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Verschiedene: Die Gartenlaube (1890)

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Denksprüche von D. Sanders.

     Todesscheu.
„Leben, o köstliches Glück!“
Jubelt es hier; doch zurück
Tönet von dort es: „O Tod!
Retter aus Elend und Not!“

Aber auch elend, wie sehr!
Trennt man vom Leben sich schwer,
Bangt vor dem Ende des Seins
Oder dem Ende des Scheins.


     Der gute Stiel.
„Wie schreib' ich einen guten Stiel?“
So fragt den Meister der Geselle.
„Kein Wort zu wenig, keins zuviel
Und jedes an der rechten Stelle.“


     Die wahrhaft Jungen.
„Wer sind die wahrhaft Jungen?“ Das sind
               die Alten,
Die trotz der Jahre sich jung erhalten.


     Ohne Scheu.
Ohne Scheu durchregnen läßt
Der sich, der schon ganz durchnäßt.


     Der Böse.
Der Kohle gleicht eine böser Mensch, drum fern
          von ihm dich halt'!
Die Kohle brennt dich, wenn sie heiß, und schwärzt
          dich, wenn sie kalt


     Anrecht auf beiden Seiten (russisch).
Unrecht, Bär, hast du,
Daß du fraßest die Kuh;
Doch ist der Kuh recht geschehn,
Was braucht sie auch in den Wald zu gehen.


     Weisheits- und Thorenschule.
Unglück ist die Weisheitsschule;
Doch der Mensch ist solch ein Thor.
Daß er schon seit Adams Zeiten
Zieht die Thorenschule vor.




Die Kaisermanöver in Schleswig-Holstein.

Schilderung von Werner Frölich. Zeichnungen von H. Lüders und E. Buffetti.

Landungsmanöver bei elektrischer Beleuchtung.

Die Kaisertage sind verrauscht, doch in den Herzen des schleswig-holsteinischen Volkes wird noch lange die Erinnerung fortleben an diese kurze, aber herrlich schöne Zeit. Man kann wohl, ohne Widerspruch zu finden, den achttägigen Kaiserbesuch in der meerumschlungenen Nordmark des Deutschen Reiches ein geschichtliches Ereigniß nennen. Schleswig-Holstein hat lange im Schmollwinkel gestanden; man konnte es nicht verwinden , daß durch die politischen Ereignisse der sechziger Jahre eine dem Volkswillen entgegensetzte Wandlung für das Land herbeigeführt wurde, daß der angestammte Fürst, der Herzog von Schleswig-Holstein-Augustenburg, nicht die Regierung der Herzogthümer übernahm und daß diese eine preußische Provinz wurden. Wohl haben Schleswig-Holsteins Söhne auf den blutigen Gefilden van Mars la Tour, Gravelotte, Sedan und Le Mans ihre Treue gegen Deutschland bewiesen, wohl haben sie dem neuerstandenen Deutschen Reiche aufrichtigen Herzens zugejubelt und sich allmählich ausgesöhnt mit der Neuordnung der staatlichen Verhältnisse, aber ein Rest von Partikularismus blieb noch zurück, die Erinnerung an den Herzog Friedrich lebte fort in dem Herzen des angelsächsischen Stammes, der sein Recht gekränkt wähnte. Heute ist das anders geworden, die unverwelkliche Liebe und Verehrung, welche unser Volk dem Herzog Friedrich zollte, es hat sie übertragen auf dessen anmuthige, liebreizende Tochter, „das Muster einer deutschen Fürstin und Frau“, welche jetzt den deutschen Kaiserthron ziert.

Als die Kunde in unser Land kam, daß in diesem Jahre das Kaisermanöver des 9. Armeeecorps auf den denkwürdigen Düppeler Höhen und auf der Insel Alsen, der Perle Schleswig-Holsteins, stattfinden und daß die Kaiserin demselben beiwohnen,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1890). Leipzig: Ernst Keil, 1890, Seite 688. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1890)_688.jpg&oldid=- (Version vom 23.8.2023)