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verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

Blätter und Blüthen.

Sklavenzug in der Wüste. (Zu dem Bilde S. 753.) Es ist dieselbe Geschichte in ganz Innerafrika; überall giebt es dort Sklaven, und fast überall treibt dort die Jagd auf den schwarzen Menschen ihre scheußlichen Blüthen. Die allgemeine Aufmerksamkeit ist jetzt auf Ostafrika gerichtet, und wir kennen zur Genüge die Greuel, die in jenen Gebieten des Dunklen Welttheils von den Arabern und ihren Helfershelfern verübt werden. Unser heutiges Bild versetzt uns in ein anderes Land. Solchen Reitern, wie sie der Stift Albert Richters trefflich wiedergiebt, begegnen wir im westlichen Sudan an der Grenze der Sahara; es sind typische Gestalten von Händlern aus den Haussaländern, mit denen unsere Leser seinerzeit durch die Schilderungen Flegels im Jahrgange 1884 der „Gartenlaube“ bekannt geworden sind. Diese weiten Gebiete nebst den Negerreichen Bornu, Baghirmi und Wadai versorgen sowohl die Oasen der Sahara wie die nordafrikanischen Küstenstaaten mit Sklaven, und fast jede der Karawanen, welche die Wüste durchziehen, führt neben anderer Fracht auch menschliche Ware mit sich.

Paul Staudinger, welcher zuletzt die Länder am Benue bereist hat, indem er die Geschenke Kaiser Wilhelms I. an die Sultane von Sokoto und Gandu überbrachte, spricht sich über diese Sklaventransporte folgendermaßen aus: „Die Schwierigkeit des Transportes durch die Wüste macht die Leute zuerst aus Noth, später aus Gewohnheit grausam und gefühllos. Tausende von den heiteren Kindern des Sudans hat alljährlich die Sahara zum Opfer gefordert; das ungewohnte Klima und noch mehr der Durst und die Strapazen einer Wüstenreise raffen viele Hunderte dahin, von denen die meisten elend in der Einöde verschmachten, allerdings nicht durch absichtliche Grausamkeit ihrer Herren, denn jeder Händler wird sich wohl so lange als möglich seine Ware zu erhalten suchen, sondern durch die Furchtbarkeit der Sahara. Schon dieses Transportes wegen ist der Menschenhandel zu verwerfen.“[1]

So lange noch die leiseste Möglichkeit der Flucht vorhanden ist, ziehen die Sklaven gefesselt dahin, entweder in langen Reihen mit dem Gabeljoch um den Hals, oder, namentlich Weiber, mit an den Hals gebundenem Handgelenke.

Was wir auf unserem Bilde schauen, ist der Anfang des Wüstenmarsches und zugleich der Eintritt der ersten Noth. Der Wasservorrath ist erschöpft; nicht allein der Durst der Karawane, sondern auch die heißen Wüstenwinde haben die Wasserschläuche geleert. Die Leute mit den Reitkamelen sind vorausgeschickt worden, um am nächsten Brunnen Wasser zu schöpfen. Ihnen folgt die Sklavenkarawane. Ein ausgetrocknetes Flußthal, ein Wadi, wird durchschritten – wohl findet man darin etwas Wüstengras und Wüstengestrüpp, aber der Boden ist ausgedörrt, heiß; man würde hier vergeblich nach Wasser graben. Die Sonne, die größte Feindin der Verdurstenden, ist aufgegangen und sendet vom wolkenlosen Himmel ihre glühenden Strahlen auf die schattenlose Ebene hinab. Vergeblich strecken die Unglücklichen ihre Arme aus und rufen, flehen nach einem Tropfen Wasser: es giebt kein Wasser. Ein schwacher Jüngling bricht zusammen; er wird mit der Peitsche vorwärtsgetrieben – er muß sich aufraffen, muß weiter ziehen, denn wer hier liegen bleibt, der verfällt dem sicheren Tode.

Der wüstenkundige Mann an der Spitze des Zuges schaut düster vor sich hin. Die Sonne steigt höher; dort an einer Biegung des Wadi ist etwas Schatten vorhanden, an jener Stelle will er rasten; dann werden alle das Gesicht verschleiern, um die Ausdünstung des Körpers durch den Athem zu verringern, und schweigend liegen bleiben, bis die Kamele wiederkommen oder die Nacht den noch am Leben Gebliebenen den Weitermarsch gestattet.

Und welches Schicksal erwartet die Elenden, wenn sie der Tod von ihren Qualen nicht erlöst hat und ihre Gerippe nicht im Wüstensande bleichen? Glücklich, wer die Nordküste erreicht! Aber der Sklave wird auch unterwegs verkauft, und wehe ihm, wenn er für ein Kamel in die Hände wilder Nomaden wie der Tubu gelangt. Gustav Nachtigal hat uns das Los solcher Sklaven in der Wüste geschildert. In Tibesti wurden ihm kranke Sklaven vorgeführt, und ihr Leiden bestand – in einem langsamen Verhungern! Die Kinder des Sudans wissen wohl, was ihnen in einer solchen Sklaverei, bei Herren, die sich selbst kaum satt essen können, bevorsteht. Und während sonst der Sklave in Afrika mit bewunderungswürdigem Gleichmuth sein Los erträgt, wird er hier von wilder Verzweiflung gepackt. Er kann nicht fliehen, denn allein in der Wüste findet er den Tod, er kann nicht hoffen, daß er in die Hände eines besseren Herrn gelangt, und so beschließt er selbst seine Qual – hier ist der Selbstmord der Sklaven nichts Seltenes. –

Diese wenigen Worte werden genügen, um dem Leser das verständlich zu machen, was in den Herzen der schwarzen Sklavenschar vorgeht. – Es ist gleich, woher die Händler kommen, ob von den Haussaländern oder von Bornu, das Los ihrer Opfer in der Wüste ist stets das gleiche. Fühlen kann man es, aber schwerlich mit Worten wiedergeben.

Ein Fest in Pompeji. (Zu dem Bilde S. 745.) Aus dem verschütteten Pompeji graben nicht nur die Alterthumsforscher merkwürdige Ueberreste heraus, sondern auch die Maler glückliche Motive. Da führt Diana Coomans zwei schöne Pompejanerinnen vor, die auf einer Veranda Platz genommen haben, um sich einen vorüberziehenden Festzug mit anzusehen. Ganz Pompeji scheint in freudiger Bewegung zu sein, die Fenster, die Galerien gegenüber sind dicht mit Menschen besetzt. Unten im Zug erblickt man eine Festjungfrau auf einer Tragbahre, von den Genossinnen begleitet, von denen die eine über sie den Wedel hält. Die beiden Mädchen auf der Veranda sind in anmuthigen Gegensatz gestellt; die schlanke Blondine in lichter Gewandung wirft den Vorüberziehenden Blumen auf den Pfad. Die Brünette aber, die auf einem über die Brüstung gebreiteten Bärenfelle sitzt, kümmert sich weniger um die Himmlischen und ihre Verehrer; sie hat ein spähendes Männergesicht entdeckt, das zu ihr in die Höhe blickt; der Ausdruck ihrer Züge verräth, daß sie ihn wohl erkannt hat, und indem sie scheinbar harmlos den Blumenstrauß an ihre Wange drückt, scheint sie nur auf den günstigen Augenblick zu lauern, um den Kecken mit wohlgezieltem Wurfe zu treffen.

„Hans Dampf“ in allen Gassen. Pelz, Fußsack und Muff, wenigstens aber ein paar derbe Filzschuhe waren noch vor wenigen Jahrzehnten die unerläßlichen Ausstattungsstücke eines Eisenbahnreisenden im Winter; denn die wenigsten Bahnen hielten die künstliche Erwärmung der Eisenbahnwagen für erforderlich, und diese auch nur in den höheren Klassen. Die Leipzig-Dresdener Bahn begann mit der Erwärmung der Personenwagen allerdings bereits im Jahre 1840 mittels Wärmflaschen und Sandkästen. Immerhin war aber dieselbe äußerst unvollkommen, und ein Fachmann der damaligen Zeit empfiehlt daher als probates Mittel gegen Kälte „das Essen eines Apfels“, wie dies namentlich in Rußland üblich sei. Neben und nach einander finden wir später die Preßkohle, heißes Wasser, dann unsern Stubenofen und endlich den „Dampf“ als Wärmeerzeuger.

Die Heizung mit Dampf von der Lokomotive aus scheint in der That eine Zukunft zu haben. So wurden im Jahre 1887 im Königreich Sachsen 64 % der Personenwagen mit Dampf geheizt; in der Schweiz, in Nordamerika (Michigan) beabsichtigt man die allgemeine Einführung der Dampfheizung im Wege des Gesetzes.

Auf den nordamerikanischen Bahnen giebt es sogar heizbare Güterwagen mit doppelten Wandungen für die Beförderung von Obst und Kartoffeln. Im Sommer dienen diese Wagen dann ihrer Kühle wegen zum Transport von Butter und Fleisch.

Auflösung des Rösselsprungrebus auf S. 688:

Auf jeden Raum
Pflanz’ einen Baum
Und pflege sein,
Er trägt dir’s ein.


Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)

E. Br. in Freiburg im Breisgau. An Büchern über unser deutsches Heerwesen können wir Ihnen verschiedene nennen. Am ausführlichsten ist das Werk von Poten, „Unser Volk in Waffen“ (Stuttgart und Berlin, Spemann), etwas kürzer das andere von Vogt, „Das Buch vom deutschen Heere“ (Bielefeld und Leipzig, Velhagen und Klasing). Die amtlichen Bestimmungen sind in der „Deutschen Wehrordnung“ und der „Deutschen Heerordnung“ enthalten. Dort finden Sie auch das Nöthige über die Bedingungen, unter denen der Eintritt bei einer bestimmten Waffengattung erfolgen kann. Ihr Verbleib innerhalb einer und derselben Garnison während der ganzen Lieutenantszeit ist kaum wahrscheinlich, doch hängt dies lediglich von dem Ermessen der Vorgesetzten ab.

Al. V., Lauingen. Mit den „Lacrymae Christi“ hat diese „Thräne“, die Ihnen so viel Kopfzerbrechen gemacht hat, nichts zu thun, ebenso wenig mit der Thräne, die bekanntlich in Heines Gedicht „Das Meer“ von der Geliebten weißer Hand „fortgetrunken wird“. Wenn ein später Gast zu seinen Zechkumpanen sagt: „Trinken wir noch eine Thräne,“ so ist dies einerseits ein ironischer Ausdruck für ein in Wirklichkeit etwas größeres Quantum Flüssigkeit, andererseits ein Ausfluß von des Trinkers eigener rührseliger Stimmung.

N. N. in A. Eine solche Liste giebt es unseres Wissens nicht. Warten Sie, bis ein „Verzeichniß sämmtlicher lebenden Menschen“ erscheint, da finden Sie vielleicht auch Ihren Degelovsky drunter, wenn er nicht schon gestorben ist.


Für unsere Knaben und Mädchen empfohlen:
Deutsche Jugend.
Herausgegeben von Julius Lohmeyer.
Inhaltsverzeichniß des 1. Heftes, Band VIII (Preis des Heftes 40 Pf.):

Pedro. Eine Geschichte aus den spanisch. Befreiungskriegen von J. Wilhelmi. Mit Zeichn. von A. Zick. – Beherzigenswerthe Aussprüche. Walter Scott an seinen Sohn. – Die Schafe in den Alpen. Von Georg Lang. Mit Bild von F. v. Pausinger. – Von Indianern verfolgt. Ein Abenteuer in den Rocky Mountains von Friedrich J. Pajeken. Mit buntem Bilde von A. v. Rößler. – Mein Aeffchen. Von L. H. Noirclere. Mit einer Zeichn. von F. Flinzer. – Ein Geburtstagsfestspiel. Von Sophie Gudden. – Knackmandeln, Räthsel u. s. w.


Inhalt: Sakuntala. Novelle von Reinhold Ortmann. S. 741. – Allerseelen. Gedicht von Victor Blüthgen. S. 747. Mit Illustration S. 741. – Ist das Radfahren gesund? Eine kurze Betrachtung von Geheimrath v. Nußbaum. S. 747. – Ein Hasenfuß. Illustration. S. 749. – Unter dem Glockenstuhl. Novelle von Gerhard Walter (Fortsetzung). S. 751. – Blätter und Blüthen: Sklavenzug in der Wüste. S. 756. Mit Illustration S. 753. – Ein Fest in Pompeji. S. 756. Mit Illustration S. 745. – „Hans Dampf“ in allen Gassen. S. 756. – Auflösung des Rösselsprungrebus auf S. 688. S. 756. – Kleiner Briefkasten. S. 756.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.

  1. Vergl. „Im Herzen der Haussaländer“. Von Paul Staudinger. Berlin, Adolf Landsberger, 1889.
Empfohlene Zitierweise:
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