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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891)

In der Maschinenhalle. 

wirft – und wie dieses Schwingen sich an dem „Leiter,“ an dem Drahte in die Ferne fortpflanzt, bis der Ausgleich erfolgt, die Ruhe wieder hergestellt ist. Und so weckt die Wasserkraft des Neckar, indem sie das magnetische Eisen dreht, in den Drahtspulen den elektrischen Strom, der durch die Leitung blitzschnell nach Frankfurt „schwingt“ und sich hier wieder in Arbeitskraft, in Licht oder Wärme wandelt. In dieser Halle dreht er nun das magnetische Eisen, das Maschinen und Maschinchen treibt, in jener tobt er sich an dem Widerstand aus, den man ihm in der Form von Kohle entgegensetzt, und läßt die Kohle erglühen und leuchten, und wieder an anderen Orten löst er den chemischen Zusammenhang der Materie oder er gleitet hinab in die dunkle Nacht, in der das Geheimniß des Lebens ruht – er scheidet Metalle aus den Erzen, er bleicht, gerbt und färbt, er heilt die kranken Nerven und das kranke Gehirn. Das alles sehen wir in dem klaren Aetherblau des Morgens und es ist kein Märchen, es ist Wirklichkeit. Und was uns umfängt, ist nichts anderes als die Poesie der Wissenschaft, die freilich nicht zu den Sinnesnerven spricht, die man nicht eben durch Auge und Ohr aufnehmen kann, sondern vor allem durch das empfängliche Gemüth.

Aber nun wird es unten lebendig – es geht dem Mittag entgegen und wir wollen unsere Zeit nicht ganz verträumen. Der elektrische Aufzug mit neuen Besuchern steigt in die Höhe und wir kehren mit ihm zur Erde zurück. Unser erster Besuch gilt der Maschinenhalle, und wie anders erscheint sie uns jetzt! Diese schwarzen Ungethüme leben alle, sie blicken uns mit Menschenaugen an und ihre Sprache ergreift uns. Und während wir emsig weiter schreiten, von einer Halle zur andern, entdecken wir zwischen all diesem trägen oder sausenden Metall bald da bald dort ein Bildchen, in dem sich die Poesie der Wissenschaft besonders nahelegt, aus dem der Zauber auch zu unseren Sinnen spricht. Staunend stehen wir vor dem Blätter- und Blüthengeranke, das Natur scheint und doch Gold und Silber ist, und wenn wir näher treten, sehen wir den elektrischen Strom, wie er geisterhaft die Platten edlen Metalles umspült und die feinen Theilchen löst und fortträgt, um damit natürliche Rosen und Maiblumen, Epheugewinde und Palmenwedel zu überziehen. Und jetzt wird es hell in einem dunklen Raume und in allen Farben glüht es vor uns auf – wieder Blüthenranken, aber sie leuchten jetzt – wir stehen vor den Wundern des elektrischen Lichtes. Dann glauben wir die weißen Flocken der Winternacht zu sehen, die silbernen Glöckchen erklingen und der Schlitten im Rokokogeschmack fliegt an uns vorüber, von elekrischen Lämpchen beleuchtet, die aus Rosenkelchen hervorglühen. Und hier endlich hören wir durch das Telephon eine ferne, leise Musik – es geht ihr die Fülle und der Wohlkang ab, aber das wird ersetzt durch den Gedanken, daß sie aus dem Opernhause in München kommt – wir haben wieder Poesie.

So wandern wir hin und her, und jetzt sinkt die Sonne hinter dem bunten Gewirr von Giebeln, Kuppeln und Thürmchen, es wird Abend. Wir treten in das kleine Theater, und hier wird nun der Verhärtete, der die Poesie der Elektricität noch immer nicht empfunden hat, durch anmuthige Mädchengestalten so lange bestürmt, bis ihm der Zauber endlich das Herz erweicht. Diese getanzte Poesie der Ausstellung, wie sie auch unsere Bilder wiedergeben wollen – sie werde mit ein paar Worten geschildert.

Der kleine Roman, welcher der Theateraufführung zu Grunde liegt, beginnt im Olymp, wo Papa Zeus sich eben wieder über einen seiner schlimmen Verwandten gewaltig ärgert, über den Menschenschöpfer Prometheus. Dieser verlangt das Feuer für die Menschen, aber der alte Olympier, der seine Machtmittel

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891).Leipzig: Ernst Keil, 1891, Seite 620. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1891)_620.jpg&oldid=- (Version vom 26.9.2023)