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verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

auf zwei Meter hohem Sockel von grauem Odenwaldgranit steht der aus rothem schwedischen Granit gearbeitete vierkantige Obelisk, dessen untern Theil bereits reicher Bronzeschmuck umgiebt, während der obere durch Trophäengruppen, ähnlich den Schlüterschen am Zeughause aus Panzern, Schilden, Helmen und anderen Rüstungsstücken zusammengesetzt, gekrönt wird. Aus den Seiten der Obelisken ragen schön geschwungene Bronzearme hervor, welche die mattweißen Glaskugeln der elektrischen Beleuchtung tragen. Die sämmtlichen künstlerisch ausgeführten Theile der Kandelaber stammen von Bildhauer Westphal, von Professor Luerssen dagegen wieder die aus dem Scheitelpunkte der beiden mittleren Brückenbogen hervortretenden Genien aus weißem karrarischen Marmor, den Krieg und Frieden darstellend, welche in schwebender Haltung den reichverzierten Schild mit dem ersten Buchstaben des kaiserlichen Namens flankieren und sich durch ihre Formvollendung und geschickte Anordnung auszeichnen.

Obwohl die Brücke seit einiger Zeit bereits in ihrem mittleren Zuge dem Verkehr übergeben ist, wird gegenwärtig noch an den Seitentheilen eifrig gearbeitet. Bald aber ist der letzte Meißelschlag gethan und die hindernden Bretterzäune werden fallen – dann erst wird die prächtige Wirkung dieser neuen Brücke voll zur Geltung kommen; und dieselbe wird noch erhöht werden, wenn die jüngst geplante vollständige Bebauung der Museumsinsel und die Errichtung des neuen Domes von den Plänen auf dem Papier in die Wirklichkeit übertragen sein werden.

Der Umgang mit giftigen Pflanzen. Man sieht sehr oft, daß Kinder mit giftigen Pflanzen spielen, und auch Erwachsene sind im Umgang mit denselben oft ziemlich sorglos, indem sie meinen, geringe Mengen ihres Saftes könnten unmöglich giftige Wirkungen hervorrufen. Dem gegenüber erscheint es wohl zweckmäßig, an einen Vorfall zu erinnern, der im vorigen Herbst in Berlin bekannt wurde. Ein Lehrer der Botanik öffnete während des Unterrichts an mehreren Exemplaren der Herbstzeitlose die Blüthenhülle mittels der Nägel. In der Meinung, daß solche geringen Giftmengen, wie sie an den Fingern kleben bleiben, nicht schädlich sein könnten, aß er in der vormittäglichen Zwischenpause sein Butterbrot, ohne seine Nägel gereinigt zu haben. In der folgenden Stunde stellten sich jedoch Leibschmerzen ein, die sehr heftig wurden. Mit größter Anstrengung konnte er noch das Lehrerzimmer erreichen. Nach einer halben Stunde erschienen die herbeigerufenen Aerzte, fanden aber den Vergifteten ohne Athem und ohne Puls. Die sofort angestellten Wiederbelebungsversuche hatten erst nach einer halben Stunde Erfolg. Bis 4 Uhr nachmittags dauerten indessen Störungen des Sehvermögens fort. Die Aerzte erkannten in dem Anfall unzweifelhafte Zeichen einer Colchicinvergiftung.

Dabei kam auch zu Tage, daß die Kollegen des betreffenden Lehrers nicht wußten, was sie thun sollten, indem sie den Ohnmächtigen in sitzender Lage festhielten, was gerade verkehrt war.

Dieses Begebniß zeigt von neuem, daß es nöthig ist, immer wieder auf Vorsicht im Umgange mit einheimischen Giftpflanzen zu dringen, und daß wir nicht ermüden sollten, für die Verbreitung der Kenntnisse über die erste Hilfe bei Unglücksfällen einzutreten. Ich bringe diesen Vorfall darum wieder öffentlich zur Sprache, weil ich vor kurzem gesehen habe, wie ein Kind mit Herbstzeitlosen spielte und dieselben zerriß. Die Mutter wusch dem Kinde die Händchen ab, der „gebildete“ Vater aber zuckte mit der Achsel und „zankte“ unwillig über die übertriebene Furchtsamkeit. *

„Swinegel und sine Fru“ in Kamerun. Wer von uns kennt nicht die alte lustige Geschichte vom Wettlauf zwischen Hase und Schweinigel, die Bechstein in seinen Märchen so ergötzlich berichtet. An einer ganz ähnlichen Fabel, man möchte fast sagen an derselben, nur daß sie ins „Afrikanische“ übertragen worden ist, erfreut sich auch „Jung-Deutschland“ in Kamerun. In dieser Kolonie giebt es auch „Tiroler“, Bergstämme, die Viehzucht treiben. Es sind dies die Bakwiri, deren Ringkämpfe Hugo Zöller geschildert hat. Bei diesen Bakwiri hat ein anderer Kamerunforscher, Berthold Schwarz, folgende Fabel erlauscht: „Der Elefant ging einst zum Meeresufer, da zu baden. Da sah er eine Schildkröte über den Sand kriechen und sprach zu ihr: ‚Du bist ein faules Thier, Du kannst nur Schritt für Schritt marschiren.‘ Aber sie erwiderte: ‚Was gilt’s, ich komme schneller fort als Du!‘ Darauf läuft der Elefant mehrere Wochen ins Gebirge, sich Kraft anzufressen. Die Schildkröte aber geht zu einigen ihrer Schwestern und dingt sie, daß sie sich von der Küste an in gemessenen Entfernungen längs des Weges aufstellen, den der verabredete Wettlauf nehmen soll. Sie selbst wählt ihren Platz zu oberst am Ziele, auf dem Berge. Als der Elefant nach einiger Zeit zurückkommt, spricht die Schildkröte am Meere, die er natürlich für die frühere Bekannte hält, zu ihm: ‚Nun kann’s losgehen!‘ und alsbald rennt der Elefant blindlings, ohne sich umzusehen, davon, daß der Boden erzittert. Aber als er schwitzend das nächste Dorf erreicht, hockt die Schildkröte bereits behaglich am Wege. Da ruft er: ‚Da ist es schon, das elende Thier, ich muß noch besser laufen.‘ Und abermals stürmt er pustend davon. Jedoch wie er auch eilt, überall ist seine Feindin schon vor ihm angekommen. Die Wuth stachelt ihn zu wahnsinniger Anspannung aller Kräfte an. Blutiger Schweiß rinnt an seinem Leibe nieder, die Augen treten geröthet aus ihren Höhlen, und als er endlich auf der Höhe ankommt, bricht er taumelnd zusammen und verendet angesichts seiner glücklicheren Rivalin.“

So die Fabel der Bakwiri. Ganz dieselbe Fabel ist noch in Südafrika unter den Betschuanen verbreitet, nur daß hier der Elefant durch den Rehbock ersetzt ist. – Die Phantasie der Völker fördert oft ganz ähnliche Dichtungen zu Tage; solche Parallelen ließen sich noch bei vielen andern Fabeln und Märchen der Neger nachweisen. Auch im dunkeln Welttheil giebt es z. B. Vinetas, auch dort hört man in den Seen das Stampfen der Mörser, das Gackern der Hühner und das Meckern der Ziegen – Zeichen versunkener Dörfer. *




Kleiner Briefkasten.

P. A. in Chemnitz. Wir verweisen Sie auf den Artikel über „Rothe Nasen“ in Nr. 52 des Jahrgangs 1888 der „Gartenlaube“. Dort ist über die Entstehung derselben Auskunft gegeben und der bestimmte Rath ertheilt, die Heilung nur einem Arzte anzuvertrauen und sich vor den mancherlei angepriesenen Geheimmitteln streng zu hüten. Wir können diesen Rath nur wiederholen.


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Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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