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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

No. 39.   1889.
      Die Gartenlaube.

Illustrirtes Familienblatt. — Begründet von Ernst Keil 1853.

Wöchentlich 2 bis 2½ Bogen. – In Wochennummern vierteljährlich 1 Mark 60 Pfennig oder jährlich in 14 Heften à 50 Pf. oder 28 Halbheften à 25 Pf.


Sicilische Rache.

Ein Kulturbild aus den vierziger Jahren von A. Schneegans.
(Fortsetzung.)


Wer ist Dein Vater?“ fragte Eckart leiser nochmals Felicita, mit der freien Hand um ihre schöne Stirn spielend und sein Auge in ihren holden Blick versenkend.

„Frage nicht!“ antwortete sie endlich; „wer mein Vater ist, darf ich Dir nicht sagen. Seinen Namen darfst Du von mir nicht hören“

„Warum darf ich nicht fragen? warum nicht wissen, wie Du heißest und wer Du bist? Morgen werde ich wieder kommen und mit Deinem Vater sprechen, – und wenn Du die bist …“

„Schweige!“ rief sie, sich plötzlich aufraffend, und alles, was ihr Nina, was sie sich selber schon in der Stille der letzten Nächte von der Unmöglichkeit, einem schweizer Offizier anzugehören, gesagt hatte, trat jetzt mit urplötzlicher Klarheit vor ihre Seele.

„Schweige! – Ein Abgrund trennt uns! – Die Deinige kann ich nimmermehr werden!“

Er drückte sie fester an sich.

„Liebst Du mich denn nicht?“ fragte er mit leiser fester Stimme.

Wie das erste Mal entwand sie sich aus seiner Umarmung.

„Du hast recht,“ sagte sie dann, an seine früheren Worte anknüpfend, „Du mußt fort!“

Durch die Fenster auf die tobenden Wellen deutend, entgegnete er:

„Und wie kann ich fort? Du selber sagtest ja, es sei nicht möglich.“

Er näherte sich der Rath- und Sprachlosen.

„Warum willst Du mir den Namen Deines Vaters verhehlen? Morgen erfahre ich ihn ja doch.“

„Andere mögen Dir unsern Namen nennen, von mir sollst Du ihn nicht hören.“

„Einen ehrlichen Namen kann jeder …“

Er unterbrach sich. Mit flammendem Blick hatte sich das Mädchen vor ihm emporgerichtet. Welche wunderbar gewaltige Energie war plötzlich in diesem schönen Kinde erwacht! Welche Kraft und welch unbezwingbare Entschlossenheit brachen aus diesem Auge hervor!

„Einen ehrlichen Namen, bei der Madonna, trägt mein Vater! Und wäre der Vater hier, dieser Zweifel bliebe nicht ungerügt – nicht unerwidert. Denn Deinen Namen kenne ich ja auch nicht, und unter den schweizer Offizieren …“

„Meinen Namen darfst Du hören, Felicita, und die Worte, die unbesonnenen, die sich auf Deine Lippen drängen, verschließe sie in Deinem Herzen, denn so wie Du über die Deine, so habe ich über meine und über meiner Freunde Ehre zu wachen.“

Er nannte ihr seinen Namen, er sagte, woher sein Geschlecht stamme, wie er nach Neapel, dann nach Messina gekommen sei. Dann aber, rasch abbrechend, als wollte er einem inneren Kampfe ein Ende machen, einer unbestimmt geahnten Gefahr entrinnen, fügte er hinzu: „Felicita, Du hast


Rebhühner vor dem Hunde „aufstehend“.
Zeichnung von Joh. Deiker.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Leipzig: Ernst Keil, 1889, Seite 649. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_649.jpg&oldid=- (Version vom 2.4.2020)