Seite:Die Gartenlaube (1889) 856.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

mit Laub- oder Holzerde vermischt. Die fertigen Töpfe stellt man bis zum Austreiben in den Keller oder in ein ungeheiztes aber frostfreies Zimmer und hält sie da mäßig feucht.

Wer keine Blüthensträucher treibt oder treiben kann, kann sich einen schwachen Ersatz durch abgebrochene Blüthenzweige verschaffen. Man bricht anfangs Dezember Zweige mit Knospen in einer Länge von 1/3 m ab, bindet sie locker zusammen und stellt sie in ein Gefäß mit erwärmtem Wasser. Man wählt nur frühblühende Arten, mit Vorliebe Kirschen, Mandeln, Pfirsiche, Korneliuskirschen (Herlitzen, Cornus mas), gemeine Syringen (Syringa vulgaris), besonders weißblühende, kann es aber auch mit anderen Blüthensträuchern versuchen. Die Zweige müssen gebrochen werden, weil so mehr Gefäße bloßgelegt werden, welche leichter genügend Wasser aufnehmen, als glatt geschnittene Zweige. Das benutzte Gefäß stellt man auf den Ofen (jedoch nicht auf eiserne Oefen) oder in die Nähe desselben und spritzt die Zweige täglich mit einer Zimmerspritze oder einem Sprühapparat. Alle 8 Tage gießt man etwas erwärmtes Wasser hinzu; wird das Wasser im Gefäß aber übelriechend, so wird das alte ganz abgegossen und durch frisches erwärmtes ersetzt. In dieser Weise behandelte Zweige blühen gegen Weihnachten, manche, wie Herlitzen, schon nach 2 Wochen; Sträucher, bei denen sich erst kurze Blüthenzweige bilden müssen, wie Syringen, blühen allerdings kümmerlich, aber sie erfreuen dennoch. H. J.

Erinnerungen an Friedrich Theodor Vischer. Der vor nunmehr zwei Jahren verstorbene Stuttgarter Aesthetiker Vischer war eine in hohem Grade gesellige Natur. Er liebte es, sich auszusprechen, und theilte gern mit von seinem Inneren. Eine anregende Unterhaltung im vertrauten Kreise der Familie oder geistesverwandter Seelen war ihm seine liebste Erholung, und die Nachmittage, an denen er kein Kolleg zu lesen hatte, waren eigens dem Verkehr mit den Freunden gewidmet. Es war deshalb zu erwarten, daß nach seinem Hinscheiden die Zahl derer, die etwas über ihn zu erzählen wissen würden, eine große sein würde, und in der That ist bereits eine Reihe von Veröffentlichungen erschienen, die den großen Todten zum Mittelpunkte haben.

Vor uns liegt ein im G. J. Göschenschen Verlag erschienenes Büchlein „Vischererinnerungen“. Seine Verfasserin ist Ilse Frapan, die sich auch als Novellistin einen Namen gemacht hat und die in Vischers letzten Lebensjahren ganz zu seinem engsten Kreise gehörte. Mit offenherziger Gewissenhaftigkeit erzählt sie uns, wie sie dem verehrten, aber noch mehr gefürchteten Mann – galt ja doch der Verfasser von „Mode und Cynismus“ als ein ausgesprochener Weiberfeind – zuerst von Hamburg aus einige Verse zur Beurtheilung übersandte und darauf eine so freundlich ermunternde Antwort bekam; wie sie dann nach Stuttgart übersiedelte, um Vischer zunächst durch seine öffentlichen Vorlesungen persönlich kennen zu lernen, und wie sie endlich sogar einen Besuch bei dem Gefeierten selbst wagte. „Wir (d. h. die Erzählerin mit einer gleichgesinnten Freundin) wanderten die stille schöne Kepplerstraße entlang und suchten Nummer 34, 2 Treppen. Kein elegantes Haus, aber ein sauberes, gut bürgerliches. Nun standen wir vor der Glasthür im zweiten Stock, lasen links an der Wand das Schildchen mit der Aufschrift: ‚Vischer, Professor‘, und wagten nicht, die Glocke zu ziehen. Als es dann doch geschehen mußte, erschraken wir vor ihrem hellen Ton und wären fast noch davongelaufen. Aber eine ältere Dienerin erschien, legte ein bißchen die Hand ans Ohr, um das ihr fremd klingende Norddeutsch zu verstehen, und sagte: ‚Ja, der Herr Professor sind zu sprechen, gehen Sie nur hinein, da grad vor!‘ Ich klopfte zaghaft; es wurde kräftig ‚herein!‘ gerufen, und da stand er nun, der Bewunderte, Verehrte, mitten in seinem Schreibzimmer, im Schlafrock, und nahm, als er die fremden Gesichter erblickte, die Pfeife aus dem Munde, die ihn und seine Umgebung in große Wolken eingehüllt hatte. Wie herrlich er zu dem Zimmer und das Zimmer zu ihm paßte! Mir schien, als habe ich das alles schon einmal gesehen, in einem freundlichen Traum oder in einem alten Buche. Es war das Urbild eines deutschen Gelehrtenstübchens.“

Ilse Frapan schildert uns nun Vischer als Redner und Lehrer, bei sich daheim und in der Geselligkeit, bald ins Große, Allgemeine strebend und des Geisteshelden innerstes Wesen zu erfassen und zu erläutern suchend, bald in behaglicher Kleinmalerei sich verbreitend über des Mannes menschlich einfache Züge. Es soll dabei aber nicht verschwiegen werden, daß der Verfasserin manches mit unterläuft, was nicht nothwendig zu des Dichters Lebens- und Charakterbild gehört und besser ungesagt geblieben wäre.

Schier unerschöpflich ist die Fülle von gelegentlichen Bemerkungen und Aussprüchen aus Vischers Munde, von Anekdoten und Witzen, mit denen er seine fesselnde Unterhaltung freigebig würzte, und die alle zusammen das Bild des seltenen Mannes so deutlich faßbar, wie er leibte und lebte, vor uns erstehen lassen. Einer der köstlichsten Witze ist der folgende: Im Jahre 1844 wurde Vischer wegen freimüthiger Aeußerungen vom Katheder herab auf zwei Jahre seines Amtes als Professor an der Tübinger Hochschule enthoben; zu gleicher Zeit aber wurde ihm sein erster und einziger Sohn geboren. Beides zeigte er seinen Zuhörern im Kolleg mit den Worten an: „Meine Herren, ich habe heute eine unwillkommene Muße und eine willkommene Unmuße, einen großen Wischer und einen kleinen Vischer, erhalten.“

In seiner Jugend war er eine Zeitlang Vikar in einem erschrecklich öden württembergischen Pfarrdorfe. „Meine Wohnung,“ erzählte er, „war eine wahre ‚Lotterfalle‘, das heißt eine ganz schlechte verfallene kleine Stube mit Oktavfenstern und einem Kachelofen, der zwar eigentlich auch bei mir Wärme verbreiten sollte, sie aber meist der Studierstube des Pfarrers spendete, die nie benutzt wurde, denn der Pfarrer guckte nie ein Buch an.“

Die entsetzliche Langeweile in dem einsamen Dorfe und bei dem offenbar geistig nicht sehr anregenden Pfarrherrn preßte ihm einmal den schönen Vers aus:

„Am Fenster steh’ ich ohne Sorgen
Und werf ein Bröcklein Weck[1] hinaus,
Die Enten thun’s hinunterworgen –
Das ist für meinen Geist ein Schmaus!“ =


Die billigsten Jugendschriften sind wohl die hübschen Bände der „Universalbibliothek für die Jugend“ (von 20 Pfennig an bis höchstens 1 Mark 20 Pfennig), ihr größter Vorzug ist aber sicher der, daß der äußerst gering bemessene Preis ihren inneren Werth in keiner Weise beeinträchtigt hat. Neben den anerkannt werthvollen älteren Jugendschriften hat die Verlagshandlung die besten Erzeugnisse der hervorragenden lebenden Jugendschriftsteller aufgenommen und damit thatsächlich eine Universalbibliothek geschaffen, die ganz geeignet erscheint, jedem nicht gar zu hoch gesteigerten Wunsche Befriedigung zu gewähren. Da sind Erzählungen von Hebel, Jacobs, Christoph von Schmid, Ottilie Wildermuth, Marie Nathusius, Franz Hoffmann, Blüthgen, Höcker, Pichler; Indianer- und Seegeschichten von Cooper, Marryat, Ferry, Murray, Bird; Märchen, Sagen, Fabeln und Gedichte von Musäus, Hauff, Andersen, K. Fr. Becker, Schwab, Gellert, Pfeffel etc. – alle in Originalausgaben oder in sorgfältigen, von kundiger Hand ausgeführten Bearbeitungen. Und dem gediegenen Inhalt entspricht in jeder Beziehung die äußere Ausstattung der Bändchen. Dieselbe ist eine durchaus solide und gefällige, so daß die Bände sowohl für Bibliothekzwecke wie für den Geschenktisch gleich warm zu empfehlen sind. D. Th.

Buchstaben-Vexirräthsel.

Die richtig zusammengestellten Buchstaben geben den Namen eines Minnesängers und den Titelhelden einer Oper, auf welchen die Embleme hinweisen.




Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)

Reiselustiger in Gr. Die schon im Briefkasten von Nr. 27 besprochene Angelegenheit ist nun von der letzten internationalen Fahrplankonferenz dahin geregelt worden, daß alle schnellfahrenden Personenzüge, bei welchen erhöhte Fahrpreise erhoben werden, die einheitliche Bezeichnung „Schnellzug“, nicht, wie zuerst vorgeschlagen war, „Eilzug“ führen sollen. In den deutschen Winterfahrplänen ist dieser Beschluß bereits durchgeführt worden.

D. S. in K. Da Sie in einer Hafenstadt leben, sollten Sie wissen, was man unter „Flaschenposten“ versteht. Dieselben dienen zur Bestimmung der Meeresströmungen. Früher lieferten hierfür Baumstämme und Pflanzen, deren Herkunft von gewissen Küsten bestimmt werden konnte, wenn sie in der See treibend oder an fremden Küsten angeschwemmt gefunden wurden, wichtige Fingerzeige. In unserer Zeit haben die Seefahrer in der sog. „Flaschenpost“ ein anderes Mittel, das die Erforschung der Seeströmung viel zuverlässiger macht. Deutsche Schiffe, sowohl Kriegs- wie Kauffahrteischiffe, besorgen auf ihren Fahrten regelmäßig die „Flaschenpost“. Von der Admiralität und der „Deutschen Seewarte“ in Hamburg werden den Kapitänen vorgedruckte Formulare übergeben; auf denselben, den Flaschenpostzetteln, die von dem Kapitän nur ausgefüllt zu werden brauchen, sind Ort und Zeit angegeben, wann die Flaschenpost dem Meere anvertraut wurde, und außerdem befindet sich darauf eine Bitte an den Finder der Flasche, seinerseits auf dem Zettel Ort und Zeit des Fundes zu vermerken und den Zettel an die deutsche Admiralität oder die deutsche Seewarte zu senden. Die Zettel werden von den Schiffskapitänen in leere, mit etwas Sand beschwerte und gut verkorkte Flaschen gethan, und darum heißt die Einrichtung: „Flaschenpost“.


Inhalt: Eine Erscheinung. Hinterlassene Erzählung von Fanny Lewald. S. 837. – Der Nordostseekanal im Herbst 1889. Ein Ueberblick von Gerhard Walter. S. 842. Mit Illustrationen S. 837, 841, 842, 844, 845, 848 und 850. – Ein lustiges Lied. Illustration. S. 849. – Sakuntala. Novelle von Reinhold Ortmann (Schluß). S. 850. – Deutsche Bühnenleiter. Max Staegemann. Von Dr. H. Tischler. Mit Porträt. S. 853. – Blätter und Blüthen: Geschenkwerke für den Familientisch. I. S. 854. – Der Werth der Milchzähne. S. 855. – Zimmerpflanzen im Dezember. S. 855. – Erinnerungen an Friedrich Theodor Vischer. S. 856. – Die billigsten Jugendschriften. S. 856. – Buchstaben-Vexirräthsel. S. 856. – Kleiner Briefkasten. S. 856.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.

  1. Weißbrot.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1889, Seite 856. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_856.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)