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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891)

Die Namen Tippu-Tipps. Seit der Tragödie, die sich bei der von Stanley am Aruwimi zurückgelassenen Nachhut abgespielt hat und deren Schuld bald auf Stanley, bald auf den todten Barttelot, bald auf den treulosen Tippu-Tipp abgewälzt wurde, ist der Name dieses mächtigsten mittelafrikanischen Sklavenjägers und Elfenbeinhändlers allen europäischen Zeitungslesern geläufig. Der alte Araber, der Sohn eines Kaufmanns aus Maskat und einer Negerin von der ostafrikanischen Küste, heißt eigentlich Hamed bin Mohammed. Den Namen Tippu-Tipp, Tipo-Tipo oder Tibbu-Tib haben ihm die Eingeborenen in den Wildnissen des dunklen Welttheils beigelegt. Was bedeutet er? Livingstone hat ihn zuerst erwähnt und dahin gedeutet, daß Tippu-Tipp einst Beute, die er in Nsama erobert hatte, dichter zusammengeschoben und gesagt habe: „Jetzt bin ich Tippu-Tipp,“ d. h. „Sammler von Reichthum“.

Ward und Jameson, die bei der Nachhut Stanleys am Aruwimi thätig waren, berichten in ihren neuesten Werken, der Araber sei darum so genannt worden, weil bei den Angriffen der Beutejäger das rasch wiederkehrende Knallen der vielen Gewehre in den Pflanzungen der Dörfer den erschreckten Bewohnern wie „tip u tip, tip u tip“ ins Ohr geklungen habe. In den von ihm verwüsteten Gegenden am Kongo führt Hamed bin Mohammed noch andere Namen. „Mkangwa Nsala“, „Furcht vor Hunger“, heißt er, weil er selbst zu sagen pflegt, daß er sich vor keinem Wege scheue, wo es Kämpfe zu bestehen gebe, denn dort seien auch Lebensmittel zu finden; aber einen Weg ohne Kämpfe gehen, heiße Hunger leiden. Sein letzter Name lautet Mtipoora, „Fußtritt“ oder „Fußtapfen“. Wenn die Eingeborenen am Kongo bei einem Dorfe anlangen, welches er angegriffen hat, so sehen sie nach den Fußspuren und sagen: „Tippu-Tipp ist hier gewesen, das ist ein schlechter Platz, wir wollen fort von hier.“

Der Mann hat, wie man sieht, viele Namen und alle sind bezeichnend; ein guter ist nicht darunter.*     

Auch eine Art von Kurpfuscherei. Es ist noch nicht so lange her, daß die Sitte, im Sommer aus der heißen Atmosphäre der Städte in irgend einen ländlichen Aufenthalt zu flüchten, allgemeiner in Aufnahme kam; die natürliche Folge davon war, daß eine Reihe von Dörfern und Landstädtchen, welche leidliche landschaftliche Reize für sich anzuführen hatten, in pomphaften Zeitungsanzeigen sich einem verehrlichen Publikum als passende Luftkurorte empfahl. Das hätte nun an und für sich weiter nichts auf sich; denn daß ein paar Wochen auf dem Lande auf den vom Lärm und Dunst der Großstadt geistig und körperlich Erschöpften eine erfrischende Wirkung auszuüben vermögen, das wird ja kein verständiger Mensch in Abrede stellen. Aber vergessen wird vielfach von den Urhebern jener Anzeigen, daß die Würde als Luftkurort auch die Bürde ernsthafter Verpflichtungen nach sich zieht, daß es nicht genügt, ein paar Bänke und Wegzeiger für Spaziergänger anzubringen und allenfalls noch einen Aussichtspavillon anzulegen. Wer sich seinen Mitmenschen als Helfer in der Noth anpreist, wer ihnen Erholung von den Leiden einer vielfach überreizten Kultur verspricht, der muß auch dafür sorgen, daß diejenigen, welche solchen Verheißungen Vertrauen schenken, nicht Gefahr laufen, schwerere Schäden an ihrer Gesundheit davonzutragen, als die waren, von denen sie Heilung suchten. Dazu gehört eine sorgfältige Auswahl der zur Vermiethung an Kurgäste geeigneten Zimmer, eine genaue Kenntniß und gewissenhafte Durchführung der grundlegenden hygieinischen Vorschriften, insbesondere eine strenge Beaufsichtigung der Brunnen und Trinkwasserleitungen. Welch gewissenlose Mißachtung dieser einfachsten Forderungen vorkommen kann, dafür nur ein warnendes Beispiel, das kürzlich durch eine gerichtliche Verhandlung an die Oeffentlichkeit drang und das um so krasser ist, als es sich dabei nicht um einen neu aufgetauchten Luftkurort handelt, sondern um ein seit mehr als einem Jahrhundert besuchtes Bad, und als dabei ein Arzt unmittelbare Mitschuld trägt.

In diesem Bade – wir unterdrücken hier den Namen, weil er an und für sich bedeutungslos ist und weil es sich für uns nicht um eine Brandmarkung desselben, sondern lediglich um die Sache selbst handelt – herrschte im vergangenen Jahre eine Typhusepidemie. Nicht weniger als einundfünfzig Personen erkrankten, mehrere starben. Um aber den Besuch des Bades nicht zu schädigen, unterließ der Badearzt die vorgeschriebene Anmeldung, und das brachte den Mann erst vor das Schöffengericht und dann infolge der Berufung des Staatsanwalts sogar vor die Strafkammer, bei welcher die Anklage gegen ihn erhoben ist, daß er „eine zur Verhütung des Einführens oder Verbreitens einer ansteckenden Krankheit von der zuständigen Behörde angeordnete Maßregel wissentlich verletzt“ habe. Wodurch aber war jene Typhusepidemie entstanden? Durch das verdorbene Wasser eines Brunnens, der sich in unmittelbarer Nähe einer Abortgrube und einer Düngerstätte befand.

Wir führen diesen Fall an als einen Fingerzeig, wo die Sorgfalt der berufenen Verwalter der eingangs besprochenen Kurorte einzusetzen hat, wo die Gefahren lauern, denen zu begegnen ihre ernste Pflicht ist. Eine Versäumniß dieser Pflicht würde sie in eine Linie stellen mit den Lieferanten jener trügerischen Heilmittel, deren Anwendung werthlos oder gar gefährlich ist.




Kleiner Briefkasten.

(Anfragen ohne vollständige Angabe von Namen und Wohnung werden nicht berücksichtigt.)

„Nosce te! 0001!“. Für die „Gartenlaube“ allerdings nicht geeignet.

F. P. in Triest. Nach Heyses Fremdwörterbuch wäre „das Check“ richtig. Doch dürfte im Gebrauch „der Check“ das gewöhnlichere sein.

H. F., Insterburg. Ihre Frage nach der Briefmarkensprache ist beantwortet, ehe sie gestellt wurde. Schlagen Sie einmal in der „Gartenlaube“, Jahrg. 1888, S. 500 nach! Da finden Sie die gewünschten Anhaltspunkte. Eine weitere Ausbildung dieses wahrhaft genialen Verständigungsmittels bleibt Ihrem eigenen Erfindungsgeist anheimgestellt.

Henry und Emma G., New-York. Es drängt uns, Ihnen auch an dieser Stelle unsern besten Dank zu sagen für die hochherzige Spende zu Gunsten der armen Weber. Ihren Brief an Herrn Pastor Klein haben wir an den Adressaten übermittelt.

M. K., Hameln. Wir bedauern, Ihnen über die weiteren Schicksale der „Prinzessin Editha“ nach ihrer Ueberführung in das Irrenhaus keine Angaben machen zu können.

W. N. in Köln. Sie finden den Aufsatz über Kalthoff im Jahrgang 1878, Seite 310.

Miles 100. Eine anschauliche graphische Darstellung der Stärkeverhältnisse der europäischen Heere im Frieden giebt Ihnen eine im Verlag von Otto Liebmann in Berlin erschienene Tafel, die nach amtlichen Quellen bearbeitet ist.

A. O. 2. Triest. Besten Dank für den Logogriph, den wir aber nicht verwenden können.

E. R. in Berlin. Ihren Artikel können wir nicht verwenden; geben Sie uns gefl. Ihre genaue Adresse an, damit wir Ihnen das Manuskript zurücksenden können.

C. M. in Detmold. Eine Anleitung zum Schafkopfspiel finden Sie in dem Buche von Thalberg, „Der perfekte Kartenspieler“. (Berlin, A. Modes Verlag.)




Inhalt: Lea und Rahel. Roman von Ida Boy-Ed. (9. Fortsetzung). S. 429. – Ein lustiges Stück. Bild. S. 429. – An den Ufern des Manzanares bei Madrid. Bild. S. 433. – Bilder aus Spanien. Madrid und seine Feste. Von Schmidt-Weißenfels. S. 435. Mit Abbildungen S. 433, 435, 436, 437, 438, 440 und 441. – Eine Beichte. Novelle von Ernst Wichert (Schluß). S. 439. – Stiergefecht. Bild. S. 440 und 441. – Ueber Sicherheitsvorrichtungen auf Eisenbahnen. S. 444. Mit Abbildungen S. 444, 445, 446 und 447. – Blätter und Blüthen: Der Vogel und der Wind. S. 447. – Die Namen Tippu-Tipps. S. 448. – Auch eine Art von Kurpfuscherei. S. 448. – Kleiner Briefkasten. S. 448.


[Verlagsreklame für W. Heimburgs gesammelte Werke.]




Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner.0 Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.0 Druck von A. Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891).Leipzig: Ernst Keil, 1891, Seite 448. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1891)_448.jpg&oldid=- (Version vom 31.8.2023)