Verschiedene: Die Gartenlaube (1892) | |
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Franzei reibt sich erst die Augen,
Horcht dann staunend auf das Wunder
Und mit rothen Backen schmiegt er
Als das Veverl endlich auftaucht.
Finster naht sie dem Finanzer:
„Laß Diar’s guat san, daß D’ no doa bist –
Koanen Menschen is mehr z’ trauen!
Daß der Moltke kimmt, dia Schlankel’n,
Dia soll’n dengerst Schtrix’n kriag’n.“
„Nun“, sagt freundlich da der Alte,
„Lügen manchmal auch die Schlankel’n’
Wahr gesprochen, auch der Moltke
Kam hierher und ist zu sehen.“
„Jessas, Jessas, Alpenrosen
Von da schönst’n gab i leichtli,
„Gut, es sei!“ lacht der Finanzer,
Schreibt im Flug in fremder Sprache
Ein paar Worte auf ’ne Karte
Und spricht zu dem braunen Veverl:
Morgen früh dort drüben abgiebst,
Wo der Kaiser wohnt, so zeigt man
Sicher Dir ,dös alte Mannl’;
Nur mußt Du die Alpenrosen
Prüfend das Gesicht des Alten,
Endlich meint sie: „Will’s probieren.
Aber dös, Finanzer, mark Dir,
Hast mir g’log’n, b’hüat der Deixel
Seh’g i Di, i kratz Dir’s außi.
Und da hast Du no a Zwanzgerl,
Kauf a Moaßerl Dir im Hirschen,
Nur sei g’scheit und trink koan Rausch nit. –
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Sonnenglanz und Sommermorgen!
Von dem Thurm des Städtchens schlägt es
Neun Uhr jetzt – so träg und schläf’rig,
Denkt das Veverl, als wenn’s keine
Rosig wie des Frühlichts Schimmer,
In der Hand ’nen mächt’gen „Buschen“,
Tritt sie zögernd in das Haus ein,
Das ihr der Finanzer zeigte,
Der die Karte ihr erklären,
Ihr den Moltke weisen könnte.
Schau, da naht sich wieder einer
Mit ’ner Uniform, wie gestern
Veverl knixt und reicht die Karte
Stumm dem Fremden, der lacht freundlich,
Als er rasch sie überflogen,
Und führt Veverl in ein Zimmer.
Damit geht er, und dem Veverl
Klopft das Herz und surrt das Köpfchen:
„Wenn der Moltke iatzt daher käm’!
Veverl, Veverl, wärst nit gang’n!“
Schon zurück und sagt: „Der Marschall
Will Dich sehen; geh’ nur herzhaft
Durch die Thür – dort drinnen ist er.“
Veverl thut’s, indessen hat sie
Läßt sie jäh den Buschen fallen
Und ruft schreckensbleich: „O Jessas
Maria und a bissel Josef,
Der Finanzer! Werd’ i aufg’henkt?
Daß Sie an Finanzer gleich seh’n!“
Doch der Marschall streckt ihr fröhlich
Seine Hand hin und erwidert:
„Wirst ,dös Mannl‘ doch nicht fürchten?
Und nimm diesen Siegesthaler
Als ein Zeichen, daß Du wirklich
Heut den Moltke hast gesehen,
Als Gedenkstück vom ,Finanzer‘!“
Und das Veverl ist entlassen.
Draußen, wo im Sonnenscheine
Ihre Berge leuchtend winken,
Wirft sie zu den Fenstern Moltkes
Denkt, was die zu Haus wohl sagen,
Denkt an Sepp und spricht dann leise:
„Is a woahr, dös is a Mannl!“
Hans Ebert.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1892). Leipzig: Ernst Keil, 1892, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1892)_057.jpg&oldid=- (Version vom 4.3.2024)