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Verschiedene: Die Gartenlaube (1890)


„Unbedingt tödlich!“ Der Arzt gab den Krankenträgern, die ihre Last eben wieder aufnehmen wollten, um sie in das Haus zu tragen, einen Wink, davon abzustehen.

„Lassen Sie! Der Fürst scheint seinem Diener noch etwas sagen zu wollen, und hier handelt es sich nur noch um Minuten.“

Stadinger sah und hörte nichts von dem, was neben ihm verhandelt wurde, er sah nur auf seinen Herrn. Egon schien bewußtlos zu sein, das blonde Haupt war matt zurückgesunken, die Augen geschlossen, und unter dem Mantel, mit dem man ihn bedeckt und der sich etwas verschoben hatte, wurde die geöffnete blutgetränkte Uniform sichtbar.

„Durchlaucht!“ flehte der Alte der Warnung des Arztes eingedenk halblaut, aber in einem herzzerreißenden Tone. „Sehen Sie mich doch an, reden Sie doch zu mir! Ich bin’s ja, der Stadinger!“

Unterbrochener Unterricht.
Nach einer Zeichnung von D. Pauluzzi.

Die bekannte Stimme fand den Weg zu dem Ohre des Schwerverwundeten; er schlug langsam die Augen auf und ein mattes Lächeln flog über seine Züge, als er den Alten erkannte, der neben ihm knieete.

„Mein alter Waldgeist,“ sagte er leise, „dazu mußtest Du herkommen!“

„Aber Sie werden ja doch nicht sterben, Durchlaucht!“ murmelte Stadinger, der am ganzen Leibe bebte, aber doch keinen Blick von seinem sterbenden Herrn verwandte. „Nein, nicht sterben – gewiß nicht!“

„Meinst Du, daß das so schwer ist?“ sagte Egon ruhig. „Gestern – Du hast ganz recht gesehen – da war mir schwer ums Herz, jetzt ist es leicht. Grüße mir mein Rodeck und meine Wälder und – sie auch, die Schloßherrin von Ostwalden.“

„Wen? Frau von Wallmoden?“ fragte Stadinger, fast entsetzt über diese Wendung.

„Ja – bringe ihr meinen letzten Gruß – sie soll bisweilen an mich denken!“

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1890). Leipzig: Ernst Keil, 1890, Seite 437. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1890)_437.jpg&oldid=- (Version vom 12.12.2020)