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verschiedene: Die Gartenlaube (1892)

oder westlichen Seite des Mondes ein Theil der beleuchteten Hälfte sichtbar, weshalb der Mond, wie in unserer Landschaft c, als eine helle Sichel mit der kreisförmigen Seite nach der Sonne, also nach rechts zu, sich darstellt. Jetzt geht der Mond erst einige Stunden nach der Sonne, also bei Tage, auf und nach der Sonne, also in der Abenddämmerung, unter.

Ist der Mond in das erste Viertel getreten, d. h. hat er den vierten Theil seines synodischen Umlaufs vollendet, was nach 72/5 Tagen der Fall ist, so ist die eine beleuchtete Halbkugelfläche für uns zur Hälfte sichtbar geworden; wir sehen also den Mond, der jetzt um 90 Grade von der Sonne absteht, um Mittag auf- und um Mitternacht untergehen, in Gestalt einer halben Kreisscheibe, mit dem kreisförmigen Theil rechts, der geraden Verbindungslinie der Hörner links.

In seinem weiteren Umlauf gelangt nach Verfluß eines halben Monats der Trabant in Opposition mit der Sonne, wobei er um Mitternacht im Meridian steht, aufgeht, wenn die Sonne untergeht, und umgekehrt (Vollmond). Von jetzt ab zieht sich der rechte Rand der Scheibe ein, während die linke Seite kreisförmig bleibt; und zur Zeit der „zweiten Quadratur“ oder des „letzten Viertels“ ist der Ostrand ein Kreis, der Westrand eine gerade Linie; zu dieser Zeit geht der Mond etwa um 6 Uhr morgens durch den höchsten Punkt seiner Tagesbahn, weshalb die ersten Nachtstunden ohne Mondschein sind. Die westliche, also rechte Begrenzung zieht sich immer mehr ein, und schließlich hat der Mond wieder die Gestalt der schmalen Sichel angenommen, wobei jedoch jetzt, im Gegensatz zu den Tagen nach Neumond, die hohle Seite nach rechts gekehrt ist (wie bei a); so geht der Mond noch einige Tage vor der Sonne auf und unter; worauf er, dem Tagesgestirn wieder nahe gerückt, für drei bis vier Tage unsichtbar wird – und der Kreislauf beginnt von neuem.

Für den Maler, der sich vor Irrthümern schützen will, genügt es, sich die Regel zu merken, die übrigens schon Geminus (um 70 v. Chr.) bekannt war: „die über den Bogen hinaus verlängerte Senkrechte auf der Verbindungslinie der Hörner ist stets nach der Sonne zu gerichtet.“ Bei Befolgung dieser Regel sind Darstellungen des Mondes wie bei b und d unmöglich.

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Blätter und Blüthen.


Zum Gedächtniß Gustav Schwabs. Der 19. Juni dieses Jahres erneuert die Erinnerung an einen Mann von liebenswürdigem Geist und ausgedehnter dichterischer Wirksamkeit, welcher neben Uhland und Kerner der Hauptvertreter war der „schwäbischen Dichterschule“ oder – nach dem Worte eines übelwollenden Kritikers – jener „süddeutschen Dichter, die im schwäbischen Winkel sitzen“: am 19. Juni 1792 wurde zu Stuttgart Gustav Schwab geboren als der jüngste Sohn des „Herzoglich Wirtembergischen Geheimen Hofraths“ Joh. Christ. Schwab. Durch seine Familie trat er frühe in Beziehungen zu den Mittelpunkten des geistigen Lebens in der kleinen Residenz. Der Vater, Philosoph und Mathematiker und einstiger Lehrer an der Hohen Karlsschule, besaß Bedeutung genug, um einen Ruf an die Berliner Akademie zu verdienen, den er 1784 erhielt, aber nicht annahm; die Mutter war eine Tochter des Kaufmanns Rapp, der durch lebhaftes geistiges Interesse, durch feines Verständniß namentlich für die Kunst eine besondere Anziehungskraft ausübte und Schiller und Goethe in seinem Hause begrüßen durfte. Zu diesen Einflüssen der Familie traten die des philosophischen und theologischen Studiums, dem sich Gustav Schwab 1809–1814 im Tübinger „Stift“ widmete. Hier in Tübingen kam seine poetische Begabung zur ersten Entfaltung, gefördert durch die Bekanntschaft mit Kerner und Uhland, genährt an der stillen Flamme einer Liebe, die ihn nach langen Jahren ans ersehnte Ziel führte.

Das Leben des Dichters verlief in ruhigem Geleis: er wurde früh zum Gymnasialprofessor in Stuttgart ernannt, zog sich von dort mehrere Jahre in die ländliche Stille einer Pfarrei zurück und nahm dann seinen Aufenthalt wieder in der Vaterstadt, wo er besonders in der Oberleitung der württembergischen Gelehrtenschulen als Oberstudienrath eine reiche Wirksamkeit fand, bis am 4. November 1850 seinem Schaffen durch den Tod ein Ziel gesetzt wurde. Aber neben dem Beruf waren es immer zugleich dichterische Ziele gewesen, denen seine Kraft gewidmet blieb. Als Redakteur für den poetischen Theil des „Morgenblattes“ von 1827–1837 und als Herausgeber des „Deutschen Musenalmanachs“, den er in Gemeinschaft mit Chamisso ins Leben gerufen hatte, führte er manchen Namen, der später berühmt wurde, in die Litteratur ein; Lenau, Freiligrath und andere wurden damals durch das „Morgenblatt“ den Lesern vorgestellt. Das Haus des jungen liebenswürdigen Professors gestaltete sich so bald zu einem „litterarischen Sammelpunkt“, wo eine Reihe bedeutender Männer freundschaftlich verkehrte.

Inmitten solch vielfacher Arbeit verstummte Schwabs eigene Muse nicht; Uhlands Vorbild war es, das ihm dabei die Richtung wies. Neben dem lyrischen Liede sind es vor allem Sage und Legende, denen er sich zuwendet, und die Ballade und Romanze ist ihm denn auch am besten gelungen. Obgleich indessen seine Gedichte Schönes genug enthalten, sind doch nur wenige in weiteren Kreisen bekannt geblieben; zu ihnen gehört vor allem das oft gesungene: „Bemooster Bursche zieh’ ich aus,“ das mit seinem wehmüthigen Humor schon manchem Studentenherzen den Abschied erleichtert hat von der Zeit akademischer Freiheit und Jugendlust. „Im schwäbischen Winkel“ freilich, wo das Leben des Dichters verlief, hat man ihm ein treueres Andenken bewahrt. Hier kennt man ihn nicht bloß aus einigen seiner Gedichte oder als Herausgeber der „Deutschen Volksbücher“, als Erzähler der „schönsten Sagen des klassischen Alterthums“ – neben Wilhelm Hauff feiert man ihn hier als den Sänger der schwäbischen Alb, deren kühn aufstrebende Bergrücken er so oft durchwandert hat, das Geschaute mit klingendem Liede verklärend. Und auf einer Bergwiese der Alb, nahe dem freundlichen Urach mit seiner alten Burgruine, soll auch die hundertjährige Wiederkehr seines Geburtstages festlich begangen werden – inmitten der Berge, denen er einst den frohen Wandergruß zurief:

„O blau Gebirg, dort winkst du ja
Mit frischer Jünglingsmahnung,
Mit allen Nebeln bist du da,
Mit aller Sonnenahnung.

Kein Wald senkt sich in Thalesschoß,
Der mir nicht schon gerauschet,
Kein Bächlein springt aus Fels und Moos,
Das ich nicht einst belauschet.

Kein Steg ist, der nicht unterm Tritt
Mir schon gezittert hätte,
Kein Bergpfad, den ich nicht beschritt,
Kein Gipfel in der Kette.“

Die Geheimmittelkrämer wenden oft einfache Kunstgriffe an, um ihre Erzeugnisse, welche unter irgend einem Namen verdächtig geworden sind, wieder flott zu machen. Sie wandeln einfach den Namen um und der Schwindel segelt unter andrer Flagge weiter. Jüngst ist der altberüchtigte „Homeriana“-Thee in einem angeblich neuen Mittel entlarvt worden. Der Karlsruher Ortsgesundheitsrath erläßt darüber folgende Bekanntmachung:

„Unter den Ueberschriften ‚Lunge und Hals‘, ‚Brust- und Halsleiden‘ u. dergl. wird in vielen Blättern, sowie in Broschüren und Flugblättern als Heilmittel gegen Lungentuberkulose und Influenza der ‚russische Brustthee‘, zu haben bei Ernst Weidemann in Liebenburg a. Harz, in marktschreierischer Weise angepriesen. Der ‚russische Brustthee‘ ist identisch mit dem früher unter dem Namen ‚Homeriana‘ vertriebenen ‚Heilmittel‘ und besteht, wie wir schon früher nachgewiesen haben, einfach aus getrocknetem ‚Vogelknöterich‘ (polygonum aviculare), welcher nicht nur in Rußland, sondern überall, auch bei uns, an Wegen, auf Aeckern und in Gärten in großer Menge wächst. Selbstverständlich kommt dieser Pflanze die ihr zugeschriebene Heilwirkung nicht zu. Der Vertrieb derselben erweist sich vielmehr als Ausbeutung der Leidenden, indem eine Kur mit dem Mittel auf etwa 30 ℳ zu stehen kommt. – Wir warnen daher wiederholt vor dieser Ausbeutung, welche um so bedenklicher ist, als bei der langen Dauer der angepriesenen Kur die kostbarste Zeit für eine sachgemäße Behandlung leicht versäumt wird.

Bei dieser Gelegenheit möchten wir auf ein anderes Unternehmen zurückkommen, das leider auch bereits seit längerer Zeit sein Unwesen treibt und, wie wir aus zahlreichen Anfragen aus den Kreisen unserer Leser ersehen, auch heute noch auf Beute auszieht. Es ist die Sanjana-Company. Wir wiederholen hier die Warnung, welche derselbe Karlsruher Ortsgesundheitsrath bereits vor fünf Jahren erließ. Sie lautet:

„Sanjana-Heilmethode ist der Name eines angeblich von einem Miquel Sanjana erfundenen Heilverfahrens, dem durch eine in Egham in England bestehende Gesellschaft, Sanjana-Company, allerwärts Eingang verschafft werden soll. Die Mittel dieser Gesellschaft werden gegen die verschiedensten Krankheitsarten in einer scheinbar wissenschaftlich abgefaßten Schrift als ‚unfehlbar‘ empfohlen; um Vertrauen zu erwecken, wird mitgetheilt, daß die Sanjanaheilmittel nur nach genauer Diagnose und in Berücksichtigung des speziellen Krankheitsfalles seitens des Direktoriums verordnet würden. Die Diagnose wird aber lediglich auf Grund eines schablonenmäßigen, ganz unvollständigen und ungenügenden Fragebogens von dem in Egham befindlichen Direktorium gestellt, so daß natürlich von einer wissenschaftlichen Behandlung keine Rede sein kann. Charakteristisch ist, daß sämmtliche Konsultationen ‚kostenfrei‘ erfolgen, die Preise der Mittel aber unverhältnißmäßig hoch sind.

Wir ließen zwei Mittel der Sanjana-Company, und zwar solche gegen Schwäche des Nervensystems, speziell der centralen Theile Gehirn und Rückenmark, untersuchen. Die eine Flüssigkeit war ein mit Chloroform parfümierter wässeriger Auszug von Faulbaumrinde, die andere eine mit Bittermandelöl aromatisierte Lösung von Bromammonium und Bromnatrium. Beide Präparate sind in den Apotheken zum Preise von 1 Mark 80 Pfennig herzustellen, während die Sanjana-Company sich 6 Mark dafür bezahlen läßt, wobei noch zu bemerken ist, daß dieselbe auf die Uebersendung einer Flasche nicht eingeht, sondern sofort die Abnahme von mindestens fünf Flaschen zum Preise von 30 Mark verlangt. Die angepriesene unfehlbare Heilwirkung kommt beiden Mitteln nicht zu.“

Der Kirchgang. (Zu dem Bilde S. 392 u. 393.) Einen Sonntag in ländlicher Stille führt uns das anmuthige Bild von Salentin vor, einen wunderschönen Sommersonntag; die Rosen blühen und die Bewohner des reizend im badischen Schwarzwald, im sogenannten Hauensteinerland gelegenen Dorfes wandern im Sonntagsstaat zur Kirche: die Männer angethan mit dem „Mutschenhemd“ und ausgelegter Halskrause, kurzen gefältelten Pumphosen oder „Hotzen“, dem eigenartigen rothen, unten mit einer breiten Goldborte besetzten „Brusttuche“, der langen schwarzen Jacke, der Pelzmütze, mit weißen Strümpfen und Schuhen – die Mädchen in der schwarzen „Plunderkappe“ mit goldgesticktem Boden, im rothen Leibchen mit gesticktem „Brustlatz“ und in dem grünen

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verschiedene: Die Gartenlaube (1892). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1892, Seite 418. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1892)_418.jpg&oldid=- (Version vom 9.4.2024)