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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

Art eine wirthschaftliche Großmacht, ist eine Musteranstalt genossenschaftlicher Selbstverwaltung.

Seine Einrichtung ist die folgende: Eine Anzahl von einander nahe wohnenden Mitgliedern bildet eine Agenturgemeinschaft, deren Geschäfte von einem Agenten wahrgenommen werden. Mehrere Agenturen zusammen bilden einen Zweigverein, der die Mitglieder eines Herzogthums oder eines Fürstenthums umfaßt. So gliedert sich z. B. der Zweigverein Gotha – Herzogthum Gotha – in 18 Agenturen. An der Spitze jedes Zweigvereins steht ein Direktor nebst Stellvertreter, dem die Erledigung bezw. die Zusammenfassung der Geschäfte der ihm unterstellten Agenturen obliegt. Neun solcher Zweigvereine bilden mit dem Stammverein Weimar-Jena zusammen den Gesammtverein. Die Geschäfte desselben werden von einem Centraldirektor geführt, dem ein Stellvertreter zur Seite steht. Der Gesammtverein gliedert sich in 93 Agenturen mit 4595 Mitgliedern und einer Versicherungssumme von 25 715 490 Mark. Da sämmtliche Aemter Ehrenämter sind und demgemäß unentgeltlich verwaltet werden, so betrug, abgesehen von den gezahlten Entschädigungssummen, im vergangenen Geschäftsjahr die Summe der Geschäftsunkosten mit Einschluß der Reisekosten und des Aufwandes für Drucksachen etc. 384 Mark 80 Pfennig! Da erhebliche Brandunglücksfälle nur vereinzelt auftreten, so wurden als Beitrag der Versicherten zur Beschaffung der Entschädigungsbeträge im jüngstvergangenen Geschäftsjahre 3/100% erhoben, nachdem in den vorausgegangenen beiden Jahren von der Erhebung von Mitgliederbeiträgen deshalb abgesehen worden war, weil die Entschädigungssummen aus den vorhandenen Beständen gedeckt werden konnten. So steht diese Vereinigung thüringischer Lehrer und Seelsorger zum Schutze des gegenseitigen beweglichen Vermögens da als ein leuchtendes Beispiel der Macht genossenschaftlicher Selbsthilfe und des in die lebendige That umgesetzten Wortes „Einer für alle, alle für einen!“ H. Meißner.

Lohnauszahlmaschine. In dem Jahrbuch der interessantesten Erfindungen und Entdeckungen, welches unter dem Titel „Das neue Universum“ im Verlage von W. Spemann in Berlin und Stuttgart erscheint, findet sich die Abbildung eines eigenartigen Automaten, einer Lohnauszahlmaschine, durch welche Kassirern großer Geschäfte die umständliche Auszahlung der Lohnbeträge erleichtert, der Empfänger aber in Stand gesetzt werden soll, den ihm zukommenden Betrag rasch und sicher zu kontrollieren.

Lohnauszahlmaschine.
Aus dem „Neuen Universum“.

Der äußerst sinnreiche Mechanismus der Maschine ermöglicht es, Zahlungen in klingender Münze mit größter Schnelligkeit vorzunehmen, wobei ein Irrthum fast ausgeschlossen bleibt. Die Haupttheile der Maschine sind von Eisen und bestehen aus einem Kasten nebst Gestell, an welchem ein Tritt angebracht ist, der nur bei dem Füllen des Kastens in Thätigkeit gesetzt wird. In dem die Kasse bildenden Kasten ist Raum für Münzen im Betrage von 8000 Mark, welche, nach Sorten geordnet, in verschiedenen Messingröhren Aufnahme finden. Durch je eine Feder werden die auf Stempeln ruhenden Münzen derart fest unter den in der Abbildung ersichtlichen Verschlußbalken gedrückt, daß jedesmal nur das oberste Geldstück zur Auszahlung bereit liegt. Durch einen Druck des Kassirers auf einen der vor den Röhren befindlichen Stifte oder Schieber springt ein Stück der betreffenden Münzsorte hervor und legt sich, mit der Werthangabe nach oben gekehrt, auf den am Apparate befindlichen Zahltisch, auf welchem es leicht übersehen und gezählt werden kann. Aus unserer Abbildung sind auf dem Zahltische mehrere Reihen derartig geordneter Münzen sichtbar.

Für den Laien und insbesondere für die reifere Jugend bildet das „neue Universum“, das an solchen Mittheilungen reich ist, ein werthvolles unterhaltendes und belehrendes Nachschlagewerk, welches zugleich über die Erfindungen und Entdeckungen des Jahres sowie über die neuesten Reisen berühmter Forscher in fremden Erdtheilen eine vollkommene Uebersicht giebt. **

Die illustrirte Marlitt-Ausgabe, auf welche wir in Nr. 14 des vorigen Jahrganges zum erstenmal hingewiesen haben, ist seitdem rüstig vorgeschritten, und es liegt nunmehr bereits die Hälfte der Gesammtausgabe in fünf stattlichen Bänden vor. Band I enthält „Das Geheimniß der alten Mamsell“, Band II „Das Heideprinzeßchen, Band III „Reichsgräfin Gisela“, Band IV „Im Schillingshof“, Band V „Im Hause des Kommerzienrathes“. Der Illustrationsschmuck dieser Bände – von E. Koch, Erdm. Wagner, J. Kleinmichel, W. Claudius und H. Schlitt – ist reich und künstlerisch, die äußere Ausstattung der Bände geschmackvoll. Wer zum bevorstehenden Weihnachtsfeste den Geschenktisch mit einer werthvollen literarischen Gabe schmücken will, findet in der vorliegenden Hälfte der Marlitt-Ausgabe eine solche, die überall willkommen geheißen werden dürfte – und die zweite Hälfte, welche bis Weihnachten nächsten Jahres vollständig vorliegen soll, würde für ein weiteres Jahr eine begehrte Weihnachtsgabe bilden können. **

Zimmerpflanzen im November. Wenn es im Pflanzenleben einen Stillstand gäbe, so könnte man sagen, im November sei an den Pflanzen nichts zu thun. Aber dieser Fall kommt nie vor. Zunächst pflegt man das Vorhandene, gießt und sorgt für Reinhaltung der Blätter durch Abwaschungen, sorgt für Heizung und Auffrischung der Luft, Schutz gegen Gasgeruch und Licht u. a. m. Aber schon greift man in den nächsten Frühling hinüber, indem man Vorbereitungen für neuen Blüthenschmuck trifft. Zunächst nimmt man die im Garten tief eingegrabenen Blumenzwiebeltöpfe aus der Erde und bringt sie in den Keller. Dabei werden sogleich eine Anzahl frühester Tulpen, besonders Duc van Tholl, in das Zimmer gestellt, damit das Treiben beginne, ebenso einige Marseiller Tazetten, wenn man sie überhaupt treiben will, denn später sind diese wenig prächtigen Blumen neben der Pracht der Hyazinthen zu unscheinbar. Findet man unter den frühesten Hyazinthen einige mit weit vorgerückten Knospenhüllen, so setze man sie ebenfalls zum Treiben bereit; ist dies aber nicht der Fall, so warte man lieber noch einige Wochen, denn schwach getriebene Zwiebeln bleiben, werden sie jetzt schon warm gestellt, unfehlbar „sitzen“, wie die Gärtner sagen, das heißt: es zeigen sich zwischen den Blättern kümmerliche, nicht ausgebildete Blüthen, und der Stengel erhebt sich nicht, Die übrigen Zwiebeltöpfe gräbt man, wenn Gelegenheit dazu ist, so tief in den Sand des Kellerbodens, daß der Sand zwei Finger hoch über den Töpfen liegt, und feuchtet dann den ganzen Boden an. Ist kein Sandbeet vorhanden, so fülle man wenigstens Sand zwischen die Töpfe und halte denselben feucht. Zum gelegentlichen Warmstellen sucht man durch Abstreichen des Sandes diejenigen Hyazinthen heraus, welche am weitesten vorgeschritten sind, man findet solche auch oft zwischen den Rommelzwiebeln ohne Namen. Das Treiben findet in dem Wohnzimmer oder in einem anderen immer erwärmten Raume statt. Die Hyazinthen stellt man anfangs an einem dunklen Platz fern vom Ofen in Untersätze, welche stets mit erwärmtem Wasser gefüllt sind; die Tulpen aber sofort in das Blumenfenster. Durch das Umgeben mit lockerem Moos und Bedecken mit einem umgestülpten ausgewaschenen Blumentopfe erreicht man höhere Blüthenstengel, denn bei ganz unbedeckt stehenden Töpfen bleiben die ersten Pflanzen oft niedrig. Die Bedeckung läßt man, bis die Stengel hoch genug sind; sie blühen oft schon nach zwei Wochen. Die Hyazinthen stellt man nicht vor Mitte des Monats warm, entweder einzeln in Thonuntersätzen oder mehrere in ein größeres Gefäß. Hat man keinen andern Platz, als die Decke des Ofens, so müssen Mauersteine untergelegt werden. Ueber die Töpfe stellt man umgekehrte Blumentöpfe.

Besser ist folgende Einrichtung: man läßt einen dem Durchmesser der Ofendecke angemessenen Holzkasten anfertigen, so hoch, daß über den Töpfen noch genügend Raum bleibt. Der Boden des Kastens ist von Latten. Dann wird eine Lage Moos untergebreitet, auf welche die Töpfe zu stehen kommen. Zwischen die eingestellten Töpfe wird Moos gestopft, welches immer feucht gehalten wird. Dann deckt man wieder eine Schicht Moos darüber. Noch günstiger gestaltet sich das Treiben, wenn man diesen Holzkasten auf ein mit Wasser gefülltes Blechgefäß stellt, aus welchem immer Dunst aufsteigt. Hier bleiben die Töpfe stehen, bis die Blüthenstengel vier Finger hoch sind; dann bringt man sie an das Fenster, stülpt aber zur Vorsicht Papierhüllen darüber, bis sie die umgebende Luft vertragen. Will man viele Hyazinthen auf einmal treiben, so muß man mehrere solcher Kästen haben. Will man einige Hyazinthen bis Weihnachten oder Neujahr blühend haben, so muß man mit dem Treiben spätestens am 10. November beginnen, doch ist der Erfolg stets unsicher, denn viele Hyazinthen werden kümmerlich. Sicherer ist es, später anzufangen und langsamer zu treiben. Um Hyazinthen in Wassergläsern zu treiben, muß man die Zwiebeln schon im Oktober aufsetzen und bei mäßiger Wärme Wurzeln bilden lassen, dann erst im November warm stellen. Späteres Treiben hat bessere Erfolge.

Eine besondere Behandlung erfordern die Maiblumen. Diese verlangen und vertragen die höchste Wärme. Die im Oktober eingepflanzten Töpfe werden daher an den wärmsten Platz gestellt, ganz mit Moos eingehüllt und mit leeren Töpfen bedeckt. Von Zeit zu Zeit sieht man nach, ob die Blüthenstengel bald anstoßen, und ist dies der Fall, so stellt man sie hell, schützt sie aber einige Tage lang durch übergedeckte Gläser oder Hülsen von durchscheinendem Papier gegen die trockene Zimmerluft. Oft kommt es vor, daß manche Töpfe zu wenig Blüthenstengel haben und schlecht aussehen. In diesem Falle pflanzt man den Inhalt der lückenhaften Töpfe zusammen, was keine Störung verursacht. H. J.

Kosmos. Im Jahre 1844 schrieb Alexander von Humboldt die Vorrede zu dem ersten Bande des „Kosmos“, eines Werkes, dessen Bild in unbestimmten Umrissen dem großen Gelehrten „fast ein halbes Jahrhundert lang vor der Seele schwebte“. Nach dem Plane des Verfassers sollte das Werk eine „physische Weltbeschreibung“ bilden und alles umfassen, was im Erd- und Weltraume erforscht wurde. Der erste Band lieferte ein derartiges Naturgemälde in großen, meisterhaft ausgeführten Zügen und bildete ein abgeschlossenes Ganzes; die nachfolgenden Bände

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Leipzig: Ernst Keil, 1889, Seite 819. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_819.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)