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verschiedene: Die Gartenlaube (1892)

Zur Einweihung des Denkmals für Hoffmann von Fallersleben auf Helgoland.

Am 26. August 1892.

Auf der Wilhelmshöh’ bei Kassel war’s an einem Sommertag,
Als das Gold der Abendröthe auf der Bäume Wipfeln lag.
Deutsche Frau’n und deutsche Treue, deutscher Wein und deutscher Sang
Hatten in den deutschen Herzen aufgeweckt den Schaffensdrang.
Deutscher Frauen klare Augen sind der Frühlingssonne gleich,
Die hervorruft aus den Keimen lichten Maimonds Blumenreich.
Deutsche Treu’ ist Lebensodem, drin ein Hauch der Gottheit lebt;
Deutscher Wein ist Thau des Himmels, Labtrank, der uns aufwärts hebt
In das Strahlenreich der Sterne aus des Alltags engem Gang –
Das Empfinden wird Gedanke, der Gedanke wird Gesang! –
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Als dem deutschen Vaterlande wir geweiht des Grußes Zoll,
„Deutschland, Deutschland über Alles!“ mächtig von den Lippen quoll –
Und da war’s mir im Gemüthe, einen Mann hätt’ ich geschaut,
Der am Riesendom der Einheit uns’res Reiches auch gebaut.
Nicht gebaut mit Blut und Eisen, nicht gebaut mit Stein und Kitt –
Jener war’s, der durch die Lande singend mit der Laute schritt,
Der in trüben dumpfen Tagen hoch der Freiheit Banner hielt,
Der am Deutschthum festgehalten, wie man ihm auch mitgespielt,
Der im Silberhaar erfreute sich noch frischer Jugend Schwung,
Der in deutsche Herzen streute Saaten der Begeisterung!
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Ohne der Begeist’rung Saaten – merk’ es dir, du jung’ Geschlecht –
Keine großen Heldenthaten, keine Siege, wahr und echt,
Keines frechen Feinds Bemeist’rung, kein gewalt’ger Waffenstreich! –
Aus dem Samen der Begeist’rung wuchs empor das Deutsche Reich! –
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Auf der Wilhelmshöh’ bei Kassel, als der Becher froh gekreist,
Sah ich leuchtend vor mir stehen dich, du Sängersmann, im Geist,
Sah, wie deine Augen blitzten, wie du nach gewohnter Art
Strichst, mein Freund und Sanggenosse, lächelnd deinen weißen Bart.
Und mir war’s, ich hätt’ vernommen durch den Becherklang den Ruf:
„Wollt den Dichter ihr vergessen, der das ‚Lied der Deutschen‘ schuf?
Soll, wo einst das Lied geboren, an der Felseninsel Rand
Nicht mein ehern’ Bildniß sprechen: Allzeit treu dem Vaterland!“
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Das Empfinden ward Gedanke, der Gedanke ward zum Reim,
Und in wackern deutschen Herzen wuchs alsbald zur That der Keim.
Heute ist das Werk vollendet, Wahrheit ward des Dichters Traum:
Von der Insel schaut das Erzbild auf des Meeres Wogenschaum,
Von der Insel, wo die Nordwacht schirmt des Reiches Thor und Thür,
Die im Schutz des Kaiseradlers deutsch soll bleiben für und für!
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Deutschland, Deutschland über Alles – doch vergessen sei auch nie,
Welches Deutschland hoch gepriesen uns des Sängers Poesie!
Einigkeit und Recht und Freiheit – auf den festen Säulen steht
Jenes Deutschland, das besungen einst begeistert der Poet.
Einigkeit – auf diesen Felsen muß es fest gegründet sein!
Weg die Großmannssucht der Kleinen, weg den Hader der Partei’n,
Weg den schnöden Streit der Klassen, weg des Zankes häßlich Bild,
Wenn es unsrer Aller Mutter, Deutschland über Alles gilt! –
Und das Recht, das heil’ge, hohe! Weh’ dem Frevler, der es beugt
Und den Rassenhaß entfesselt, der nur Blut und Unheil zeugt,
Dessen Zunge von dem Gifte allerschlimmster Schlangen trieft!
Fest zum Rechte, das uns heilig, das beschworen und verbrieft,
Und es werde nie vergessen, daß uns deutscher Bruder heißt,
Wer im Leben und im Sterben deutsch sich zeigt in Herz und Geist! –
Freiheit, Deutschlands dritte Säule! – Unser Eichkranz nicht verdorrt,
Mag man uns im Westen drohen, mag man grollen fern im Nord,
Mag sich über uns erheben noch so schwere Wetterwolk’,
Wenn wir Alle lernen leben mit dem Volk und für das Volk!
Weg den Hochmuth, der nur Brücken zu der Ehrsucht Ziel sich schlägt,
Der sich schämt, die Hand zu drücken, die der Arbeit Schwielen trägt,
Der nur Umschau hält nach Sklaven, dem bequem nur ist der Knecht!
Grimmig wird die Zukunft strafen, wer der freien Meinung Recht,
Wer des freien Bürgers Ehre voll und ganz nicht anerkennt.
Doch beschützt mit scharfer Wehre auch vor Pöbelregiment,
Vor dem Brecher der Gesetze sei mit kräft’ger fester Hand
Unser „Deutschland über Alles“, das geliebte Vaterland! – – –
An ein brüderliches Streben hat der Dichter uns gemahnt,
Der die Zeiten, die gekommen, vor Jahrzehnten schon geahnt.
Für die Freiheit hat gelitten er Verfolgung, Schmach und Noth
Und gejauchzt, als es erstritten, was als Zukunfts-Morgenroth
Vorgeschwebt einst seiner Seele! 000000000
000000000Klinge hell am Nordseestrand,
Steig’ empor aus jeder Kehle, Lied von unserm Vaterland,
Von dem „Deutschland über Alles“, dem wir unser Herz geweiht,
Festgegründet auf die Säulen: Freiheit, Recht und Einigkeit!
Unterm Schutz des Kaiseradlers, der vom Fels zum Meere flog,
Deutschland, Deutschland über Alles! – Jetzt und ewig:
  Deutschland hoch!
  Emil Rittershaus.



Ein deutsches Fischgut.

Von Emil Peschkau.

Es ist nun ungefähr ein Jahr her, daß ich gelegentlich einer Reise von Frankfurt nach Würzburg ein paar Bekannten meine Absicht äußerte, einen „Schritt vom Wege“ zu thun, um irgendwo interessante Eindrücke in mich aufzunehmen. Daraufhin empfahl mir der eine, in Gemünden auszusteigen und dort ‚Bratwürstel aufzunehmen‘. Die seien einzig in ihrer Art, namentlich in Verbindung mit Frankenbier. Wir lachten, dann aber sagte ein anderer, der ein theilnehmender Freund meiner Naturstudien ist: „Auch ich würde Ihnen zu Gemünden rathen. Ein paar Wandertage in der wenig besuchten Rhön werden Ihnen manche Beute bringen, und dann sollen sich in der Gegend große Fischzuchtanlagen befinden, wie man sie ja nur selten zu sehen bekommt. Das aber ist sicher etwas für Sie: den kleinen Fischlein zuzugucken, wie sie aus ihren Eiern herausschlüpfen.“ Diese Mittheilung genügte natürlich vollständig, um mich für Gemünden zu begeistern, und so nachhaltig war die Begeisterung, daß ich jetzt, nach einem Jahre, den Seitensprung, zu dem es damals nicht kommen sollte, doch noch unternahm.

Gemünden liegt in Unterfranken, an den Abhängen des Spessart und der Rhön. Saale und Sinn fließen hier in den Main, und zwei der meist befahrenen Bahnlinien – von Süd nach Nord und von West nach Ost – kreuzen sich in der Nähe des Städtchens. Dieses selbst zeichnet sich wirklich durch seine Bratwürste und sein Bier in hervorragender Weise aus. Aber auch sonst ist es gar nicht übel, und wenn man die lange, etwas holperige Hauptstraße hinaufschreitet, sieht man die schönsten alten Häuser und auf den Stufen davor, arbeitend oder neugierig lächelnd, noch viel schönere junge Mädchen. Dazu das Gebirge, das hinter dem malerischen Gemäuer ziemlich jäh aufsteigt, die halbzerstörten Schloßmauern, die über den Dachgiebeln emporragen, und der liebliche Blick in grüne Thäler und nach sanft geschwungenen, bewaldeten Höhen – das giebt ein gar trauliches Zusammenspiel, an dem man nicht gern flüchtigen Fußes vorübergeht. Aber wir wollen ja tiefer hinein in die Berge, und so wandern wir zurück nach dem Bahnhof

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verschiedene: Die Gartenlaube (1892). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1892, Seite 592. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1892)_592.jpg&oldid=- (Version vom 9.4.2024)