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Verschiedene: Die Gartenlaube (1892)

der Weltumsegelung und kehrte auf dem Atlantischen Ocean nach Spanien zurück.

Der Tod des Kolumbus.
Nach einem Gemälde von F. Ortega.

Seine Lage am Hofe war jetzt schwieriger geworden. Die Antillen hatten wenig Gold und nur ein paar hundert Sklaven für die andalusischen Sklavenmärkte geliefert. Dadurch wurden die Kosten der Expedition nicht gedeckt, und die Gegner des Admirals hatten ein leichteres Spiel.

Noch einmal gelang es ihm aber, die Besorgnisse der Regierung zu zerstreuen, und um sein indisches Reich besser zu bevölkern, faßte er den Gedanken, dorthin Sträflinge zu verpflanzen.

Es war eine schlechte Gesellschaft, die er auf seiner dritten Reise über den Ocean führte.

Während er die neuen Kolonisten nach Hispaniola sandte, wandte er sich selbst nach Südwesten, wo er reichere Länder zu entdecken hoffte. Am 31. Juli 1498 erblickte er die Insel Trinidad und ihr gegenüber zum ersten Male das Festland von Amerika. Er legte keinen Werth auf die Entdeckung und verfolgte sie nicht weiter, obwohl er sich in der Nähe des irdischen Paradieses wähnte. Der „Vicekönig“ ließ ihm keine Ruhe; er wandte sich zurück nach Hispaniola.

Hier gährte es. Es gefiel den Spaniern nicht, daß die Brüder des Vicekönigs, Bartholomäus und Diego, herrschten, umsoweniger, als das Leben in der Kolonie kein glückliches genannt werden konnte. Die Auswanderer hatten geglaubt, daß sie schnell reich werden würden, sie mußten aber in Wirklichkeit Entbehrungen ertragen und den vierten Theil ihres Goldes an Kolumbus abliefern, der mit eiserner Strenge auf seinen ihm verbürgten Vortheil bedacht war. Die Spanier auf Hispaniola sehnten sich nach ihrer Heimath zurück, unter ihnen war der Schwur gäng und gäbe: „Sobald mich Gott wieder nach Kastilien bringe!“ und vor den Thoren des königlichen Palastes in Spanien saßen die getäuschten bereits heimgekehrten Ansiedler, wiesen mit den Fingern auf die Söhne des Kolumbus, die als Pagen am Hofe lebten, und riefen: „Schaut die Püppchen, die Söhne des Almiranten, der die Länder des Trugs und der Trübsal, den Kirchhof kastilianischer Hijosdalgos (Landedelleute) entdeckt hat!“ Als vollends die von dem oceanischen Indien heimkehrende Flotte anstatt der Gewürze Indiens und des versprochenen Goldes wieder eine Ladung indianischer Sklaven brachte, rief die Königin selbst entrüstet: „Welche Vollmacht besitzt der Admiral, meine Unterthanen irgend wem zu verkaufen?“ Und sie ließ sämmtliche Indianer wieder freigeben und auf den nächsten Schiffen nach ihrer Heimath zurücksenden.

Kolumbus selbst berichtete Ungünstiges aus seiner Kolonie, er schrieb, daß er zur Niederwerfung des Aufstandes das Schwert benutzen werde, und er bat selbst um einen ordentlichen Richter.

Die Krone sandte diesen Richter, welcher das Recht hatte, Personen, die ihm nicht passend schienen, aus der Kolonie zu entfernen. Die Wahl fiel auf den ungestümen Francesco de Bobadilla. Als dieser am 23. August 1500 in den Hafen von San Domingo einfuhr, sah er rechts und links die Leichen von sieben Spaniern am Galgen bleichen. Kolumbus war in der Stadt nicht anwesend, und der Anblick der Gehenkten, sowie der Bericht der Unzufriedenen mochten in Bobadilla die Ueberzeugung wachgerufen haben, daß der Genuese wirklich grausam und habgierig sei.

Nun beschloß der Richter, den Admiral und Vicekönig aus der Kolonie zu entfernen; aber er ging sicher zu weit und handelte nicht im Sinne der Krone, als er ihn in Ketten schlagen ließ. Kolumbus fühlte es, und als man ihm während der Ueberfahrt die Ketten abnehmen wollte, wehrte er ab und meinte, Spanien solle die Schmach sehen, die ihm angeblich auf königliches Geheiß als Lohn für seine hohen Verdienste angethan werde. Daß er in Ketten vor dem Hofe erschien, ist eine der später erdichteten Legenden. Im Gegentheil, man empfing ihn in Ehren und suchte ihn zu versöhnen, aber man setzte kein Vertrauen mehr in seine kolonisatorischen Fähigkeiten – und man hatte darin recht. Kolumbus jedoch bestand auf seinen Privilegien als Vicekönig, und wohl ist es wahr, daß er die Ketten absichtlich in seiner Wohnung aufhängen und zuletzt in seinen Sarg legen ließ. Kolumbus in Ketten ist gewiß eine der Tragödien der Weltgeschichte; aber er trug die Ketten, weil er zu sehr an seinem Vicekönigthum hing.

Tiefer als durch diesen schmachvollen Undank wurde Kolumbus durch andere Ereignisse gebeugt. Seine indische Kolonie blühte nicht auf, sie mußte eher vom Mutterland erhalten werden. Inzwischen aber war es Vasco da Gama gelungen, Indien, das wirkliche Indien zu erreichen, und reich beladen mit den kostbarsten Gewürzen landete die portugiesische Flotte in Lissabon. Die

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1892). Leipzig: Ernst Keil, 1892, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1892)_181.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)