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Verschiedene: Die Gartenlaube (1890)

muß er die Schneider auf seiner Seite haben; denn er lehrt ja: „Mit dem Schneider ist’s wie mit dem Arzt: er darf nur so selten wie möglich gewechselt werden.“

Für Salben, Pomaden, Waschwasser etc. wird man vielleicht in anderen Werken neuere und mitunter bessere Anweisungen finden; bessere Grundsätze der Hygieine der Schönheit aber gewiß nicht, und darum dürfte auch die Vertiefung in das Büchlein, ein Plauderstündchen bei dem Florentiner Professor Mantegazza, für alle, die in Betreff ihrer Schönheit konservativ gesinnt sind, nicht nur unterhaltend, sondern auch nutzbringend sein.

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J. G. Fischer, der Nestor der schwäbischen Dichter, dessen gemüthreiche und stimmungsvolle Poesien unsern Lesern wohl vertraut sind, hat an seinem späten Lebensabend den Verlust der geliebten Gattin zu beklagen, und seinem Schmerze um die theure Entschlafene giebt er in den folgenden Strophen einen ebenso ergreifenden wie hochpoetischen Ausdruck.

 Der Gattin Tod.
Nun liegst du im Grabe mit ihm vereint,
Deinem Erstling, den du so heiß beweint.
Was ihr redet zusammen - ach wer weiß?
Die Todten flüstern und hören leis.
Nur wir Armen, o Gott, die da oben geh’n,
Wir dürfen kein Wort von euch versteh’n.
Ich gehe dein Lager um und um,
Das verlass’ne – wie still! wie todtenstumm!
O ein Wort nur, du einst’ges Lebensglück!
Doch mein eigenes Wort nur hallt zurück.
Mich fragen die Wände durchs ganze Haus:
Wie gehst du nur selbst noch ein und aus?
Die Blumen vorm Fenster schau’n herein:
Wo mag denn heute die Sonne sein,
Die wir da drinnen so oft geseh’n
Mit den Himmelsaugen vorübergeh’n?
O arme Blumen, die schied so weit,
Daß ich weine und weine die ganze Zeit.
 J. G. Fischer.

Ein Geschichtswerk von Karl Biedermann, das einen Abschnitt der neuen oder neuesten Geschichte behandelt, wird immer willkommen geheißen werden, einmal weil der Verfasser durch seine lange parlamentarische Laufbahn oft in der Mitte der Ereignisse stand und mit hervorragenden Persönlichkeiten in nächste Berührung kam; dann aber auch, weil die Darstellungsweise Karl Biedermanns frei von jeder Manier, durchaus verständlich und volksthümlich ist. Diese Vorzüge hatte schon sein Werk „Dreißig Jahre deutscher Geschichte 1840 bis 1870“ und sie finden sich nicht minder in der „Ergänzung nach rückwärts“, die er jetzt demselben hinzugefügt, in der Schrift „1815 bis 1840. Fünfundzwanzig Jahre deutscher Geschichte“, welche in zwei Bänden vorliegt (Breslau, S. Schottländer).

Wir erfahren zunächst aus dem Werke, wie der Wiener Kongreß über das Schicksal der Völker verfügte. Von besonderem Interesse sind die Verhandlungen über die sächsisch-polnische Frage; die Charakterköpfe der hervorragenden Diplomaten sind ungezwungen in die Schilderung der Vorgänge eingefügt; wir sehen, wie aus verschiedenen Entwürfen heraus sich die deutsche Bundesakte gestaltete. Dann wird eine kurze, aber sehr lebendige Schilderung des Krieges von 1815, der Schlachten bei Ligny und Belle-Alliance eingeschoben. Wir wenden uns darauf den inneren Vorgängen in Deutschland zu: der Gründung der Burschenschaft, dem Wartburgfest, der Ermordung Kotzebues durch Sand und der rückläufigen Bewegung, welche dem studentischen Aufschwung folgte und ihm ein jähes Ende bereitete.

Die preußische Kamarilla, welche den Sieg über den widerstrebenden Staatskanzler von Hardenberg davontrug, wird in ihren Hauptvertretern und in ihren eifrigsten Schergen geschildert. Es ist eine Zeit, welche noch heutigen Tags bei unbefangener Darstellung die Leser mit Grauen erfüllen muß; denn die Verfolgung der damaligen Jugend war eine unerhörte, und ein so grausames Strafmaß, welches über die bloße Aeußerung von Gesinnungen Todesstrafe und lebenslängliches Gefängniß verhängte, erinnert an die Zeiten der Cäsaren und der französischen Schreckensherrschaft. Und dabei bestand in Deutschland der tiefste Frieden. Den Höhepunkt erreichte die Reaktion mit den Karlsbader Beschlüssen. Inzwischen waren in den deutschen Mittelstaaten und kleinern Staaten nach langen Kämpfen zwischen den Regierungen und den Ständen Verfassungen eingeführt worden; über die Entwicklung und Gestaltung derselben giebt Biedermanns Schrift willkommene Auskunft.

Der zweite Band beginnt mit einer Darstellung der geistigen und litterarischen Bewegung vor, in und nach dem Befreiungskriege und endet mit einem Abschnitte: „Wandlungen in Poesie und Philosophie“; es ist dies ein Gebiet, auf welchem der Kultur-, und Litterarhistoriker Biedermann vorzugsweise zu Hause ist und das er mit geistvollen Lichtblicken erhellt. Die Darstellung der politischen Vorgänge bringt in vier Kapiteln eine Geschichte des Bundestages bis 1824, schildert dann Deutschland unter den Rückwirkungen der Pariser Julirevolution von 1830, die Einflüsse der belgisch-polnischen Revolution, das Hambacher Fest, den preußisch-deutschen Zollverein, den hannoverschen Staatsstreich, die inneren Zustände des österreichischen Kaiserstaates und die Vorgänge auf kirchlichem Gebiet.

Beide Werke, zusammengefaßt unter dem Titel „Geschichte Deutschlands vom Wiener Kongreß bis zur Aufrichtung des neuen deutschen Kaiserthums“ sind dem Fürsten Bismarck gewidmet.

Frauen-Dank. Gleich nach dem Hinscheiden der Kaiserin Augusta am 7. Januar d. J. war in den Kreisen des „Vaterländischen Frauenvereins“ der Gedanke angeregt worden, den Gefühlen der unvergänglichen Verehrung und Dankbarkeit gegen die edle Frau, die treue Beschützerin aller deutschen Frauenvereine, die eifrige Fördererin aller Werke der Nächstenliebe, einen sichtbaren, dauernden Ausdruck zu geben. Und wie sich erwarten ließ, ist dieser Gedanke auch auf fruchtbaren Boden gefallen. Eine ganze Anzahl Vereine, der „Bayerische Frauenverein“, der „Sächsische Albertverein“, der „Württembergische Wohlthätigkeitsverein“, der „Badische Frauenverein“, der „Hessische Alice-Frauenverein“, das „Patriotische Institut der Frauenvereine im Großherzogthum Sachsen“ und der „Mecklenburgische Marien-Frauenverein“ vereinigten sich mit dem „Preußischen Vaterländischen Frauenverein“ in dem Beschlusse, eine Sammlung zu veranstalten, deren Ergebniß unter dem Namen „Frauen-Dank“ der Kaiserin Auguste Victoria überreicht werden soll. Die Absicht ist, die Erträge der Sammlung mit der von der verewigten Kaiserin Augusta zur Feier ihrer Goldenen Hochzeit im Jahre 1879 begründeten Stiftung „Frauentrost“ zu vereinigen und so dieser hochherzigen Stiftung, deren Bestimmung es ist, die Frauenvereine unter dem Rothen Kreuz in der Ausführung ihrer gemeinnützigen Bestrebungen zu unterstützen, neue Mittel zuzuführen.

An alle Frauen und Jungfrauen unseres Deutschen Vaterlandes ergeht nun der Aufruf, zu diesem nationalen Liebeswerke nach Kräften beizutragen. Und damit nicht die kleinen Scherflein schüchtern zurückzustehen brauchen, damit die Stiftung wirklich aus den breitesten Schichten des Volkes, nicht bloß aus dem Ueberschusse einiger Reichen hervorgehe, ist ausdrücklich die Grenze der Beiträge von 10 Pfennig bis zu 10 Mark festgesetzt worden. Als Sammelstellen dienen die obengenannten Vereine mit ihren Verzweigungen. Für diejenigen aber, welche keine Gelegenheit haben, mit einem solchen sich in Verbindung zu setzen, also insbesondere für unsere deutschen Frauen und Mädchen im Auslande, sei bemerkt, daß das Bankhaus von F. W. Krause u. Komp., Berlin, Leipzigerstraße 45, zur Entgegennahme von Beiträgen gerne bereit ist. Nur müßte darauf geachtet werden, daß Sendungen an dieses eine genaue Bezeichnung ihres Zweckes tragen, damit keine Verwechslungen vorkommen.

Eine geputzte Chinesin. Eine Abendländerin kann mit dem Putz und den Zierathen einer Bewohnerin des Reichs der Mitte nicht wetteifern, besonders wenn die letztere den vermögenderen Klassen angehört. Der Kragen, die Aermel, die Schuhe sind reich gestickt, oft aus Gold- und Silberzwirn; die Seidenstoffe sind mit Medaillons von Schmetterlingen brochirt; das Haar wird sehr sorgfältig geordnet, oft mit wirklichen Blumen oder mit künstlichen aus Gold, Silber, Perlen, Nephrit, Edelsteinen oder mit Verzierungen von Glas geschmückt. Die Hausfrauen und die jungen Damen verfertigen übrigens ihre Kleider selbst, was dadurch sehr erleichtert wird, daß die Mode keine wechselnde ist. Das Schminken ist allgemein Sitte bei jungen Mädchen und Frauen. Bei der schmutzig gelben Hautfarbe der meisten Chinesinnen erscheint das Schminken als ein nothwendiges Uebel. Die von den Dichtern gefeierten Schönheiten haben alle Korallen- oder Pfirsichlippen, mandelförmige Augen, dunkle, hochgeschwungene Augenbrauen. Da muß nun die Schminke nachhelfen, wo die Natur nicht genug gethan hat, um den Anforderungen der Dichter und auch der Volksmeinung an die weibliche Schönheit nachzukommen. Die Kunst des feinen Schminkens ist aber unbekannt; große Kleckse von rother Farbe werden auf dem mittleren Theile der Unterlippe angebracht und auf den obern Augenlidern; die Handteller und die weißen sichelförmigen Theile der Nägel werden auch geschminkt. Im ganzen hat solch eine frisch herausgeputzte Chinesin etwas Puppenhaftes.

Die Hochwasser in den letzten Tagen des November haben allenthalben in Deutschland und Oesterreich große Verheerungen angerichtet, wie wir dies ja an dem Beispiel von Karlsbad auf Seite 865 gezeigt haben. Viel Hab und Gut ist den Fluthen zum Opfer gefallen, Elend und Krankheit bilden das traurige Gefolge der jähen Katastrophe. Da ergehen überall in den öffentlichen Tagesblättern Aufrufe an die menschliche Barmherzigkeit, daß sie helfend eingreife und die äußere Noth lindere, soweit es in ihren Kräften steht. Gern würde auch die „Gartenlaube“ solchen Aufrufen Raum geben, aber bei der langen Zeit, welche sie zum Drucke ihrer großen Auflage bedarf, würde sie zu spät kommen; auch würde die „Gartenlaube“, die im ganzen deutschen Vaterlande und darüber hinaus gleichmäßig verbreitet ist, durch Veröffentlichung einzelner dieser öffentlichen Hilferufe leicht eine Ungerechtigkeit begehen. Sie kann also nur an alle ihre Leser die herzliche und dringende Bitte richten, sie möchten die Augen offen halten, damit sie die Stellen erfahren, wo Gaben für die Ueberschwemmten in Empfang genommen werden, und sie möchten dann auch nicht verfehlen, die mildthätigen Hände zu öffnen und willig und reichlich zu geben.

An der Jahreswende. Wenn der Jahrgang einer Zeitschrift dem Ende entgegengeht, wenn es gilt, die letzten Bogen und die letzte Seite zu füllen, dann pflegen die Herausgeber rückwärts und vorwärts zu blicken auf den Weg, den sie durchmessen haben, und den neuen, welcher vor ihnen liegt.

Sie richten dann auch, altem guten Brauch folgend, einige Worte an ihre Leser, um ihnen für die seitherige Begleitung zu danken und sie freundlich aufzufordern, auch ferner mitzugehen und dem Blatte treu zu bleiben.

Das ist die Zeit der alliährlichen Journal-Ankündigungen und -Anpreisungen, die Zeit, wo es im lieben deutschen Vaterlande Dutzende von illustrierten Familienblättern zu geben scheint, von welchen jedes das beste, jedes das billigste und jedes das verbreitetste ist, die Zeit, wo in pomphaften Reklamen das Alte vom Neuen und das Neue vom Allerneuesten überboten wird.

Die „Gartenlaube“ steht in dieser Hinsicht allen anderen schon zeitlich sehr bedeutend nach. Während die meisten anderen das neue Jahr schon im Herbst beginnen, hält die „Gartenlaube“ noch immer an der altmodischen Gewohnheit fest, das Jahr am 1. Januar beginnen zu lassen!

Da ist es denn nicht zu verwundern, daß, während die „Gartenlaube“ im Herbst ruhig und geräuschlos weiter erscheint, wahre Stürme von Abonnements-Einladungen und Empfehlungen über ihre Leser hinbrausen. Aber so heftig und nachhaltig dieselben auch blasen mögen, sie haben es noch nie vermocht, den Stamm der Gartenlaubeleser ernsthaft zu gefährden.

Immer wieder aufs neue findet sich seit nun fast vier Jahrzehnten die große Gemeinde zusammen in ihrer alten, trauten „Gartenlaube“.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1890). Leipzig: Ernst Keil, 1890, Seite 894. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1890)_894.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)