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Verschiedene: Die Gartenlaube (1890)

Blätter und Blüthen.

Ein unterseeisches Torpedoboot. Seit der menschliche Erfindungsgeist den Torpedo in den Seekrieg eingeführt hat, ist er auch nicht müde geworden, an der Lösung einer zweiten Aufgabe zu arbeiten, die dem Torpedo erst seine volle Wirksamkeit sichern würde, an dem Bau eines unterseeischen Bootes, das imstande wäre, sich unsichtbar und unerreichbar mit seiner furchtbaren Sprengladung an das feindliche Schiff heranzumachen. Schon der erste Erfinder einer torpedoähnlichen Vorrichtung, der Amerikaner David Bushnell, baute 1776 ein steuerbares Unterseeboot, um mit dessen Hilfe seine pulvergefüllten und durch ein ablaufendes Uhrwerk entzündbaren Minengefäße an die hölzernen Schiffskörper des Feindes anzuschrauben. Aber seine Erfindung blieb ohne Erfolg, und auch alle späteren ähnlichen Versuche scheiterten hauptsächlich daran, daß die unterseeischen Boote bei ihrem verderblichen Thun selbst zu großer Gefahr ausgesetzt waren, als daß Vortheil und Nachtheil im richtigen Verhältniß gestanden hätten. Noch im Jahre 1864 gelang es einem solchen unterseeischen Boote, ein Kriegsschiff zu vernichten, aber das Boot ging selbst mit zu Grunde. So sind in den Marinen der heutigen Großstaaten nur überseeische Torpedoboote in Verwendung, denen man eben durch ihre Form, ihre Schnelligkeit, ihren Anstrich etc. möglichst viele von den Vortheilen des Unterseebootes zu verleihen sucht.

Spanisches Torpedoboot auf der Reede vor Anker.
Zeichnung von Willy Stöwer.

In letzter Zeit ist nun aber ein spanischer Marineoffizier mit einem neuen Versuche der Lösung hervorgetreten. Er hat ein Boot von der Gestalt einer Cigarre gebaut, das 24 Meter in der Läuge und stark 3 Meter in der Breite mißt, und das durch 2 Schrauben vorwärtsbewegt wird. Zum Betrieb der Schrauben dient eine elektrische Batterie, die zugleich auch die Explosion des Sprengstoffes bewirkt. Drei Personen genügen zur Bedienung des Bootes, doch kann es im Nothfalle deren fünf aufnehmen. In der Mitte der Oberfläche befindet sich die Oberlichtluke, darunter die Kammer des Kommandanten, der imstande ist, von seinem Platze aus das Steuer und alle anderen Vorrichtungen zu regieren. Schließt man nun die Luke, so schiebt sich ein Geschoßhalter mit Zündspitze aus dem Bootskörper heraus, und mit dieser Spitze berührt das untergetauchte Boot den feindlichen Schiffskörper – die Explosion erfolgt.

Geheimniß des Erfinders und der spanischen Marineverwaltung ist die Zusammensetzung des Sprengstoffs, der stark genug sein muß, den feindlichen Panzer zu sprengen, und doch dem eigenen Boote nichts zu leide thun darf, und der Mechanismus, welcher letzteres zum Sinken bringt und seine Unterwassertiefe regelt.

Spanisches Torpedoboot, vor dem feindlichen Geschwader untertauchend.
Zeichnung von Willy Stöwer.

Vielleicht, daß es jetzt gelungen ist, alle Schwierigkeiten zu überwinden, wenigstens sollen die bisher gemachten Versuche die günstigsten Ergebnisse geliefert haben. Denn auch aus Frankreich wird berichtet, daß im Hafen von Cherbourg kürzlich Proben mit einem unterseeischen Boote stattgefunden hätten, die nicht minder Beweise einer erstaunlichen Leistungsfähigkeit erbracht haben sollen. Daß die deutsche Marineverwaltung ein scharfes Auge auf diese Fortschritte der Technik hat, wissen wir aus kurzen Zeitungsnotizen über die in den einzelnen Häfen vorgenommenen Manöver und Versuche, wenn auch über die Einzelheiten derselben weniger in die Oeffentlichkeit dringt.

Das Oberammergauer Passionsspiel. Unser Artikel über das Oberammergauer Passionsspiel in Halbheft 13 bedarf nach Aenderungen, die inzwischen eingetreten sind, in einem Punkte der Berichtigung. Es ist nicht mehr zutreffend, daß man „am frühesten Morgen von München ausfahrend, das ganze Spiel ansehen und abends wiederum in München sein kann“. Denn die Generaldirektion der kgl. bayer. Staatseisenbahnen hat den eigens wegen der Passionsspiele eingelegten Frühzug von München aus wieder eingehen lassen infolge von eigenthümlichen Maßregeln der Oberammergauer Gemeinde, welche nur demjenigen, der am Vorabend des Spiels in Oberammergau eingetroffen ist, den sicheren Bezug eines Billets zu der Vorstellung – auch eines vorausbestellten – ermöglichen. Entweder erhält man nämlich sein Billet durch die Vermittelung des Quartierwirths, was die Benützung eines Quartiers, also ein Uebernachten voraussetzt; oder man hat sich ein Billet vorausbestellt: dann muß man es sich in den Kassenstunden des Vorabends abholen, weil am Spieltag selbst von morgens 6 Uhr ab auch diejenigen bestellten Billette mitverkauft werden, die bis dahin noch nicht erhoben sind. Da nun aber wohl wenige die Reise nach Oberammergau auf gut Glück unternehmen werden, ob sie wohl auch einen Platz bei den Spielen erhalten, die meisten vielmehr unter allen Umständen sicher gehen möchten, so ergiebt sich, daß der Frühverkauf von Billetten am Spieltage für die Fremden thatsächlich bedeutungslos ist. Nur mit großem Bedauern geben wir unsern Lesern von diesen Anordnungen Kunde. Denn sie werfen auf den Geist, der die Oberammergauer und ihr Passionsspiel beherrscht, ein betrübendes Licht. In der Seele thut es weh, zu sehen, wie ein häßlicher Spekulationstrieb auch über jene entlegenen Dörfler gekommen ist und den schönen Quell ihrer wunderbaren Kunstleistung getrübt hat.

Glücklicher Fang. (Zu dem Bilde S. 477.) Unsere Leser wissen aus wiederholten Hinweisen in der „Gartenlaube“ von dem vorzüglichen Prachtwerk „Aus den Studienmappen deutscher Meister“, herausgegeben von Julius Lohmeyer (Verlag von C. T. Wiskott, Breslau). Heute sind wir nun in der Lage, wieder eine bildliche Probe daraus vorzulegen, und zwar aus der Mappe des als Maler des Kriegs- und Reiterlebens wohlbekannten Werner Schuch. Ein kecker Husar aus der Armee Friedrichs des Großen hat im schneidigen Ritt durch den Bauernhof mit kühnem Griff einen stolzen Hahn an der Gurgel gepackt – da – ein kreischender Wehschrei hinter ihm mischt sich in das heisere Krächzen des gewürgten Thiers, aber schon setzt auch der Schimmel mit seinem Reiter über den halbzerfallenen Zaun. Der stolze Beherrscher des Hühnerhofs ist verloren, die Bäurin hat das Nachsehen – das leidige Kriegsrecht einer kampfverwilderten Zeit. Denn sieben Jahre Krieg haben noch niemals zu Sanftmuth und Schonung des fremden Eigenthums erzogen, besonders nicht, wenn dies fremde Eigenthum – eßbar war. = 

Bibliothek denkwürdiger Forschungsreisen. C. Falkenhorst, den Lesern unserer „Gartenlaube“ durch zahlreiche Artikel wohlbekannt, hat sich die Aufgabe gestellt, durch die Herausgabe dieser Bibliothek (Stuttgart, Union Deutsche Verlagsgesellschaft) in bündiger gemeinverständlicher Form die neuesten Errungenschaften der geographischen Forschung dem weitesten Leserkreis darzubieten. In den Reisewerken der Forscher ist allerdings die ausführliche Geschichte jener Ereignisse nachgewiesen; leider sind aber diese Werke zu umfangreich und auch nicht immer verständlich für den Laien. In der Bibliothek sollen die Darstellungen kurz und für jedermann leicht faßlich gehalten sein. Da wird die Eroberung des kaum durchforschten Meeresgrundes für das gedankenleitende Kabel, die Kultivirung der Wüste, es werden die Anfänge der unterseeischen Schiffahrt, die ersten Versuche der Luftschiffahrt behandelt werden. Auch die Bestrebungen, die auf das Erschließen fremder Länder für die Kolonisation und die Anknüpfung von Handelsbeziehungen gerichtet sind und durch welche die Geschichte unserer Expeditionen vielfach den Unternehmungen des Zeitalters der Entdeckungen an die Seite gestellt wird, in welchem die Neue Welt mit dem Ruhm glänzender und kühner Thaten erfüllt wurde, werden eingehend besprochen werden. – Es sind zwölf Abschnitte in Aussicht genommen, von denen sechs dem dunkeln Welttheil gewidmet sind: „Emin Paschas Vorläufer im Sudan“, „Emin Pascha, Gouverneur von Hat-el-Estiva“, „Henry M. Stanleys Forschungen am Loango und Nil“, „Auf Bergeshöhen Deutsch-Afrikas“, „Deutsch-Ostafrika. Geschichte der Gründung einer deutschen Kolonie“, „Durch die Wüsten und Steppen des dunkeln Welttheils“. Eine Abtheilung ist Prschewalskis Reisen in Centralasien gewidmet; zwei, „Weltentdecker und Weltumsegler“, „Amerikanische Staatenzerstörer und Staatengründer“, sind Jubelschriften zur Feier der Entdeckung von Amerika. Außerdem finden sich Abhandlungen über die Erforschung der Meere, über Nordpolfahrten und Luftfahrten. Die vorliegenden Hefte, in denen „Emin Paschas Vorläufer im Sudan“, vor allem Gordon, geschildert werden, lassen durch klare volksthümliche Darstellung, durch Illustrationen, welche Bildnisse, Volkstypen, Landschaften, charakteristische Gruppenbilder bieten, durch die geschmackvolle äußere Ausstattung bei wohlfeilem Preis den Anspruch, den die Sammlung erhebt, in der Hausbibliothek Zutritt zu erhalten, als vollkommen berechtigt erscheinen.  



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1890). Leipzig: Ernst Keil, 1890, Seite 484. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1890)_484.jpg&oldid=- (Version vom 10.9.2022)