Seite:Die Gartenlaube (1889) 718.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

Lage einnimmt. Der Auslöscher stört das Brennen der Flamme in keinerlei Beziehung. Nehmen wir nun an, daß die Lampe umfällt, was geschieht alsdann? Die am Ende der Stange befestigte Kugel tritt aus dem Lampenfuße heraus, zieht somit die Stange herunter, und der Auslöscher nimmt infolgedessen die in Fig. 3 wiedergegebene Stellung an – die Lampe erlischt. Dieser Mechanismus wirkt aber auch, wenn wir die Lampe hoch heben, denn dann senkt sich die Kugel erst recht nach unten und die Lampe muß erlöschen. Dem mußte nun vorgebeugt werden; denn eine Lampe, die brennend nicht von einem Tisch auf den andern getragen werden könnte, würde höchstens für eine theatralische Erdbebenscene, aber nicht für das tägliche Leben verwendbar sein.

In Wirklichkeit können wir die Lampe herumtragen und sie brennt doch. Der Erfinder hat nämlich an der schmalen Stelle des Lampenfußes, unter dem Oelbehälter, wo wir ja stets Lampen anfassen, einen Metallring angebracht, der auf und ab gleitet. Dieser Metallring (auf Fig. 1 in der Mitte durch die dunkel schraffirte Stelle und den Pfeil gekennzeichnet) ist durch Querstangen mit der senkrechten Kugelstange verbunden. Fassen wir nun den Ring an, so kann die Kugelstange nicht herabfallen, denn der Ring hat an dem Ansatze des Oelbehälters festen Halt; die Lampe brennt also fort. Anders ist es aber, wenn wir den Oelbehälter mit beiden Händen anfassen und die Lampe hochheben; alsdann muß der Ring, von der Schwere der Kugel mitbeeinflußt, hinabgleiten, der Auslöscher thut seine Schuldigkeit, die Lampe erlischt.

Fig. 7   Fig. 8
Vorrichtung gegen Sturz aus dem Fenster.
Bei offenem Fenster.   Bei geschlossenem Fenster.

Dieser selbstthätige Auslöschapparat kann nicht nur an Flachbrennern, sondern mit einigen Verändernungen auch an Rundbrennern etc. angebracht werden. Der Oelbehälter aber besteht nicht aus Glas, sondern aus Metall.

Die Vorzüge der Lampe sind nun folgende: die Lampe kann nicht explodiren, wenn sie umfällt oder wenn sie dem Träger aus der Hand gleitet, ferner brauchen wir beim Ablöschen derselben weder den Docht hinunterzuschrauben noch die Flamme auszublasen; wir heben die Lampe, indem wir sie am Oelbehälter anfassen, einfach in die Höhe. Da es bekannt ist, wie viele Brände durch Lampenexplosionen, die infolge Herunterschraubens oder Ausblasens entstanden sind, alljährlich hervorgerufen werden und wie viel Menschen dabei zu Grunde gehen, so braucht man über die Zweckmäßigkeit des Auslöschers kein Wort zu verlieren. Er spricht für sich selbst.

Aber damit sind noch nicht alle Vorzüge der Lampe erschöpft. Das Petroleum wird in den Behälter, wie auch sonst üblich, durch eine Seitenöffnung eingegossen. Der Brenner wird nicht in den Behälter hineingeschraubt, sondern bildet einen Stöpselverschluß, das heißt, er wird einfach in die Oeffnung des Behälters hineingezwängt. Sollten nun durch Erwärmung des Petroleums in dem Behälter sich Gase bilden, so müßten diese den Brenner hinausschleudern, ebenso wie die Gase einer Selterswasserflasche den Pfropfen in die Höhe knallen lassen. Geschieht dies aber, so kann die Kugelstange dem Brenner nicht folgen und zieht ihrerseits, während der Brenner höher steigt, die auslöschende Kappe empor; die Flamme muß erlöschen, bevor es zu einer Explosion kommen kann.

Auch an Hängelampen ist der Mechanismus angebracht. Die Kugel, die sonst durch die Tischplatte gestützt wird, ruht hier auf einem Deckel, der, wie wir in Fig. 4 sehen, aufgeklappt werden kann. Das Auslöschen der Hängelampen, das sonst so umständlich ist, geschieht hier durch einen einzigen leisen Fingerdruck.

Die Shaftesbury-Lampe ist zwar eine Fremde unter der leuchtenden Schar, die unser Heim erhellt, aber nützlich scheint sie jedenfalls und wird darum gewiß eine gute Aufnahme finden.

In einem der benachbarten Säle fesselt das Modell einer Scheune unser Auge. Das Giebeldach ist ganz sonderbar, die eine Dachfläche ist mit Stroh, die andere mit Dachschindeln belegt. Der Katalog belehrt uns, daß beide, Stroh wie Schindeln, wetter- und feuerfest sind. Wir stehen hier vor einem Erzeugniß der Imprägnirungsverfahren gegen Feuer, die im Hause ebenfalls die weiteste Berücksichtigung verdienen. Auch der Aussteller des Scheunenmodells steht im Dienste des Hauses; denn wir sehen daneben Bettgestelle, Decken und auch eine alte Matratze, welche ein Plakat mit folgender Erklärung trägt:

„Unmittelbar hinter dieser Schutzmatratze stand im Jahre 1884 bei der Allerhöchst befohlenen Feuerprobe, umgeben von den feuergefährlichsten Stoffen als Strohfeime, Petroleum, Benzin, Terpentin, Naphtha, Spiritus, Pulver, wohlgeschützt Seine Majestät der König von Sachsen gegenüber einem 4 m hohen Lauffeuer.“

Wir erinnern uns dabei, daß auch ein anderes gekröntes Haupt für die feuerfeste Imprägnirung der Stoffe ein besonderes Interesse an den Tag gelegt hat: die Königin von England, an deren Hofe die gesammte Leibwäsche feuerfest ist, und wir möchten hier gleich auch den Mahnruf des Gründers der Samariterschulen, des Professors v. Esmarch, citiren:

„Wer seiner Frau oder seinen Töchtern leichte Stoffe zu Ballkleidern oder Vorhängen schenken will, der lasse sie doch vorher unverbrennlich machen. Das Verfahren ist ja so einfach und so billig und die Farben der Stoffe werden dadurch nicht verdorben. Es sollte allgemein bekannt sein, daß es genügt, solche Stoffe in eine Lösung von schwefelsaurem Ammoniak zu tauchen und sie danach wieder zu trocknen und zu bügeln. Kommen sie dann mit der Flamme in Berührung, so lodern sie nicht auf, sondern verkohlen langsam wie Zunder.“

Der Aussteller der erwähnten Schutzmatratze, Techniker Franz Konrad, hat aber ein besonderes Verfahren, seine Fabrikate sind flammensicher und besitzen außerdem noch andere Vorzüge. Eine flammensichere wollene Decke ist in vielen Fällen ein unschätzbares Mittel, man kann sie über ein ausbrechendes Feuer werfen und dieses im Keime ersticken; in einigen Theatern stehen z. B. Feuerwehrleute mit ähnlichen Decken hinter den Coulissen, um Schauspielerinnen, die etwa Feuer fangen sollten, in die Decken einzuhüllen und so die Flammen zu ersticken. Eine feuerfeste Matratze ist bei ausbrechendem Feuer als bestes und nächstliegendes Feuerabsperrmittel für Gänge, Thüren oder als Feuererstickungsmittel durch Hineinwerfen in das Feuer zu verwenden. Man schläft gut und ruhig auf einer solchen flammensicheren Matratze, die nach Wunsch mit Stroh oder Roßhaar gefüllt werden kann, denn sie ist auch antiseptisch und hält das Bettungeziefer fern. Die Regierungen von Sachsen und Preußen haben dieser Matratze durch vielfache Bestellungen ihre besondere Aufmerksamkeit bewiesen.

Unser Geld schützen wir durch feuerfeste Schränke, viele würden sich jedoch schwer entschließen, eine feuerfeste Decke fürs Haus anzuschaffen. Das sind Widersprüche des täglichen Lebens!

Die Großstädter unserer Zeit fürchten ja das Feuer nicht mehr so wie ihre Vorfahren. Sie weisen mit gerechtem Stolze auf ihre Berufsfeuerwehren hin, und in der That sind die Leistungen derselben so vorzüglich, daß die Brände in Privathäusern viel von ihrem Schrecken verloren haben.

Die Ausstellung für Unfallverhütung ist ebenfalls geeignet, dieses Sicherheitsbewußtsein in uns zu stärken. Welch ein beruhigendes Gefühl erfaßt uns, wenn wir die riesengroßen, fahrbaren mechanischen Rettungsleitern von Magirus in Ulm und Lieb in Biberach anschauen, die schon an das Kuppelgewölbe der Halle reichen, obwohl sie noch nicht ganz ausgestreckt sind. Dort stehen die modellirten Feuerwehrmänner in vorschriftsmäßiger Ausrüstung, und die Spritzenmodelle, die Rettungstücher und Rettungsschläuche. Und trotzdem lenken wir unsere Aufmerksamkeit auf die unscheinbaren Gurten, Bremsvorrichtungen und Drahtspiralen, die zur Selbstrettung in Feuersgefahr dienen sollen. Das Unglück schreitet schnell, die Flamme ist geschwinder als die Feuersignale, welche die Feuerwehr alarmiren. Namentlich in kleineren Städten, in Dörfern und entlegenen Villen und Schlössern dürfte es für jeden

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Leipzig: Ernst Keil, 1889, Seite 718. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_718.jpg&oldid=- (Version vom 23.2.2020)