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Verschiedene: Die Gartenlaube (1892)

vier Kilometer in der Stunde – einzubauen, gleichzeitig aber die überflüssig gewordenen Linien wieder abzubrechen und das Geräth auf ihre Fahrzeuge zu verladen. In der Erfüllung dieser Aufgaben werden sich bei einem künftigen Kriege die großen Fortschritte zeigen, welche die Feldtelegraphie in den letzten zwanzig Jahren gemacht hat. Ihr Material befähigt sie jetzt, allen taktischen Bewegungen der Heerestheile zu folgen, ihre Fahrzeuge sind leicht und so konstruiert, daß das Legen der Leitungen schnell und sicher stattfinden kann, während die Wagen selbst als Stationen dienen.

Einen Bestandteil der Feldtelegraphie bilden die Vorpostentelephone, welche sofort nach Aufstellung der dem Feinde am nächsten stehenden Vorposten diese mit ihren Unterstützungstruppen zu verbinden haben. Von hier aus werden dann alle Meldungen über Stellung und Bewegungen des Feindes durch die Leitung des Feldtelegraphen weitergegeben. Der außerordentliche Vortheil, den die Telephone vor den Telegraphenapparaten voraushaben, besteht einmal darin, daß sie unmittelbar das gesprochene Wort selbst auf weite Entfernungen übermitteln, dann aber in ihrer ungemein leichten Handhabung. Man wird daher ohne Säumen alle weit vorgeschobenen Posten durch solche Apparate nach rückwärts verbinden. Selbstverständlich ist dies ganz besonders der Fall bei dem Standort des Fesselballons, dessen Beobachtungen sofort weiterhin telegraphisch dem Hauptquartier des Armeekorps mitgetheilt werden müssen.

Unsere großen Festungen sind bereits im Frieden sämmtlich mit einem Telegraphennetz versehen, welches alle vorgeschobenen Werke mit dem Mittelpunkt der Vertheidigung, der Kommandantur, und unter sich verbindet. Die Leitungskabel liegen unterirdisch und so tief, daß sie gegen zufällig einschlagende Geschosse und gegen Zerstörunngsversuche des Feindes soweit als möglich geschützt sind. Außerdem sind in allen Forts und in der Hauptbefestigung Vorrichtungen für elektrische Signalapparate vorhanden, welche ähnlich wie die Signalscheiben der Eisenbahnen mit farbigem Lichte Zeichen geben und für den Fall, daß die Kabel zerstört würden, eine Verständigung zwischen den einzelnen Festungswerken und selbst nach außen hin ermöglichen.

Bechießung bei elektrischem Licht.

Auch in dieser Eigenschaft als Lichtquelle hat die Eleltricität einen ausgedehnten Gebrauch für militärische Zwecke gefunden. Gerade im Festungskampf wird das elektrische Licht eine große Rolle spielen. Schon bei Beginn des Krieges sollen die an den bedrohten Grenzen liegenden Festungen vertheidigungsfähig gemacht und gegen den gewaltsamen Angriff gerüstet sein; es werden also zwischen dem drohenden Auftauchen der Wolken am politischen Himmel und der Entladung des Gewitters – der Kriegserklärnug – nur wenige Tage bleiben, um diese umfassenden Arbeiten vorzunehmen, bevor der Feind heranrückt. In solchen Fällen ist das elektrische Bogenlicht, für welches die Werke jeder großen Festung eingerichtet sind, von unschätzbarem Werthe, da es die Armierungsarbeiten auch in der Nacht fortzusetzen erlaubt. Ein überraschendes Auftreten des Feindes wird durch die großen elektrischen Scheinwerfer von den Forts aus sehr erschwert, ja fast zur Unmöglichkeit gemacht werden. Hat der Feind eine Festung eingeschlossen und will er den Angriff beginnen, so wird eine wachsame Besatzung durch diese Scheinwerfer die nächtliche Aushebung der ersten Laufgräben und den Batteriebau, ebenso die Wiederherstellung der zusammengeschossenen Angriffsbatterien, wozu bisher die Nacht die Möglichkeit bot, wirksam verhindern können, während kräftige Ausfälle des Vertheidigers durch sein Licht unterstützt werden. Freilich wird die Besatzung die Wirkung der feindlichen Scheinwerfer – denn auch der Angreifer stellt natürlich solche auf – ebenfalls bitter empfinden, immerhin wird sie aber, weil sie stärkere Maschinen und Reflektoren zu verwenden imstande ist, dem Feinde in dieser Hinsicht überlegen sein.

Die Apparate zur Lichterzeugung in Festungen sind starke Dynamomaschinen mit Dampfmotoren, für deren Unterbringung bombensichere Gewölbe auf allen Fronten vorbereitet sind. Die elektrische Lampe mit Reflektor wird an einem möglichst hohen Punkte der Umwallung aufgerichtet; ihre Entfernung von der Lichtmaschine kann unter Umständen bis zu 1000 Metern betragen. Als Scheinwerfer gelangen jetzt parabolisch geschliffene Glasspiegel zur Anwendung, die in Bezug auf Ausnutzung der Leuchtkraft einer elektrischen Lampe wirklich Erstaunliches leisten; vermag man doch mit diesem Parabolspiegel und den heutigen so vollkommenen Lampen und Kohlen auf 12 Kilometer weit zu leuchten.

Ein weiteres Ziel ist die Verwendung des elektrischen Lichts auch im freien Felde. In dieser Richtung sind seit dem Kriege 1870/71 sowohl bei uns wie bei den Franzosen vielfache Versuche gemacht worden, welche seit etwa fünf Jahren in der Einführung von Beleuchtungswagen – vorläufig bei den Belagerungsparks und in den großen Festungen – ein greifbares Ergebniß aufzuweisen haben. Ein solcher Wagen trägt auf einem eisernen Gestell einen Dampfkessel mit allem Zubehör, damit verbunden eine Dampfmaschine für eine Leistung von mindestens 14 Pferdekräften und, unmittelbar mit der Dampfmaschine gekuppelt, eine Dynamomaschine zur Herstellung des Lichts. Im Wagengestell befindet sich der Werkzeugkasten, das Kohlen- und das Wasserreservoir; das ganze vollständig ausgerüstete Fahrzeug wiegt etwa 75 Centner. Zu jedem Beleuchtungswagen gehören zwei große und ein kleiner Scheinwerfer mit Metallspiegel, welche auf besonders dazu gebauten Wagen untergebracht sind. In den Festungen sollen sie den

sogenannten „ambulanten“, den beweglichen Dienst versehen. Es ist

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1892). Leipzig: Ernst Keil, 1892, Seite 766. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1892)_766.jpg&oldid=- (Version vom 15.4.2024)