommel (mit Illustrationen von Alexander Zick) finden Sie in dem kürzlich erschienenen Heft 9 (Band VII) der „Deutschen Jugend“, dieser von Julius Lohmeyer herausgegebenen trefflichen Zeitschrift für unsere Knaben und Mädchen.

K. S., Braunschweig. Wir danken Ihnen bestens für Ihre freundliche Zuschrift und geben dieselbe gerne an dieser Stelle wieder, da sie ohne Zweifel von allgemeinem Interesse ist. Sie lautet: Was in Nr. 13 der „Gartenlaube“ über das allgemein Menschliche der Wörter „Papa“ und „Mama“ gesagt wird, ist unzweifelhaft richtig; das bezeugen die verschiedenartigsten Sprachen aller Erdtheile. Ebenso richtig ist der Hinweis auf die Unsicherheit der Herleitung aus indogermanischen Begriffswurzeln. Nicht berücksichtigt ist aber ein sprachgeschichtlicher Umstand, der jene Wörter für das Deutsche doch als Fremdwörter erweist. „Mama“ und „Papa“ mögen im Urgermanischen einmal bestanden haben, gerade wie in den verwandten Sprachen der Griechen und Römer; jedenfalls wissen wir davon nichts, und in keiner der altgermanischen Mundarten sind uns die Wörter überliefert, weder im Gothischen noch im Angelsächsischen, weder im Alt- noch im Mittelhochdeutschen, und auch nicht im Frühneuhochdeutschen. Sie treten vielmehr erst auf seit dem 17. Jahrhundert, das heißt, seitdem sich von unsern westlichen Nachbarn der verheerende Fremdwörterstrom über unsere blühenden Sprachgefilde zu ergießen begann. Französische Fürstenhöfe und Adelsfamilien, französische Bonnen und Gouvernanten sind es gewesen, die jene welschen Lallwörter bei den kleinen Kindern einführten und bei den großen Kindern weiterpflegten. Nicht väterliches Erbgut, sondern ein Erzeugniß der Nachäffung sind unsere jetzigen deutschen „Papa“ und „Mama“. Deshalb hat mit vollem Rechte und von einem gesunden Gefühle geleitet jene Mutter gesagt: „Ich bin eine deutsche Frau, nenne mich Mutter, mein Kind!“

Minna P. in M., Ostpreußen. Das Geheimniß der Eleganz bei bescheidenen Mitteln heißt: vorwiegend Schwarz tragen. Nur in solchem Fall passen alle Stücke der Toilette zusammen und können einzelne derselben aus Seide, Spitzen etc. allmählich beschafft werden. Wollen Sie einmal Farbe tragen, so müssen Sie bei jedem Stück im voraus überlegen, ob es zum Grundton: braun, blau, grau etc. stimme. Auffallende Farben und Muster sind nur bei raschem Wechsel möglich, müssen also in Ihrem Fall vermieden werden. Einfach in der Farbe, möglichst gut im Stoff, knapp und zierlich sitzend, so muß die Toilette einer Dame beschaffen sein, die bei kleinen Mitteln elegant aussehen will. Die so häufig auf unseren Straßen sichtbaren zufälligen Zusammenfügungen: brauner Hut, graue Jacke, grünes Kleid u. dgl., stellen freilich das äußerste Gegentheil davon vor und kosten doch ebenso viel wie ein vorher bedachter und deshalb harmonischer Anzug!


Inhalt: Gold-Aninia. Eine Erzählung aus dem Engadin. Von Ernst Pasqué (Fortsetzung). S. 517. – Friedrich List. Von Dr. H. Ellermann. S. 520. Mit Illustration S. 517. – In Großmutters Märchenreich. Illustration. S. 521. – Von der Deutschen Allgemeinen Ausstellung für Unfallverhütung. I. Von C. Falkenhorst. S. 523. Mit Abbildungen S. 524, 525 und 526. – Schatten. Novelle von C. Lauckner (Fortsetzung). S. 527. – Blätter und Blüthen: Robert Hamerling †. S. 531. – Es wird regnen! S. 531. Mit Illustration S. 529. – Friedrich Gerstäckers ausgewählte Werke. S. 532. – Der Charakter der Schlesier. S. 532. – Skataufgabe. Von K. Buhle. S. 532. – Kleiner Briefkasten. S. 532.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
  1. Es gelten die Bestimmungen der „Allgemeinen Deutschen Skatordnung“ sowohl hinsichtlich der Gewinnstufen als auch der Werthberechnung.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Leipzig: Ernst Keil, 1889, Seite 532. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_532.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)